ECommerce_1
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STUDIENSKRIPT
E-Commerce I
BWEC01-01
Studienskript
E-Commerce I
BWEC01-01
2 Impressum
Impressum
Herausgeber:
IUBH Internationale Hochschule GmbH
IUBH International University of Applied Sciences
Juri-Gagarin-Ring 152
D-99084 Erfurt
Postanschrift:
Albert-Proeller-Straße 15-19
D-86675 Buchdorf
media@iubh.de
www.iubh.de
BWEC01-01
Version Nr.: 001-2020-0803
© 2020 IUBH Internationale Hochschule GmbH
Dieser Lehrbrief ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten.
Dieser Lehrbrief darf in jeglicher Form ohne vorherige schriftliche Genehmigung der IUBH Internationale
Hochschule GmbH nicht reproduziert und/oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet,
vervielfältigt oder verbreitet werden.
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Wissenschaftliche Leitung
3
Wissenschaftliche Leitung
Prof. Dr. Thomas Bolz
Herr Bolz ist seit 2020 Professor für E-Commerce und Online-Marketing
im Fernstudium der IUBH. Seine Schwerpunkte liegen hier in den
Bereichen E-Commerce und Gesundheitsökonomie.
Nach einem Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Universität
Regensburg und an der Maastricht University School of Business and
Economics, wurde Herr Bolz an der Universität Regensburg mit einer
Arbeit zur Bewertung von E-Commerce-Unternehmen promoviert.
Im Rahmen seiner beruflichen Aktivitäten, unter anderem im Management
Consulting, begleitete er diverse Unternehmens-gründungen im
digitalen Umfeld und baute Online-Shops in verschiedenen Branchen
auf.
Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Entwicklung und Vermarktung
von digitalen Geschäftsmodellen, der Analyse von Einkaufsverhalten
im digitalen Zeitalter sowie im Bereich Kapitalmarktperformance
von Online-Händlern.
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4
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
E-Commerce I
Wissenschaftliche Leitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
Einleitung
E-Commerce I 7
Wegweiser durch das Studienskript . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
Übergeordnete Lernziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
Lektion 1
Grundlagen des E-Commerce 12
1.1
1.2
Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
Vorgeschichte des E-Commerce . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
Lektion 2
Akteure und Geschäftsbereiche im Electronic Business 30
2.1
2.2
2.3
Marktteilnehmer und Geschäftsbeziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
Geschäftsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
Wirtschaftsbereiche und Betriebstypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
Lektion 3
E-Marketplace 46
3.1
3.2
3.3
Elektronischer Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
Formen und Strukturen elektronischer Marktplätze . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
Betreiber elektronischer Marktplätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
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Inhaltsverzeichnis 5
Lektion 4
Rechtliche Rahmenbedingungen des E-Commerce 64
4.1
4.2
4.3
4.4
Anforderungen des Telemediengesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
Datenschutz beim Betrieb von Telemediendiensten . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
Haftung für gesetzeswidrige Inhalte in Telemediendiensten . . . . . . . . . 68
Marken und Wettbewerbsrecht im Bereich E-Commerce . . . . . . . . . . . . . 72
Lektion 5
Vertragsschluss im Internet 78
5.1
5.2
5.3
5.4
Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . 78
Informationspflichten bei Fernabsatzverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
Verbraucherschutz im Bereich E-Commerce . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
Formvorschriften für elektronische Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
Lektion 6
Technische Infrastrukturen 92
6.1
6.2
Standard-Shop-Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92
Shop-Technologien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95
Lektion 7
E-Commerce-Strategien und ökonomische Rahmenbedingungen
102
7.1
7.2
7.3
Ökonomische Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
Entwicklung von E-Business-Strategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
Strategische Positionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111
Anhang 1
Literaturverzeichnis 122
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6
Inhaltsverzeichnis
Anhang 2
Abbildungsverzeichnis 126
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Einleitung
E-Commerce I
8
Einleitung
Wegweiser durch das Studienskript
Herzlich willkommen!
Dieses Studienskript bildet die Grundlage Ihres Kurses. Ergänzend zum Studienskript stehen
Ihnen weitere Medien aus unserer Online-Bibliothek sowie Videos zur Verfügung, mit deren
Hilfe Sie sich Ihren individuellen Lern-Mix zusammenstellen können. Auf diese Weise können
Sie sich den Stoff in Ihrem eigenen Tempo aneignen und dabei auf lerntypspezifische Anforderungen
Rücksicht nehmen.
Die Inhalte sind nach didaktischen Kriterien in Lektionen aufgeteilt, wobei jede Lektion aus
mehreren Lernzyklen besteht. Jeder Lernzyklus enthält jeweils nur einen neuen inhaltlichen
Schwerpunkt. So können Sie neuen Lernstoff schnell und effektiv zu Ihrem bereits vorhandenen
Wissen hinzufügen.
Im Interactive Book befinden sich am Ende eines jeden Lernzyklus die Fragen zur Selbstkontrolle.
Mithilfe dieser Fragen können Sie eigenständig und ohne jeden Druck überprüfen, ob
Sie die neuen Inhalte schon verinnerlicht haben.
Sobald Sie eine Lektion komplett bearbeitet haben, können Sie Ihr Wissen auf der Lernplattform
unter Beweis stellen. Über automatisch auswertbare Fragen erhalten Sie ein direktes
Feedback zu Ihren Lernfortschritten. Die Wissenskontrolle gilt als bestanden, wenn Sie mindestens
80 % der Fragen richtig beantwortet haben. Sollte das einmal nicht auf Anhieb klappen,
können Sie die Tests beliebig oft wiederholen.
Wenn Sie die Wissenskontrolle für sämtliche Lektionen gemeistert haben, führen Sie bitte die
abschließende Evaluierung des Kurses durch.
Im folgenden Studienskript wird aufgrund der besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum
verwendet. Ungeachtet dessen möchten wir hervorheben, dass immer Männer und
Frauen, Inter- und Trans*Personen gemeint sind sowie auch jene, die sich keinem Geschlecht
zuordnen wollen oder können.
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Einleitung 9
Übergeordnete Lernziele
Der Kurs E-Commerce I vermittelt grundlegende Fachbegriffe und Konzepte aus dem elektronischen
Geschäftsverkehr. Er befasst sich mit der Entwicklung des E-Commerce, geht auf
die unterschiedlichen Transaktions- und Kommunikationsplattformen sowie die entsprechenden
Modelle ein und befasst sich mit den Anforderungen an die technische Infrastruktur.
Außerdem werden die rechtlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen untersucht.
Dieser Kurs ermöglicht auf Grundlage allgemeiner betriebs- und volkswirtschaftlicher Prinzipien
eine erste strategische Auseinandersetzung mit dem Thema E-Commerce. Besondere
Beachtung finden der Vertragsschluss im Internet, Effizienzpotenziale sowie die strategische
Positionierung im Bereich E-Commerce. Aktuelle Praxisbezüge vertiefen das Gelernte und
geben einen umfassenden Gesamtüberblick zum Thema Electronic Business.
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Lektion 1
Grundlagen des E-Commerce
LERNZIELE
Nach der Bearbeitung dieser Lektion werden Sie wissen, …
…
…
…
…
…
…
welche die wichtigsten Begriffe zum Thema E-Commerce sind.
wie E-Business, E-Commerce und M-Business voneinander abzugrenzen sind.
warum Informationen einen eigenständigen Wettbewerbsfaktor darstellen.
welche Bedeutung künftig dem Bereich mobile Anwendungen zukommt.
welches die technischen Voraussetzungen für E-Commerce sind.
wie sich das Web 1.0 zum Web 4.0 entwickelt hat.
DL-D-BWEC01-01-L01
12 Lektion 1
1.
Grundlagen des E-Commerce
Einführung
Die zunehmende Digitalisierung der Gesellschaft hat in den vergangenen Jahren auch
auf der Unternehmensebene zu tiefgreifenden Veränderungen geführt – sowohl im
operativen als auch im strategischen Bereich. Nahezu alle internen und externen Informations-
und Kommunikationsprozesse werden heute durch elektronische Informationstechnologien
unterstützt. Traditionelle Geschäftsprozesse konnten teilweise oder
sogar vollständig durch digitale Prozesse substituiert und Abläufe häufig optimiert werden.
Zusammengefasst wird diese Entwicklung unter dem Oberbegriff Electronic Business.
Diese Lektion ist eine allgemeine Einführung in das Thema E-Commerce. Es werden die
wichtigsten Grundbegriffe erläutert, die allgemeinen ökonomischen Rahmenbedingungen
der Internetökonomie betrachtet und Bezeichnungen wie E-Commerce, E-Business
und M-Business voneinander abgegrenzt.
Der zweite Teil dieser Lektion gibt zunächst einen Überblick über die historischen Meilensteine
in der Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnik und über
die wichtigsten technischen Voraussetzungen für E-Commerce. Anschließend werden
die Entwicklung vom sogenannten Web 1.0 zum Web 4.0 sowie deren Einfluss auf die
unterschiedlichen E-Commerce-Phasen nachgezeichnet.
1.1 Begriffsbestimmung
Informationsgesellschaft
Die Folge der Digitalisierung
ist ein
gesellschaftlicher
und wirtschaftlicher
Strukturwandel.
Informations- und
Kommunikationstechnologien
(IKT)
Der Einsatz moderner
IKT ist heute die
Grundvoraussetzung
für den Erfolg eines
Unternehmens.
Die Auswirkungen des Übergangs von der Industriegesellschaft hin zur Informationsgesellschaft
werden häufig mit denen der industriellen Revolution verglichen. Spätestens
seit Beginn der 1990er-Jahre hat sowohl im gesellschaftlichen als auch im wirtschaftlichen
Bereich ein Strukturwandel eingesetzt. Internet, Computer und moderne Informations-
und Kommunikationstechnologien (IKT) sind zum festen Bestandteil des täglichen
Lebens geworden.
Rund 3,4 Milliarden Menschen weltweit nutzen regelmäßig das Internet, davon allein 85
Millionen User in der Region Deutschland, Österreich und der Schweiz (DACH), die etwa
87 Prozent der Bevölkerung dieser drei Länder ausmachen (Heinemann 2017, S. 1). Fast
jeder Zweite in der EU kauft bereits online ein (Statista 2016). Der Anteil des Online-
Handels am gesamten Handelsvolumen liegt in Europa derzeit etwa bei 10 Prozent.
Betrachtet man ausschließlich den Non-Food-Umsatz, dürfte die Zahl sogar doppelt so
hoch sein und könnte bis zum Jahr 2025 auf bis zu 40 Prozent (in den heutigen Schwellenländern
auf etwa 30 Prozent) steigen (Heinemann 2017, S. 2). In Deutschland lag der
prognostizierte Umsatz für den Online-Handel (B2C) im Jahr 2017 bei knapp 50 Milliarden
Euro, die Wachstumsrate bei 11 Prozent (Handelsverband Deutschland o. J.).
„Online“ verdrängt immer häufiger „Offline“. Nicht selten wurden langjährig etablierte
Marktführer von neuen, innovativeren Unternehmen abgelöst, da das Thema Digitalisierung
unterschätzt oder schlichtweg verschlafen wurde und sich zudem auch die Kun-
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Lektion 1
13
Grundlagen des E-Commerce
denanforderungen gewandelt haben. Dies betrifft jedoch nicht nur die Anbieter informationsbasierter
Produkte und Dienstleistungen. Auch für Unternehmen, die klassische
Offline-Produkte und -Dienstleistungen anbieten, ist der Einsatz der Informationstechnologie
heute die Grundvoraussetzung für ihren Erfolg.
Internetökonomie
Mit der sogenannten Internetökonomie haben sich die Geschäftsmodelle und -beziehungen
grundlegend verändert. Ein Angebot neuer, informationsbasierter Produkte und
Dienstleistungen ist entstanden. Die Internetökonomie wird definiert „[…] als eine im
Wesentlichen digital basierte Ökonomie, die computerbasierte Vernetzung nutzt, um
Kommunikation, Interaktionen und Transaktionen in einem globalen Rahmen zu
ermöglichen“ (Wirtz 2016, S. 100). Sie bildet eine Dimension der Informationsgesellschaft,
deren Vielschichtigkeit mit der folgenden Grafik von Wirtz zusammengefasst
werden kann:
Internetökonomie
Die Internetökonomie
hat grundlegend
neue Geschäftsmodelle
hervorgebracht.
Die Grafik verdeutlicht, dass der Siegeszug des World Wide Web und die digitale Vernetzung
Veränderungen auf allen Gebieten bewirken. Informationen sind praktisch
rund um die Uhr und an jedem Ort verfügbar und in Echtzeit abrufbar. Durch die private
Nutzung im Alltag, etwa im Bereich der Unterhaltung, der Meinungsbildung, im
Konsum oder auf dem Gebiet der Arbeit und der Bildung, ergeben sich neue Möglichkeiten
der Teilhabe und der Einflussnahme auf gesellschaftspolitische Bereiche. Die
Vernetzung bewirkt, dass ehemals getrennte Branchen zusammenwachsen und geografische
Entfernungen oder die Überwindung von Landesgrenzen an Bedeutung verlieren.
Dies hat einen erheblichen Einfluss auf nationale wie internationale Wirtschaftspolitik.
Digitale Vernetzung
Die digitale Vernetzung
führt in vielen
Bereichen zu Effizienzsteigerungen
und
Kostenersparnis.
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14 Lektion 1
Auf betriebswirtschaftlicher Ebene kommt es in vielen Bereichen zu Effizienzsteigerungen
und Kostenersparnis. Da der Ressourcenaufwand gleichzeitig überschaubar bleibt
und folglich die Markteintrittsbarrieren sinken, kommen immer neue Unternehmen auf
den Markt. Ein zunehmender internationaler Wettbewerbsdruck, Spezialisierungen und
Verkürzungen des Produktlebenszyklus sind die Folge dieser Entwicklung (vgl. Wirtz
2016, S. 105ff.).
Informationen als Produktions- und Wettbewerbsfaktor
Die Bedeutung von Informationen wird in ökonomischen Prozessen immer wichtiger.
Sie werden zum eigenständigen Produktionsfaktor und tragen somit gemeinsam mit
den beiden Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital zum Wertschöpfungsprozess bei.
Wissen wird zum Wettbewerbsfaktor der Zukunft. Die Ressource Mitarbeiter gewinnt
aufgrund ihres Fachwissens neue Bedeutung für die jeweiligen Volkswirtschaften. Eine
Konsequenz aus volkswirtschaftlicher Sicht ist die Schaffung und Verlagerung von
Arbeitsplätzen aus der Produktion und Landwirtschaft zugunsten des Informationssektors
(z. B. Telekommunikation, Informationstechnik und Medien). Der Informations- und
Kommunikationssektor entwickelt sich zu einem eigenständigen vierten (quartären)
Sektor der Volkswirtschaft (Wirtz 2016, S. 107). Neben neuen Arbeitsplätzen sind neue
Berufsfelder und Organisationsformen entstanden. Immer häufiger haben Angestellte
beispielsweise nur noch einen mobilen Arbeitsplatz oder arbeiten von zu Hause aus im
Homeoffice. Der Bedarf an IT-Fachkräften ist in allen Branchen gestiegen und der Fachkräftemangel
könnte sich noch als ernsthaftes Hindernis für die guten Wachstumsprognosen
der Informationswirtschaft erweisen.
Galt früher für den Unternehmenserfolg, dass ein Produkt entweder qualitativ höherwertiger
sein (Qualitätsführerschaft) oder zu niedrigeren Kosten als der Wettbewerb
angeboten werden musste (Kostenführerschaft), spielen inzwischen auch Faktoren wie
Geschwindigkeit und Flexibilität eine immer größere Rolle. Der Verkäufer muss dem
Käufer die gewünschte Leistung zur gewünschten Zeit am gewünschten Ort anbieten
(Verfügbarkeitsführerschaft) und auf seine individuellen Bedürfnisse eingehen
(Bedarfsführerschaft). Um Wettbewerbsvorteile künftig voll ausschöpfen zu können,
wird es auch darum gehen, besser über seine Kunden, Interessenten bzw. den Markt
informiert zu sein (Informationsführerschaft) (vgl. Kollmann 2016, S. 47f.), was die nachfolgende
Abbildung verdeutlichen soll:
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Lektion 1
15
Grundlagen des E-Commerce
Die moderne IKT hat dazu geführt, dass Informationen einfacher zugänglich geworden
sind. Doch die Unternehmen müssen sich gleichzeitig auf ein geändertes Kundenverhalten
einstellen. Denn die Transparenz der Informationen und die Vernetzung ermöglichen
nun auch die direkte Mitsprache der Kunden und deren Austausch untereinander.
E-Business und E-Commerce
Die Verlagerung von immer mehr Geschäftsprozessen in das Internet wird gemeinhin
als Electronic Business oder kurz E-Business bezeichnet. Es handelt sich hierbei um
einen recht unscharfen Begriff, der Ende der 1990er-Jahre durch eine Werbekampagne
des US-amerikanischen IT-Unternehmens IBM geprägt wurde. Im Laufe der Zeit hat sich
sein Bedeutungsspektrum erweitert: „Electronic Business bedeutet Anbahnung, Vereinbarung
und Abwicklung elektronischer Geschäftsprozesse, d. h. Leistungsaustausch zwischen
Marktteilnehmern mithilfe öffentlicher oder privater Kommunikationsnetze (respektive
Internet), zur Erzielung einer Wertschöpfung. Als Leistungsanbieter und
Leistungsnachfrager können sowohl Unternehmen (Business), öffentliche Institutionen
(Government bzw. Administration) als auch private Konsumenten (Consumer) auftreten.
Wichtig ist, dass die elektronische Geschäftsbeziehung einen Mehrwert schafft, sei dies
in Form eines monetären oder immateriellen Beitrags“ (Meier/Stormer 2012, S. 2).
E-Business
Dies beinhaltet die
Anbahnung und
Abwicklung sämtlicher
Unternehmensprozesse
über das
Internet.
Während sich E-Business über alle Geschäftsprozesse innerhalb und außerhalb des
Unternehmens erstreckt, hat Electronic Commerce (E-Commerce) ausschließlich mit
den kommerziellen Aktivitäten zu tun, die zwischen Marktteilnehmern stattfinden. Nach
Wirtz definiert sich E-Commerce folgendermaßen: „E-Commerce beinhaltet die elektronische
Unterstützung von Aktivitäten, die in direktem Zusammenhang mit dem Kauf
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16 Lektion 1
E-Commerce
Dieses zielt rein auf
umsatzgenerierende
Aktivitäten zwischen
Marktteilnehmern im
Internet ab.
Wertschöpfungskette
Die Abwicklung digitaler
Geschäftsprozesse
hat Auswirkungen
auf die
Organisation der
Wertschöpfungskette.
und Verkauf von Gütern und Dienstleistungen via elektronische Netze stehen“ (Wirtz
2016, S. 31). In der Literatur wird E-Commerce als Unterkategorie des E-Business eingeordnet.
Die elektronische Wertschöpfungskette
Die elektronische Abwicklung von Geschäftsprozessen und geänderte Kundenanforderungen
haben Auswirkungen auf die gesamte Wertschöpfungskette und deren Organisation
im Unternehmen. Für den Kunden geht es darum, einen Mehrwert aus den vom
Unternehmen elektronisch zur Verfügung gestellten Informationen zu schöpfen. Das
Unternehmen wiederum sammelt und analysiert die Informationen über seine Interessenten
und Kunden, um erfolgreich Produkte und Dienstleistungen (weiter) zu entwickeln
und zu verkaufen.
Das Zusammenspiel einzelner Teilbereiche der Wertschöpfungskette erfolgt in der
Regel über webbasierte Informationssysteme, welche im Idealfall miteinander verknüpft
(integriert) sind und die Daten untereinander austauschen können. Die Kundenbeziehungen
und -daten werden beispielsweise über ein elektronisches Customer-
Relationship-Management-System (CRM-System) verwaltet. Individuelle
Kundenwünsche können so ausgewertet werden und direkt in die Produktentwicklung
einfließen. Die Kundendaten können zudem für Vertriebs- und Marketingaktionen verwendet
werden.
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Lektion 1
17
Grundlagen des E-Commerce
E-Procurement
Auch der gesamte Beschaffungsprozess stützt sich auf elektronische Informations- und
Kommunikationstechnologien. Der elektronische Einkauf von Produkten bzw. Dienstleistungen
durch ein Unternehmen über digitale Netzwerke wird als E-Procurement
bezeichnet. Die Bezeichnung dient als Sammelbegriff für die elektronisch unterstützte
Beschaffung, ohne jedoch eindeutig zu definieren, was genau darunter zu verstehen ist.
„Die Grundidee des elektronischen Einkaufs ist darin zu sehen, dass die Beziehung und
die einkaufsrelevanten Abläufe zwischen einem Unternehmen (Einkäufer) und einem
Lieferanten (Verkäufer) über die mithilfe des Internets vernetzten Computer und den
damit einhergehenden Rahmenbedingungen des elektronischen Informationsaustauschs
abgewickelt werden“ (Kollmann 2016, S. 121). E-Procurement geht jedoch weit
über den reinen Einkaufsprozess hinaus. Neben den allgemeinen Zielen der klassischen
Beschaffung werden damit auch spezifische Ziele verfolgt, durch die eine Steigerung
der Wertschöpfung erreicht werden soll. Meier und Stormer geben folgende Definition:
„Unter E-Procurement versteht man sämtliche Beziehungsprozesse zwischen
Unternehmen und Lieferanten mithilfe elektronischer Kommunikationsnetze. E-Procurement
umfasst sowohl strategische, taktische wie operative Elemente des Beschaffungsprozesses“
(Meier/Stormer 2012, S. 70). Die Aufgaben der elektronischen Beschaffung
kann man in zwei Bereiche untergliedern: die operative Beschaffung (E-Ordering)
sowie die strategische Beschaffung (E-Sourcing) (Aichele/Schönberger 2016, S. 54).
E-Procurement
Ist ein Sammelbegriff
für die ITgestützte
Beschaffung.
Es verfolgt
neben klassischen
operativen Maßnahmen
auch strategische
und taktische
Ziele.
M-Business
In den letzten Jahren hat sich – sowohl im privaten als auch im geschäftlichen
Gebrauch – die Nutzung mobiler Endgeräte durchgesetzt. Dazu zählen in erster Linie
Smartphones und Tablet-PCs, aber auch mobile PCs wie Laptops oder Netbooks sowie
tragbare Navigationsgeräte. Immer häufiger werden mobile Endgeräte nicht nur zum
Telefonieren und Chatten, sondern auch für die Produktrecherche oder direkt zum
Onlineshopping genutzt. Die mobile Nutzung des Internets im Geschäftsbereich wird
als Mobile Business (M-Business) bezeichnet. „[…] M-Business kann als Teilmenge des
E-Business angesehen werden, da hier die Austauschbeziehung zwischen den Marktteilnehmern
vorwiegend über mobile Netze und Endgeräte zu verstehen ist. M-Business
unterstützt die Möglichkeit, elektronische Beziehungen und Geschäfte standort- und
zeitunabhängig zu gestalten. Der Begriff […] umfasst alle Aktivitäten, Prozesse und
Applikationen, welche mit mobilen Technologien realisiert werden können“ (Meier/
Stormer 2012, S. 4, 247).
M-Business
Dies ist der geschäftliche
Austausch über
mobile Netze und
Endgeräte.
Mobile und Digital Commerce
Betrachtet man wiederum ausschließlich umsatz- oder kaufrelevante elektronische
Transaktionen, wird auch häufig die Bezeichnung Mobile Commerce gewählt. „Unter
dem Begriff M-Commerce wird die Nutzung von mobilen [Telefon-]Endgeräten als Informationstechnologie
bezeichnet, um über Informations-, Kommunikations- und Transaktionsprozesse
zwischen den Netzteilnehmern reale oder elektronische Waren und
Mobile Commerce
Dies ist ein Teilbereich
des M-Business.
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18 Lektion 1
Dienstleistungen anzubieten und abzusetzen, wobei der tatsächliche Verkauf im Mittelpunkt
steht“ (Kollmann 2016, S. 26). Da es kaum möglich ist, Online-Umsätze nach den
einzelnen Gerätetypen (Formaten) zu differenzieren und etwa mit dem Smartphone
getätigte Umsätze als solche zu kennzeichnen, setzt sich jedoch auch vielfach die
Bezeichnung Digital Commerce durch, welche häufig synonym zu Online-Handel und
Mobile Commerce verwendet wird (vgl. Heinemann 2017, S. 7).
Neben den technischen Voraussetzungen, etwa dem Zugang zu schnellen mobilen
Datennetzen und dem Einsatz innovativer Produkte, kommt es künftig ganz besonders
auf die Entwicklung spezieller Software-Anwendungsprogramme an, sogenannte mobile
Applikationen/Apps. Diese Anwendungen ermöglichen dem Nutzer einen einfachen
Zugang und eine bequeme Nutzungsmöglichkeit der o. g. Dienstleistungen. Mobile
Applikationen lassen sich in vier Klassen unterteilen (vgl. Aichele/Schönberger, 2016,
S. 31):
• informationsorientierte Dienste, z. B. Nachrichten, Börseninformationen,
• applikationsorientierte Dienste, z. B. Übersetzungsdienste, Computerspiele,
• transaktionsorientierte Dienste, z. B. Bezahldienste oder Tauschbörsen,
• kommunikationsorientierte Dienste, z. B. E-Mail, Chats oder soziale Netzwerke.
Eine stabile Netzverbindung vorausgesetzt, bietet Mobile Commerce aus Kundensicht
gegenüber dem „stationären“ Online-Handel per Desktop einige zusätzliche Vorteile.
Diese sogenannten Mobile Added Values (MAV) (vgl. Pichlmeier 2010, S. 27–29; Heinemann
2017, S. 137ff.) sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst:
Mobile Added Values (MAV)
Mobile Added Value
(MAV)
Vorteile
Mobilität • User ist sowohl zeit- als auch ortsunabhängig.
