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Im Bild: Benedikt

Im Bild: Benedikt Ennser, Marta Hodasz, Martin Seidl • Foto © Verlag Österreich/Sascha Osaka Lesedauer: 6 Minuten Gebrauchsanweisung für den Ausbau erneuerbarer Energie Mit dem neuen Kommentar zum Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) gibt es erstmals eine praktische juristische Hilfestellung bei der Realisierung der Energiewende. Die Autor*innen Benedikt Ennser, Marta Hodasz und Martin Seidl sehen das EAG als wichtigen Beitrag zum Ziel, bis zum Jahr 2030 100 % des Stromverbrauchs aus erneuerbarem Strom zu decken. Interview: Roman Tronner Verlag Österreich: Das EAG trat Ende Juli 2021 in Kraft, Judikatur steht noch aus. Ihr Kommentar ist bereits im September 2022 erschienen. Warum so rasch und an wen richtet er sich? Benedikt Ennser: Wir wollten rasch eine Gebrauchsanweisung für das neue Gesetz bereitstellen. Mit der Neugestaltung des Fördersystems sind für alle Beteiligten viele Änderungen verbunden. Das betrifft Projektierer*innen, Anlagenbetreiber*innen, Förderungswerber*innen, aber auch Behörden, wie das Klimaschutzministerium und die E-Control. Alle betreten mit dem EAG Neuland. Marta Hodasz: Der Kommentar richtet sich auch an Forschende und Lehrende an Universitäten sowie an Rechtsanwält*innen. Im Energiebereich gibt es fast keine Kommentare, oder sie sind veraltet. Für die Gesetzesauslegung benötigen wir aber Hilfsmittel. Das war eine zentrale Motivation. Wie setzt sich das siebenköpfige Autor*innenteam zusammen?

Ennser: Wichtig war die Beteiligung von Expert*innen, die an der Entstehungsgeschichte des EAG Anteil hatten, also die fünf Vertreter*innen des Klimaschutzministeriums, aber auch Praktiker*innen, wie die Rechtsanwältin Claudia Hanslik- Schneider oder Martin Seidl, der als Berater in der unmittelbar betroffenen Branche tätig ist. Das EAG ist Teil eines umfassenden Gesetzespakets. Der Kommentar geht nur auf das EAG und jene Teile des ElWOG ein, die Energiegemeinschaften betreffen. Eine bewusste Entscheidung? Ennser: Das EAG-Paket umfasst zehn Gesetze. Ein umfassender Kommentar über das gesamte Paket hätte sicherlich zeitlich deutlich länger gebraucht. Wir haben uns daher entschieden, rasch eine Gebrauchsanweisung bereitzustellen. Denn das zentrale Element des Pakets ist die Neugestaltung des Fördersystems für erneuerbare Energie, also das EAG. Auch die Energiegemeinschaften sind wichtig. Die ersten Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften wurden ja rasch nach Inkrafttreten des EAG gegründet. Daher haben wir die diesbezüglichen Regelungen des El- WOG auch aufgrund der Praxisrelevanz aufgenommen. Als neues Materiengesetz setzt das EAG das EU-Paket „Saubere Energie für alle Europäer*innen“ um. Hätte nicht auch eine Ausweitung des ElWOG gereicht? Ennser: Anfangs wurde tatsächlich überlegt, ob eine Novelle des Ökostromgesetzes ausreicht. 2017 wurde die „kleine Ökostrom-Novelle“ verabschiedet, danach war die Rede von einer „großen Ökostrom- Novelle“. Rasch zeigte sich: Das wird dem Ausmaß der EU-Anforderungen nicht gerecht, außerdem ist das Ökostromgesetz in die Jahre gekommen. Es war an der Zeit, mit dem EAG ein komplett neues, modernes Fördersystem mit einer eigenständigen gesetzlichen Grundlage zu schaffen. Beim ElWOG 2010 sind wir gerade dabei, basierend auf einer EU-Richtlinie das Gleiche zu tun. Hier schwebt uns eine grundlegende Neugestaltung des Rechtsrahmens für das Strommarkt-Design auf nationaler Ebene vor. Wo sehen Sie bereits Novellierungsbedarf des EAG? Ennser: Das Parlament ist jetzt gerade dabei, eine Novelle zu verabschieden in Reaktion auf die Erfahrungen aus den ersten insbesondere Photovoltaik-Fördercalls. Die Anpassungen, die gerade im Parlament behandelt werden, zielen ab auf Erleichterungen des Zugangs zu Förderungen speziell für Private. Ein Thema, das auch wir im Klimaschutzministerium gerade stark diskutieren. Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften (EEG) sind eine wesentliche Säule des EAG. Wie unterscheiden sich diese von den Bürgerenergiegemeinschaften (BEG) im ElWOG? Hodasz: Der wesentliche Unterschied: Bei EEG geht es um die lokale Energieversorgung. Sie sind offen für alle Energieträger bzw Energieformen, jedoch nur für erneuerbare. Neben Sonnen- oder Windenergie können daher auch Energieträger wie Wasserstoff oder Biogas zum Einsatz kommen. EEG können nicht nur bei der Stromversorgung, sondern auch im Bereich Wärme oder Mobilität relevant sein. Die BEG ist auf Strom beschränkt, egal ob aus erneuerbaren oder fossilen Energiequellen. Während EEG auf die Nieder- bzw Mittelspannungsebene in einem Netzgebiet beschränkt sind, kann bei BEG netzgebietsübergreifend, also österreichweit, Strom ausgetauscht werden. Beide gemeinschaftlichen Versorgungsmodelle wollen Bürger*innen für die Energiewende mit ins Boot holen. Da bieten sich PV-Anlagen an. Auf der lokalen Ebene funktioniert das schon sehr gut. Mit Stand September gibt es bereits 92 EEG in Österreich. Das EAG lässt offen, welche Rechtspersönlichkeit eine EEG annimmt. Was ist eine optimale Konstruktion mit Blick auf den sozialgemeinschaftlichen Fokus? Martin Seidl: Die Frage der Form einer EEG wurde im Gesetz bewusst offen gestaltet. Neben den neuen Möglichkeiten, die Energiegemeinschaften bieten, hat diese offene Ausgestaltung auch das große Interesse positiv unterstützt. Der andere Punkt: Es gibt dadurch eine große Bandbreite an möglichen Konstellationen. Der Einfamilienhausbesitzer mit einer bestehenden PV-Anlage hat bei den aktuellen Marktpreisen vermutlich wenig Interesse, Strom zu teilen. Teilnehmende einer EEG, die gemeinsam eine PV-Anlage anschaffen, sind vermutlich eher bestrebt Strom zu teilen, als zu vermarkten. Auch bei Gemeinden ist natürlich ein anderes Interesse da als bei Einzelnen. Nichtsdestotrotz sind die hohen Marktpreise, welche die OeMAG derzeit vergütet, natürlich interessant für Anlagen bis 500 kW. Das EAG schreibt in § 79 vor, Hauptzweck der EEG darf nicht im finanziellen Gewinn liegen. Bernd Rajal und Stefanie Orator-Saghy 1 stellen 9 Interview EAG 1 Rajal, Bernd, Orator-Saghy, Stefanie, Die Rolle der Energiegemeinschaften im österreichischen Energierecht, NR 2021, 34–42.