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Magazin-16-2-17-FINAL

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Gastkommentar<br />

afghanische Vorbilder in Österreich, um Wege<br />

für die Zukunft aufzuzeigen. Hier sind auch die<br />

afghanischen Vereine gefordert, deren<br />

Ressourcen viel stärker genutzt und gefördert<br />

werden sollten.<br />

Bildung ist aber nicht nur deshalb wichtig, weil<br />

besser gebildete Leute beruflich leichter voran<br />

kommen. Bildung umfasst auch das Wissen um<br />

gesellschaftliche Konventionen und<br />

Entwicklungen. Das ist besonders bedeutsam<br />

wenn es darum geht soziales Kapital zu<br />

erlangen und sich in einer zunächst fremden<br />

Gesellschaft zu etablieren. Letztendlich ist<br />

Wissen und Respekt auch die Basis für ein<br />

gutes Zusammenleben. Das gilt für alle<br />

Menschen im gleichen Maße, unabhängig der<br />

geografischen oder religiösen Herkunft und<br />

bedeutet nicht, dass irgendwer seine oder ihre<br />

Identitäten unterdrücken oder verleugnen soll<br />

(Stichwort: Kopftuchdebatte).<br />

Eine unüberwindbare kulturelle Differenz<br />

zwischen den Alteingesessenen und den<br />

Neueingewanderten gibt es nicht, auch wenn<br />

das die RechtspopulistInnen gerne verkünden<br />

und beispielsweise gerne den Islam als<br />

unvereinbar mit europäischen Traditionen<br />

darstellen. Aber wir sollten nicht vergessen,<br />

dass die Trennung von Religion und Staat sowie<br />

die demokratischen Freiheiten in Europa nicht<br />

vom Himmel gefallen sind, sondern das<br />

Resultat jahrhundertelanger Kämpfe um<br />

Emanzipation sind - das gilt insbesondere auch<br />

für die Geschlechterverhältnisse und die<br />

Gleichstellung von Männern und Frauen.<br />

Zu Recht erwartet hier die<br />

Mehrheitsgesellschaft, dass die<br />

EinwandererInnen diese Errungenschaften<br />

nicht nur akzeptieren, sondern als etwas<br />

Positives und als Chance begreifen, auch wenn<br />

in der Mehrheitsgesellschaft selbst vieles noch<br />

im Argen liegt. An einer Verbesserung der<br />

Gesellschaft müssen wir aber gemeinsam<br />

arbeiten und nicht neben- oder gar<br />

gegeneinander werken. Ich bin überzeugt, dass<br />

die meisten AfghanInnen in Österreich das<br />

genauso sehen und gerade deswegen die<br />

Strapazen der Flucht auf sich genommen<br />

haben - insbesondere die Töchter und Söhne<br />

sollen die Möglichkeit haben in Frieden und<br />

Freiheit zu leben und ein besseres<br />

ökonomisches Auskommen finden.<br />

Zurück zum Event im Weinviertel: Die<br />

InitiatorInnen beklagten schon im Vorfeld, dass<br />

sie von manchen Bekannten keine<br />

Unterstützung erhalten hätten und diese nicht<br />

bereit waren, sich mit AsylwerberInnen<br />

fotografieren zu lassen, „sie haben Angst vor<br />

den Reaktionen aus ihrem Umfeld – vom Chef,<br />

ihren Bekannten – sie wollen sich nicht<br />

öffentlich mit den Flüchtlingen zeigen.“ Eine<br />

solche Stimmung ist natürlich fatal, und es liegt<br />

in unserer aller Verantwortung, diese Mauer<br />

der Vorurteile und Ängste nieder zu reißen.<br />

Den afghanischen Intellektuellen und<br />

Studierenden in Österreich kommt dabei als<br />

Vermittler, Vorbilder und Sprachrohr der<br />

Community eine besondere Verantwortung zu<br />

– gegenüber der eigenen Community genauso<br />

wie gegenüber der Mehrheitsgesellschaft.<br />

Gemeinsam sind wir mehr!<br />

Michael Fanizadeh ist Politologe und arbeitet<br />

seit 1997 am VIDC – Wiener Institut für<br />

Internationalen Dialogund Zusammenarbeit:<br />

www.vidc.org. Seine Arbeitsbereiche sind<br />

Migration & Entwicklung, Menschenrechte und<br />

Antirassismus. Sein regionaler Schwerpunkt<br />

liegt auf dem Nahen und Mittleren Osten.<br />

Michael Fanizadeh<br />

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