• „Allgegenwärtigkeit der Informationssysteme“ (Ubiquität)
Erreichbarkeit • User ist praktisch rund um die Uhr und überall
erreichbar.
• Empfang „proaktiver Dienste“, z. B. Kaufempfehlungen
für die Börse oder Austausch mit anderen Usern, ist
jederzeit möglich.
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Lektion 1
19
Grundlagen des E-Commerce
Mobile Added Value
(MAV)
Vorteile
Kontextsensitivität • Selektive Bereitstellung: Nutzer empfängt nur die für
ihn relevanten Informationen und Dienste (z. B. Reiseinformationen).
• Präferenzen können je nach Uhrzeit variieren (z. B.
Kinoprogramm oder Restaurantempfehlung).
• Berücksichtigung des lokalen, persönlichen und zeitlichen
Kontexts des Nutzers über standortbezogene
Dienste (Location-based Services/LBS)
Identifikation • Mobilgerät reicht in vielen Fällen zur Authentifizierung
des Nutzers aus.
Der Bereich Mobile Commerce ist ein starker Wachstumsfaktor für den gesamten elektronischen
Handel. Online-Händler, die erfolgreich sein wollen, müssen sich allerdings
dem geänderten Nutzerverhalten und den Wünschen ihrer Kunden anpassen, sei es auf
dem Gebiet des Business-to-Business (B2B) oder dem des Business-to-Customer (B2C).
Websites müssen technisch, inhaltlich und optisch für Mobilgeräte optimiert werden.
Zu einer gelungenen Mobile Usability gehören beispielsweise eine flexible Formatgestaltung,
die den Einsatz unterschiedlicher Gerätetypen erlaubt, ein schneller Seitenaufbau
und Barrierefreiheit (vgl. Heinemann 2017, S. 132). Angesichts der wachsenden
Anzahl von Smartphones, der Zunahme der mobilen Internetnutzung und des geänderten
Nutzerverhaltens wird voraussichtlich dem sogenannten App Commerce in den
nächsten Jahren eine bedeutende Rolle innerhalb des Mobile Business zukommen.
Hierbei wird der Umsatz beispielsweise über Shopping-Apps generiert, welche fest auf
dem Mobilgerät installiert werden können.
1.2 Vorgeschichte des E-Commerce
Die Basis für die heutigen Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) wurde
bereits mit Erfindungen in der Antike gelegt. Es waren jedoch noch zahlreiche weitere
Erfindungen und Entwicklungen nötig, bis mit der Geburtsstunde der Mikroelektronik
im Jahr 1959 eine neue Ära eingeläutet wurde. Die Erfindung des Mikrochips und der
verstärkte Einsatz von Computern haben die moderne Industriegesellschaft ab den
1970er-Jahren wesentlich geprägt. Der folgende Zeitstrahl gibt einen Überblick über die
wichtigsten Meilensteine in der Geschichte der Entwicklung der Informations- und
Kommunikationsanwendungen:
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20 Lektion 1
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Lektion 1
21
Grundlagen des E-Commerce
Technische Voraussetzungen für E-Commerce
Knapp 90 Prozent aller Haushalte in Deutschland verfügen inzwischen über einen Computer.
Die Rechnerleistung steigt exponentiell, Prozessoren werden immer schneller
und leistungsfähiger, die Rechner haben immer höhere Speicherkapazitäten. Gleichzeitig
werden die Geräte immer kleiner und die Anschaffungskosten geringer. Zur erfolgreichen
Verbreitung der Informationstechnik haben im Wesentlichen drei Technologieaspekte
beigetragen (vgl. Kollmann 2016, S. 2ff.):
1. Die Digitalisierung ermöglicht die Übertragung großer Datenmengen. D. h., mithilfe
der Digitaltechnik können große Text- oder Bildmengen und Tonsignale, etwa zur
Darstellung von Produktinformationen, weitestgehend ohne Qualitätsverlust abgebildet
werden. Um den Speicherbedarf dabei möglichst gering zu halten, werden die
Informationen (Daten) während der Übertragung mithilfe bestimmter Standards
(z. B. JPG, GIF, MP3, MP4) komprimiert. Die Digitalisierung von Informationen führt bei
Unternehmen zu erheblichen Skalen- und Kostendegressionseffekten. Denn während
beispielsweise bei der Erstellung und Verbreitung realer Produktinformationen
jedes Mal Kosten für Druck und Versand o. Ä. anfallen, entstehen bei digitalen Informationsprodukten
im Prinzip lediglich Kosten bei der erstmaligen Erstellung (First
Copy Costs). Die Kosten für die Weiterverbreitung, Datenspeicherung und -übertragung
sind lediglich marginal und fallen bei steigender Anzahl an Vervielfältigungen
immer weniger ins Gewicht.
2. Die Miniaturisierung der Geräte, d. h. die stetige Verkleinerung der einzelnen Bauteile
unter Beibehaltung der Funktion bzw. bei gleichzeitiger Steigerung der Leistung.
3. Die technische Integration, d. h., die Geräte und Systeme vereinen heute informationstechnische,
kommunikationstechnische, unterhaltungs- und optoelektronische
Anwendungen. Ein Multimedia-PC kann beispielsweise neben den klassischen Computeranwendungen
auch als Fernseher, Soundanlage, zur Bild- und Videobearbeitung,
als Telefon oder für sonstige Onlinedienste eingesetzt werden.
Datenübertragung und Zugangstechnologien
Eine stabile Netzinfrastruktur entwickelt sich immer mehr zu einem entscheidenden
internationalen Standortfaktor. Dieser wird von drei wesentlichen Faktoren bestimmt:
der Verfügbarkeit, also der Möglichkeit, jederzeit online zu gehen, der Geschwindigkeit,
mit der im Netz gesurft wird und Daten übertragen werden können, sowie den Kosten
der Nutzung dieser Infrastruktur. Um die Kosten für den Konsumenten zu begrenzen,
haben sich in den vergangenen Jahren verstärkt Festpreise mit unbegrenztem oder fest
definiertem Volumenbereich gegen zeit- oder volumenbasierte Tarife durchgesetzt.
Die technische Basis dafür bilden miteinander konkurrierende Zugangstechnologien
wie Telefonnetz, Kabelfernsehnetz, Glasfaserverbindungen, Elektrizitätsnetz oder Satellitenzugang.
Kommunikationsservices und die wachsende Zahl von Entertainment-
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22 Lektion 1
Angeboten werden durch die Breitbandtechnologie ermöglicht (vgl. Kollmann 2016,
S. 6ff.). Einen Überblick über die Entwicklung von Datenübertragungsraten und -technologien
gibt die folgende Grafik:
Im Mobilbereich verliert die Datenübertragung per Infrarot, Bluetooth und WLAN (Wireless
Local Area Network) allmählich an Bedeutung zugunsten von Standards wie GPRS,
UMTS bzw. LTE (Kollmann 2016, S. 12ff.).
Big Data
Unter Big Data versteht
man die
Zusammenführung
und Analyse großer
Datenmengen, um
sie wirtschaftlich
nutzbar zu machen.
Internet
Der Name Internet
leitet sich aus dem
Softwarestandard
Transmission Control
Protocol und Internet
Protocol (TCP/IP)
ab.
Die technologischen Möglichkeiten des Internets haben zu einem rasanten Anstieg des
Datenvolumens geführt. Es wächst derzeit viermal so schnell wie die gesamte Weltwirtschaft.
90 Prozent der heute gespeicherten Daten wurden allein in den vergangenen
zwei Jahren erzeugt (Kollmann 2016, S. 9). Um dieser Datenflut Herr zu werden, muss sie
zusammengeführt, inhaltlich organisiert und analysiert werden, was man unter dem
Begriff Big Data zusammenfasst. Die Menge der Informationen birgt jedoch auch Gefahren,
etwa was die Datensicherheit, rechtliche Aspekte und die Verlässlichkeit von Auswertungen
betrifft.
Die Entwicklung vom Web 1.0 zum Web 4.0
Grundvoraussetzung für jegliche E-Commerce-Aktivitäten war die Erfindung des Internets.
Der Vorläufer des Internets hieß Arpanet und ging bereits 1969 im Auftrag des
amerikanischen Verteidigungsministeriums an den Start. Es stand anfangs nur wenigen
Wissenschaftlern und Universitäten im militärischen Bereich zu Verfügung. Erst die
Erfindung des World Wide Web auf Basis von Hypertexten mit einer einheitlichen elektronischen
Sprache (HTML) und dem Transferprotokoll HTTP am europäischen Forschungsinstitut
CERN in Genf machte es möglich, Dokumente mit Texten und Bildern
von unterschiedlichen Netzwerken aufzurufen und mithilfe von Web-Browsern darzu-
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Lektion 1
23
Grundlagen des E-Commerce
stellen. „Das Internet ist ein weltweiter Zusammenschluss von Computer-Netzwerken,
die einen gemeinsamen Standard benutzen. Es dient in erster Linie der Kommunikation
und dem Austausch von Informationen“ (Kollmann 2016, S. 16).
Seit Ende der 1980er-Jahre ist das Internet auch für Unternehmen und Privatleute freigegeben.
Dieser Zeitpunkt markiert den Beginn seiner Kommerzialisierung. In der Folge
sollte die Anwendung immer einfacher und kostengünstiger für die Nutzer werden.
Kollmann identifiziert vier Schlüsselbereiche der Internetnutzung (Kollmann 2016,
S. 17ff.):
• E-Information: Nachrichten, Veranstaltungen, Börsenkurse, öffentliche Verwaltungen,
• E-Kommunikation: E-Mail, Chats, Foren, soziale Netzwerke, Internettelefonie/Voiceover-IP
(VoIP),
• E-Trading: Onlineshopping,
• E-Entertainment: Filmdownloads, Onlinespiele, Contentportale.
In dieser Phase, die man auch als Web 1.0 bezeichnet, sind neue Arbeitsgebiete und
Geschäftsfelder entstanden. So haben sich etwa E-Procurement-, E-Shop- und E-Marketplace-Systeme
herausgebildet. Die Rolle des Konsumenten war in der Regel passiv. Er
konnte lediglich auf die von Unternehmen oder anderen publizierten Informationen
und statische Inhalte zugreifen.
Web 1.0
Das Web 1.0 kennzeichnet
den Beginn
der Kommerzialisierung
des Internets.
Dies änderte sich mit dem Übergang zum Web 2.0, dem sogenannten „Mitmach-Netz“.
In dieser Phase, die bis heute andauert, entstehen immer mehr soziale Netzwerke bzw.
E-Communities und das Nutzerverhalten wandelt sich. In den jeweiligen Interessengemeinschaften
kann der einzelne Nutzer über technische Plattformen aktiv Inhalte und
Erfahrungen einbringen (nutzergenerierte Inhalte oder „User-generated Content“), Empfehlungen
aussprechen, Kontakte knüpfen und sich mit anderen Netzteilnehmern austauschen.
Auch die Entstehung folgender Dienste wird dem Web 2.0 zugeordnet: Diskussionsforen
(Boards); Wikis (Websites, die vom User nicht nur gelesen, sondern auch
geändert werden können); Blogs (digitale Tagebücher); Mashups (neue Medieninhalte,
die durch die Kombination bereits bestehender Dienste entstehen, z. B. die Verknüpfung
individueller Inhalte mit Google Maps); Podcasts (Audio- oder Videodateien);
Instant-Messaging-/IM-Dienste (Nachrichtensofortversand); Voice-over-IP; Geotagging
(Zuordnung von geografischen Koordinaten in elektronischen Landkarten) und RSS-
Feeds (zeigen Aktualisierungen auf Websites). Beispiele für solche Plattformen sind das
soziale Netzwerk Facebook, das Videoportal YouTube, die Online-Enzyklopädie Wikipedia
oder das Karriereportal XING. Die große Chance für Unternehmen liegt darin, in
direkten Kontakt mit potenziellen Kunden zu treten, Informationen über sie zu gewinnen
und dieses Wissen direkt in die betrieblichen Planungen miteinfließen zu lassen.
Web 2.0
Das Web 2.0 ist
geprägt durch die
Entstehung sozialer
Netzwerke, E-Communities
und nutzergenerierte
Inhalte.
Eine Weiterentwicklung, die auf den Konzepten des Web 2.0 aufbaut, aber noch näher
am Kunden sein soll, ist das Semantic Web, das auch als Web 3.0 bezeichnet wird. Der
User muss die unüberschaubare Masse der Daten im Internet nun nicht mehr selbst
durchforsten. Dies übernehmen Rechner bzw. intelligente Suchmaschinen für ihn,
wobei sie seinen persönlichen Kontext gleich miteinbeziehen. Dies geschieht über verschiedene
Technologien (vgl. Kollmann 2016, S. 93ff.):
Semantic Web/Web
3.0
Das Semantic
Web/Web 3.0 ist eine
Weiterentwicklung
des Web 2.0.
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24 Lektion 1
• Nachfrageorientierte Plattformen bzw. E-Request-Systeme erfassen die individuelle
Nachfrage des Kunden mithilfe intelligenter und benutzerfreundlicher Oberflächen
oder sie leiten diese aus den bereits über ihn gesammelten Informationen aus
einem strukturierten Datenpool ab.
• Kontextadaptive Plattformen filtern mithilfe von Nutzerprofilen oder Nutzerverhalten
die individuellen Bedürfnisse des einzelnen Users heraus.
• E-Customization-Systeme werden dafür eingesetzt, dem Kunden im Rahmen von
Produktkonfigurationen bei der Spezifikation seines Produktwunsches verschiedene
Individualisierungsmöglichkeiten anzubieten.
• Semantische Web-Services sind eine Basistechnologie, mithilfe derer einzelne E-
Shops und E-Marketplaces auf Plattformen des Web 3.0 verknüpft werden können.
Kunden oder die verschiedenen Partnerplattformen können so untereinander Daten
austauschen bzw. auf diese zugreifen. Vorreiter dieser Technologie sind beispielsweise
der Internetkonzern Google oder der Online-Versandhändler Amazon.
• Virtuelle Software-Agenten sollen die für eine umfassende individuelle Produktberatung
benötigten Informationen automatisiert und dennoch treffsicher zusammenzustellen.
Sie sind in der Lage, den aktuellen Kontext zu interpretieren, sich verschiedener
Web-Service-basierter Informationsquellen zu bedienen und aufgrund von
Inferenzmechanismen intelligente Entscheidungen zu treffen.
Die folgende Grafik fasst die Entwicklung von Web 1.0 zum Web 3.0 noch einmal zusammen:
Unter Web 4.0 oder Industrie 4.0 versteht man die Digitalisierung und Vernetzung verschiedener
intelligenter Technologien, Systeme und (Produktions-)Prozesse vornehmlich
in der klassischen Industrie. „Das zentrale Merkmal der Industrie 4.0 ist dabei eine
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Lektion 1
25
Grundlagen des E-Commerce
Vernetzung der physischen mit der virtuellen Welt hin zu sog. Cyber Physical Systems
(CPS)“ (Kollmann 2016, S. 103). Ziel dieser Verknüpfung über den gesamten Produktlebenszyklus
hinweg ist die Optimierung der Wertschöpfungskette, z. B. durch Produktivitätssteigerungen,
die Einsparung von Kosten sowie die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle.
Beispiele für innovative Internetunternehmen, welche klassische Märkte und
Branchen grundlegend revolutioniert haben, sind Amazon (zunächst) für den Buchhandel,
Spotify in der Musikindustrie, Uber in der Taxibeförderung oder Airbnb im Hotelgewerbe
(vgl. Kollmann 2016, S. 103).
Industrie 4.0
Die Industrie 4.0 ist
die digitale Vernetzung
klassischer
industrieller Prozesse
über intelligente
Technologien.
Das Internet der Dinge (Internet of Things/IoT) soll den Menschen in Alltag und Beruf
in der Ausübung seiner Tätigkeiten unterstützen und ihm dadurch einen zusätzlichen
Nutzen verschaffen. Dafür werden elektronische Geräte mit Sensoren ausgestattet und
über das Internet vernetzt (Smart Devices). Die Beispiele reichen von Sensoren in der
Kleidung oder anderen sogenannten „Wearables“ wie intelligenten Fitnessuhren oder
Datenbrillen bis zur mobilen Bedienbarkeit von Haushaltsgeräten via Internet über das
Smartphone (Smart Home). Sogenannte Radio-Frequency Identification Chips (RFID)
dienen der eindeutigen Bestimmung und Lokalisierung der Geräte. Unter „Machine to
Machine Communication“ (M2M) wird ein automatisierter Informationsaustausch von
Endgeräten (z. B. Maschinen, Fahrzeuge, Workstations) ohne jegliches Zutun des Menschen
verstanden. Das kann beispielsweise ein selbstfahrendes Auto sein, das selbstständig
eine freie Parklücke findet und darin einparkt, oder auch die komplette Selbststeuerung
der Logistik (vgl. Kollmann 2016, S. 103ff.).
Der Datenaustausch und die Datenspeicherung wird über das sogenannte Cloud Computing
ermöglicht. Der Zugriff und die Bearbeitung dieser Daten sind über das Internet
praktisch von überall aus möglich. „Bei konsequenter Digitalisierung durch Nutzung der
Technologien der Industrie 4.0 können mithin sogenannte Smart Factories entstehen.
In diesen organisieren sich die Maschinen und Systeme weitestgehend selbstständig
über ‚Industrial Content‘. Der Mensch nimmt nur noch eine überwachende Rolle ein“
(Kollmann 2016, S. 104). Risiken dieser Entwicklung sind beispielsweise die Datensicherheit,
aber auch die damit einhergehenden Veränderungen für die Arbeitswelt und den
einzelnen Arbeitnehmer.
Cloud Computing
Das Cloud Computing
ermöglicht den
Austausch und die
Speicherung von
Daten über das
Internet.
Entwicklungsphasen des E-Commerce
Die technischen Weiterentwicklungen und Möglichkeiten des Internets haben selbstverständlich
großen Einfluss auf den elektronischen Handel genommen. Die Entwicklung
im E-Commerce kann in sechs verschiedene Phasen untergliedert werden, die zum Teil
noch bis heute andauern (vgl. Heinemann 2017, S. 35ff.):
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26 Lektion 1
Entwicklungsphasen im E-Commerce
Phase
Eigenschaften
Anfangsphase (1993–1999) • Launch einfacher Konzepte und Investition in
Traffic
• Gründung heutiger Top-10-E-Commerce-Plattformen
wie Amazon und eBay
Phase der Vergleichsportale
und Suchmaschinen (1999–
2005)
• Gründung vieler Shopping-Preisvergleichsseiten
• Start der ersten Produktsuchen und -rankings
sowie der ersten Kundenbewertungen
• Einige dieser „First-to-Market-Pioniere“ wurden
inzwischen von „Followern“ abgehängt (z. B.
Yahoo von Google und Expedia von Booking.com)
Phase der Optimierung und
Skalierung (2005–heute)
• zunehmende Professionalisierung durch neue
Systemanbieter und Serviceprovider
• verstärkte Auslandsexpansionen
• Shop-Optimierungen
• verbesserte Usability
Phase des Web 2.0 und der
Mitgliedschaften (2008–
heute)
• Übergang von starren hin zu beweglichen Websites
• Installation der meisten der Web-2.0-Funktionalitäten
• Gründung von Communities und Shoppingclubs
etc.
Phase des Mobile Commerce
(2010–heute)
• Anpassung von Onlineshops und Websites für
mobile Anwendungen
• Entwicklung wird v. a. von Kundenseite vorangetrieben
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Lektion 1
27
Grundlagen des E-Commerce
Phase
Eigenschaften
Phase des Omnichanneling
(2013–heute)
• Parallele Nutzung aller Informations- und Einkaufskanäle,
online wie offline (z. B. WalMart,
Tesco)
• revolutioniertes Einkaufsverhalten durch Mobile
Business via Smartphone, Social Media und
Location-based-Services
Zusammenfassung
Die Mikroelektronik bereitete die Basis für eine neue Entwicklungsrichtung und
legte den Grundstein für die heutige Informationsgesellschaft. Eine zunehmende
Digitalisierung und Vernetzung, begleitet von immer stärkeren Globalisierungstendenzen,
haben in den vergangenen Jahrzehnten neue Arten der Kommunikation
entstehen lassen und große Auswirkungen auf wirtschaftliche Strukturen und Prozesse
gehabt. Informationen sind zum eigenständigen Produktions- und Wettbewerbsfaktor
geworden. Aus mikroökonomischer bzw. produktionstheoretischer Sicht
bewirkt die Digitalisierung von Informationen erhebliche Skalen- und Kostenvorteile.
Mit der Freigabe des Internets für die Allgemeinheit begann seine Kommerzialisierung.
Im Rahmen des Web 1.0 haben sich E-Procurement-, E-Shop- und E-Marketplace-Systeme
herausgebildet. Im Web 2.0 steht der Community-Gedanke klar im
Vordergrund. Er bildet einerseits die Basis für neue Geschäftsideen, andererseits
können Unternehmen in einen engen Dialog mit ihren Kunden treten. Das Web 3.0
ist geprägt von Semantic-Web-Applikationen, d. h., die im Netz verfügbaren Informationen
werden unter Berücksichtigung des persönlichen Kontextes eines Users
automatisiert ausgewertet und präsentiert. Unter dem Stichwort Industrie 4.0 wird
die digitale Vernetzung klassischer industrieller Produktionsprozesse mit intelligenten
Informations- und Kommunikationstechnologien verstanden.
Die verstärkte Nutzung mobiler Endgeräte, die Ubiquität von Wissen sowie ein
geändertes Nutzerverhalten haben den elektronischen Handel in neue Dimensionen
geführt. Durch die ständige Erreichbarkeit des Internets ist E-Commerce praktisch
rund um die Uhr und von jedem Ort aus möglich. Die Bereiche Mobile und
App Commerce werden in den kommenden Jahren die Wachstumsraten für E-Commerce
noch weiter beschleunigen.
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28 Lektion 1
Wissenskontrolle
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Viel Erfolg!
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Lektion 2
Akteure und Geschäftsbereiche im
Electronic Business
LERNZIELE
Nach der Bearbeitung dieser Lektion werden Sie wissen, …
…
…
…
…
welche Akteure im E-Business auftreten und welche Geschäftsbeziehungen zwischen
diesen bestehen.
welche Geschäftsmodelle jeweils für die Bereiche B2C und B2B existieren.
was hybride Geschäftsmodelle sind.
welche Betriebstypen im Online-Handel vorherrschen und in welchen
Wirtschaftsbereichen diese in der Regel Anwendung finden.
DL-D-BWEC01-01-L02
30 Lektion 2
2. Akteure und Geschäftsbereiche im Electronic
Business
Einführung
In der Internetökonomie herrschen besondere Markt- und Wettbewerbsbedingungen.
Daraus haben sich neue Geschäftskonzepte entwickelt. Diese Lektion befasst sich mit
den Akteuren, den typischen Geschäftsbeziehungen sowie den Geschäftsmodellen des
Electronic Business. Im ersten Teil werden die Akteure und die verschiedenen Arten von
Geschäftsbeziehungen im E-Business vorgestellt.
Der zweite Teil dieser Lektion widmet sich den wichtigsten Geschäftsmodellen, sowohl
für den elektronischen Handel zwischen Unternehmen und Konsumenten als auch für
den zwischen Unternehmen.
Unternehmen, die Online-Handel betreiben, lassen sich nach bestimmten Merkmalen
unterscheiden und kategorisieren. Die verschiedenen Varianten von Handelsunternehmen
werden im letzten Teil dieser Lektion voneinander abgegrenzt.
2.1 Marktteilnehmer und Geschäftsbeziehungen
Das weit gefasste Gebiet des E-Business wird häufig über die beteiligten Akteure bzw.
Marktteilnehmer und ihre Geschäftsbeziehungen in Teilgebiete gegliedert. Akteure des
E-Business sind alle Anbieter und Empfänger von elektronisch basierten Leistungen.
Dies sind hauptsächlich Unternehmen (Business), öffentliche Einrichtungen (Administration/Government),
zu denen auch NGOs (Non-governmental organizations/Nichtregierungsorganisationen)
gezählt werden, sowie private Konsumenten bzw. Bürger (Consumer/Citizen).
Aus der Kombination dieser drei Gruppen ergeben sich typische
Geschäftsbeziehungen, welche in der folgenden Abbildung dargestellt sind:
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Lektion 2
31
Akteure und Geschäftsbereiche im Electronic Business
Business-to-Consumer (B2C)
Charakteristisch für den Handel zwischen Unternehmen und Kunden ist die Geschäftsanbahnung,
-vereinbarung und Zahlungsabwicklung über Onlineshops. Die beiden Vertragspartner
haben normalerweise nur kurzen Kontakt und die Transaktionsbeträge
sind zumeist relativ gering (Merz 2002). Im Fokus stehen die Produktauswahl sowie die
Bestellung und Bezahlung. Verhandlungen finden üblicherweise nicht statt. Der wesentliche
Unterschied zum B2B-Commerce ist das Fehlen entsprechender Anwendungssoftware
auf der Kundenseite (nur Webbrowser). Außerdem kommt es normalerweise zu
keiner längerfristigen Geschäftsbeziehung. Ein typisches Beispiel für diesen Geschäftsbereich
ist der Online-Versand über Amazon (vgl. Kollmann 2016, S. 58).
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32 Lektion 2
Business-to-Business (B2B)
Der Leistungsaustausch zwischen Unternehmen zeichnet sich im Gegensatz zum B2C in
der Regel durch eine längerfristige Geschäftsbeziehung und komplexere Wertschöpfungsstrukturen
aus. Häufig wickeln nicht nur einzelne Unternehmen, sondern ganze
Unternehmensgruppen (z. B. Autohändler oder Werkstättenverbände) miteinander
Geschäfte ab. Die B2B-Integration findet im Wesentlichen über elektronische Handelsplattformen,
B2B-Marktplätze oder durch die komplette Integration von Kunden und
Lieferantenprozessen statt. In der Praxis sind verschiedene Ausprägungen von B2B zu
beobachten (vgl. Kollmann 2016, S. 58).
