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Taxi Times DACH - 2. Quartal 2023

GENEHMIGUNGSBEHÖRDEN

GENEHMIGUNGSBEHÖRDEN DAS TAXI IST INBEGRIFFEN Als Voraussetzung für die Einführung von Mindesttarifen für Mietwagen ist der Schutz der öffentlichen Verkehrsinteressen definiert. Wie lässt sich das juristisch interpretieren? Die Genehmigungsbehörde kann zum Schutz der öffentlichen Verkehrsinteressen für den Verkehr mit Mietwagen, der in ihrem Bezirk betrieben wird, tarifbezogene Regelungen, insbesondere Mindestbeförderungsentgelte festlegen.“ So steht es kurz und knapp in Paragraf 51a des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG). Der Gesetzgeber hinterlässt somit ein breites Spektrum an Interpretationsmöglichkeiten. Fakt ist, dass die öffentlichen Verkehrsinteressen nicht beeinträchtigt sein dürfen. „Dies ist gegeben, wenn es entweder zur Konkurrenzierung des ÖPNV oder zur Konkurrenzierung des Verkehrs mit Taxis kommt“, heißt es dazu im Zuck-Gutachten. Rechtsanwalt Zuck schlägt daher vor, dass Genehmigungsbehörden dies anhand belastbarer Erkenntnisse belegen. Dazu zählen beispielsweise repräsentative Umfragen unter Fahrgästen des Mietwagenverkehrs, wenn daraus eine Fahrgastverlagerung von Taxi oder ÖPNV auf Mietwagen festzustellen ist. Man könnte auch, so das Zuck-Gutachten, zur Untersuchung der Funktionsfähigkeit des Taxigewerbes die Entwicklung der Umsatzzahlen des Taxigewerbes der letzten Jahre vergleichen. FRESHFIELDS-THESE WIRD WIDERLEGT Für die Verfasser des Freshfields-Gutachten zählt dies hingegen nicht. „Die Steuerung von Marktanteilen oder der Schutz des Taxigewerbes an sich erfüllen die Voraussetzungen […] nicht, heißt es dort. Diese These lässt sich unter anderem mit dem Verweis auf den § 13, Abs. 4 PBefG widerlegen. Hier taucht der Schutz der öffentlichen Verkehrsinteressen im Zusammenhang mit dem Schutz der Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxigewerbes auf. Das Kleiner-Gutachten geht bei seiner Beweisführung sogar noch tiefer in die Historie und verweist auf Urteile des Bundesverfassungsgerichts. Aus ihnen geht eindeutig hervor, dass an der „Existenz und Funktionsfähigkeit des Taxenverkehrs ein wichtiges Interesse der Allgemeinheit“ besteht. Schon in einem Urteil aus dem Jahr 1960 sei damals höchstrichterlich festgestellt worden, „dass es sich beim Gelegenheitsverkehr mit Taxis um ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut handelt“, hebt Rechtsanwalt Maritzen im Kleiner-Gutachten hervor. Mietwagen sind hingegen kein Teil des ÖPNV, sondern lediglich ein „normaler wirtschaftlicher Verkehr“. Das lässt sich auch daran festmachen, dass Mietwagen keine Betriebs- und Beförderungspflicht haben. Somit läuft hier eine weitere Argumentation aus dem Freshfields-Gutachten ins Leere, weil deren Verfasser beide Verkehrsarten als „ausdrücklich anerkannte Formen des Gelegenheitsverkehrs“ definieren. Fazit: Der Schutz der öffentlichen Verkehrsinteressen ist eine niedrige Schwelle für die Festsetzung eines Mindesttarifs für Mietwagen. jh STUDIE ODER PROGNOSE? Die Festlegung von Mindestentgelten sind berechtigt, wenn ansonsten die öffentlichen Verkehrsinteressen nicht beeinträchtigt sind. Zur Beweisführung schlägt das Zuck-Gutachten entsprechende Untersuchungen vor (siehe Beitrag oben). Das Kleiner-Gutachten dagegen sieht bei den Genehmigungsbehörden von vornherein einen Handlungszwang: „Gerade in Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern steht der Genehmigungsbehörde bzgl. des ,Ob‘ des Handels kein Ermessen zu“, argumentiert Rechtsanwalt Maritzen. Diese hätten hier eine besondere Schutzpflicht. Belegt werde dies durch die Neuregelung im Paragrafen 49 PBefG, Absatz 4, Satz 7. „Der neue Satz 7 in Absatz 4 ergänzt die Eingriffsbefugnisse der Genehmigungsbehörde im Gelegenheitsverkehr mit Mietwagen. Ziel ist es, eine Beeinträchtigung des öffentlichen Verkehrsinteresses, die möglicherweise durch einen hohen Anteil an Mietwagenverkehren hervorgerufen werden kann, von vornherein zu vermeiden.“ jh BILDER: freepik.com 6 2. QUARTAL 2023 TAXI

