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Taxi Times DACH SPECIAL- August 2019

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RIDE-POOLING WAS AUS

RIDE-POOLING WAS AUS DEUTSCHLAND KOMMT, SCHEINT BESSER ZU SEIN Während die Hamburger Genehmigungsbehörde im Umgang mit Mietwagen auf die bewährte Blaupause »Hamburger Modell« zurückgreift, begibt man sich beim Thema Ride-Pooling auf das »Experimentierfeld Personenbeförderung«. QUITTUNGSBLÖCKE Mit Ihrem Wunscheindruck! ✓ auch mit Durchschlag ✓ viele Muster-Vorlagen ✓ zum TOP-Preis Block ab Jetzt bestellen unter 08331-87919 oder info@baer-druckbedarf.de Der gute Ruf und die bundesweite Vorbildfunktion von Hamburgs Verkehrsaufsichtsbehörde hat sich – zumindest medial – gehalten. Zu Recht? Neben erfolgreicher (Mit-)Arbeit an der Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit des Hamburger Taxigewerbes seit 2004 und den aktuellen Bemühungen darum, den Einzug von Uber und Free Now überschaubar zu halten (siehe Seite 12), hat sie aber auch die unglaubliche Zahl von 1.000 Fahrzeugen der Firma Moia (VW) zur Erprobung einer „neuen Verkehrsart“ auf Basis von Paragraf 2 Absatz 7des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) genehmigt. Die volle Anzahl der Wagen soll im Laufe des vierjährigen Erprobungszeitraums erreicht werden, der am 31.12.2022 endet (und laut PBefG auch zwingend enden muss). Aktuell sind es etwa 100 Fahrzeuge, in den nächsten Wochen sollen es 200 werden. Vorübergehend war die Anzahl der genehmigten Moia-Kleinbusse im Zusammenhang mit der Klage eines Taxiunternehmers vom Verwaltungsgericht auf maximal 200 Wagen begrenzt worden, bis in der Hauptverhandlung entschieden werden sollte, ob die Genehmigung überhaupt rechtmäßig ausgesprochen wurde. In zweiter Instanz hob das Oberverwaltungsgericht diese einstweilige Verfügung kurzerhand auf – es sei kein berechtigtes Interesse des Unternehmers festzustellen. Die Dauer des eigentlichen, nun abgesagten Prozesses hätte sich bis zu sechs Jahre hinziehen können, somit also über das Ende des Erprobungszeitraums hinaus. Zur Erinnerung: Die Politik richtet ihre Verkehrsplanung nach weniger € 0,31 netto WIR DRUCKEN IHRE ... Visitenkarten Flyer Kalender Feuerzeuge Quittungsblöcke Fahrtenberichte Briefbögen uvm. baer-druckbedarf.de motorisiertem Individualverkehr aus. Die Genehmigungsbehörde hat dagegen bei der Genehmigung der Erprobung einer neuen Verkehrsart darauf zu achten, dass dem Verkehr „öffentliche Verkehrsinteressen nicht entgegenstehen“. NEU IST NUR DER ALGORITHMUS Streng genommen ist an der Verkehrsart, die von Moia, Clever Shuttle und Co. erprobt werden soll, gar nichts neu. Die Ausnahme bildet der Algorithmus, der das sogenannte Pooling, also das Zusammenlegen von gemeinsamen Teilstrecken zu befördernder Personen via Datenverarbeitung möglich macht und somit auch sozusagen „den Bus auf Bestellung“. Die Grundidee allerdings, ein Fahrzeug zu teilen, ist mindestens so alt wie Bus und Bahn. Ohne den Algorithmus gibt es das Phänomen schon lange, z. B. auch als Sammeltaxi oder privat organisierte Mitfahrgelegenheit. Wirklich noch sehr neu, gemessen an der Geschichte des ÖPNV brandneu, ist die Geschäftsidee, mit der VW, Daimler, Uber und andere samt Geldgebern, Marketingabteilung und Lobbyisten aufwarten. Ebenso neu ist die weltweit massive Werbekampagne zum Thema Fortbewegung in Großstädten. Unsummen werden ausgegeben, um der Bevölkerung unterzujubeln, dass mit ihrer Mobilität etwas nicht in Ordnung FOTOS: Moia, Taxi Times 14 AUGUST / 2019 TAXI