Business-to-Administration (B2A) bzw. Business-to-Government (B2G)
B2A umfasst die elektronische Abwicklung von Verwaltungsaufgaben zwischen Unternehmen
und Staat. Typische Beispiele sind die elektronische Umsatzsteuer-Voranmeldung
oder Transaktionen seitens der Unternehmen im Rahmen öffentlicher Ausschreibungen
(vgl. Aichele/Schönberger 2016, S. 6ff.).
Administration-to-Business (A2B) bzw. Government-to-Business (G2B)
Dieser Bereich bezieht sich auf den Austausch zwischen Behörden und Unternehmen
über Onlineportale, was insbesondere bei formalisierten öffentlichen Ausschreibungsverfahren
der Fall ist. A2B-Commerce ist stark am Beschaffungswesen orientiert. Weitere
Aktivitäten liegen im Bereich der Finanzämter oder Amtsgerichte, z. B. die Bereitstellung
von Formularen für Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer (vgl. Kollmann 2016,
S. 58).
Administration-to-Administration (A2A) bzw. Government-to-Government
(G2G)
Die Kommunikation zwischen Staaten oder öffentlichen Einrichtungen und Ämtern
erfolgt in der Regel über Online-Informationssysteme. Dies dient in erster Linie dem
Abgleich und Austausch von Formularen, Listen oder Verzeichnissen, wie sie z. B. vom
Bundesverwaltungsamt zur Verfügung gestellt werden (vgl. Aichele/Schönberger 2016,
S. 5).
Administration-to-Consumer (A2C) bzw. Government-to-Consumer (G2C)
Mittels A2C wird Kunden über das Internet Zugang zur öffentlichen Verwaltung ermöglicht
(„virtuelles Rathaus“). Diese E-Services beinhalten kommerzielle Dienstleistungen
ebenso wie nicht kommerzielle Angebote für Bürger, beispielsweise die Bereitstellung
von Informationen, Formularen und die Abwicklung der Kfz-Anmeldung. Ein Beispiel für
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Lektion 2
33
Akteure und Geschäftsbereiche im Electronic Business
solch eine öffentliche Institution ist die Bundesanstalt für Arbeit, die nicht kommerzielle
Leistungen wie z. B. Stellenangebote im Internet oder Informationen zum Arbeitnehmerrecht
anbietet (vgl. Kollmann 2016, S. 59; Aichele/Schönberger 2016, S. 6).
Consumer-to-Administration (C2A)
Dieser Bereich betrifft den internetbasierten Leistungsaustausch zwischen den Einwohnern
eines Staates und seinen öffentlichen Institutionen. Ein Beispiel für C2A ist die
elektronische Steuererklärung (ELSTER) (vgl. Aichele/Schönberger 2016, S. 7).
Consumer-to-Business (C2B)
C2B beinhaltet die freiwillige Weitergabe von Daten und Informationen von Privatpersonen
an Unternehmen. Der Konsument tritt in diesem Fall sowohl als Nachfrager als
auch als Anbieter der Informationen auf. Ein Beispiel für solche Geschäftsbeziehungen
sind Online-Jobbörsen mit Stellengesuchen für Arbeitnehmer (vgl. Aichele/Schönberger
2016, S. 7ff.).
Consumer-to-Consumer (C2C)
Hier steht die Organisation des Produkt- und Informationsaustauschs zwischen Privatpersonen
im Vordergrund. Ein sehr bekanntes Beispiel dafür ist die Internetauktionsplattform
eBay. Darin können Privatpersonen sowohl als Anbieter als auch als Empfänger
einer Leistung fungieren. Dieser Austausch erfolgt häufig auch dezentral zwischen
verschiedenen gleichberechtigten Nutzern (Peer-to-Peer-Verbindung/P2P). Dabei muss
es nicht zwangsläufig zu kommerziellen Geschäftsbeziehungen kommen. C2C/P2P
umfasst auch den Austausch von Informationen, etwa über Social-Media-Plattformen,
Instant Messaging, File Sharing und Web-Service-Anwendungen (vgl. Kollmann 2016,
S. 59).
Die folgende Tabelle fasst die typischen Geschäftsbeziehungen im E-Business mit Beispielen
noch einmal zusammen:
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34 Lektion 2
Mischformen
Geschäftsbeziehungen
im E-Business
müssen nicht fix
sein, es kann auch
Mischformen geben.
Die Rollen der Akteure im E-Business können sich im Laufe der Zeit verändern und
umkehren. Ein klassisches Beispiel hierfür ist ein Konsument, welcher ab einem
bestimmten Zeitpunkt auf der Auktionsplattform eBay zum Profianbieter (Powerseller)
wird und damit eher die Rolle eines Unternehmers einnimmt. Auch Mischformen der
oben beschriebenen Geschäftsbeziehungen sind möglich wie beispielsweise autoscout24.de,
das sowohl den Handel im B2C-Bereich als auch im C2C-Segment organisiert
(vgl. Kollmann 2016, S. 60).
2.2 Geschäftsmodelle
In der Internetökonomie müssen sich Unternehmen an besondere Markt- und Wettbewerbsbedingungen
anpassen. Traditionelle Konzepte haben sich hierbei als wenig
geeignet erwiesen, weshalb sich im Electronic Business neue Geschäftsmodelle herausgebildet
haben. Zu den wesentlichen Elementen und Unterscheidungskriterien dieser
Geschäftsmodelle im E-Business gehören das Leistungsangebot und die Wettbewerbsfähigkeit
von Unternehmen, welche sich aus der elektronischen Wertschöpfungskette,
den Core Assets (Vermögensgegenstände und Ressourcen) und den Kernkompetenzen
des jeweiligen Betriebs zusammensetzen (vgl. Wirtz 2016, S. 245ff.). Da die Unternehmen
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Lektion 2
35
Akteure und Geschäftsbereiche im Electronic Business
einem ständigen Anpassungs- und Änderungsdruck unterliegen, sind die Abgrenzungen
in der Praxis jedoch nicht immer eindeutig und es kann zu Überschneidungen kommen.
Der Fokus liegt im Folgenden auf den beiden Geschäftsbeziehungsarten B2C und B2B.
B2C-Geschäftsmodelle
Im B2C-Bereich können vier typische Geschäftsmodelle identifiziert werden: Content,
Commerce, Context und Connection. Diese Typologie wird auch als 4C-Net Business
Model bezeichnet (vgl. Wirtz 2016, S. 268ff.), welches in der folgenden Abbildung dargestellt
ist.
4C-Net Business
Model
Das 4C-Net Business
Model bildet die vier
Basis-Geschäftsmodelle
im B2C-Bereich
ab.
• Content: Beinhaltet die Sammlung, Selektion, Systematisierung, Kompilierung (Packaging)
und Bereitstellung von Inhalten auf einer eigenen Plattform. Dieses
Geschäftsmodell zielt auf eine einfache, bequeme, visuell ansprechende Präsentation
und Handhabung der Inhalte für den Nutzer. Dies können informierende, unterhaltende
oder bildende Inhalte sein, weshalb das Content-Konzept noch einmal
untergliedert werden kann in E-Information, E-Entertainment und E-Education (vgl.
Kollmann 2016, S. 60). Erlöse können bei diesem Geschäftskonzept entweder direkt,
beispielsweise über den Verkauf von Premiuminhalten, bzw. indirekt, z. B. durch
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36 Lektion 2
Werbung auf der Website oder über Sponsoring, erzielt werden. Beispiele für das
Content-Geschäftsmodell sind die Wirtschaftsdatenbank genios.de oder die Online-
Enzyklopädie Wikipedia.
• Commerce: Steht für den „echten Online-Handel“ und umfasst die Anbahnung, Aushandlung
bzw. Abwicklung von Geschäftstransaktionen. Das Geschäftskonzept zielt
auf die einfache, bequeme und schnelle Abwicklung von Kauf- und Verkaufsprozessen
ab. Die Transaktionen entsprechen im Prinzip denen traditioneller Anbieter, werden
jedoch elektronisch unterstützt, ergänzt oder substituiert (vgl. Kollmann 2016,
S. 60). Erlöse werden einerseits über den direkten Verkauf von Produkten und
Dienstleistungen erzielt. Andererseits können Erlöse auch indirekt, etwa über Werbung
erzielt werden. Beispiele für dieses Konzept sind das Auktionshaus eBay, der
Online-Versender Amazon oder das Reiseunternehmen expedia.de.
• Context: Zeichnet sich durch die Klassifizierung, Systematisierung und Zusammenführung
von verfügbaren Informationen und Leistungen im Internet aus, etwa über
Suchmaschinen (E-Search) oder Bookmarking-Dienste (E-Bookmarking). Damit sollen
Markttransparenz (Komplexitätsreduktion) und Orientierung (Navigation) für den
Nutzer verbessert werden (vgl. Wirtz 2016, S. 322ff.). Erlöse können über ein direktes
Modell, beispielsweise durch eine Gebühr für die Einbindung von Inhalten, oder
indirekt, z. B. durch das Platzieren von Werbung, Erstellung von Statistiken etc.,
generiert werden. Vertreter dieses Geschäftsmodells sind beispielsweise die Suchmaschinen
Google oder Bing (vgl. Kollmann 2016, S. 61).
• Connection: Ermöglicht bzw. organisiert die Interaktion von Akteuren in virtuellen
Netzen. Diese Verbindung kann auf kommerzieller, aber auch auf technologischer
Ebene erfolgen (vgl. Wirtz 2016, S. 347ff.). Zur Erlösgenerierung kommen direkte (z. B.
Grundgebühren oder Verbindungsgebühren) sowie indirekte Modelle (beispielsweise
für Werbung, Statistiken, Cross-Selling) zum Einsatz. Beispiele für das Connection-
Geschäftsmodell sind E-Mail-Serviceanbieter wie GMX, das Immobilienportal ImmobilienScout24.de
oder die Community-Plattform MySpace (vgl. Kollmann 2016, S. 61).
Die folgende Abbildung fasst die vier Geschäftsmodelle des Online-Handels im B2C
noch einmal zusammen:
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Lektion 2
37
Akteure und Geschäftsbereiche im Electronic Business
In der Anfangsphase des E-Business überwogen noch diese vier idealtypischen
Geschäftsmodelle in ihrer Reinform. Heute finden sich fast nur noch Mischformen
(hybride Geschäftskonzepte). Die Gründe für diese Entwicklung sind vor allem in strategischen
Konzeptänderungen durch die Realisierung von Verbund- und Skaleneffekten,
in der multiplen Kundenbindung (Kundenbindung auf mehreren Geschäftsebenen),
der Preisbündelung und Diversifikation sowie der Erschließung neuer Erlösquellen zu
sehen (Wirtz 2016, S. 366ff.).
Hybride Geschäftsmodelle
Diese sind Mischformen
der vier Basisgeschäftsmodelle.
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38 Lektion 2
B2B-Geschäftsmodelle
4S-Net Business
Model
Das 4S-Net Business
Model bildet die vier
Basisgeschäftsmodelle
im B2B-Bereich
ab.
Im B2B-Bereich lassen sich ebenfalls vier idealtypische Geschäftsmodelle unterscheiden:
Sourcing, Sales, Supportive Collaboration und Service Broker. Auch hier gilt jedoch,
dass eine starre Einteilung aufgrund des Anpassungsdrucks im Online-Handel nicht
immer möglich ist. Unternehmen verfügen zwar in der Regel über ein Kerngeschäftsmodell,
häufig kommt es aber auch zu Überschneidungen mit anderen B2B-Geschäftsmodellen.
Die B2B-Geschäftsmodelltypologie wird auch als 4S-Net Business Model
bezeichnet (Wirtz 2016, S. 375ff.). Einen Überblick über die vier Basiskonzepte gibt die
folgende Grafik.
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Lektion 2
39
Akteure und Geschäftsbereiche im Electronic Business
• Sourcing: Dieses B2B-Geschäftsmodell umfasst die Anbahnung und/oder Abwicklung
von Geschäftstransaktionen vom Käufer (Buyer) zum Verkäufer (Seller). Dabei
geht es hauptsächlich um die Abwicklung von Transaktionen aus dem Beschaffungsmanagement
über das Internet. Zwischen dem Käufer und Verkäufer besteht eine
direkte Leistungsbeziehung. In der Regel handelt es sich dabei um Transaktionen
mit hoher Wiederholungskaufrate. Die technische Umsetzung erfolgt meist über ein
speziell eingerichtetes Extranet bzw. über einen elektronischen Datendienst (Electronic
Data Interchange – EDI). Dieses Modell ist z. B. bei Unternehmen wie NEC, IBM
oder Dell verbreitet. Großkonzerne wie General Motors oder Siemens haben in der
Regel mehrere Lieferanten und Zulieferer (One-to-many-Beziehung). Über eine technische
Vernetzung zwischen dem internen Finanz-/Bestellsystem mit dem Auftragssystem
des Lieferanten können Bestellungen einfach ausgelöst und abgearbeitet
werden (vgl. Wirtz 2016, S. 376ff.).
• Sales: Analog zum Sourcing-Modell beinhaltet das Sales-Konzept die Gestaltung und
Abwicklung von direkten B2B-Transaktionen über das Internet, allerdings in diesem
Fall jene vom Seller zum Buyer. Ziel ist der Aufbau langfristiger Geschäftsbeziehungen
mit den umsatzstärksten Kunden. Typisches Beispiel hierfür sind Hersteller, die
ihre Produkte exklusiv an Wholesaler oder Retailer vertreiben, wie der IT-Anbieter
Cisco (vgl. Wirtz 2016, S. 381ff.).
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40 Lektion 2
• Supportive Collaboration: Bei diesem B2B-Geschäftsmodell geht es um die Kooperation
und gemeinsame Wertgenerierung mehrerer Unternehmen in den Bereichen
Forschung und Entwicklung, Produktion und Verkauf. Die beteiligten Unternehmen
stehen wieder in direkter Beziehung zueinander. Häufig Anwendung findet dieses
Modell beispielsweise in der Automobil- oder Pharmaindustrie (vgl. Wirtz 2016,
S. 386ff.).
• Service Broker: Hierunter wird die Unterstützung von B2B-Geschäftstransaktionen
durch die Bereitstellung von Informationen oder Marktplätzen verstanden. Im
Gegensatz zu den anderen drei Konzepten besteht in diesem Geschäftsmodell keine
direkte Beziehung zwischen den beteiligten B2B-Unternehmen. Die Bereitstellung
der Services erfolgt durch Drittanbieter bzw. Intermediäre, etwa Business-Information-Portale
wie Hoovers.com. Diese stellen jedoch lediglich Informationen bereit.
Die Kauftransaktionen selber finden mit diesem Intermediär nicht statt. Bei einer
anderen Variante des Service-Broker-Geschäftsmodells treffen sich interessierte
Käufer und Verkäufer auf einem von Drittanbietern betriebenen Portal (E-Marketplace),
welches die Transaktionen zwischen Verkäufer und Käufer durch Zusatzleistungen
wie Zahlungsabwicklung oder die Reichweite der Plattform unterstützt. Ein
Beispiel hierfür ist die speziell auf den B2B-Bereich ausgerichtete Auktionsplattform
von eBay, Business.ebay.de (vgl. Wirtz 2016, S. 390ff.).
2.3 Wirtschaftsbereiche und Betriebstypen
Online-Handel kann man als eine bestimmte Kategorie oder Betriebsform von Handelsunternehmen
ansehen. Für diese Kategorie gibt es wiederum verschiedene Varianten
oder Betriebstypen, die sich aufgrund spezieller Merkmale in Gruppen zusammenfassen
lassen (Heinemann 2017, S. 113ff.).
Online Pure Plays
Die Online Pure
Plays sind die
umsatzstärkste
Gruppe im Online-
Handel.
Zur umsatzstärksten Gruppe gehören mit einem Umsatz in Deutschland in Höhe von
16,6 Mrd. Euro in 2015 (Heinemann 2017, S. 114) die Online Pure Plays, also die reinen
Online-Händler. Da viele Mischformen vorherrschen, werden dieser Gruppe alle Händler
mit einem Online-Anteil von mindestens 60 Prozent zugeordnet. Der Marktanteil der
„Online Pure Plays“ betrug 35,4 Prozent für das Jahr 2016 (Heinemann 2017, S. 115).
Neben den großen Marktführern, die für eine starke Marktkonzentration sorgen, handelt
es sich hierbei häufig um relativ kleine, spezialisierte und innovative Onlineshops
oder Start-ups. Solche Shops können ideal vom Homeoffice aus betrieben werden und
flexibel auf Veränderungen reagieren. Als Trend für die nächsten Jahre zeichnet sich ab,
dass „verstärkt innovative Geschäftsmodelle aus den USA für die europäischen Märkte
kopiert oder geklont werden“ (Heinemann 2017, S. 115).
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Lektion 2
41
Akteure und Geschäftsbereiche im Electronic Business
In der Gruppe kooperierender Online-Handel finden sich in der Regel Kooperationen
von Großhändlern, Verbundgruppen, Herstellern oder unabhängigen Institutionen, die
unter einem einheitlichen Online-Auftritt auf dem Markt erscheinen. Meist handelt es
sich dabei um Branchenlösungen wie Euronics.de für den Elektrogroßhandel oder
schuhe.de für den Schuhgroßhandel. Möglich sind gegen Gebühr aber auch Kooperationen
mit eBay oder Amazon. Dies hat für den Händler den Vorteil, dass er von der
Bekanntheit und Reichweite der beiden Plattformen profitieren und deren Services,
beispielsweise den Inkassoservice „Amazon Payments“, nutzen kann (vgl. Heinemann
2017, S. 116ff.).
Kooperierender
Online-Handel
Beim kooperierenden
Online-Handel
handelt es sich
meistens um Branchenlösungen.
Etwa jeder dritte Onlineshop kommt ursprünglich aus dem stationären Handel (Heinemann
2017, S. 117). Immer mehr traditionelle Einzelhändler setzen auf das Internet als
zusätzlichen Vertriebskanal (Multi-Channel-Strategie) wie Douglas oder Galeria Kaufhof.
Gleiches gilt für bereits bestehende Mehrkanalsysteme (stationärer Handel in Verbindung
mit Katalogversand), z. B. IKEA und Tchibo oder stationäre Einzelhändler, die mit
Onlineshops kooperieren (z. B. Hagebaumarkt mit Otto). Umgekehrt erweitern aber
auch immer mehr reine Onlineshops ihre Vertriebsstrategie um stationäre Geschäfte
oder Outlets, beispielsweise Amazon mit den Amazon Bookstores oder notebooksbilliger.de.
Von Multi-Channel-Handel wird immer dann gesprochen, wenn der Vertrieb
über mehrere Kanäle abgewickelt wird. Einer davon muss das Internet sein. Aus dem
Multi-Channel-Handel ergeben sich in Verbindung mit mobilem Shopping über Smartphones
die größten Chancen – gerade für den traditionellen Einzelhandel. Er stellt aber
auch die komplexesten Anforderungen an das Know-how, sowohl wenn reine Online-
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42 Lektion 2
Multi-Channel-Handel
Im Multi-Channel-
Handel wird der Vertrieb
über mehrere
Kanäle abgewickelt.
Hybrider Online-
Handel
Zum hybriden
Online-Handel zählen
Versandhändler,
die zum Kataloggeschäft
auch Online-
Handel betreiben.
shops ins Stationärgeschäft einsteigen als auch umgekehrt. E-Commerce-Experten sind
dennoch der Meinung, die Zukunft des Online-Business liege im Offline-Geschäft, also
in der Verknüpfung von Online- und Offline-Kanälen (vgl. Heinemann 2017, S. 117ff.).
Die Vermischung der Absatzkanäle macht auch eine Trennung des Umsatzes immer
schwieriger. Viele Unternehmen gehen daher dazu über, die Umsätze ihrer einzelnen
Vertriebskanäle nicht mehr separat auszuweisen. So werden inzwischen mehr als ein
Drittel aller Non-Food-Umsätze in Deutschland den sogenannten Multi-Channel-
Umsätzen zugeordnet. Eine weitere Mischform des Online-Handels, die verstärkt dem
Multi-Channel-Umsatz zugerechnet wird, sind regionale E-Marketplaces wie LocaFox
oder das lokale Fashion-Portal take-it-local.de. Solche regionalen Marktplätze arbeiten
vorwiegend mit lokalen Partnern zusammen und können entweder einen Städte- oder
einen Sortimentsfokus haben (vgl. Heinemann 2017, S. 158).
Nicht zum Multi-Channel-Handel, sondern zum hybriden Online-Handel werden Versandhändler
gezählt, die neben dem Kataloggeschäft auch Online-Handel betreiben.
Etwa 15,4 Prozent der Onlineshops stammen ursprünglich aus dem Versandhandel (Heinemann
2017, S. 118). Dabei kamen den Unternehmen zunächst ihr Know-how und ihre
Stärken etwa in der Logistik und Warenwirtschaft sowie in der Kundenverwaltung (Customer
Relationship Management/CRM) zugute. Da mit dem Internet die hohen Kosten
für die Katalogproduktion gesenkt werden konnten, wurde der Online-Handel überwiegend
als Möglichkeit zur Kostenersparnis gesehen. Ausschlaggebend für alle Planungen
bleibt jedoch in der Regel der Katalog. So wird das Internet vom Bundesverband des
Deutschen Versandhandels (bvh) zwar als Wachstumsmotor der Versandhandelsbranche
gesehen, das Verankern im Katalogdenken verhindert jedoch häufig die für den
Online-Handel notwendige Flexibilität und Dynamik (vgl. Heinemann 2017, S. 118ff.).
Vertikaler Online-
Handel
Der vertikale Online-
Handel wird häufig
von Markenherstellern
betrieben.
Viele Markenhersteller wie Adidas, Nike, Apple, Lego oder Bang & Olufsen nutzen den
Online-Handel als Instrument zur Vertikalisierung. Der vertikale Online-Handel ist in
der Vergangenheit dynamisch gewachsen. Die Vorteile dieses Betriebstyps liegen darin,
dass die Unternehmen die ganze Supply Chain beherrschen. Zwischendistributionsstufen
entfallen, und Durchlaufzeiten innerhalb der Prozesskette können reduziert werden.
So können in der Regel überdurchschnittliche Zuwächse und Renditen erzielt werden.
Zudem sind „vertikale Angebotsformen im Hinblick auf Verfügbarkeit, Abwechslung,
Inszenierung und Identifikation den traditionellen Handelsformen überlegen“ (Heinemann
2017, S. 120f.).
Zusammenfassung
Akteure des E-Business sind alle Anbieter und Empfänger von elektronisch basierten
Leistungen. Das können Unternehmen, öffentliche Einrichtungen sowie private
Konsumenten bzw. Bürger sein. Aus der Kombination dieser drei Gruppen ergeben
sich neun typische Geschäftsbeziehungen. Es sind jedoch auch Mischformen möglich.
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Lektion 2
43
Akteure und Geschäftsbereiche im Electronic Business
Im Electronic Business haben sich neue Geschäftsmodelle herausgebildet. Zu den
wesentlichen Elementen und Unterscheidungskriterien dieser Geschäftsmodelle
gehören das Leistungsangebot und die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen.
Diese setzen sich aus der elektronischen Wertschöpfungskette, den Core Assets und
den Kernkompetenzen des jeweiligen Betriebs zusammen. Es wird zwischen
Geschäftsmodellen im B2C-Bereich (Content, Commerce, Context, Connection) und
Geschäftsmodellen im B2B-Bereich (Sourcing, Sales, Supportive Collaboration und
Service Broker) unterschieden. Die Geschäftsmodelle kommen heute allerdings
kaum mehr in Reinform vor. Stattdessen finden sich fast nur noch Mischformen
(hybride Geschäftskonzepte).
Online-Handel kann als eine bestimmte Kategorie oder Betriebsform von Handelsunternehmen
angesehen werden. Für diese Kategorie existieren verschiedene Varianten
oder Betriebstypen. Unterschieden wird zwischen dem reinen Online-Handel
(Pure Play), dem kooperierenden Online-Handel, dem Multi-Channel-Handel sowie
dem hybriden und dem vertikalen Online-Handel. Auch unter den Betriebstypen
existieren viele Mischformen. Das hat zur Folge, dass es immer schwieriger wird,
Umsätze einzelnen Absatzkanälen zuzuordnen. Viele Händler gehen daher dazu
über, nur noch einen Multi-Channel-Umsatz auszuweisen.
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Lektion 3
E-Marketplace
LERNZIELE
Nach der Bearbeitung dieser Lektion werden Sie wissen, …
…
…
…
…
…
…
wie man elektronische Marktplätze klassifizieren kann.
was vertikale und horizontale Marktplätze sind.
worin das Aufgabenspektrum eines Intermediärs liegt.
wodurch sich Sell-Side-, Buy-Side- und Marktplatz-Lösungen unterscheiden.
was man jeweils unter einem Betreiber-, Dienstleister- und Partner-Modell versteht.
welche Erfolgsbeispiele es im Online-Handel gibt.
DL-D-BWEC01-01-L03
46 Lektion 3
3.
E-Marketplace
Einführung
Marktplätze und Portale nehmen vor allem im B2B- und B2C-Bereich eine immer wichtigere
Rolle im Online-Handel ein. Der erste Abschnitt der folgenden Lektion befasst sich
mit der Grundidee und den technischen Funktionalitäten, den Möglichkeiten zur Klassifikation
sowie den verschiedenen Arten von E-Marketplaces.
Im zweiten Abschnitt werden die drei Grundmodelle internetbasierter E-Marketplace-
Lösungen erklärt. Darüber hinaus werden die wichtigsten Systemlösungen für den
elektronischen Einkauf mit ihren jeweiligen Vor- und Nachteilen sowie die drei Grundmodelle
für den Vertrieb über E-Shops vorgestellt.
