grenzenlos 3 Web (1)
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Brücken der Zivilisation<br />
„Tausend und eine Nacht“<br />
Von Khalid Sannaa<br />
1001<br />
Nacht<br />
Schon immer haben Dichter dieses Buch gelobt und besungen,<br />
manchmal war es ein netter Begleiter und Freund,<br />
manchmal eine Quelle der Weisheit und des Wissens. Hafez<br />
Ibrahim, genannt Dichter des Nils, beschrieb dieses Buch als<br />
ein Wunder: „Dies ist ein Buch, das die Menschen als zweites<br />
Wunder bezeichnen, seit sie seinen Inhalt kennen.“<br />
Nochmals ging ich zu dem erfahrenen, hochgebildeten Anwalt,<br />
um in der Tiefe seiner Bibliothek nach dem Werk zu suchen,<br />
dessen Ursprünge nicht genau bekannt sind: das berühmte Geschichtenbuch<br />
„Tausend und eine Nacht“.<br />
Ich begann diese Geschichten zu lesen. Ihre Erzählstruktur erinnerte<br />
mich an Fernsehserien oder auch Filme. Sie erzählten<br />
vom indischen Dschungel, von derZivilisation der Perser und<br />
der Beredsamkeit der arabischen Wüstenbewohner.<br />
Das Buch enthält Geschichten über die Ungerechtigkeit und<br />
ihre Hässlichkeit, die Köstlichkeit der Gerechtigkeit, die Unschuld<br />
der Kinder, über das Leben beduinischer Frauen, über<br />
heldenhafte Ritter und den Verrat von Neidern.<br />
Dies waren Exempel und wunderschöne Bilder, die in andere<br />
Sprachen übertragen, weiterentwickelt und verändert wurden.<br />
Es waren Geschichten, die manchmal vom wahren Leben<br />
geschrieben wurden, ein andermal auf die phantasievollen Legenden<br />
der Berge und Täler zurückgingen.<br />
Zum Schluss möchte ich meiner Hoffnung Ausdruck geben,<br />
dass die kulturhistorische Bedeutung dieser Geschichtensammlung<br />
auch für unser heutiges, tägliches Leben von Bedeutung<br />
sein kann.<br />
Denn auch unsere Gesellschaft in Deutschland ist geprägt vom<br />
Zusammenleben der Menschen aus unterschiedlichen Kulturen,<br />
verschiedener Sprachen und Herkunft.<br />
Uns eint jedoch das Streben nach Freiheit, sozialer<br />
Gerechtigkeit und Sicherung des Gemeinwohls.<br />
Die Unbestimmtheit der Urheberschaft und Entstehung machten<br />
„Tausend und eine Nacht“ zu einem Vogel mit zwei riesigen<br />
Flügeln, der durch die Länder streifte und den Lesern und<br />
Hörern der Geschichten Tag und Nacht eine schrankenlose Fülle<br />
bescherte.<br />
„Tausend und eine Nacht“ wurde nicht nur auf Persisch und<br />
Arabisch, sondern in vielen anderen Sprachen der Welt veröffentlicht<br />
und wird bis heute sowohl im stillen Kämmerlein als<br />
auch im öffentlichen Raum gelesen und vorgelesen.<br />
Es wurde viel geforscht und geschrieben über diese Geschichtensammlung.<br />
Ihre Bedeutung für die kulturelle Annäherung<br />
von Orient und Okzident und die Verbreitung des Wissens über<br />
die Länder und Völker des Ostens im westlichen Kulturkreis<br />
kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Mit einfachen stilistischen<br />
Mitteln gelang es den Autoren der Texte das Leben<br />
der Menschen im Orient zu schildern, sowie die Rolle, welche<br />
das Erzählen von Geschichten und die Literatur darin spielen,<br />
zu vermitteln.<br />
Über die reinen Übertragungen und Übersetzungen<br />
hinaus entfaltete „Tausend und eine Nacht“ in Europa eine<br />
breite Wirkungsgeschichte. Dies reicht von Nachdichtungen,<br />
über Adaptionen und Neuschöpfungen bis hin zu musikalischen<br />
Bearbeitungen, wie Opern, Operetten, Hörspielen,<br />
Musicals und Theaterstücken, sowie Filmen etc.<br />
Foto: Abdul Rahman Takleh<br />
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