GENEHMIGUNGSBEHÖRDEN ORIENTIERUNG AM TAXITARIF Sofern Genehmigungsbehörden Mindestentgelte für Mietwagen festlegen, wird es dabei auch um die Frage gehen, wie hoch diese angesetzt sein dürfen. Die Gutachten geben hierzu unterschiedliche Empfehlungen ab. FOTOS: Hale Kommunen dürfen Mindesttarife für Mietwagen festlegen. Das regelt der Paragraf 51a des Personenbeförderungsgesetzes. Zur Höhe finden sich dort keine Angaben. Entsprechend unterschiedlich interpretieren die Gutachten deren Höhe. Während Freshfields und Oppenländer eine Festlegung auf Höhe des Taxitarifs als nicht rechtens erachten, vertritt das Zuck-Gutachten sogar die Ansicht, dass ein solches Mindestentgelt sogar oberhalb des Taxitarifs liegen kann. Belegt werden müsse dies allerdings durch eine Marktforschungsanalyse. Rechtsanwalt Zuck verwendet in seinen Ausführungen den Begriff der „Elastizitätsgrenze“. Er geht damit auf die Argumentation von Freshfields ein, wonach bei Preisregulierungen für Mietwagen „regelmäßig in die in Artikel 12, Absatz 1 Grundgesetz geschützte Preisbildungsfreiheit eingegriffen würde“. MINDESTTARIF AUCH FÜR AUSWÄRTIGE MIETWAGEN Der § 51a ermöglicht Genehmigungsbehörden, Mindesttarife für den Verkehr mit Mietwagen, der in ihrem Bezirk betrieben wird, festzulegen. Das Kleiner-Gutachten geht davon aus, dass mit „Bezirk“ der Genehmigungsbezirk gemeint ist. Somit geht aus dieser Formulierung eindeutig hervor, dass solche Tarife dann für alle Mietwagenfahrten innerhalb der Stadt/Gemeinde gelten, unabhängig davon, an welchem Betriebssitz das Mietwagenunternehmen angemeldet ist. Eine Betriebssitzflucht, wie sie während der letzten Jahre verstärkt festzustellen ist, wäre in diesem Fall also ein stumpfes Schwert zur Umgehung des Mindesttarifs. Umgekehrt bedeutet das aber auch, dass eine Ausdehnung des Mindesttarifs auf Gebiete außerhalb des Genehmigungsbezirks nicht möglich ist. Das ist dann der Unterschied zum Taxitarif, der in vielen Städten innerhalb des definierten „Pflichtfahrgebietes“ gilt und oftmals auch STICHWORT ELASTIZITÄTSGRENZE Zuck bestätigt dies für den Fall, wenn Mindestbeförderungsentgelte die Elastizitätsgrenze übersteigen. Der § 51a Abs. 1 PBefG setze daher fundierte Erkenntnisse zur Preiselastizität der Nachfrage im Mietwagenverkehr voraus. „Diese Elastizitätsgrenze wird von Ort zu Ort unterschiedlich ausfallen“, heißt es im Zuck-Gutachten. „Sie hängt außer von den finanziellen Möglichkeiten der Mietwagennutzer auch von der Höhe der jeweiligen ÖPNV- oder Taxi- Beförderungsentgelte und der Qualität des ÖPNV-Angebots ab. Ein Mindestbeförderungsentgelt kann daher ein höheres Niveau aufweisen wie der örtliche Taxitarif.“ IDENTISCHE AUSRICHTUNGEN Das Kleiner-Gutachten orientiert sich bei der Preisdefinition an jenen Paragrafen im PBefG, in denen die Taxitarife geregelt sind. Dies ist der § 39, Absatz 2, in Verbindung mit § 51, Absatz 3. Demnach müssen Taxitarife so ausgerichtet sein, dass neben der Kostendeckung auch der Anspruch auf einen Gewinn sowie die Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals wie auch Rücklagen berücksichtigt wird. Das lässt sich auch auf die Mietwagen(mindest) tarife übertragen, da die Kosten für einen Taxi- und Mietwagenunternehmer in vielen Punkten identisch sind. jh Der Sprachasstistent für Ihr Callcenter Taxi Essen, guten Tag! Möchten Sie ein Taxi für sofort bestellen? Gemeinden außerhalb des eigentlichen Genehmigungsbezirks umfasst. jh www.seibtundstraub.de Ja! Entlasten Sie Ihre Zentrale und sparen Sie Kosten mit dem Sprachassistenten optiTAX Voice CTRL Robot TAXI 2. QUARTAL 2023 7

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