Der dritte Teil befasst sich mit den wichtigsten Betreibern von Marktplätzen und Shoppingportalen
und stellt einige Erfolgsbeispiele des E-Commerce heraus.
3.1 Elektronischer Markt
E-Marketplaces
Diese sind virtuelle
Handelsplätze, auf
denen Produkte und
Dienstleistungen
gehandelt werden.
Elektronische Marktplätze
Diese unterliegen
keiner zeitlichen
oder örtlichen
Begrenzung.
„Ein elektronischer Markt, auch als elektronischer Marktplatz bezeichnet, ist ein virtueller
Handelsplatz innerhalb eines Netzwerkes (bspw. dem Internet), der primär dazu
dient, Angebot und Nachfrage nach Produkten oder Dienstleistungen zusammenzuführen“
(Aichele/Schönberger 2016, S. 19). Solche E-Marketplaces sind vor allem im B2Bund
B2C-Bereich vertreten. Die ökonomischen Vorteile liegen in der Automatisierung
und Beschleunigung von Geschäftsprozessen sowie einer effizienteren Koordination.
Elektronische Märkte beinhalten folgende technologische Funktionalitäten (Aichele/
Schönberger 2016, S. 20):
• Suchfunktionen,
• Speichermöglichkeiten,
• Kommunikations- und Zugangskontrollen,
• verschiedene Möglichkeiten zur Verschlüsselung von Daten und Informationen.
Elektronische Marktplätze unterscheiden sich von realen Handelsplätzen in zwei elementaren
Punkten: Sie unterliegen keiner zeitlichen oder örtlichen Begrenzung. Außerdem
ist kein direkter persönlicher Kontakt zwischen Anbieter und Nachfrager nötig, da
digitale Daten über die Plattform jederzeit und von überall ausgetauscht werden können.
Zudem gehen die Möglichkeiten des Betreibers eines E-Marketplaces aufgrund der
elektronischen Informationsverarbeitung weit über die eines realen Handelsplatzes
hinaus. Er kann nicht nur einen Überblick verschaffen, sondern übernimmt konkret die
Vermittlung von Angebot und Nachfrage und unterstützt alle Transaktionen von der
Informations- bis zur After-Sales-Phase. Mithilfe von E-Marketplaces können einige
Schwächen des realen Handels vermieden werden wie etwa Kapazitätsbegrenzungen
wegen einer limitierten Handelsfläche oder begrenzte Vermittlungsmöglichkeiten durch
den Betreiber. Darüber hinaus ist es sowohl auf der Anbieter- als auch auf der Nachfra-
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Lektion 3
47
E-Marketplace
gerseite für den Einzelnen unmöglich, sich einen Überblick über den Gesamtmarkt zu
verschaffen und alle Akteure persönlich zu kontaktieren, beispielsweise um Angebote
einzuholen etc. (vgl. Kollmann 2016, S. 457ff.).
Klassifikation elektronischer Märkte
Elektronische Märkte werden in der Literatur häufig nach bestimmten Kriterien klassifiziert,
die in der folgenden Grafik zusammengefasst sind (vgl. Aichele/Schönberger 2016,
S. 21ff.):
• Betreiber des elektronischen Marktes,
• unterstützte Markttransaktionsphasen,
• Orientierung an der Branche,
• unterstützte Marktmechanismen und
• Ertragsmodelle der Betreiber.
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48 Lektion 3
Bei den Betreibern elektronischer Märkte kann man zwischen neutralen, betriebseigenen
und konsortiengeführten Märkten differenzieren. Neutrale Märkte werden von
unabhängigen Intermediären betrieben, die weder die Interessen der Käufer- noch die
der Verkäuferpartei repräsentieren. Betriebseigene Marktplätze werden von einem
Unternehmen selbst geführt, was vor allem im B2C-Bereich vorkommt. Auf konsortiengeführten
Marktplätzen schließen sich mehrere Unternehmen zur Beschaffung bzw. Distribution
zusammen. In der Regel handelt es sich hierbei um Beschaffungsnetzwerke
aus dem B2B-Bereich (Aichele/Schönberger 2016, S. 21ff.; Hansen et al. 2015, S. 222).
E-Marketplaces können auch nach den unterstützten Markttransaktionen klassifiziert
werden. Dies können im Prinzip alle Transaktionsphasen sein: von der Informationsphase
über die Verkaufsabwicklung bis hin zur After-Sales-Phase. In der Praxis dominieren
jedoch sowohl im B2B- als auch B2C-Bereich elektronische Märkte, welche die
Informations- und Vereinbarungsphase unterstützen (Aichele/Schönberger 2016, S. 22).
Ein weiteres Klassifikationsmerkmal ist die Branchenorientierung. Es wird zwischen
horizontalen und vertikalen elektronischen Marktplätzen unterschieden. Ein horizontaler
Marktplatz „[…] ist auf branchenübergreifende Produkte und Dienstleistungen, z. B.
Büroartikel oder Ersatzmaterial, ohne Spezialisierung auf eine bestimmte Zielgruppe
fokussiert. Ein vertikaler Marktplatz […] ist auf die Bedürfnisse einer Branche ausgerichtet.
Hauptaufgabe ist der Handel mit branchenspezifischen Produkten und Dienstleistungen,
z. B. Chemie, Stahl oder Telekommunikation, für ausgewählte Zielgruppen“
(Hansen et al. 2015, S. 223).
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Lektion 3
49
E-Marketplace
Elektronische Märkte lassen sich auch nach der Systematik unterscheiden, nach der
Konditionen und Preise bestimmt werden. Zu diesen unterstützten Marktmechanismen
gehören die statische Preisbildung mit fixen Preisen bzw. eine dynamische Preisbildung,
die auf verschiedenen Auktionsmechanismen wie Auktions-, Ausschreibungsund
Börsensystemen basiert (Hansen et al. 2015, S. 224).
Als fünftes und letztes Kriterium zur Klassifizierung elektronischer Märkte kann das
jeweilige Ertragsmodell der Betreiber herangezogen werden (Hansen et al. 2015, S. 222):
• Beim Gebührenmodell für Transaktionen fallen Gebühren für getätigte Transaktionen
bzw. für die Dauer der Nutzung des E-Marketplaces an.
• Das Advertising Model ist besonders bei Marktplätzen mit großer Reichweite und
einem entsprechenden Kundenstamm interessant. Hier werden Einnahmen durch
den Verkauf von Werbeflächen erzielt.
• Mithilfe eines Preismodells für Produkte und Dienstleistungen können Anbieter beispielsweise
Erlöse durch kostenpflichtige Zusatzdienste erzielen.
• Beim Admission-Modell verlangen die Betreiber Mitgliedsbeiträge. Dieses Ertragsmodell
findet v. a. im Info- oder Entertainmentbereich Anwendung.
3.2 Formen und Strukturen elektronischer Marktplätze
Wie oben bereits angesprochen, können E-Marketplaces von verschiedenen Parteien
betrieben werden. Je nachdem, welche Seite die entsprechenden Geschäftsprozesse in
ihre Systemlösung integriert, kann zwischen drei Grundmodellen internetbasierter E-
Marketplace-Lösungen unterschieden werden: dem Anbieter-Modell, dem Nachfrager-
Modell sowie dem Makler-Modell (Kollmann 2016, S. 475ff.). Die nachfolgende Grafik gibt
einen Überblick über die möglichen Systemlösungen. Die Beschreibung der beiden
Sonderfälle E-Procurement-Systeme und E-Shop-Systeme erfolgt im Anschluss.
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50 Lektion 3
Anbieter-Modell
Bei einem Anbieter-
Modell wird der E-
Marketplace von
einem oder mehreren
Anbietern betrieben.
• Bei einem Anbieter-Modell wird ein E-Marketplace von einem bzw. mehreren Anbietern
geführt. Für Nachfrager ist dieses Modell attraktiv, da es Informationsasymmetrien
abbaut und die Kosten der Suche verringert. Auf der Anbieterseite entsteht
durch die größere Preistransparenz zwar ein höherer Kostendruck. Die Betreiber
werden jedoch versuchen, den Marktplatz zu ihren Gunsten zu gestalten. Sie werden
eher informationsorientiert vorgehen und versuchen, Produktdifferenzierungen
anstelle von Preisvergleichen hervorzuheben. Zudem wirken sie so der Gründung
neutraler oder nachfrageseitiger E-Marketplaces entgegen. Anbieterseitige E-Marketplaces
entstehen in der Regel auf Märkten mit hoher Marktmacht sowie Konzentration
der Anbieter und sind rentabler als die Zwischenschaltung eines Intermediärs
mit eigenen Gewinnzielen. Aufgrund des Informationsvorsprungs der Kooperationspartner
ist zudem die Chance auf einen höherwertigen E-Marketplace größer als bei
einem unabhängigen Makler, welcher auf die Informationen der Anbieter angewiesen
ist. Ein Beispiel für das anbieterseitige E-Marketplace-Modell ist der Online-Reiseservice
opodo.de, welcher von neun führenden europäischen Fluggesellschaften
gegründet wurde. Ist der Gewinn bei diesem Modell für den einzelnen Betreiber
jedoch zu gering, wird die Gründung eines individuellen E-Marketplaces wahrscheinlicher.
Dieser Sonderfall eines individuellen, geschlossenen E-Marketplaces wäre
eine E-Shop-Lösung (vgl. Kollmann 2016, S. 476ff.).
• Für Nachfrager ist es häufig schwieriger, geeignete Anbieter zu finden. Daher bündeln
bei einem Nachfrager-Modell einer bzw. mehrere Nachfrager ihre Marktmacht
gemeinsam auf einem E-Marketplace. Auch in diesem Fall werden die Betreiber ver-
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Lektion 3
51
E-Marketplace
suchen, von der Ausrichtung des Portals zu profitieren. Dafür erhöhen sie die Markttransparenz,
entlasten damit ihren Einkauf, bauen ihr Know-how aus und senken
ihre Kosten. Nachfrageseitige E-Marketplaces sind in der Regel preisorientierte
Marktplätze. Ein Beispiel aus der Pharmabranche, in dem neun Pharmaunternehmen
sowie der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie auf einem Marktplatz
kooperieren, ist die Einkaufsplattform pharmaplace.de. Ein Sonderfall wäre
wieder der private, geschlossene Marktplatz eines einzelnen Unternehmens, das
über sogenannte E-Procurement-Systeme mit seinen Lieferanten verknüpft ist und
seinen Einkauf elektronisch tätigt (vgl. Kollmann 2016, S. 477ff.).
• Bei einem Makler-Modell wird der E-Marketplace von einem neutralen, unabhängigen
Handelsvermittler betrieben. Solche Modelle entstehen normalerweise in polypolistischen
Märkten mit vielen Anbietern und Nachfragern ohne signifikante Marktmacht.
Dabei kann unterschieden werden, ob der zentrale Betreiber aktiv in den
Handelsbetrieb eingreift, indem beispielsweise Angebote und Gesuche in seiner
Datenbank abgeglichen werden und eine aktive Vermittlerleistung offeriert wird, wie
bei der Onlineauktion für Handwerkerdienstleistungen MyHammer oder der digitalen
Immobilienbörse ImmobilienScout24. E-Marketplaces ohne aktive zentrale
Betreiber stellen in der Regel nur den elektronischen Handelsraum zur Verfügung
und stellen beispielsweise eine Linkliste mit möglichen Handelspartnern zur Verfügung.
Sie schalten sich jedoch nicht in die jeweiligen Transaktionsvorhaben ein. Ein
Beispiel dieses Modells ist die virtuelle Shoppingmall shopping24. Der Makler
schöpft in diesem Fall über verschiedene Modelle die Einnahmen ab. Für die Anbieterseite
entsteht ein neuer Vertriebskanal, die Nachfragerseite profitiert von einer
größeren Markttransparenz. Dabei ist die Glaubwürdigkeit des Intermediärs eine
wichtige Voraussetzung für den Erfolg des Marktplatzes. Im B2B-Bereich findet man
das Makler-Modell eher in Nischenmärkten. Aufgrund großer Informationsasymmetrien
zwischen Herstellern und Anbietern kommt diesem Modell jedoch sowohl im
B2C- als auch im C2C-Bereich große Bedeutung zu. Ein Beispiel hierfür ist der
Online-Automarkt AutoScout24, der sowohl von privaten Konsumenten als auch von
gewerblichen Händlern genutzt wird (vgl. Kollmann 2016, S. 478ff.).
Nachfrager-Modell
In einem Nachfrager-
Modell bündeln
einer oder mehrere
Nachfrager ihre
Marktmacht auf
einem E-Marketplace.
Makler-Modell
Beim Makler-Modell
betreibt ein unabhängiger
Vermittler
den E-Marketplace.
Systemlösungen beim E-Procurement
Auch beim elektronischen Einkauf lassen sich hinsichtlich der Interaktion zwischen
dem beschaffenden Unternehmen und den Lieferanten wieder drei grundlegende
Marktmodelle unterscheiden. Dies sind entweder vom Anbieter (Sell Side) oder vom
Nachfrager (Buy Side) gesteuerte Plattformen bzw. Marktplätze, die von einer neutralen
dritten Instanz betrieben werden.
Sell-Side-Modell
Beim Sell-Side-Modell stellt der Lieferant die Einkaufssoftware und einen elektronischen
Produktkatalog zur Verfügung. Dieser Ansatz kommt in erster Linie im B2B-Segment
vor, etwa beim Computerhersteller Dell für die Bestellung von Computern und
Systemkomponenten. Das Modell entspricht im Prinzip einem klassischen E-Shop. Hat
ein Unternehmen mehrere Lieferanten mit Sell-Side-Systemen, muss sich der Einkäufer
bei allen Lieferanten separat im System anmelden, um Zugang zu seinen individuellen
Produkten und Konditionen zu erhalten. Dies ist sehr arbeits- und zeitaufwendig, zumal
Sell-Side-Modell
Beim Sell-Side-
Modell stellt der Lieferant
die Einkaufssoftware
und einen
elektronischen Produktkatalog
bereit.
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52 Lektion 3
bei diesem Modell beim beschaffenden Unternehmen in der Regel keine Integration in
die Enterprise-Resource-Planning-Lösung (ERP) möglich ist. Zudem setzt dieser Ansatz
voraus, dass der Einkäufer mit den jeweiligen Softwarelösungen gut zurechtkommt. Bei
einigen Sell-Side-Lösungen können die Einkäufer jedoch kundenindividuelle Regeln
beim Beschaffungsprozess definieren bzw. über Schnittstellen den Beschaffungsprozess
in ihre jeweiligen Softwaresysteme integrieren (vgl. Meier/Stormer 2012, S. 74ff.).
Für eine reibungslose Funktionsweise der Sell-Side-Lösung betreibt der Lieferant ein
Content Management System (CMS) zum Einpflegen der elektronischen Produktkataloge.
Auch die Suchdienste für Artikel und Dienstleistungen sowie die gesamten
Bestell- und Abwicklungsprozesse werden von der Software unterstützt. Ist das System
in die ERP-Lösung (z. B. SAP R/3) des Lieferanten integriert, kann es noch zusätzliche
Informationen wie Lagerbestand, Verfügbarkeit oder kundenindividuelle Preise bereitstellen.
Je nach System konfiguriert der Einkäufer seine gewünschten Produkte selbst.
Der Lieferant kann auf diese Weise seine Beratungsdienstleistungen automatisieren,
den Aufwand für die Bestellerfassung reduzieren und Verantwortlichkeiten an das
beschaffende Unternehmen delegieren (vgl. Meier/Stormer 2012, S. 77).
Die folgende Tabelle fasst die Vor- und Nachteile von Sell-Side-Lösungen zusammen
(vgl. Meier/Stormer 2012, S. 78):
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Lektion 3
53
E-Marketplace
Vor- und Nachteile von Sell-Side-Lösungen
Vorteile
Nachteile
• Konfiguration komplexer Produkte
möglich
• Keine Investitionskosten für ein
Bestellsystem
• Keine Betriebskosten für die Pflege
von Produktlisten und Preisen
• Kurze Lieferzeiten durch direkte Eingabe
der Bestellung ins Lieferantensystem
• Abfragemöglichkeit aktueller Verfügbarkeiten
und Preise
• Keine Möglichkeit zu automatischen
Produktvergleichen
• Beschränkte Unterstützung des
Beschaffungsprozesses beim Einkäufer
• Bedarfsträger bzw. Bestellanforderer
muss für jeden Anbieter ein anderes
Informationssystem bedienen.
• Beschränkte Integrationsmöglichkeit
des Beschaffungsprozesses in die
operativen Informationssysteme des
Kunden
Buy-Side-Modell
Betreiber der Einkaufssoftware samt Produktkatalog beim Buy-Side-Marktmodell ist
die Einkäuferseite. Der Lieferant ist lediglich für das Content Management verantwortlich
und übermittelt regelmäßig Änderungen im Produktkatalog. Aus den Katalogen der
einzelnen Lieferanten erstellt das beschaffende Unternehmen einen Multilieferantenkatalog.
Dieser Ansatz bringt zwei wesentliche Vorteile mit sich: Zum einen ermöglicht
er eine lieferantenübergreifende Produktauswahl. Zum anderen können so lieferantenunabhängig
die Regeln für den Beschaffungsprozess abgebildet und Rahmenvereinbarungen,
Kompetenzen und Genehmigungsabläufe besser eingehalten werden. Auf
diese Weise bleibt der Beschaffungsprozess weitgehend unabhängig von einzelnen Lieferanten.
Benutzerverwaltung, Genehmigungsverfahren, Ablaufsteuerung etc. werden
vom ausführenden Unternehmen gesteuert. Dadurch entsteht bei dem Unternehmen
zwar ein Administrations- und Unterhaltungsaufwand, im Gegenzug erhält es jedoch
eine unternehmensspezifische E-Procurement-Lösung. Da der Beschaffungsprozess in
der Regel über Schnittstellen oder eigene Module komplett in die bestehende ERP-
Lösung der Einkäuferseite integriert werden kann, stehen auch alle Daten im System
zur Verfügung und können analysiert werden. Ein Beispiel für das Buy-Side-Modell ist
das internationale, konzernweite E-Procurement-System „click4suppliers“ von Siemens
(vgl. Kollmann 2016, S. 136ff.; Meier/Stormer 2012, S. 78ff.).
Buy-Side-Modell
Im Buy-Side-Modell
betreibt die Einkäuferseite
die Software
und den Produktkatalog.
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54 Lektion 3
Desktop-Purchasing-
Systeme (DPS)
Die Desktop-Purchasing-Systeme
(DPS)
bilden den Bestellprozess
über eine
einheitliche Benutzeroberfläche
ab.
Buy-Side-Lösungen werden oft auch als Desktop-Purchasing-Systeme (DPS) bezeichnet,
da sie es jedem Mitarbeiter ermöglichen, vom eigenen Schreibtisch aus über eine
einheitliche Benutzeroberfläche Bestellungen zu generieren (Kollmann 2016, S. 136). In
der Regel handelt es sich dabei um Web-Anwendungen, die in die operativen Informationssysteme
des Unternehmens integriert sind und beispielsweise auch interne
Genehmigungsverfahren sowie die finanzielle Verbuchung abbilden. Die Vor- und Nachteile
des Buy-Side-Modells sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst (vgl. Meier/
Stormer 2012, S. 80):
Vor- und Nachteile von Buy Side-Lösungen
Vorteile
Nachteile
• Individuelle Ausgestaltung des
Beschaffungsprozesses möglich
• Umsetzung interner Berechtigungsund
Genehmigungsverfahren möglich
• Reduktion von Prozessdurchlaufzeiten
• Lagerbestände lassen sich niedrig
halten.
• Zentrale Administration von verhandelten
Produkten gegeben
• System mit einheitlicher Benutzerführung
• Bedarfsträger/-anforderer kann das
System selbst bedienen.
• Verhinderung von Beschaffung
außerhalb der standardisierten Prozesse
(„Maverick-Shopping“)
• Komplexe Produkte werden meist
nicht unterstützt.
• Ausschreibungen nicht vorgesehen
• Investitionskosten für Informationssysteme
liegen beim beschaffenden
Unternehmen.
• Betriebskosten für Content Management
• Nicht alle Lieferanten haben elektronische
Produktkataloge.
• Produktdaten von Lieferanten teilweise
von schlechter Qualität
• Abstimmung des Austauschformats
zwischen Beschaffer und Lieferant
muss selbst erfolgen.
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Lektion 3
55
E-Marketplace
Marktplatz-Modell
Beim Marktplatz-Modell für E-Procurement werden die erforderliche Softwarelösung
und Kataloge von einem Drittanbieter betrieben. Die Plattform wird von mehreren einkaufenden
Unternehmen sowie von mehreren Lieferanten gleichzeitig genutzt.
Der Marktplatzbetreiber (Intermediär) kann mit seiner unabhängigen Dienstleistung
Produktinformationen der verschiedenen Lieferanten bündeln, die Produkte hinsichtlich
Preis, Qualität und Verfügbarkeit vergleichbar machen und Angebot mit Nachfrage
zusammenführen. Dies reduziert den Suchaufwand der Marktteilnehmer erheblich. Der
Intermediär sorgt für eine reibungslose Durchführung der Geschäftstransaktionen. Es
hat sich gezeigt, dass sich vor allem spezialisierte Intermediäre auf vertikal organisierten
Plattformen durchsetzen können. Der Zugang zu einem virtuellen Marktplatz kann
entweder offen oder geschlossen sein (vgl. Meier/Stormer 2012, S. 80ff.). Ein Beispiel für
ein Marketplace-Modell im Beschaffungswesen ist der offene B2B-Marktplatz mercateo.de.
Die Plattform ist nach Unternehmensangaben Europas führende Beschaffungsplattform,
auf der hunderte Lieferanten und tausende Hersteller mit über einer Million
Geschäftskunden interagieren (vgl. Kollmann 2016, S. 138). Die folgende Übersicht fasst
die Vor- und Nachteile des Marktplatz-Modells im E-Procurement zusammen (vgl.
Meier/Stormer 2012, S. 83):
Intermediär
Beim Marktplatz-
Modell bündelt ein
Intermediär Angebot
und Nachfrage.
Vor- und Nachteile von Marktplätzen
Vorteile
Nachteile
• Verkürzung von Suchzeiten
• Darstellung aktueller und detaillierter
Angebote
• Effiziente Transaktionen
• Vergleichbarkeit verschiedener
Angebote
• Anonyme Beschaffungsmöglichkeit
• Bündelung von Angebot und Nachfrage
zur Erzielung besserer Konditionen
• Mangelnde Integrationsmöglichkeit
in die ERP-Systeme des beschaffenden
Unternehmens
• Intermediäre decken meist nur
engen Produktbereich in ausreichender
Tiefe ab.
• Häufig kann ein großes Unternehmen
mit Anbietern bzw. Herstellern
direkt bessere Preise verhandeln.
• Branchenverzeichnisse sind oft nicht
aktuell.
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56 Lektion 3
E-Shop-Systeme
E-Shop
Ein E-Shop ist der
virtuelle Verkaufsraum
eines Unternehmens.
Der Begriff E-Shop steht generell für den elektronischen Verkauf von Produkten bzw.
Dienstleistungen durch ein Unternehmen (Anbieter) über digitale Netzwerke. Im Allgemeinen
wird hierunter die Distribution zwischen einem Unternehmen und einem Privatkunden
(Nachfrager) verstanden. Dies bezieht die gesamte Abwicklung von operativen,
taktischen und strategischen Aufgaben im Absatzbereich über innovative
Informations- und Kommunikationstechnologien mit ein. Es kann also vereinfacht
gesagt werden, dass ein E-Shop der virtuelle Verkaufsraum eines Unternehmens ist
(Kollmann 2016, S. 253).
Bei der Realisierung einer E-Shop-Lösung kommen wiederum drei Grundmodelle
infrage (vgl. Kollmann 2016, S. 254ff.):
Dienstleister-Modell
Beim Dienstleister-
Modell werden
(Teil-)Komponenten
des E-Shops outgesourct.
• Betreiber-Modell: Das Unternehmen entwickelt die Lösung selbst. Hierbei sollten
neben den Kosten des Erwerbs der Hard- und Software beispielsweise auch die laufenden
Kosten und der personelle Aufwand für die regelmäßige Wartung und Pflege
des Systems und den technischen Support mitbedacht werden. Außerdem muss die
entsprechende Fachkompetenz für den Aufbau bzw. Betrieb eines E-Shops vorhanden
sein bzw. eingekauft werden, etwa in Bezug auf (Schnittstellen-)Programmierung,
Design, Serverauswahl und -betrieb etc.
• Dienstleister-Modell: Kommt eine „Inhouse-Lösung“ aufgrund fachlicher, räumlicher
oder personeller Engpässe nicht infrage, können (Teil-)Komponenten des E-Shops
auch outgesourct werden. Normalerweise wird hierunter die Auslagerung von Informations-
und Kommunikationstechnologien an externe Unternehmen verstanden.
Das Outsourcing kann aber auch andere mit dem E-Shop zusammenhängende
Dienstleistungen umfassen, etwa den Betrieb eines Callcenters, die Katalogpflege
oder das Content Management. Der Internetanbieter oder Provider (Internetprovider,
Internet Service Provider/ISP, Internet Access Provider) stellt den Zugang zum und
aus dem Internet bereit. Im Rahmen eines Webhosting-Vertrags stellt der Provider in
der Regel eine vereinbarte Festplattenkapazität, Server, Webserver und deren Netzwerkanbindung
zur Verfügung. Eine weitere Möglichkeit des Webhostings ist das
Cloud Hosting. Hier werden die Daten auf einem virtuellen Server gehostet.