RIDE-SHARING Aller Anfang ist leer: Taxikollegen berichten, dass Moia-Fahrzeuge meist schwach besetzt durch die Stadt fahren. sei. Entsprechend große Mengen „neuer“ Fahrzeuge zur Personenbeförderung werden „auf den Markt“ gebracht, Fahrer eingestellt und Tarife aufgerufen, aus denen sich die Projekte aber ausnahmslos nicht finanzieren können. Darüber redet man nicht. Viel aber über „On-demand-Verkehr“, „die letzte Meile“, „Verkehrsentlastung“, „Klimafreundlichkeit“ und „Bequemlichkeit“ und lenkt so den Blick auf eine Vision, die in sich widersprüchlicher nicht sein könnte. Erprobung bedeutet, man untersucht die Auswirkungen „neuer Verkehrsarten“ auf den Verkehr – inwieweit sie dafür geeignet sind, das zu erbringen, was der Anbieter propagiert, und ob sie den bestehenden ÖPNV und das Straßenverkehrsaufkommen beeinflussen. In den USA gibt es längst einige Studien und auch die entsprechenden Fachbereiche verschiedener Hochschulen in Deutschland haben sich bereits mit dem Thema auseinandergesetzt. Allen Ergebnissen bzw. Presseberichten kann man entnehmen, dass die Kundschaft der „neuen Verkehrsformen“ zu einem überwiegenden Teil ohne das „neue“ Angebot auf ein nicht motorisiertes Verkehrsmittel oder den ÖPNV zurückgegriffen hätte. Das bedeutet konkret: Durch Moia, Clever Shuttle etc. kommen zusätzliche Autofahrten zum bestehenden Autoverkehr hinzu. Sieht Moia als „nicht wegzudiskutierende Konkurrenz“: Martin Huber von der Hamburger Genehmigungsbehörde. Die Werbemasche „Verkehrsentlastung“ ist also schon längst widerlegt. Dennoch gab Moia kürzlich eine Langzeitstudie in Auftrag. Die Bundeswehr-Universität München und das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) werden zusammen forschen: 2.000 Hamburger sollen befragt werden. Klaus Bogenberger von der Bundeswehr- Uni München nahm das Ergebnis der Studie schon vorweg, als er auf einer von Moia organisierten Veranstaltung sagte, dass Fahrdienste erst mit 1.000 Wagen für weniger Verkehr sorgten. Er behauptete, mit steigender Fahrzeugzahl stiege auch die Auslastung (Quelle: NDR). Auf derselben Veranstaltung kündigte die Hamburger Behörde an, eine eigene Studie in Auftrag geben zu wollen. Unklar sei noch, wer sie durchführen wird. MOIA = MEHR VERKEHR In der Öffetnlichkeit werden wenige Zahlen genannt. Moia gibt an, 60 Prozent der Fahrten würden zusammengelegt. Mithilfe eines Taschenrechners und den Erfahrungen einiger Hamburger Moia-Kunden lässt sich erkennen, was das bedeutet. Nämlich nicht nur, dass (wie Studien schon gezeigt haben) mehr Autofahrten zustande kommen, sondern sogar noch mehr Kilometer gefahren werden. Fährt man Bus, Bahn, Fahrrad, Taxi oder Privatwagen, sorgt man logischerweise für Verkehr auf den Straßen. Nimmt man Moia, sorgt man für noch mehr Verkehr. Was kommt nach dem Erprobungszeitraum? Wenn es nach Eckpunkt 1c aus dem Bundesverkehrsministerium zur Veränderung des PBefG geht, soll das Verbot der Einzelplatzvermietung in Mietwagen aufgehoben werden. Dann wären Genehmigungen wegen des Schlupflochs des Erprobungsparagrafen 2 Absatz 7 gar nicht mehr notwendig. Man mag sich gar nicht ausmalen, was dann für eine Schwemme an Pooling-Fahrzeugen die Städte überfluten würde. In Hamburg erstreckt sich die Rolle der Behörde, was Moia angeht, bislang auf deren Genehmigung. Die vorab festgelegten virtuellen Haltestellen, die sich beispielsweise nicht an oder nahe bei Taxiständen oder Bushaltestellen befinden dürfen, werden nach Beobachtungen von Kollegen häufig missachtet, Kunden werden überall aufgenommen oder abgesetzt. Die Verstöße werden gemeldet und von der Behörde bearbeitet, heißt es. Von möglichen Sanktionen gegenüber Moia gab es bisher keine Wasserstandsmeldungen. Martin Huber, Leiter der Hamburger Verkehrsbehörde, sagte in einer Rede anlässlich der Frühjahrstagung des Bundesverbandes Taxi, Moia sei zwar eine „nicht wegzudiskutierende Konkurrenz für öffentliche Verkehrsmittel, Car-Sharing-Angebote und Taxis“, betonte jedoch sogleich, dass man „mit deutschen Produkten am Mobilitätsmarkt erfolgreich sein wolle und müsse“. Seine Behörde finde dies gut und werde es unterstützen. In Hamburg wird übrigens im Herbst 2021 der ITS-Weltkongress (Lösungen für urbane Mobilität und Logistik) stattfinden. Die Stadt hatte zusammen mit VW die Bewerbung eingereicht. Politik schlägt Verwaltung. Aus manchem Blickwinkel bleibt somit der Eindruck, dass in Hamburg keine neue Verkehrsart erprobt wird, sondern der Versuch stattfindet, einen neuen Wirtschaftszweig zu etablieren, der für mehr Verkehr sorgen wird. Es soll nur keiner merken. ys DIE ZUKUNFT IST DIGITAL MIT EUROPAS NUMMER 1 www.fms.at

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