Ein Sonderfall des Outsourcings ist die Auslagerung der Software, auch Application
Service Providing (ASP) bzw. Software as a Service (SaaS) genannt. Der Kunde greift
über das Internet auf die Software zu. Anders als beim normalen Dienstleister-
Modell gehört in diesem Fall die Lizenz für die Software dem Serviceprovider und
wird vom Kunden lediglich gemietet. Da diese Software in der Regel standardisiert
ist, sind Anpassungen an die individuellen Anforderungen der jeweiligen Kunden
normalerweise nicht möglich. Zusätzliche Leistungen neben dem „Vermieten“ der
Software können z. B. die Bereitstellung der Infrastruktur oder von Service und Support
sein. So bietet beispielsweise der Webhoster STRATO seinen Kunden mit dem
Erwerb einer Domain-Adresse auch direkt die notwendige Software für einen E-Shop
an. Mit dieser kann ein Betreiber auch ohne Programmierkenntnisse schnell und
einfach seine Produkte online verkaufen. Eine weitere Kernüberlegung vor der Aus-
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Lektion 3
57
E-Marketplace
lagerung bestimmter Anwendungen sollte das Thema Datenschutz sein. Etwa im
Hinblick auf sensible Kundendaten muss der E-Shop-Betreiber sichergehen, dass
die Datensicherheit stets gewährleistet ist (vgl. Kollmann 2016, S. 255).
• Partner-Modell: Bei diesem Modell gibt das Unternehmen nicht nur einzelne
(Teil-)Komponenten, sondern den gesamten E-Shop-Betrieb an einen externen
Dienstleister ab. Dieser erhält dafür in der Regel eine Erfolgsprovision. Der Produktanbieter
übernimmt lediglich die Content-Erstellung sowie Produktaktualisierungen.
Alle weiteren Aufgaben von der Angebotserstellung bis zur Abrechnung übernimmt
der Dienstleister. Dieser Ansatz eignet sich jedoch nur, wenn sich
Artikeldaten selten ändern, Datenvolumen und Umsatzerwartung relativ gering sind
und der Shop eher als Nebenerwerb gesehen wird. Da sich der Anbieter in eine
große Abhängigkeit begibt, sollte er prüfen, ob der Partner den Anforderungen des
Shops gewachsen ist und den laufenden Betrieb gewährleisten kann (vgl. Kollmann
2016, S. 256ff.; Krause 2000, S. 534).
Partner-Modell
Beim Partner-Modell
wird der gesamte E-
Shop-Betrieb an
einen externen
Dienstleister vergeben.
3.3 Betreiber elektronischer Marktplätze
Marktplätze und Shoppingportale decken in Deutschland bereits ein Drittel des Online-
Marktes ab, in Teilsegmenten sogar bis zu 50 Prozent des Gesamtmarktes (Heinemann
2017, S. 25). Sie gelten als die Gewinner des Online-Handels und es haben sich eine
ganze Reihe innovativer Marktplätze und Shoppingportale herausgebildet. Besonders
erfolgreich sind derzeit Vergleichsportale wie idealo.de, Vermittlungsportale wie Mein-
Auto.de, MyHammer, die Taxi-App „mytaxi“ oder die Personenbeförderungs-App „Uber“.
Auch Vermietungsportale wie renttherunway.com und Reiseportale, etwa booking.com,
trivago oder fluege.de, gehören zu den Profiteuren des E-Commerce. Problematisch für
die großen Reiseanbieter ist bei diesem Trend, dass sie mehr und mehr den Kontakt zu
ihren Endkunden verlieren. Immer mehr Big Player im E-Commerce entdecken das
Marktplatzmodell oder Vermittlungsportale daher für sich selbst. Analog zum
Geschäftsmodell von Amazon wird versucht, den eigenen Bekanntheitsgrad und die
Reichweite an Kooperationspartner zu vermieten. Offene Plattformen wie eBay, Amazon
oder Facebook Connect wachsen derzeit vor allem durch Online-Händler. In Deutschland
forciert momentan in erster Linie die Otto-Group das Markplatzgeschäft, sowohl
als alleinstehende Lösung mit quelle.de als auch über assoziierte Plattformen wie bei
otto.de (vgl. Heinemann 2017, S. 25). Ein weiterer Trend ist das sogenannte Social Shopping.
Dabei werden Elemente von sozialen Netzwerken mit Shoppingaspekten wie Produktbewertungen
oder einer Schnäppchenjagd kombiniert. Dies geschieht über „Social
Bookmarks“ (Internet-Lesezeichen, auf die alle Nutzer der Community zugreifen können).
Marktplätze und Shoppingportale lassen sich nach der Art des Wettbewerbs und der
Intensität ihrer Kundenbeziehung unterscheiden (vgl. Heinemann 2017, S. 123ff.;
Boersma 2014):
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58 Lektion 3
• Shoppingportale stellen Marktplatzformen mit direkter Wettbewerbs- sowie indirekter
Kundenbeziehung dar. Die Portalbetreiber wie Amazon, Otto oder Zalando führen
die Transaktionen aus und verwalten die Kundendaten.
• Die Plattformen von Verbundgruppen wie dem Sportfachhandelverbund Intersport
oder dem Zusammenschluss von Elektrofachgeschäften Euronics stellen Marktplatzformen
mit direkter Wettbewerbs- und direkter Kundenbeziehung dar. Diese
geschlossenen Marktplätze sind in der Regel eine Kombination aus dem zentral von
der Verbundgruppe betriebenen Onlineshop und den dezentralen, individuellen
Shops der Mitglieder.
• Beispiele für Marktplatzformen mit indirekter Wettbewerbs- und direkter Kundenbeziehung
sind das eBay-Auktionsgeschäft sowie virtuelle Marktplätze wie Etsy und
DaWanda, die handgemachte Produkte und Künstlerbedarf anbieten und den Community-Ansatz
verfolgen, oder der eBay-Marktplatz.
• Private Shoppingportale sind meist im Segment der Markenartikel-Schnäppchen
angesiedelt. Sie sind interaktiv, verfolgen den Community-Ansatz und haben ausschließlich
indirekte Wettbewerbs- und Kundenbeziehungen. Beispiele hierfür sind
die Shopping Community vente-privee oder der Shoppingclub brands4friends.
Zum Teil gibt es bei diesen Plattformen Überschneidungen mit Social-Commerce-Plattformen,
welche sich aus einer gleichberechtigten Kombination von E-Commerce und
Social Media zusammensetzen. Dazu gehören Empfehlungsplattformen wie das
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Lektion 3
59
E-Marketplace
Fashion-Portal Polyvore, Abo-Commerce wie von dem Beauty-Unternehmen GLOSSY-
BOX, Re-Commerce-Geschäftsmodelle etwa von reBuy, booklooker oder momox oder
sogenannte Social Selling Communitys wie Etsy, die sich eher auf Menschen als auf
Produkte fokussieren. Club-Shops und Daily-Deal-Sites wie Groupon verkörpern das
Social Bonding, ein Geschäftsmodell, welches auf diversen Rabattangeboten beruht
(vgl. Heinemann 2017, S. 125ff.). Zu den innovativen Portalen mit Marktplatzelementen
gehören auch sogenannte Affiliate Networks. Diese basieren auf dem Prinzip der Vertriebs-
und Netzpartnerschaften zwischen verschiedenen Partnerunternehmen (Affiliates)
über gegenseitige Verlinkung. Die wichtigsten Affiliate-Partner sind Amazon, eBay
oder das Nachrichtenportal T-Online, obwohl alle drei keine Affiliate-Netzwerke im
eigentlichen Sinne betreiben. Diese findet man eher im B2B-Bereich wie etwa bei dem
europäischen Marktführer Awin (vgl. Heinemann 2017, S. 128).
Social-Commerce-
Plattformen
Diese sind eine
gleichberechtigte
Kombination von E-
Commerce und
Social Media.
Das Betreiben eines eigenen Marktplatzes kann vor allem dann lukrativ sein, wenn die
eigene Website häufig frequentiert wird. Von dem ausgeweiteten Angebot profitiert in
der Regel auch das Eigengeschäft. Der Erfolg eines neugegründeten E-Marketplace ist
jedoch keinesfalls ein Selbstläufer. Abgesehen von einer hohen Frequentierung gilt
auch die Spezialisierung des Marktplatzes als Grundvoraussetzung für sein Bestehen
am Markt. Neben eigenen Marktplatzaktivitäten bieten immer mehr Händler ihre Produkte
auf fremden Marktplätzen an. Hierbei sollte allerdings die Zielrichtung klar sein,
etwa die Gewinnung von Neukunden. In den meisten Fällen geht es um den Aufbau
eines weiteren Vertriebskanals (vgl. Heinemann 2017, S. 26).
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60 Lektion 3
Best Practices
Die Erfolgsbeispiele (Best Practices) des Online-Handels variieren je nach Betriebstyp.
Sie entstehen in den unterschiedlichsten Branchen. Bei den Pure Plays dominiert Amazon
ganz klar das Geschehen. Gleich drei deutsche Online-Händler gehören derzeit
europaweit in ihrer jeweiligen Branche zu den erfolgreichsten: Zalando, der Online-Versandhändler
für Schuhe und Mode, Zooplus, Europas führender Online-Händler im
Heimtierbedarf, sowie Thomann, der umsatzstärkste Onlineshop für Musikinstrumente
weltweit (vgl. Heinemann 2017, S. 266ff.). Die größten drei Online-Händler auf dem deutschen
Markt sind Amazon, Otto.de und Zalando. Sie decken gemeinsam fast ein Drittel
des gesamten Markts für physische Güter ab, von Büchern und Kleidung bis zu Möbeln
(EHI/Statista 2016).
Das erfolgreichste Beispiel aus dem kooperierenden Handel ist das Internet-Auktionshaus
eBay. Der Erfolg dieser Business-to-Consumer-Plattform ergibt sich aus einem
„magischen Dreieck aus Marktvolumen, Reichweite und Käuferdemografie“ (Heinemann
2017, S. 275). Die folgende Grafik fasst die wichtigsten Zahlen, Daten und Fakten zu eBay
zusammen:
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Lektion 3
61
E-Marketplace
Ein erfolgreiches Multi-Channel-Konzept betreibt die britische Supermarktkette Tesco.
Der Lebensmitteleinzelhändler macht inzwischen mehr als 30 Prozent seines Umsatzes
mit dem Onlinegeschäft und ist damit der zweitgrößte E-Commerce-Betreiber Großbritanniens.
Zu den sogenannten Best Practices im hybriden Online-Handel gehört das
deutsche Modeunternehmen bonprix. Der Versender ist eines der umsatzstärksten
Tochterunternehmen der Otto Group und erwirtschaftet mehr als 50 Prozent seiner
Erlöse im Ausland. Das Technologieunternehmen Apple belegt mit seinem Gesamtumsatz
im E-Commerce weltweit Platz zwei nach Amazon. Der amerikanische Technologiekonzern
und Hersteller von Endgeräten ist damit das größte Erfolgsbeispiel für den vertikalisierten
Online-Handel. Ein weiteres erfolgreiches Beispiel in dieser Kategorie ist
die Modekette Zara (vgl. Heinemann 2017, S. 276ff.).
Zusammenfassung
Ein elektronischer Marktplatz bezeichnet einen virtuellen Handelsplatz im Internet,
der in erster Linie dazu dient, Angebot und Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen
zusammenzuführen. Die Klassifikation von Marktplätzen erfolgt meistens
nach den folgenden fünf Kriterien: nach dem Betreiber des elektronischen Marktes,
nach unterstützenden Markttransaktionsphasen, nach der Orientierung an der
Branche, nach unterstützenden Marktmechanismen und nach den Ertragsmodellen
der Betreiber.
Je nachdem, welche Seite die entsprechenden Geschäftsprozesse in ihre Systemlösung
integriert, kann zwischen drei Grundmodellen internetbasierter E-Marketplace-Lösungen
unterschieden werden: dem Anbieter-Modell, dem Nachfrager-
Modell sowie dem Makler-Modell.
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62 Lektion 3
Auch beim elektronischen Einkauf lassen sich hinsichtlich der Interaktion zwischen
dem beschaffenden Unternehmen und den Lieferanten drei grundlegende Marktmodelle
unterscheiden. Dies sind entweder vom Anbieter (Sell Side) oder vom
Nachfrager (Buy Side) gesteuerte Plattformen bzw. Marktplätze, die von einer neutralen
dritten Instanz betrieben werden.
E-Shop steht allgemein als Begriff für den elektronischen Verkauf von Produkten
bzw. Dienstleistungen durch ein Unternehmen über digitale Netzwerke. Für mögliche
Systemlösungen haben sich folgende drei Grundmodelle etabliert: das Betreiber-Modell,
das Dienstleister-Modell und das Partner-Modell. Während beim Betreiber-Modell
der Aufbau und Betrieb eines E-Shops quasi „aus einer Hand“ erfolgt,
kommt im Rahmen des Dienstleister-Modells für den physischen Betrieb einer
Website auch Outsourcing infrage. Eine spezielle Form des Outsourcings ist die Auslagerung
der Software, das sogenannte Application Service Providing (ASP). Bei
einem Partner-Modell werden nicht nur eine oder mehrere (Teil-)Komponenten an
einen Dienstleister vergeben, sondern gleich der gesamte E-Shop-Betrieb.
Marktplätze und Shoppingportale gelten als die Gewinner des Online-Handels. In
den letzten Jahren sind eine Vielzahl innovativer Geschäftsmodelle entstanden.
Zum Teil gibt es bei diesen Plattformen Überschneidungen mit Social-Commerce-
Plattformen, welche sich aus einer gleichberechtigten Kombination von E-Commerce
und Social Media zusammensetzen.
Die Erfolgsbeispiele (Best Practices) des Online-Handels variieren je nach Betriebstyp.
Sie stammen aus den unterschiedlichsten Branchen.
Wissenskontrolle
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Lektion 4
Rechtliche Rahmenbedingungen des E-
Commerce
LERNZIELE
Nach der Bearbeitung dieser Lektion werden Sie wissen, …
…
…
…
…
…
welche die wichtigsten gesetzlichen Vorschriften für sogenannte Telemedien sind.
welche rechtlichen Anforderungen es für Diensteanbieter im Internet gibt.
was beim Thema Datenschutz im E-Commerce zu beachten ist.
ob und wann Anbieter von Telemediendiensten haften müssen.
wie Marken- und Wettbewerbsrecht im Online-Handel geschützt und umgesetzt werden.
DL-D-BWEC01-01-L04
64 Lektion 4
4.
Rechtliche Rahmenbedingungen des E-
Commerce
Einführung
Privatrecht und
Öffentliches Recht
Im Internetrecht
kommen sowohl Privatrecht
als auch
Öffentliches Recht
zur Anwendung.
Leider gibt es kein einzelnes Regelwerk, welches alle rechtlichen Vorgaben zum Internetrecht
zusammenfassen würde. Je nach Sachverhalt und Geschäftsmodell müssen in
Deutschland verschiedene Gesetze herangezogen werden. Sowohl Privatrecht als auch
Öffentliches Recht kommen dabei zur Anwendung. Da im E-Commerce häufig grenzüberschreitend
Verträge geschlossen werden, ist auch die Frage der Gerichtszuständigkeit
zu klären. Innerhalb der EU wird zwischen dem Herkunftslandprinzip und dem
Marktortprinzip unterschieden. Beim Herkunftslandprinzip gilt das jeweilige Recht des
Landes, in welchem der Diensteanbieter seinen Unternehmenssitz hat. Kommt das
Marktortprinzip zur Anwendung, gilt das Recht des Landes, in dem der Verbraucher sich
gewöhnlich aufhält. Welches der beiden Prinzipien Anwendung findet, hängt von dem
betroffenen Rechtsgebiet ab. Außerhalb der EU kommt das Herkunftslandprinzip nicht
zum Tragen.
Gesetzgebendes Organ können grundsätzlich die EU, der Bund bzw. in Ausnahmefällen
auch einzelne Bundesländer sein. EU-Richtlinien müssen von den Mitgliedsstaaten in
nationales Recht umgewandelt werden. EU-Verordnungen haben unmittelbare Gesetzesqualität.
Da das Internet kein rechtsfreier Raum ist, gelten selbstverständlich auch
für den Bereich E-Commerce die allgemeinen Rechtsgrundlagen wie etwa Bürgerliches
Gesetzbuch (BGB), Handelsgesetzbuch (HGB), Gewerbeordnung (GewO), Urheberrechtsgesetz
(UrhG) oder Strafgesetzbuch (StGB). Für den elektronischen Handel gelten darüber
hinaus gesonderte Bestimmungen, insbesondere …
• … das Telemediengesetz (TMG),
• das E-Commerce- und Fernabsatzrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB),
• das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB),
• das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG),
• das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG),
• die Preisangabenverordnung (PAngV) und
• das Vertrauensdienstegesetz (VDG).
Der erste Teil dieser Lektion befasst sich mit einem der wichtigsten Regelwerke zum
Internetrecht, den Bestimmungen des Telemediengesetzes (TMG).
Da immer mehr Unternehmen Geschäfte über das Internet abwickeln und dafür personenbezogene
Daten verarbeiten, kommt dem Thema Datenschutz im E-Commerce eine
große Bedeutung zu. Diesbezügliche gesetzliche Vorgaben werden im zweiten Teil der
Lektion beleuchtet.
Anschließend wird aufgezeigt, wann Anbieter für gesetzeswidrige Inhalte von sogenannten
Telemediendiensten haften.
Der letzte Teil dieser Lektion geht auf die gesetzlichen Regelungen zum Schutz von Marken-
und Wettbewerbsrecht im Electronic Business ein.
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Lektion 4
65
Rechtliche Rahmenbedingungen des E-Commerce
4.1 Anforderungen des Telemediengesetzes
Viele wichtige Vorgaben zum Internetrecht sind im Telemediengesetz (TMG) geregelt.
Der Oberbegriff „Telemedien“ steht für elektronische Informations- und Kommunikationsdienste
und setzt sich aus den Begriffen „Teledienste“ und „Mediendienste“ zusammen.
Damit sind nahezu alle Internetangebote bzw. Diensteanbieter gemeint: Webshops
wie Amazon, Suchmaschinen (z. B. Google), Webmail-Dienste wie GMX oder
WEB.DE, Onlineauktionshäuser (z. B. eBay), Informationsdienste (z. B. zu Wetter- oder
Verkehrshinweisen), Podcasts, Chatrooms, Dating-Communitys und Webportale. Auch
private Websites und Blogs zählen zu den Telemedien. Nicht unter das Telemediengesetz
fällt derzeit Webradio im Live-Streaming-Verfahren (Rundfunkstaatsvertrag/RStV).
Auch die Inhalte von journalistisch-redaktionellen Angeboten sind zusätzlich im RStV
geregelt. Internetfernsehen und Internettelefonie fallen unter das Telekommunikationsgesetz.
Internetangebote, die sowohl unter die Kategorie Telemedien fallen als auch
Telekommunikationsdienstleistungen (z. B. die Bereitstellung von Datenübertragungsmöglichkeiten)
beinhalten, unterliegen sowohl den Regeln des Telemedien- als auch
denen des Telekommunikationsgesetzes.
Telemedien
Das sind elektronische
Informationsund
Kommunikationsdienste.
Das Telemediengesetz ist seit März 2007 in Kraft. Es fasst in einem Gesetz zusammen,
was vorher in drei verschiedenen Vorschriften geregelt war, dem Teledienstegesetz
(TDG), dem Teledienstedatenschutzgesetz (TDDSG) sowie dem Mediendienste-Staatsvertrag
(MdStV).
Das Telemediengesetz beinhaltet u. a. Regelungen zu den folgenden Punkten:
• allgemeine Informationspflichten,
• besondere Informationspflichten bei der kommerziellen Kommunikation,
• Bekämpfung von Spam-Mails,
• Haftung der Dienstebetreiber für gesetzeswidrige Inhalte in Telemediendiensten
sowie
• Datenschutz beim Betrieb von Telemediendiensten und bei der Herausgabe von
Daten.
Allgemeine Informationspflichten (§ 5 TMG)
Wer Waren, Dienstleistungen oder Informationen im Internet anbietet, muss bestimmte
Angaben deutlich sichtbar auf seiner Website darstellen. Diese sogenannte Anbieterkennzeichnungspflicht
besteht für alle Diensteanbieter, die geschäftsmäßig, in der
Regel gegen Entgelt angebotene Telemedien bereithalten. Die Anbieterkennzeichnung
muss leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar sein. Sie sollte
daher eindeutig bezeichnet sein und beispielsweise über den Link „Impressum“ oder
„Kontakt“ platziert werden, sodass ein Nutzer sie ohne Probleme finden kann (ohne zu
scrollen, höchstens zwei Verlinkungen usw., vgl. BGH-Grundsatzurteil vom 20.07.2006).
Dies gilt nicht nur für die eigene Website, sondern auch, wenn der Shop sein Angebot
auf Plattformen von Dritten anbietet. Auch die Unternehmenspräsenz auf Facebook
muss beispielsweise ein vollständiges Impressum enthalten.
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66 Lektion 4
Folgende Angaben müssen laut § 5 TMG enthalten sein:
• Name und Anschrift des Unternehmens,
• bei juristischen Personen zusätzlich die Rechtsform, den Vertretungsberechtigten
und, sofern Angaben über das Kapital der Gesellschaft gemacht werden, das
Stamm- oder Grundkapital sowie, wenn nicht alle in Geld zu leistenden Einlagen
eingezahlt sind, den Gesamtbetrag der ausstehenden Einlagen,
• E-Mail-Adresse, Telefon-/Faxnummer,
• zuständiges Handels-, Vereins-, Partnerschafts- oder Genossenschaftsregister einschließlich
der Registernummer (sofern das Unternehmen in einem dieser Register
eingetragen ist),
• Angaben zur zuständigen Kammer oder Aufsichtsbehörde, sofern die ausgeübte
Tätigkeit einer staatlichen Genehmigung bedarf (z. B. im Maklergewerbe), berufsrechtliche
Angaben bei reglementierten Berufen sowie die gesetzliche Berufsbezeichnung
und den Staat, in dem die Berufsbezeichnung verliehen worden ist,
• sofern vorhanden, die Umsatzsteuer-Identifikations-Nummer (USt-IdNr.) oder die
Wirtschafts-Identifikationsnummer,
• Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien und Gesellschaften mit
beschränkter Haftung, die sich in Abwicklung oder Liquidation befinden, müssen
dies angeben.
Besondere Informationspflichten bei kommerziellen Kommunikationen (§ 6
TMG)
Kommerzielle Kommunikation
Kommerzielle Angebote
und Werbung
müssen eindeutig
als solche zu erkennen
sein.
Unter kommerzielle Kommunikation fallen sämtliche Formen von Werbung, Schleichwerbung,
Spam-Mails, Sponsoring, Verkaufsförderung und Öffentlichkeitsarbeit, soweit
es sich nicht lediglich um Informationen über Waren ohne finanzielle Gegenleistungen
handelt. Diesbezüglich macht das TMG folgende Vorgaben:
• Kommerzielle Kommunikationen müssen klar als solche zu erkennen sein.
• Die natürliche oder juristische Person, in deren Auftrag kommerzielle Kommunikation
erfolgen soll, muss klar identifizierbar sein.
• Angebote zur Verkaufsförderung wie Preisnachlässe, Zugaben und Geschenke müssen
klar als solche erkennbar sein und die Bedingungen für die Inanspruchnahme
müssen leicht zugänglich, klar und eindeutig sein.
• Preisausschreiben oder Gewinnspiele mit Werbecharakter müssen klar als solche
erkennbar und die Teilnahmebedingungen leicht zugänglich sein sowie klar und
unzweideutig angegeben werden.
• Werden kommerzielle Kommunikationen per elektronischer Post versandt, darf in
der Kopf- und Betreffzeile weder der Absender noch der kommerzielle Charakter der
Nachricht verschleiert oder verheimlicht werden. Ein Verschleiern oder Verheimlichen
liegt dann vor, wenn Kopf- und Betreffzeile absichtlich so gestaltet sind, dass
der Empfänger vor Einsichtnahme in den Inhalt der Kommunikation keine oder irreführende
Informationen über die tatsächliche Identität des Absenders oder den
kommerziellen Charakter der Nachricht erhält.
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Lektion 4
67
Rechtliche Rahmenbedingungen des E-Commerce
Jeder Diensteanbieter im Internet sollte seine Angaben gewissenhaft machen und sorgfältig
kontrollieren. Denn ungenügende oder falsche Angaben werden nach dem Telemediengesetz
mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro geahndet.
4.2 Datenschutz beim Betrieb von Telemediendiensten
Der elektronische Handel von Waren und Dienstleistungen im E-Commerce erfordert in
der Regel die Verwendung personenbezogener Daten (z. B. Name, Adresse, Geburtsdatum,
E-Mail-Adresse, Kontodaten), etwa bei der Auslieferung oder beim Zahlungseinzug
vom Konto des Bestellers. Gleichzeitig haben verschiedene Datenskandale in den vergangenen
Jahren die Sensibilität von Nutzern, Unternehmen, aber auch des Gesetzgebers
beim Thema Datenschutz verstärkt. Es gibt daher eine ganze Reihe von gesetzlichen
Vorschriften. Um ihre Kunden nicht zu verunsichern und schlimmstenfalls zu
verlieren, sollten Unternehmen die gesetzlichen Vorgaben vollständig umsetzen. Die
größtmögliche Transparenz im Umgang mit personenbezogenen Daten ist eine wichtige
vertrauensbildende Maßnahme gegenüber dem Kunden.
Grundsätzlich ist das Recht auf informationelle Selbstbestimmung schon im allgemeinen
Persönlichkeitsrecht des Grundgesetzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1
Abs. 1 GG) verankert. Darunter ist zu verstehen, dass der Einzelne selbst über Preisgabe
und Verwendung seiner Daten bestimmen kann und dafür seine Einwilligung erforderlich
ist. Lediglich andere grundrechtsgleiche Rechte rechtfertigen die Verwendung ohne
seine Einwilligung (vgl. Taeger/Kremer 2017, S. 249). Als wichtigstes Gesetz regelte bisher
das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) die Voraussetzungen für die Erhebung, Weitergabe
und Verarbeitung von Daten. Dieses Gesetz soll den Einzelnen davor schützen,
dass er durch den Umgang mit seinen personenbezogenen Daten in seinem Persönlichkeitsrecht
beeinträchtigt wird. Das BDSG wird am 25.05.2018 durch die rechtlich bindende
EU-Verordnung DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung) abgelöst. Das heißt, in
allen Mitgliedsstaaten der EU gilt dann ein einheitliches Datenschutzrecht. Ergänzt wird
die Verordnung im deutschen Recht durch das BDSG 2018, welches nationale Sonderregelungen
im Datenschutzrecht enthält. Die DSGVO gilt sowohl für Unternehmen als
auch für Behörden.
Für Diensteanbieter innerhalb der Europäischen Union zählt zunächst das Niederlassungsprinzip
(Art. 3 Abs. 1 DSGVO). Dabei ist der Ort der Niederlassung und nicht der
Ort der Datenverarbeitung von Bedeutung. Befinden sich Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter
des Diensteanbieters außerhalb der EU, wird jedoch das Marktortprinzip
angewandt. Die Bestimmungen gelten also trotzdem, wenn sich die von der Verarbeitung
personenbezogener Daten betroffenen Personen in der EU befinden (Art. 3
Abs. 2 DSGVO). Die DSGVO hat subsidiären Charakter, d. h., sie gilt lediglich dort, wo
nicht bereits speziellere Regelungen getroffen sind (vgl. Taeger/Kremer 2017, S. 251).
DSGVO
Mit der DSGVO
(Datenschutz-Grundverordnung)
wird das
Datenschutzrecht
innerhalb der EU
vereinheitlicht und
ausgeweitet.
Die wichtigsten Spezialgesetze im E-Commerce sind das Telemediengesetz sowie das
Telekommunikationsgesetz (TKG). Der vierte Abschnitt des Telemediengesetzes mit den
§§ 11–15a TMG regelt den Bereich Datenschutz. Besonders wichtig ist § 13 TMG. Dieser
legt fest, dass der Diensteanbieter den Nutzer zu Beginn des Nutzungsvorgangs über
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68 Lektion 4
Datenschutzerklärung
Die Datenschutzerklärung
muss von
überall auf der Website
erkenn- und
aufrufbar sein.
Art, Umfang und Zweck der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten sowie
über die Verarbeitung seiner Daten in allgemein verständlicher Form zu unterrichten
hat. Diese Datenschutzerklärung muss als einzelner Punkt von überall auf der Website
erkenn- und aufrufbar sein. Ein weiterer wichtiger Grundsatz im Datenschutz ist das
sogenannte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Dies bedeutet, dass ein Nutzer ausdrücklich
seine Einwilligung für jegliche Verarbeitung seiner Daten geben muss (vgl. Taeger/
Kremer 2017, S. 253). Sollen beispielsweise Daten zu Werbezwecken an Dritte weitergeleitet
werden, muss der Nutzer ausdrücklich in die Verwendung seiner Daten einwilligen.
Dies gilt auch für die Speicherung von Daten über die Dauer des vorher festgelegten
Zweckes (z. B. Warenbestellung) hinaus. Eine einmal gegebene Einwilligung muss
jederzeit widerrufbar sein.
Cookies
Diensteanbieter
müssen den Nutzer
über die Verwendung
von Cookies
oder Tracking-Tools
informieren.
Apps
Auch Apps müssen
eine Datenschutzerklärung
enthalten.
Zu den personenbezogenen Daten gehört auch die IP-Adresse. Deshalb müssen Diensteanbieter
die Nutzer auch über die Analyse von Websites, z. B. mithilfe von Cookies
und speziellen Analyse- oder Tracking-Tools, informieren und über die erhobenen
Daten und deren Verwendung unterrichten (vgl. Taeger/Kremer 2017, S. 256ff.).
Auch Apps für mobile Anwendungen wie Smartphones oder Tablets zählen zu den Telemediendiensten.
Sobald mit einer App personenbezogene Daten verarbeitet werden,
muss der App-Anbieter eine Datenschutzerklärung vorhalten. Diese muss auch innerhalb
der App jederzeit leicht ab- und aufrufbar sein. Praktisch kommt kein App-Anbieter
um eine Datenschutzerklärung herum, denn Google und Apple haben diese für
ihren jeweiligen App-Store zur verpflichtenden Vorgabe gemacht (vgl. Taeger/Kremer
2017, S. 257ff.).
Um die Einhaltung der Datenschutzregeln zu gewährleisten, sind Unternehmen, die personenbezogene
Daten verarbeiten, unter bestimmten Umständen verpflichtet, einen
betrieblichen Datenschutzbeauftragten zu bestellen.
Fehlende oder mangelhafte Datenschutzerklärungen können gemäß TMG mit bis zu
50.000 Euro bestraft werden. Verstöße gegen die DSGVO können sogar Geldbußen in
Höhe von bis zu 20 Millionen Euro beziehungsweise vier Prozent des weltweiten Vorjahresumsatzes
eines Unternehmens nach sich ziehen.
4.3 Haftung für gesetzeswidrige Inhalte in
Telemediendiensten
Die §§ 7 bis 10 TMG regeln die Fragen der Verantwortlichkeit bei der Haftung beziehungsweise
die Haftungsprivilegierungen für Diensteanbieter von Telemedien. Diese
Regelungen haben allerdings nur die Funktion, festzustellen, ob eine Verantwortlichkeit
vorliegt. Sie dienen sozusagen als Vorfilter. Haftet der betroffene Diensteanbieter, kommen
die allgemeinen Regeln aus Zivil- und Strafrecht zur Anwendung (vgl. Taeger/
Kremer 2017, S. 263). Die folgende Übersicht soll diese Funktion verdeutlichen:
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Lektion 4
69
Rechtliche Rahmenbedingungen des E-Commerce
Haftungsprivilegien nach dem TMG
Um festzustellen, ob Haftungsprivilegien für Diensteanbieter vorliegen, muss man
zunächst die verschiedenen Arten von Diensteanbietern (Provider) unterscheiden. Denn
die Voraussetzungen für Haftungsprivilegierungen hängen vom jeweiligen Typ des
Diensteanbieters ab. Das TMG differenziert zwischen vier verschiedenen Typen (vgl. Taeger/Kremer
2017, S. 265ff.):
• Contentprovider (§ 7 Abs. 1 TMG): Diensteanbieter, die eigene Informationen zur Nutzung
bereithalten.
• Accessprovider (§ 8 Abs. 1 S. 1 TMG): Diensteanbieter, die fremde Informationen in
einem Kommunikationsnetz übermitteln oder zu denen sie den Zugang zur Nutzung
übermitteln.
• Cacheprovider (§ 9 S. 1 TMG und § 8 Abs. 2 TMG): Diensteanbieter, die Informationen
automatisch, zeitlich begrenzt zwischenspeichern, wenn dies allein dem Zweck
dient, die Übermittlung fremder Informationen an andere Nutzer auf deren Anfrage
effizienter zu machen.
• Hostprovider (§ 10 S. 1 TMG): Diensteanbieter, die fremde Informationen für einen
Nutzer speichern.
Haftungsprivilegien
Ob Voraussetzungen
für Haftungsprivilegien
vorliegen, hängt
vom Typ des Diensteanbieters
ab.
Da der Contentprovider für alle eigenen Inhalte haftet, die er zur Verfügung stellt, gelten
für ihn keine Haftungsprivilegierungen, wenn er beispielsweise gewaltverherrlichende
Videos veröffentlicht oder gegen das Urheberrecht verstößt. Bei der Beurteilung
wird noch unterschieden, ob es sich um eine deliktische Haftung wegen Rechtsverletzungen
oder um eine deliktische Haftung wegen eines inhaltlichen Fehlers handelt
(z. B. eine fehlerhafte Gebrauchsanleitung). Auch Nutzer von sozialen Netzwerken wie
Facebook oder Twitter haften für eigene strafbare Inhalte auf ihrem Profil. Wer sich
fremde Inhalte zu eigen macht, ohne dies zu kennzeichnen bzw. diese Inhalte mit seinem
Logo versieht, kann dafür ebenfalls (zumindest zum Teil) haftbar gemacht werden.
Contentprovider
Der Contentprovider
haftet für alle eigenen
Inhalte, die er
zur Verfügung stellt.
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70 Lektion 4
Ein Verlinken auf eine fremde Website ohne spezielle Befürwortungs-Hinweise oder
das Teilen von Inhalten auf sozialen Netzwerken wie Facebook gelten dagegen nicht
ohne Weiteres als zu eigen gemachte Inhalte (vgl. Taeger/Kremer 2017, S. 265ff.).
Hostprovider
Der Hostprovider
haften nicht für die
Inhalte ihrer Nutzer,
wenn sie keine
Kenntnis haben bzw.
unverzüglich tätig
werden.
Accessprovider und
Cacheprovider
Der Accessprovider
und Cacheprovider
haben das geringste
Haftungsrisiko.
Zu den Hostprovidern zählen beispielsweise Soziale Netzwerke wie Facebook, XING
oder Instagram. Da diese nicht verantwortlich für die gespeicherten Inhalte ihrer Nutzer
sind, gelten für diesen Typ von Diensteanbietern Haftungsprivilegierungen. Allerdings
kommen diese nur zum Tragen, wenn die Anbieter keine Kenntnis von der rechtswidrigen
Handlung oder der Information haben bzw. unverzüglich tätig geworden sind, um
diese Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren, sobald sie Kenntnis
davon erlangt haben (in einer den Umständen nach angemessenen Frist). Zu einer
generellen Überwachung der Inhalte seiner Nutzer im Hinblick auf Rechtsverstöße ist
der Host-Provider allerdings nicht verpflichtet. Wenn der Nutzer dem Diensteanbieter
untersteht (Einflussmöglichkeit, z. B. bei Arbeitnehmern) oder von ihm beaufsichtigt
wird (Aufsichtspflicht, z. B. bei Schülern), ist keine Haftungsbefreiung möglich. Die
Nachweispflicht liegt beim Betroffenen. In der Praxis ist es nicht immer einfach zu
beurteilen, wo Rechtsverletzungen vorliegen, die eine entsprechende Sperrung oder
Löschung von Inhalten rechtfertigen (vgl. Taeger/Kremer 2017, S. 267ff.).
Unter den Typ der Accessprovider fallen z. B. Anbieter von Servern wie Strato/1&1, aber
auch Diensteanbieter, die am generellen Internetzugang mitwirken, wie die Domain-
Registrierungsstelle DENIC eG. Da diese weder eigene Inhalte veröffentlichen noch
fremde Inhalte speichern, haben sie das geringste Haftungsrisiko. Ausschlaggebend
hierfür ist, dass der Provider keinen Einfluss auf die Informationen selbst, deren Übermittlung
bzw. die Adressaten der Übermittlung ausübt. Arbeitet er dagegen mit einem
Nutzer seines Dienstes zusammen, um rechtswidrige Handlungen zu begehen (Vorsatz
oder Absicht), entfällt die Haftungsbefreiung. Wie der Hostprovider ist auch der Access-
Provider nicht zu einer proaktiven Überwachung der Inhalte seiner Nutzer im Hinblick
auf Rechtsverstöße verpflichtet. Allerdings besteht in Ausnahmefällen eine Sperrungsoder
Löschungspflicht (vgl. Taeger/Kremer 2017, S. 273ff.).
Die Zwischenspeicherung von Daten durch Cacheprovider erfolgt beispielsweise über
eine sogenannte Proxy-Infrastruktur. Dabei stellt der Provider seinen Server zur Verfügung,
um bereits vom Internetnutzer abgerufene Informationen für dessen verkürzten
Zugriff zeitlich begrenzt zur Verfügung zu stellen. Auch für diesen Provider-Typ gelten
Haftungsprivilegierungen, die wiederum aufgehoben werden, wenn der Provider
gemeinsam mit einem Nutzer zu einer Rechtsverletzung beiträgt. In der Praxis spielt der
Cacheprovider in Haftungsfragen gegenüber den anderen Provider-Typen aber eher
eine untergeordnete Rolle (vgl. Taeger/Kremer 2017, S. 276ff.).
Haftung bei Rechtsverletzungen durch Telemediendienste
Bei Rechtsverletzungen durch Telemediendienste ist im ersten Schritt zu klären, ob sich
der Diensteanbieter, der beispielsweise gegen das Marken-, Namens-, Wettbewerbs-,
Urheber- oder Jugendschutzrecht verstößt, auf Haftungsprivilegierungen berufen kann.
Kann er dies nicht, ist im nächsten Schritt zu klären, ob und nach welchen allgemeinen
Gesetzen er dafür haften muss. Bei der Frage der Verantwortlichkeit wird zwischen Täter
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Lektion 4
71
Rechtliche Rahmenbedingungen des E-Commerce
und Teilnehmer unterschieden. Wer einen Rechtsverstoß selbst verursacht, haftet als
Täter. Enthält beispielsweise eine Domain fremde Namen, muss sich der Domain-Inhaber
gegebenfalls namens-, marken- und wettbewerbsrechtlich verantworten. Wer
andere bewusst zu einer Rechtsverletzung anstiftet (auch wenn er an der Tat selber gar
nicht mitwirkt) oder der Beihilfe beschuldigt wird, haftet als Teilnehmer. Begehen mehrere
Täter gemeinsam eine Rechtsverletzung, haften sie als Mittäter oder Gehilfe. Das
Strafmaß begründet sich in allen diesen Fällen entsprechend der allgemeinen Gesetzesgrundlagen
(BGB und StGB) (vgl. Taeger/Kremer 2017, S. 281).
Täter und Teilnehmer
Bei der Haftung für
eine Rechtsverletzung
wird zwischen
Täter und Teilnehmer
unterschieden.
Für den Bereich des E-Commerce ist auch die sogenannte Störerhaftung von großer
Bedeutung. Hierbei handelt es sich um die Verantwortlichkeit für die Mitwirkung an
einem fremden Rechtsverstoß, ohne mit dem Täter willentlich oder wissentlich kooperiert
zu haben. Der Diensteanbieter haftet erst, wenn er von der Rechtsverletzung
Kenntnis hat. Daraufhin setzen seine Prüfpflichten ein. Um beurteilen zu können, ob ein
Diensteanbieter der Störerhaftung in seinem Telemediendienst unterliegt, ist deshalb
immer zu klären, ob und welche Prüfpflichten er im Hinblick auf Rechtsverletzungen
Dritter treffen muss. Nur wenn der Diensteanbieter gegen diese Prüfpflichten verstößt,
kann der Betroffene die Unterlassung beziehungsweise Beseitigung der Rechtsverletzung
verlangen. Schadenersatzansprüche bestehen nicht (vgl. Taeger/Kremer 2017,
S. 286). Ein prominentes Beispiel der Störerhaftung wurde im Juni 2017 vom deutschen
Bundestag abgeschafft: die Störerhaftung für Anbieter von WLAN-Hotspots.
Störerhaftung
Bei der Störerhaftung
ist zu klären, ob
eine Rechtsverletzung
vorliegt und ob
der Diensteanbieter
gegen seine Prüfpflichten
verstoßen
hat.
Etwas problematisch ist die Frage nach der Verantwortlichkeit beim Setzen von Hyperlinks,
also dem Verweis auf fremde Inhalte, welche möglicherweise Rechtsverletzungen
enthalten. Ebenso umstritten ist die Frage des Urheberrechts. Das TMG enthält keine
Regelungen zu Haftung oder Haftungsprivilegierungen für Hyperlinks. Auch sonst ist
dieses Thema im deutschen oder europäischen Recht nicht ausdrücklich geregelt. Für
Rechtsverletzungen im Zusammenhang mit dem Setzen von Hyperlinks gelten daher
ausschließlich die allgemeinen Gesetze, in erster Linie das Urheberrecht und das Vervielfältigungsrecht.
So bleibt nur die Orientierung an praktischen richterlichen Entscheidungen
der unterschiedlichen Instanzen. Grundsätzlich gilt, dass Inhalte auf
anderen Websites urheberrechtlich geschützt sind und nur mit Zustimmung des Urhebers
verbreitet, kopiert oder verändert werden dürfen. Der Urheber der Inhalte ist
dabei nicht unbedingt der Eigner der Website. Urheberrechtlich geschützte Werke (z. B.
Bücher, Musikstücke, Computerprogramme) dürfen auch im Internet nur mit Zustimmung
des Urhebers verbreitet werden. Unerheblich ist dabei, ob die Verbreitung gegen
Entgelt oder kostenlos erfolgt. Nach einer Grundsatzentscheidung des BGH muss der
Betreiber einer Website nicht für das Setzen von Hyperlinks haften und der Verweis auf
fremde Inhalte ist zunächst ohne urheberrechtliche Relevanz, wenn deutlich zu erkennen
ist, dass hier nicht auf eigene, sondern auf fremde Inhalte verwiesen wird. Ähnlich
verhält es sich bei der Störerhaftung. Allerdings gilt dies nicht pauschal. Im Einzelfall ist
konkret zu prüfen, in welchem Gesamtzusammenhang die Verlinkung steht, welcher Typ
von Link und welche inhaltliche Aussage vorliegen. In jedem Fall ist der Linksetzende
verantwortlich, wenn der rechtswidrige Inhalt auf der verlinkten Seite deutlich erkennbar
ist oder er explizit auf die Rechtswidrigkeit hingewiesen wurde und den Link nicht
umgehend entfernt hat. Eine Ausnahme von der gängigen Rechtsprechungspraxis liegt
beim Setzen eines Links mit Gewinnabsicht vor. Hier besteht für den Linksetzer eine
Nachforschungspflicht (vgl. Taeger/Kremer 2017, S. 289ff.).
Hyperlinks
Die Haftung bei
Hyperlinks ist im
deutschen Recht
nicht eindeutig geregelt.
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72 Lektion 4
4.4 Marken und Wettbewerbsrecht im Bereich E-
Commerce
Im E-Commerce gelten die gleichen rechtlichen Vorschriften für einen fairen und freien
Wettbewerb wie im herkömmlichen Handel auch. Allerdings müssen beim Angebot von
Waren und Dienstleistungen über das Internet einige Besonderheiten beachtet werden,
z. B. bezüglich der geschäftlichen Kommunikation oder bei missbräuchlichen Werbeformen
wie Spam-Mails. Andere wettbewerbsrechtliche Anwendungsgebiete im Internet
sind Domain-Streitigkeiten oder die Manipulation von Suchmaschinenergebnissen.
Häufig kommt es dabei nicht nur zu wettbewerbsrechtlichen Verstößen, sondern auch
zu Rechtsverletzungen im Namens- oder Markenrecht.
Markenrecht im E-Commerce
Markengesetz
Das Markengesetz
schützt Marken und
geschäftliche
Bezeichnungen vor
Missbrauch.
Der nationale und internationale Schutz von Markenrechten ist im „Gesetz über den
Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen“, kurz Markengesetz (MarkenG), geregelt.
Es soll Marken und geschäftliche Bezeichnungen vor Missbrauch schützen. Ohne
die Zustimmung des Inhabers dürfen markenrechtlich geschützte Kennzeichen nicht
von Dritten verwendet werden. Dies können beispielsweise sein:
• Bildmarken (Bilder, Abbildungen und Bildelemente),
• Wortmarken (Buchstaben, Zahlen, ganze Wörter),
• Farbmarken (z. B. das Magenta der Deutschen Telekom),
• Hörmarken (akustische Elemente oder Melodien).
Auch Kombinationen beispielsweise aus Wort- und Bildmarken können unter Markenschutz
stehen. Im E-Commerce geht es meistens um Verstöße bei Bild- und Wortmarken
oder um Domain-Streitigkeiten. Registrierte Internet-Domains sind in der Regel
namens- und markenrechtlich geschützt. Wer eine solche Domain identisch oder leicht
abgewandelt verwendet, muss mit Unterlassungs- und Schadenersatzansprüchen des
Rechteinhabers rechnen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Domain bereits genutzt
wird oder nicht.
Verstöße gegen das Markengesetz im Internet führen häufig zu Abmahnungen. Dabei
werden viele Markenrechtsverletzungen unwissentlich und von den Unternehmen
unbeabsichtigt begangen. Vor der unbedarften Anmeldung einer Domain oder der
sonstigen Nutzung von Namen und Markenbezeichnungen sollte daher immer eine
ausführliche Recherche stehen. Auch bei Artikelbeschreibungen, z. B. in Onlineshops,
sollte darauf geachtet werden, dass nicht durch die Nennung von geschützten Produktnamen
eventuell Markenrechte verletzt werden. Ebenso stellt die Werbung mit bekannten
Markennamen für ähnliche bzw. No-Name-Produkte immer eine Markenrechtsverletzung
dar. Neben Abmahnungen können die Rechtsfolgen von
Markenrechtsverletzungen unter anderem Unterlassungs- oder Schadenersatzansprüche
(§ 14 MarkenG) sowie Vernichtungs- oder Rückrufansprüche (§ 18 MarkenG) sein.
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Lektion 4
73
Rechtliche Rahmenbedingungen des E-Commerce
Wettbewerbsrecht im E-Commerce
Ziel der allgemeinen Richtlinien im Wettbewerbsrecht ist es, einerseits zu gewährleisten,
dass Wettbewerb entstehen kann (Kartellrecht), andererseits sollen sie unfaire
(unlautere) Geschäftspraktiken verhindern (Lauterkeitsrecht). Hierzulande wird der
Wettbewerb in erster Linie durch zwei Gesetze gesichert und gefördert: durch das
Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen und durch das Gesetz gegen den unlauteren
Wettbewerb (vgl. Taeger/Kremer 2017, S. 208ff.). Verschiedene EU-Richtlinien, die
jeweils in nationales Recht umgesetzt werden müssen, sollen das Wettbewerbsrecht
innerhalb der Europäischen Union vereinheitlichen.
Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) regelt die wichtigsten kartellrechtlichen
Vorschriften. So sind beispielsweise „Vereinbarungen zwischen Unternehmen
[…] und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung
oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken“, verboten
(§ 1 GWB). Auch die „missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung“
ist verboten (§ 19 GWB). Dabei zählen im E-Commerce weniger unzulässige Unternehmenszusammenschlüsse
zu den spezifischen Kartellproblemen. Vielmehr fallen hierunter
Missbrauchs- und Diskriminierungsmöglichkeiten durch das Ausnutzen technischer
Möglichkeiten, welche den Marktzutritt für neue Wettbewerber oder einen Anbieterwechsel
für Nutzer erschweren und verhindern sollen. Auf Grundlage der Bestimmungen
des GWB kann die Kartellbehörde Untersagungsverfügungen erlassen. Betroffene
Wettbewerber können Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche gegen das marktbeherrschende
Unternehmen geltend machen. Bisherige namhafte Entscheide zu Kartellproblemen
im Internet betrafen eher die Vorbedingungen für E-Commerce: etwa das
faktische Monopol der Deutschen Telekom AG bei Telefonverbindungen im Ortsnetz
oder die ehemals marktbeherrschende Stellung von Microsoft im sogenannten Browser-Krieg
(vgl. Taeger/Kremer 2017, S. 209ff.).
Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
Das GWB regelt die
wichtigsten kartellrechtlichen
Vorschriften.
Das bedeutendste Gesetz im Wettbewerbsrecht ist das Gesetz gegen den unlauteren
Wettbewerb (UWG). Es soll Mitbewerber, Verbraucher sowie sonstige Marktteilnehmer
vor unlauteren geschäftlichen Handlungen schützen (§ 1 Abs. 1 UWG). Dazu gehören
z. B. unwahre oder täuschende Angaben, die andere zu einer geschäftlichen Entscheidung
veranlassen, die sie andernfalls nicht getroffen hätten. Unzulässige geschäftliche
Handlungen gegenüber dem Verbraucher liegen auch dann vor, wenn diese „nicht der
unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche
Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen“ (§ 3 Abs. 2 UWG). Was genau
unter „unlautere geschäftliche Handlungen“ fällt, hat der Gesetzgeber in 30 verschiedenen
Tatbeständen definiert (Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG). Darunter fällt beispielsweise
die Vorgabe, dass Werbung und redaktionelle Texte klar voneinander getrennt und
werbliche Inhalte deutlich gekennzeichnet sein müssen, etwa durch den Zusatz
„Anzeige“. Eine andere unlautere geschäftliche Handlung wäre die Verwendung von
Gütezeichen, Qualitätskennzeichen oder Ähnlichem ohne die erforderliche Genehmigung.
Zur Ergreifung wettbewerbsrechtlicher Schritte muss die unlautere Handlung
allerdings „erheblich“ sein. Bagatellverstöße werden nicht geahndet (vgl. Taeger/Kremer
2017, S. 217).
Gesetz gegen den
unlauteren Wettbewerb
Das UWG soll Mitbewerber
und Verbraucher
vor unlauteren
geschäftlichen
Handlungen schützen.
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74 Lektion 4
Das UWG wird durch verschiedene Nebengesetze ergänzt, etwa die Preisangabenverordnung
(PAngV), das Ladenschlussgesetz (LadSchlG) oder das bereits mehrfach erwähnte
Telemediengesetz (TMG).
Nicht unter geschäftliche Handlungen im Internet fallen private Websites mit ausschließlich
privaten Informationen, die Mitgliederwerbung von gemeinnützigen Vereinen
und die elektronische Kommunikation mit Behörden (E-Government). Auch private
Verkäufe auf eBay sind davon ausgenommen. Ab wann aus privatem ein geschäftliches
Handeln wird, richtet sich nach Umfang, Dauer und Anlass des Handels sowie nach den
angebotenen Waren. Ein Verkäufer mit dem Status „Powerseller“ bei eBay dürfte dementsprechend
bereits aus geschäftlichen Motiven handeln (vgl. Taeger/Kremer 2017,
S. 213ff.).
Wettbewerbsverstoß
Bei einem Wettbewerbsverstoß
können
u. a. auch Freiheitsstrafen
oder
Geldstrafen verhängt
werden.
Wer wettbewerbswidrig handelt, muss mit Rechtsfolgen wie dem Anspruch auf Beseitigung,
Unterlassung, Schadenersatz oder Auskunftsansprüche beziehungsweise unter
bestimmten Umständen auch einem Gewinnabschöpfungsanspruch rechnen. Darüber
hinaus können bei einem Wettbewerbsverstoß aber auch Freiheits- oder Geldstrafen
verhängt werden, etwa in besonderen Fällen der irreführenden Werbung (vgl. § 16 Abs. 1
UWG), beim Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen (vgl. § 17 UWG) oder in
Fällen unerlaubter Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern (vgl. § 20 UWG).
Anspruchsberechtigt sind gemäß § 8 Abs. 3 UWG direkt betroffene Mitbewerber, Wirtschafts-
und Verbraucherverbände sowie die Industrie- und Handelskammern. Der
Kreis der Anspruchsberechtigten kann sich jedoch in bestimmten Fällen erweitern und
der Rechtsverstoß kann zivilrechtliche Unterlassungs- bzw. Schadenersatzansprüche
nach sich ziehen, die in anderen Gesetzen als dem UWG geregelt sind.
Zusammenfassung
Zur Klärung von Rechtsverletzungen im E-Commerce müssen hierzulande je nach
Sachverhalt und Geschäftsmodell verschiedene Gesetze herangezogen werden. Das
wohl wichtigste Regelwerk zum Internetrecht ist das Telemediengesetz (TMG). Es
regelt sowohl allgemeine Informationspflichten für sogenannte Telemediendienste
wie die Anbieterkennung als auch die Anforderungen bei kommerziellen Kommunikationen.
Es gibt eine ganze Reihe von gesetzlichen Vorschriften zum Umgang mit personenbezogenen
Daten. Aufgrund verschiedener Datenskandale in der letzten Zeit ist das
Thema Datenschutz sowohl für Nutzer und Unternehmen als auch den Gesetzgeber
sehr sensibel geworden. Transparenz im Umgang mit personenbezogenen Daten ist
daher eine wichtige vertrauensbildende Maßnahme gegenüber dem Kunden.
Um festzustellen, ob ein Diensteanbieter nach einer Rechtsverletzung durch seinen
Telemediendienst haftet, muss man zunächst die verschiedenen Typen von Diensteanbietern
unterscheiden: Contentprovider, Accessprovider, Cacheprovider und
Hostprovider. Existieren für den betroffenen Diensteanbieter keine Haftungsbefrei-
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Lektion 4
75
Rechtliche Rahmenbedingungen des E-Commerce
ungen, kommen die allgemeinen Haftungsregeln aus Zivil- und Strafrecht zur
Anwendung. Bei der Frage der Verantwortlichkeit wird zwischen einer Haftung als
Täter und der als Teilnehmer unterschieden. Für den Bereich des E-Commerce ist
auch die sogenannte Störerhaftung von großer Bedeutung.
Das Markengesetz (MarkenG) schützt Marken und geschäftliche Bezeichnungen vor
Missbrauch. Verstöße wie Domain-Streitigkeiten führen häufig zu Abmahnungen.
Das Wettbewerbsrecht soll einerseits gewährleisten, dass Wettbewerb entstehen
kann (Kartellrecht), andererseits soll es unlautere Geschäftspraktiken verhindern
(Lauterkeitsrecht). In Deutschland wird der Wettbewerb in erster Linie durch zwei
Gesetze gesichert und gefördert. Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
(GWB) regelt die wichtigsten kartellrechtlichen Vorschriften. Das Gesetz gegen den
unlauteren Wettbewerb (UWG) ist das bedeutendste Gesetz im Wettbewerbsrecht.
Es soll Mitbewerber, Verbraucher sowie sonstige Marktteilnehmer vor unfairen
geschäftlichen Handlungen schützen. Die Folgen eines Verstoßes gegen das UWG
reichen vom Anspruch auf Beseitigung bis zu Freiheitsstrafen bzw. hohen Geldstrafen.
Verschiedene EU-Richtlinien sollen das Wettbewerbsrecht innerhalb der Europäischen
Union vereinheitlichen.
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Lektion 5
Vertragsschluss im Internet
LERNZIELE
Nach der Bearbeitung dieser Lektion werden Sie wissen, …
…
…
…
…
…
…
welche Rechte Verbraucher im E-Commerce haben.
welche Formvorschriften es für die Allgemeinen Geschäftsbedingungen gibt.
was ein Fernabsatzvertrag ist.
welche Informationspflichten Unternehmen bei Fernabsatzverträgen einzuhalten haben.
wie elektronische Verträge rechtssicher abgeschlossen werden.
wann eine elektronische Signatur rechtskräftig ist.
DL-D-BWEC01-01-L05
78 Lektion 5
5. Vertragsschluss im Internet
Einführung
Immer mehr Verträge werden über das Internet abgeschlossen. Das gilt sowohl für
Geschäfte mit Verbrauchern (B2C) als auch für Geschäfte zwischen Unternehmen (B2B).
Dabei gibt es einige rechtliche Besonderheiten bezüglich Vertragsanbahnung und Vertragsabschluss
zu beachten. Außerdem ist es ein rechtlicher Unterschied, ob Verträge
per E-Mail oder direkt über die Website bzw. per App abgeschlossen werden und ob
dies über mobile Endgeräte geschieht. Diese Lektion befasst sich mit den praktischen
Fragen des Vertragsabschlusses im Online-Handel. Der erste Teil widmet sich einem
wichtigen Vertragsbestandteil: den Allgemeinen Geschäftsbedingungen.
Häufig kommen Verträge im E-Commerce ohne persönlichen Kontakt der beiden Vertragsparteien
zustande. Diesbezügliche Aspekte zum Schutz des Verbrauchers regelt
das Fernabsatzrecht. Welche Informationspflichten beispielsweise Unternehmen bei
Fernabsatzverträgen haben, vertieft der zweite Teil dieser Lektion.
Viele rechtliche Vorgaben im Zusammenhang mit Fragen des Verbraucherschutzes im E-
Commerce sind im Rahmen von EU-Richtlinien geregelt. Der dritte Teil gibt einen Überblick
zu EU-Richtlinien bei den Themen Widerrufsrecht und der Einführung von Verbraucherschlichtungsstellen.
Im vierten Teil geht es um die rechtlichen Bestimmungen und Formvorgaben zu elektronischen
Signaturen beim Abschluss elektronischer Verträge.
5.1 Einbeziehung von Allgemeinen
Geschäftsbedingungen
Für Geschäftsprozesse, die über das Internet angebahnt, abgeschlossen und abgewickelt
werden, etwa den Online-Vertragsschluss oder die Abwicklung per Software-
Download, gelten in der Regel die Bestimmungen des BGB bzw. Bundesdatenschutzgesetzes
(BDSG). Auch die Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB) sowie
Formvorgaben zur Kommunikation im elektronischen Geschäftsverkehr sind im BGB
geregelt (vgl. Taeger/Kremer 2017, S. 6).
Zur Vereinfachung von Internetverträgen legen Unternehmen in der Regel standardisierte
AGB zugrunde. „Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von
Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender)
der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt“ (§ 305 Abs. 1 S. 1 BGB).
Als „Vielzahl“ gilt gemäß gängiger Rechtsprechung, wenn bei ihrer Vorformulierung mindestens
eine drei- bis fünfmalige Verwendung geplant war. Der Nutzer muss diese Vertragsbedingungen
im Normalfall beim Vertragsabschluss akzeptieren. Werden die Vertragsbedingungen
dagegen individuell mit dem Vertragspartner ausgehandelt, spricht
man von Individualvereinbarungen (§ 305 Abs. 1 S. 3 BGB). Bei Internetverträgen kommt
dies allerdings, wenn überhaupt, hauptsächlich im B2B-Bereich vor.
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Lektion 5
79
Vertragsschluss im Internet
Die Wirksamkeit der AGB setzt voraus, dass der Anbieter beim Vertragsabschluss ausdrücklich
auf deren Geltung hinweist. Der Hinweis muss so platziert sein, dass er auch
beim flüchtigen Lesen nicht übersehen werden kann (vgl. Taeger/Kremer 2017, S. 54).
Dies kann z. B. durch einen farblich markierten oder unterstrichenen Link oberhalb des
Bestellbuttons geschehen. Ein effektiverer Nachweis ist allerdings eine protokollierte
Bestätigung, z. B. per Häkchen über eine zu aktivierende Checkbox. Werden die AGB im
Volltext in Scrollboxen angezeigt, dürfen diese nicht zu klein sein (OLG Frankfurt). Unzulässig
ist ebenso, wenn diese kürzer als sechs Zeilen sind (LG Frankfurt) (vgl. Hoeren
et al. 2017, S. 105). Gemäß § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB muss der Verbraucher bei einer Bestellung
über das Internet bei Vertragsabschluss die Möglichkeit der „zumutbaren Kenntnisnahme“
haben. Dafür genügt es, wenn die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des
Anbieters über einen auf der Bestellseite gut sichtbaren Link aufgerufen und ausgedruckt
werden können (BGH, AG Chemnitz) (vgl. Hoeren et al. 2017, S. 106). Bietet ein
Unternehmen die Möglichkeit einer mobilen Ansicht seiner Website, muss es bei einem
Vertragsabschluss per Smartphone oder Tablet auch eine mobile Version der AGB
bereithalten. Bei internationalen Geschäften kann die Sprache die Kenntnisnahme
erschweren. Hier gilt, dass die AGB nicht in der Muttersprache des Kunden, sondern
lediglich in der Sprache verfasst sein müssen, in der die Bestellung getätigt wurde (vgl.
Taeger/Kremer 2017, S. 57ff.).
Wirksamkeit der AGB
Unzulässige AGB-
Klauseln sind
unwirksam und können
abgemahnt werden.
Die Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nicht verpflichtend. Wenn keine
Vereinbarungen getroffen werden, gelten die gesetzlichen Regelungen wie etwa das
BGB (vgl. Hoeren et al. 2017, S. 151).
AGB-Klauseln, die Bestandteil eines Verbrauchervertrags geworden sind, unterliegen
einer strengen Inhaltskontrolle (§§ 307–309 BGB). Das BGB regelt auch, wann Allgemeine
Geschäftsbedingungen unwirksam sind (§§ 307–310 BGB), d. h. zu stark von den gesetzlichen
Vorgaben abweichen. Unzulässig sind AGB beispielsweise, wenn sie den Verbraucher
benachteiligen oder missbräuchliche Klauseln enthalten. Unzulässige AGB sind
gemäß EuGH-Entscheid unwirksam und können abgemahnt werden. Wenn ein Unternehmen
unwirksame AGB weiterverwendet, kann außerdem auf Unterlassung geklagt
werden (vgl. Taeger/Kremer 2017, S. 59).
Im B2B-Geschäft werden an den Vertragspartner höhere Anforderungen für das Abrufen
und die Überprüfung von AGB gestellt als beim Vertragsabschluss mit einem Verbraucher.
Haben beide Vertragspartner voneinander abweichende AGB, werden nur diejenigen
Teile zum Vertragsbestandteil, die miteinander übereinstimmen. Die meisten
Bestimmungen entsprechen denen von Verbraucherverträgen. Allerdings werden im
Streitfall immer die unternehmerischen Besonderheiten einbezogen (vgl. Taeger/
Kremer 2017, S. 60ff.).
5.2 Informationspflichten bei Fernabsatzverträgen
Das Fernabsatzrecht dient dem Schutz des Verbrauchers im elektronischen Geschäftsverkehr.
Es basiert auf einer EU-Richtlinie, welche zum Ziel hat, die Verbraucherrechte
für Internet und E-Commerce in der gesamten EU zu vereinheitlichen. Die Vorschriften
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80 Lektion 5
Fernabsatzverträge
Dies sind Verträge,
die über Fernkommunikationsmittel
zustande kommen.
und Anwendungsbereiche sind im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt. § 312c BGB definiert
Fernabsatzverträge als „Verträge, bei denen der Unternehmer oder eine in seinem
Namen oder Auftrag handelnde Person und der Verbraucher für die Vertragsverhandlungen
und den Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwenden“.
Ein Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken
abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen
beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können (§ 13 BGB). Dementsprechend kann
auch ein Selbstständiger als Verbraucher Geschäfte tätigen, es kommt eben auf den
konkreten Zweck an, für den er die Ware erwirbt. Ein Unternehmer ist hingegen, wer bei
Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung seiner gewerblichen oder selbstständigen
beruflichen Tätigkeit handelt (§ 14 BGB).
Fernkommunikationsmitteln
Zu den Fernkommunikationsmitteln
zählen nicht nur
elektronische
Dienste.
Zu den Fernkommunikationsmitteln zählen nicht nur elektronische Kommunikationsmittel,
sondern „alle Kommunikationsmittel, die zur Anbahnung oder zum Abschluss
eines Vertrags eingesetzt werden können, ohne dass die Vertragsparteien gleichzeitig
körperlich anwesend sind“. Dazu gehören z. B. Briefe, Kataloge, Telefonanrufe, E-Mails,
SMS sowie Rundfunk und Telemedien. Ein Händler, der seine Waren normalerweise in
seinem Laden verkauft und nur ausnahmsweise telefonische Bestellungen annimmt,
fällt dagegen nicht unter das Fernabsatzrecht. Einige Arten von Rechtsgeschäften sind
generell vom Fernabsatzrecht ausgenommen. Dies sind gemäß § 312 Abs. 2 Nr. 1 bis
Nr. 13 BGB beispielsweise …
• … notariell beurkundete Verträge,
• Verträge über die Begründung, den Erwerb oder die Übertragung von Eigentum oder
anderen Rechten an Grundstücken,
• Verträge über den Bau von neuen Gebäuden oder erhebliche Umbaumaßnahmen an
bestehenden Gebäuden,
• Verträge über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen (§ 651a),
• Verträge über die Personenbeförderung,
• Verträge über Teilzeit-Wohnrechte, langfristige Urlaubsprodukte, Vermittlungen und
Tauschsysteme (§§ 481 und 481b BGB),
• Behandlungsverträge (§ 630a BGB),
• Verträge über die Lieferung von Lebensmitteln, Getränken und sonstigen Haushaltsgegenständen
des täglichen Bedarfs, die am Wohnsitz, am Aufenthaltsort oder am
Arbeitsplatz eines Verbrauchers im Rahmen häufiger und regelmäßiger Fahrten
geliefert werden,
• Verträge, die unter Verwendung von Warenautomaten oder automatisierten
Geschäftsräumen geschlossen werden,
• Verträge, die mit Betreibern von Telekommunikationsmitteln mithilfe öffentlicher
Münz- und Kartentelefone zu deren Nutzung geschlossen werden,
• Verträge zur Nutzung einer einzelnen von einem Verbraucher hergestellten Telefon-,
Internet- oder Telefaxverbindung,
• außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge, die sofort erfüllt werden
und das vom Verbraucher zu zahlende Entgelt von 40 Euro nicht überschreiten,
• Verträge über den Verkauf von beweglichen Sachen aufgrund von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen
oder anderen gerichtlichen Maßnahmen und
• Verträge zur Erbringung sozialer Dienstleistungen.
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Lektion 5
81
Vertragsschluss im Internet
Ein Fernabsatzvertrag ist ein sogenanntes Distanzgeschäft, d. h., die beiden Vertragsparteien
stehen zu keinem Zeitpunkt in persönlichem Kontakt. Das gilt etwa für Kaufverträge,
die durch Katalogbestellung, per Online- oder Teleshopping zustande kommen.
Da der Verbraucher keine Möglichkeit hat, die Ware vor Vertragsschluss zu
überprüfen, muss er sich auf die ihm vom Unternehmen zur Verfügung gestellten Informationen
verlassen. Deshalb hat der Unternehmer bei Fernabsatzverträgen besondere
Informationspflichten zu erfüllen (§ 312d BGB). Diese sind in Art. 246a Einführungsgesetz
zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) geregelt. Folgende Informationen muss ein
Unternehmen dem Verbraucher vor bzw. bei Vertragsabschluss zur Verfügung stellen:
Distanzgeschäft
Bei einem Distanzgeschäft
haben die
Vertragspartner keinen
persönlichen
Kontakt.
• die wesentlichen Eigenschaften der Waren oder Dienstleistungen,
• seine Identität, beispielsweise seinen Handelsnamen, Anschrift und Telefonnummer,
• den Gesamtpreis der Waren und Dienstleistungen (einschließlich aller Steuern,
Fracht-, Liefer-, Versand- und sonstigen Kosten) oder in den Fällen, in denen diese
Kosten vernünftigerweise im Voraus nicht berechnet werden können, die Tatsache,
dass solche Kosten anfallen können bzw. die Art der Preisberechnung,
• gegebenenfalls die Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen, den Liefertermin
sowie den Umgang mit Beschwerden,
• das Bestehen eines gesetzlichen Mängelgewährleistungsrechts sowie gegebenenfalls
die Bedingungen und das Bestehen von Garantien und Kundendienstleistungen,
• gegebenenfalls die Laufzeit des Vertrages oder die Kündigungsbedingung unbefristeter
Verträge oder sich automatisch verlängernder Verträge,
• gegebenenfalls die Funktionsweise digitaler Inhalte einschließlich anwendbarer
technischer Schutzmaßnahmen für solche Inhalte und
• soweit wesentlich, gegebenenfalls Beschränkungen der Interoperabilität und der
Kompatibilität digitaler Inhalte mit Hard- oder Software, soweit diese Beschränkungen
dem Unternehmer bekannt sind oder bekannt sein müssen.
Steht dem Verbraucher ein Widerrufsrecht zu, ist der Unternehmer verpflichtet, den
Verbraucher in Textform über sein Widerrufsrecht zu belehren. Alle Informationen muss
der Kunde zusätzlich auch noch einmal auf einem dauerhaften Datenträger (z. B. per E-
Mail oder als Ausdruck mit der Lieferung) erhalten (Hoeren et al. 2017, S. 144).
Für Verträge über Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten gelten erleichterte Informationspflichten.
Ebenso für Verträge, die mit mobilen Endgeräten wie etwa per Smartphone
abgeschlossen werden und deren Display lediglich begrenzte Darstellungsmöglichkeiten
aufweist. Für Fernabsatzverträge über Finanzdienstleistungen gelten spezielle
Informationspflichten (Art. 246b EGBGB). Von den Informationspflichten generell ausgenommen
sind lediglich Geschäfte des täglichen Lebens, die bei Vertragsschluss sofort
erfüllt werden. Verletzt ein Unternehmer seine Informationspflicht, stellt dies einen
Wettbewerbsverstoß dar, der abgemahnt werden kann. Die Nachweispflicht liegt beim
Unternehmer.
Erleichterte Informationspflichten
Für einige Fernabsatzverträge
gelten
erleichterte Informationspflichten.
Wettbewerbsverstöße
Verstöße gegen die
Informationspflicht
können abgemahnt
werden.
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82 Lektion 5
Nicht nur im Fernabsatzrecht, auch bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr
mit gewerblichen Kunden müssen bestimmte Informationspflichten erfüllt werden.
Welche dies genau sind, ist in § 312i BGB geregelt. Wenn die entsprechenden Voraussetzungen
erfüllt sind, gelten die unterschiedlichen Informationspflichten gleichzeitig bzw.
kumulativ (vgl. Taeger/Kremer 2017, S. 82ff.).
5.3 Verbraucherschutz im Bereich E-Commerce
Das Thema Verbraucherschutz spielt bei Fernabsatzgeschäften eine bedeutende Rolle.
In Deutschland gibt es eine ganze Reihe von Gesetze und Richtlinien, welche die Rechte
von Verbrauchern im E-Commerce schützen sollen. Neben den bereits angesprochenen
Bestimmungen und Informationspflichten in TMG, EGBGB und den Bestimmungen des
BGB u. a. zum Fernabsatzrecht existieren noch eine ganze Reihe weiterer Vorschriften,
Richtlinien und Gesetze. Dazu gehören u. a. Vorschriften zur Streitbeilegung, zu Verbraucherkrediten
und zum Preisrecht. Über die Einhaltung der Vorschriften zu Produkten
und Geschäftspraktiken wachen u. a. das Bundesamt für Verbraucherschutz, die Verbraucherzentralen
sowie verschiedene private Verbraucherschutzorganisationen, Stiftungen
und Initiativen. Trotz der umfangreichen gesetzlichen Rahmenbedingungen
existieren im Online-Handel jedoch auch noch viele Grauzonen.
Bestimmungen zum Vertragsabschluss
Wie die einzelnen (technischen) Schritte, die zu einem Vertragsschluss im elektronischen
Geschäftsverkehr führen, gestaltet sein müssen und welche Informationspflichten
der Unternehmer dabei jeweils zu erfüllen hat, ist im BGB geregelt (§ 312i Abs. 1 S. 1
Nr. 1 bis 4 BGB). Zu den Anbieterpflichten gehört es,
• angemessene, wirksame und zugängliche technische Mittel zur Verfügung zu stellen,
mit deren Hilfe der Kunde Eingabefehler vor Abgabe seiner Bestellung erkennen
und berichtigen kann,
• die in Artikel 246c EGBGB bestimmten Informationen rechtzeitig vor Abgabe von dessen
Bestellung klar und verständlich mitzuteilen,
• den Zugang einer Bestellung unverzüglich auf elektronischem Wege zu bestätigen
und
• die Möglichkeit zu verschaffen, die Vertragsbestimmungen einschließlich der Allgemeinen
Geschäftsbedingungen bei Vertragsschluss abzurufen und in wiedergabefähiger
Form zu speichern.
Handelt es sich bei dem Kunden um einen Verbraucher gemäß § 13 BGB, hat der Unternehmer
wiederum einige zusätzliche Informationspflichten zu erfüllen (§ 312j Abs. 1 bis
5 BGB):
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Lektion 5
83
Vertragsschluss im Internet
• Spätestens bei Beginn des Bestellvorgangs muss der Unternehmer klar und deutlich
angeben, ob Lieferbeschränkungen bestehen und welche Zahlungsmittel akzeptiert
werden.
• Bei einem Verbrauchervertrag im elektronischen Geschäftsverkehr, der eine entgeltliche
Leistung des Unternehmers zum Gegenstand hat, muss der Unternehmer dem
Verbraucher die Informationen, unmittelbar bevor der Verbraucher seine Bestellung
abgibt, klar und verständlich in hervorgehobener Weise zur Verfügung stellen.
• „Button-Lösung“: Der Unternehmer muss seine Website bei einem Vertrag so gestalten,
dass der Verbraucher mit seiner Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass er sich
zu einer Zahlung verpflichtet. Dies erfolgt beispielsweise über eine gut lesbare
Schaltfläche, die mit „zahlungspflichtig bestellen“ oder einer entsprechenden eindeutigen
Formulierung beschriftet ist.
Ausgenommen von diesen Pflichten sind Individualvereinbarungen und Websites, die
Finanzdienstleistungen betreffen, sowie Verträge über Finanzdienstleistungen.
Besondere Vorschriften gelten für digitale Inhalte, die nicht auf einem Datenträger (CD/
DVD, USB-Stick, Speicherkarte) bereitgestellt werden, wie Computerprogramme, Apps,
Spiele oder Musik. Hier ist der Verbraucher gemäß Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 EGBGB über
die Funktionsweise sowie die anwendbaren technischen Schutzmaßnahmen zu informieren.
Pflichtverletzungen im elektronischen Geschäftsverkehr ziehen Sanktionen nach sich.
Verstößt der Unternehmer beispielsweise gegen die sogenannte Button-Pflicht, kommt
der Vertrag nicht zustande. Liegen bei anderen Pflichtverletzungen die entsprechenden
Voraussetzungen vor, können Schadenersatz bzw. wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche
geltend gemacht werden (vgl. Taeger/Kremer 2017, S. 146).
Verordnung über die Online-Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten
Seit Januar 2016 gelten für Händler, die online Waren oder Dienstleistungen anbieten,
weitere Informationspflichten. Diese beruhen auf der EU-Verordnung über die Online-
Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten (ODR-Verordnung). Mit dieser sollen
Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Unternehmern über private Verbraucherschlichtungsstellen
geklärt werden. Die Schlichtungsstellen sollen es erleichtern, Streitigkeiten
außergerichtlich und damit kostengünstiger und schneller beizulegen, als dies
mit Gerichtsverfahren möglich wäre. Die ODR-Verordnung gilt nur für Onlinegeschäfte
und dient ausschließlich der Streitbeilegung zwischen Unternehmen und Verbrauchern.
Sie betrifft auch Verträge, die über Marktplätze von Drittanbietern wie Amazon oder
eBay abgeschlossen wurden. Bei Streitigkeiten zwischen Unternehmen im B2B-Bereich
kommt die Verordnung dagegen nicht zur Anwendung.
ODR-Verordnung
Die ODR-Verordnung
dient der Streitbeilegung
zwischen
Unternehmen und
Verbrauchern.
Zentrale Anlaufstelle für Verbraucherbeschwerden ist die ODR-Plattform. Das Portal
wird von der Europäischen Kommission finanziert. Über die Plattform können
Beschwerden von Verbrauchern bzw. Unternehmen zentral online eingegeben und an
die jeweilige Schlichtungsstelle vor Ort weitergeleitet werden.
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84 Lektion 5
ODR-Plattform
Über die ODR-Plattform
werden
Beschwerden an die
jeweilige Schlichtungsstelle
weitergeleitet.
Im nationalen Recht sind die Richtlinien zur alternativen Beilegung von Verbraucherstreitigkeiten
im Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) umgesetzt.
Gemäß § 36 Abs. 1 VSBG müssen Unternehmen …
• … (falls vorhanden) in ihren AGB und auf der Webseite jeweils leicht zugänglich, klar
und verständlich darüber Auskunft geben, inwieweit sie bereit oder verpflichtet
sind, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen.
Von dieser Informationspflicht ausgenommen sind nur Unternehmen, die
zum 31. Dezember des Vorjahres zehn oder weniger Beschäftigte hatten, Teilzeitkräfte
miteingerechnet (§ 36 Abs. 3 VSBG).
• auf die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle hinweisen (mit Name, Anschrift
und Webadresse), wenn sie sich zur Teilnahme an Streitbeilegungsverfahren vor
einer Verbraucherschlichtungsstelle verpflichtet haben oder gesetzlich dazu verpflichtet
sind. Diese Informationen müssen in Textform erfolgen (z. B. per E-Mail).
Eine Ausnahme für Kleinbetriebe besteht hier nicht.
Eine gesetzliche Verpflichtung, an Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen, gilt bisher
nur für einzelne Branchen (z. B. Energie- und Versicherungsbranche). Ein Unternehmer
kann also grundsätzlich selbst entscheiden, ob er an einem solchen Verfahren teilnehmen
möchte oder nicht.
Wenn eine Streitigkeit über einen Verbrauchervertrag durch den Unternehmer und den
Verbraucher nicht beigelegt werden kann, ist ein Unternehmer seit Februar 2017 dazu
verpflichtet, gemäß § 37 Abs. 1 VSBG den Verbraucher auf eine für ihn zuständige Verbraucherschlichtungsstelle
unter Angabe von deren Anschrift und Website hinzuweisen.
Preisangabenverordnung
Der Preis ist für Verbraucher im E-Commerce häufig der wichtigste Kaufgrund. Die Preisangabenverordnung
(PAngV) soll den Verbraucher vor überhöhten Preisen schützen,
seine Marktposition durch die Möglichkeit von Preisvergleichen stärken und damit
Markttransparenz und Wettbewerb fördern. Im Vordergrund steht der Grundsatz der
Preisklarheit und Preiswahrheit gemäß § 1 Abs. 6 PAngV. Online-Händler sind zu einer
klaren Kennzeichnung aller Preise verpflichtet, damit sich der Kunde ein genaues Bild
der Kosten machen kann. Der Diensteanbieter hat jeweils den Gesamtpreis der angebotenen
Waren und Dienstleistungen anzugeben, einschließlich der Umsatzsteuer und
sonstiger Preisbestandteile (§ 1 Abs. 1 S. 1 PAngV). Ebenfalls ist der Grundpreis (Preis je
Mengeneinheit) anzugeben (§ 2 Abs. 1 PAngV) und ob zusätzlich Fracht-, Liefer- oder
Versandkosten bzw. sonstige Kosten anfallen (§ 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 PAngV). Diese Angaben
und die Höhe der jeweiligen Kosten müssen auch in den Trefferlisten sogenannter
Preissuchmaschinen erscheinen. Preiserhöhungen dürfen in diesen nicht zeitverzögert
angezeigt werden. Eine Angabe von Nettopreisen ist nur dann erlaubt, wenn sich das
Angebot ausschließlich an gewerbliche Kunden richtet bzw. wenn es sich um das Angebot
eines Kleinunternehmers handelt, da diese gemäß § 19 UStG vom Ausweis der
Umsatzsteuer befreit sind. Internetauktionen sind von der Pflicht zur Angabe des
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Lektion 5
85
Vertragsschluss im Internet
Grundpreises ausgenommen, da der Verkäufer diesen erst nach dem Bieterverfahren
bilden kann, wenn er den endgültigen Gesamtpreis kennt (vgl. Taeger/Kremer 2017,
S. 159).
Unzulässig ist gemäß richterlichen Entscheiden beispielsweise ein Button „Preis auf
Anfrage“, eine Hotelwerbung mit „von … bis …“-Preisen oder die Angabe „ab 14 EUR“,
wenn für das konkrete Produkt tatsächlich Versandkosten von 55 Euro anfallen. Ebenfalls
unzulässig ist es, wenn der Hinweis auf zusätzlich anfallende Versandkosten lediglich
in die AGB aufgenommen wird oder wenn er in einem Mouseover-Effekt versteckt
wird. Verstöße gegen die Preisangabenverordnung können zu Abmahnungen durch Mitbewerber
oder Wettbewerbsverbände führen (vgl. Hoeren et al. 2017, S. 91ff.).
Widerrufsrecht, Rücksendungen, Gewährleistung
Bei einem Fernabsatzvertrag hat der Verbraucher ein Widerrufsrecht nach § 312g BGB.
Die einzelnen Bestimmungen entstammen dem Gesetz zur Umsetzung der EU-Verbraucherrechterichtlinie,
welches seit Juni 2014 gültig ist. Dieses Gesetz brachte zahlreiche
Änderungen mit sich und hat das Widerrufsrecht (§§ 355–361 BGB) innerhalb der EU
vereinheitlicht. Es erleichtert Verbrauchern den Rücktritt von bereits geschlossenen
Verträgen. Dabei spielt es keine Rolle, warum ein Vertrag widerrufen wird. Innerhalb der
gesamten EU gelten nun folgende Regelungen (vgl. Taeger/Kremer 2017, S. 176):
Widerrufsrecht
Bei einem Fernabsatzvertrag
hat der
Verbraucher ein
Widerrufsrecht.
• Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage.
• Bei unterlassener Information über das Widerrufsrecht erlischt das Widerrufsrecht
nach 12 Monaten und 14 Tagen.
• Der Kunde muss den Widerruf eindeutig erklären.
• Will der Verbraucher sein Widerrufsrecht ausüben, genügt eine formlose Widerrufserklärung
(z. B. per E-Mail, Brief oder telefonisch).
• Es liegt eine einheitliche Musterwiderrufsbelehrung vor.
• Die Möglichkeit, den Widerruf durch die kommentarlose Rücksendung der Ware zu
erklären, besteht nicht mehr (kein Ersetzen des Widerrufrechts durch das Rückgaberecht).
Online-Händler sind zu einer Widerrufsbelehrung verpflichtet. Das bedeutet, dass sie
den Verbraucher über die Bedingungen, Fristen und Verfahren des Widerrufsrechtes
informieren müssen. Diese Pflicht gilt für alle gewerblich tätigen Unternehmer, also
auch für Kleinunternehmer. Die Informationen müssen sowohl auf der Website angezeigt
als auch dem Verbraucher spätestens bei Lieferung der Ware auf einem dauerhaften
Datenträger zur Verfügung gestellt werden, z. B. in der Bestellbestätigungsmail (vgl.
Hoeren et al. 2017, S. 113).
Bis zum Jahr 2014 waren Rücksendungen nach dem Widerruf eines Fernabsatzvertrages
noch kostenfrei. Nun kann der Händler entscheiden, ob der Verbraucher die Kosten zu
tragen hat oder nicht. Wer die Rücksendekosten zu tragen hat, ist der Widerrufsbelehrung
zu entnehmen. Sollen diese vom Verbraucher übernommen werden, muss er vor
Abgabe der Bestellung darüber informiert werden. In jedem Fall müssen dem Verbraucher
bei einem Widerruf allerdings die Kosten der Hinsendung (nur Standardlieferung)
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86 Lektion 5
Rücksendekosten
Ob der Verbraucher
die Rücksendekosten
zu tragen hat, ist
der Widerrufsbelehrung
zu entnehmen.
Gewährleistung
Kunden können
Waren in begründeten
Fällen auch im
Rahmen der Gewährleistung
zurückgeben.
erstattet werden. Auch die Kosten der Zahlungsart muss der Verbraucher erstattet
bekommen. Bei einem Teilwiderruf muss der Verbraucher nur die Hinsendekosten für
den Teil der Ware übernehmen, den er nach dem Teilwiderruf noch behält.
Nach Absenden seines Widerrufes hat der Verbraucher 14 Tage Zeit, um die Ware
zurückzusenden. Dabei kommt es auf die fristgerechte Absendung der Ware an. Der
Unternehmer hat seinerseits 14 Tage ab Erhalt des Widerrufes Zeit, dem Verbraucher
die Zahlung zu erstatten. Dem Unternehmer steht ein Zurückbehaltungsrecht zu, d. h.,
er kann die Erstattung so lange verweigern, bis er die Ware oder einen Nachweis über
die ordnungsgemäße Absendung erhalten hat (vgl. Hoeren et al. 2017, S. 174).
Kunden können Waren auch im Rahmen der Gewährleistung zurückgeben. Im Unterschied
zur Rückgabe nach Widerruf muss eine Rückgabe im Rahmen der Gewährleistung
jedoch begründet sein, z. B. wenn die Ware bei Lieferung fehlerhaft war oder nicht
dem entspricht, was bestellt wurde. Für Neuwaren gilt eine zweijährige Gewährleistungsfrist
(§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB) sowie eine Beweislastumkehr für den Nachweis von
Mängeln während der ersten sechs Monate nach dem Kauf. D. h., es wird davon ausgegangen,
„dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war“ und damit dem
Verkäufer zuzurechnen ist, wenn dieser nicht das Gegenteil nachweisen kann (§ 476
BGB). Eine Verkürzung dieser Fristen durch Allgemeine Geschäftsbedingungen ist nicht
möglich. Ist die gelieferte Ware fehlerhaft, darf der Kunde entscheiden, ob er einen
Ersatz geliefert haben möchte oder ob der Verkäufer die mangelhafte Ware reparieren
soll. Der Verkäufer kann diese sogenannte Nacherfüllung nur verweigern, wenn sie für
ihn mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden ist (§ 439 Abs. 3 S. 1 BGB). Kann der
Mangel nicht beseitigt werden, darf der Kunde den Kaufpreis mindern oder vom Vertrag
zurücktreten und die Rückerstattung des Kaufpreises verlangen (§ 437 Nr. 2 BGB).
Zusätzlich kann er auch Schadenersatz verlangen.
Schickt der Kunde die Ware zur Reparatur zurück oder tauscht er sie aus, muss der Verkäufer
die Kosten für die erforderlichen Aufwendungen tragen, insbesondere Transport-,
Wege-, Arbeits- und Materialkosten (§ 439 Abs. 2 BGB). Der Erfüllungsort der
Nacherfüllung ist in der Regel der Unternehmenssitz des Verkäufers (vgl. Hoeren et al.
2017, S. 176ff.).
Kein Widerrufsrecht
Bei einigen Ausnahmen
steht dem Verbraucher
kein Widerrufsrecht
zu.
In einigen Ausnahmefällen von Fernabsatzverträgen steht dem Verbraucher ausnahmsweise
kein Widerrufsrecht zu (§ 312g Abs. 2 BGB), etwa bei …
• … Individualanfertigungen,
• verderblichen Waren,
• versiegelten Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene
nicht zur Rückgabe geeignet sind, wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung entfernt
wurde,
• alkoholischen Getränken,
• Ton- oder Videoaufnahmen oder Computersoftware in einer versiegelten Packung,
wenn die Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde,
• Zeitungen, Zeitschriften oder Illustrierten mit Ausnahme von Abonnement-Verträgen,
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Lektion 5
87
Vertragsschluss im Internet
• Waren und Finanzdienstleistungen, deren Preis von Schwankungen auf dem Finanzmarkt
abhängt,
• Reparatur oder Instandhaltungsarbeiten,
• Wett- und Lotteriedienstleistungen und
• notariell beurkundeten Verträgen.
5.4 Formvorschriften für elektronische Verträge
Bis vor wenigen Jahren war zum Abschluss eines rechtsgültigen Vertrags die Schriftform
erforderlich. Heute ist dies angesichts der technischen Entwicklungen in vielen
Fällen nicht mehr nötig. Häufig ersetzt eine digitale Signatur die eigenhändige Unterschrift.
Die Rechtskraft der elektronischen Signatur war ein wichtiges Kriterium für die
Ausweitung des E-Commerce innerhalb des europäischen Binnenmarkts. Für einen störungsfreien
Ablauf des elektronischen Geschäftsverkehrs war daran jedoch gleichzeitig
die Einführung einheitlicher gesetzlicher Richtlinien geknüpft.
Schriftform
Für den Abschluss
vieler Verträge ist die
Schriftform nicht
mehr erforderlich.
Bis Juli 2017 war die Verwendung elektronischer Signaturen durch die europäische Signaturrichtlinie
geregelt. In Deutschland war diese seit dem Jahr 2001 mit dem Signaturgesetz
(SigG) und der Signaturverordnung (SigV) umgesetzt. Mit Einführung der eIDAS-
Verordnung (Verordnung über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für
elektronische Transaktionen im Binnenmarkt) im Jahr 2016 wurde die Signaturrichtlinie
aufgehoben. Die Verordnung war in den EU-Mitgliedsstaaten und im Europäischen Wirtschaftsraum
(EWR) unmittelbar rechtsgültig. In nationales Recht wurde die Verordnung
durch das Vertrauensdienstegesetz (VDG) umgesetzt, welches am 29.07.2017 in Kraft
getreten ist.
eIDAS-Verordnung
Die eIDAS-Verordnung
gilt verbindlich
für alle Mitgliedsstaaten
von EU und
EWR.
Die eIDAS-Verordnung vereinfacht und harmonisiert europaweit die Regelungen für die
elektronische Identifizierung (eID) und die darauf basierenden sogenannten Vertrauensdienste.
Dazu gehören beispielsweise die elektronische Signatur, elektronische Siegel,
Zeitstempel, die Zustellung elektronischer Einschreiben und Website-Authentifizierungen.
Mit der Verordnung wurden einheitliche Rahmenbedingungen für die
grenzüberschreitende Nutzung im Geschäftsverkehr und in der Verwaltung geschaffen.
Sie sollen die Effizienz bei elektronischen Transaktionen erhöhen und das Risiko von
Manipulationen senken. Zudem gewährleisten sie die Einhaltung von Formvorschriften
bei der Willenserklärung und dienen der Beweissicherung (vgl. Taeger/Kremer 2017,
S. 69ff.).
Elektronische Signaturen
Der Umgang mit
elektronischen Signaturen
ist EU-weit
vereinheitlicht.
Während die elektronische Signatur nur für natürliche Personen zur Abgabe einer Willenserklärung
gilt, wurden mit der eIDAS-Verordnung auch elektronische Siegel eingeführt.
Im Unterschied zu elektronischen Signaturen werden diese nur juristischen Personen
zugeordnet. Ein elektronisches Siegel kann überall dort eingesetzt werden, wo
eine persönliche Unterschrift nicht notwendig, aber der Nachweis der Authentizität
gewünscht ist, beispielsweise bei amtlichen Bescheiden, Urkunden oder Kontoauszügen.
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88 Lektion 5
Gemäß § 126 Abs. 3 BGB kann die schriftliche Form durch die elektronische Form ersetzt
werden, wenn sich aus dem Gesetz nicht etwas anderes ergibt. § 126a BGB regelt die
Voraussetzungen der elektronischen Form, insbesondere die rechtliche Gleichstellung
der qualifizierten elektronischen Signatur mit der eigenhändigen Unterschrift. Eine
erleichterte Form der elektronischen Erklärung, insbesondere für Massenvorgänge, ist
die sogenannte Textform (§ 126b BGB). Diese muss keine qualifizierte elektronische Signatur
enthalten, sondern lediglich lesbar sein und die Nennung des Erklärenden beinhalten.
Diese Erklärung muss unveränderbar auf einem dauerhaften Datenträger (E-
Mail, USB-Stick, CD/DVD usw.) gespeichert werden können (vgl. Taeger/Kremer 2017,
S. 73ff.).
Qualifizierte elektronische Signaturen und Siegel werden durch spezielle Verschlüsselungsverfahren
eines zertifizierten Diensteanbieters erstellt. Diese kryptografischen
Schlüssel (QSEEs) sind zu unterscheiden von den Verfahren zur Verschlüsselung ganzer
Dokumente. QSEEs sichern die Identität des Absenders (Identitätsprüfung) und lassen
nachvollziehen, ob ein Dokument nachträglich verändert wurde (Integritätsprüfung). Sie
entsprechen im Prinzip der Funktion eines „Wasserzeichens“ (vgl. Taeger/Kremer 2017,
S. 79).
In einigen Bereichen ist die Anwendung elektronischer Erklärungen nach wie vor ausgeschlossen.
Dies sind beispielsweise (vgl. Taeger/Kremer 2017, S. 75):
• Bürgschaftserklärungen (§ 766 BGB),
• Kündigungen von Arbeitsverträgen (§ 623 BGB),
• Zeugnisse für Arbeitnehmer (§ 109 Abs. 1 und 3 GewO),
• Schuldversprechen und Schuldanerkenntnis (§§ 780, 781 BGB).
Beweismittel
Immer häufiger werden
elektronische
Dokumente als
Beweismittel akzeptiert.
In immer mehr Fällen gilt die Vorlage elektronischer Dokumente inzwischen auch als
Beweismittel (§ 371 Abs. 1 S. 2 ZPO). Der Beweiswert eines elektronischen Dokuments
ohne qualifizierte elektronische Signatur (z. B. E-Mail) ist allerdings umstritten, da diese
leicht manipuliert werden können. Qualifizierte elektronische Signaturen haben dagegen
einen Beweiswert wie Urkunden, solange sichergestellt ist, dass sie dem Willen des
Signierenden entsprechen. Der Einsatz qualifizierter elektronischer Signaturen kommt
allerdings in erster Linie im Handels- und Registerrecht zur Anwendung und nur sehr
selten bei Onlineshops. Die auf Grundlage des De-Mail-Gesetzes eingeführten De-Mails
stellen aufgrund der persönlichen Registrierung ebenfalls einen gerichtsfesten Nachweis
von Versand, Empfang und Identität des Nutzers sicher. Sie sind mit der Handhabung
qualifizierter elektronischer Unterschriften vergleichbar (vgl. Taeger/Kremer 2017,
S. 77ff.).
EU-Vertrauenssiegel
Das EU-Vertrauenssiegel
ist ein Zertifikat
für qualifizierte
Vertrauensdiensteanbieter.
Anbieter qualifizierter Dienste, welche die besonderen Anforderungen der eIDAS-Verordnung
nachweislich erfüllen, erhalten das EU-Vertrauenssiegel für qualifizierte Vertrauensdiensteanbieter.
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Lektion 5
89
Vertragsschluss im Internet
Zusammenfassung
Immer mehr Geschäfte werden über das Internet abgeschlossen, sowohl im B2Cals
auch im B2B-Bereich. Es gibt verschiedene Gesetze und Richtlinien, welche die
Rechte von Verbrauchern im E-Commerce schützen sollen. Oftmals wurden diese
Regelungen auch bereits EU-weit vereinheitlicht. So basiert beispielsweise das
Fernabsatzrecht auf einer EU-Richtlinie. Fernabsatzverträge sind Verträge, die über
Fernkommunikationsmittel wie E-Mail, SMS, Katalog oder Telefon zustande kommen,
ohne dass die beiden Vertragsparteien in persönlichem Kontakt stehen (Distanzgeschäft).
Der Unternehmer hat bei Fernabsatzverträgen besondere Informationspflichten
zu erfüllen. Einige Arten von Rechtsgeschäften sind generell vom
Fernabsatzrecht ausgenommen. Wie die einzelnen (technischen) Schritte, die zu
einem Vertragsschluss im elektronischen Geschäftsverkehr führen, gestaltet sein
müssen, ist im BGB geregelt.
Bei jedem Fernabsatzvertrag hat der Verbraucher ein Widerrufsrecht. Dies erleichtert
Verbrauchern den Rücktritt von bereits geschlossenen Verträgen. Dabei spielt
es keine Rolle, warum ein Vertrag widerrufen wird. Online-Händler müssen den Verbraucher
in der sogenannten Widerrufsbelehrung über die Bedingungen, Fristen
und Verfahren des Widerrufsrechtes informieren. In begründeten Fällen können
Kunden Waren auch im Rahmen der Gewährleistung zurückgeben. Für Neuwaren
gilt eine zweijährige Gewährleistungsfrist.
Zur Vereinfachung von Internetverträgen legen Unternehmen in der Regel Allgemeine
Geschäftsbedingungen zugrunde. Diese sind jedoch nur wirksam, wenn der
Anbieter beim Vertragsabschluss ausdrücklich auf deren Geltung hinweist. Der Hinweis
muss so platziert sein, dass er auch beim flüchtigen Lesen nicht übersehen
werden kann. Unzulässige AGB-Klauseln sind unwirksam und können abgemahnt
werden.
Die Preisangabenverordnung (PAngV) soll den Verbraucher vor überhöhten Preisen
schützen, seine Marktposition durch die Möglichkeit von Preisvergleichen stärken
und damit Markttransparenz und Wettbewerb fördern. Im Vordergrund steht der
Grundsatz der Preisklarheit und Preiswahrheit.
Mit der ODR-Verordnung sollen Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Unternehmern
schnell und kostengünstig geklärt werden. Über eine zentrale Plattform
können Beschwerden online eingegeben und an die jeweilige Schlichtungsstelle vor
Ort weitergeleitet werden.
Eine digitale Signatur ersetzt bereits heute in vielen Verträgen im E-Commerce die
eigenhändige Unterschrift. Die eIDAS-Verordnung hat die Verwendung der elektronischen
Identifizierung und der darauf basierenden sogenannten Vertrauensdienste
EU-weit vereinfacht und harmonisiert. Zu den Vertrauensdiensten zählen die elektronische
Signatur, elektronische Siegel, Zeitstempel, die Zustellung elektronischer
Einschreiben und Website-Authentifizierungen. In einigen Bereichen ist die Anwendung
elektronischer Erklärungen nach wie vor ausgeschlossen.
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90 Lektion 5
Wissenskontrolle
Haben Sie diese Lektion verstanden?
Dann haben Sie jetzt die Möglichkeit, das Gelernte auf unserer Lernplattform zu
überprüfen.
Viel Erfolg!
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Lektion 6
Technische Infrastrukturen
LERNZIELE
Nach der Bearbeitung dieser Lektion werden Sie wissen, …
…
…
…
…
…
welches die Hauptfunktionen eines elektronischen Shops sind.
wie die Grobarchitektur eines E-Shops aufgebaut ist.
wie sich die benötigten Funktionalitäten auf den Frontend- und Backend-Bereich
aufteilen.
welches die Auswahlkriterien für die richtige Shop-Technologie sind.
welche System-, Oberflächen- und Programmkomponenten zum Einsatz kommen.
DL-D-BWEC01-01-L06
92 Lektion 6
6.
Technische Infrastrukturen
Einführung
Diese Lektion befasst sich mit der technischen Infrastruktur elektronischer Shop-Systeme.
In der Praxis haben Unternehmen die Wahl zwischen einer ganzen Reihe von
Anwendungen. Die Palette reicht von der kostenlosen Open-Source-Software über
umfangreiche kommerzielle Shop-Systeme bis zur Individuallösung. Neben deutlichen
Qualitätsunterschieden müssen bei der Anschaffung u. a. auch die Kosten der Implementierung
sowie des laufenden Betriebs berücksichtigt werden.
Im ersten Teil dieser Lektion wird die Grobarchitektur eines klassischen Standard-
Onlineshops aus dem B2C-Bereich vorgestellt. Außerdem wird auf die Kriterien zur Auswahl
der richtigen Shop-Technologie eingegangen.
Der zweite Teil widmet sich den Frontend- und Backend-Funktionen, den verschiedenen
System-, Oberflächen- und Programmkomponenten sowie der Darstellung des
sogenannten 3-Schichten-Modells.
6.1 Standard-Shop-Systeme
Onlineshop
Ein Onlineshop ist
eine webbasierte
Softwarelösung, die
alle Verkaufsprozesse
unterstützt
und sich aus einem
Frontend und einem
Backend zusammensetzt.
„Ein elektronischer Shop (oft auch Webshop oder Onlineshop genannt) ist ein webbasiertes
Softwaresystem, das Waren und Dienstleistungen anbietet, Angebote erstellt,
Bestellungen entgegennimmt und Auslieferungen und Zahlungsmodalitäten abwickelt“
(Meier/Stormer 2012, S. 4). Jeder Onlineshop setzt sich aus einem Frontend (Storefront)
und einem Backend (Backfront) zusammen. Das Frontend ist sozusagen die Schnittstelle
des E-Shops zum Kunden und die Benutzeroberfläche, über die er nach Produkten
und Dienstleistungen suchen, Bestellungen aufgeben, bezahlen und seine Ware
beziehen kann. Auf das Backend können nur der Betreiber selbst bzw. die jeweiligen
Shop-Administratoren zugreifen. Hier werden beispielsweise die Kundendaten verwaltet,
Produktkataloge eingepflegt oder die Zahlungsmodalitäten festgelegt.
In der folgenden Abbildung ist die Grobarchitektur eines Standard-E-Shops stark vereinfacht
dargestellt:
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Lektion 6
93
Technische Infrastrukturen
Systemlösungen für Webshops reichen von sehr umfangreichen kommerziellen Lösungen,
wie sie etwa von intershop.de angeboten werden, bis zu kostenlosen Open-Source-
Anwendungen, die sich online in relativ kurzer Zeit einrichten lassen (z. B. oscommerce.de
oder xtcommerce.de). Hier gibt es jedoch große Qualitätsunterschiede. Bevor
sich ein Unternehmen für eine Lösung entscheidet, sollten daher alle Anforderungen
mit den angebotenen Lösungen abgeglichen werden. Neben den technischen Funktionalitäten
und Qualitätsmerkmalen des Systems spielen dabei auch die Serviceleistungen
des Anbieters eine wichtige Rolle, wie z. B. ein kostenloser Support. Der Betreiber
muss sich entscheiden, ob er ein Shop-System kaufen, mieten oder selbst entwickeln
will. Folgende Auswahlkriterien sollten vor der Entscheidung für eine bestimmte Lösung
berücksichtigt werden (vgl. Kollmann 2016, S. 253):
• Der Integrationsgrad zwischen dem E-Shop und einem eventuell schon vorhandenen
Warenwirtschaftssystem sowie die möglichen Schnittstellen zwischen E-Shop,
Lagerverwaltung und Logistiklösung. Hierunter fällt auch die Möglichkeit, externe
Partner oder neue Zahlungssysteme in die internen Prozesse einzubinden.
• Die Administrationsfähigkeit des Systems zur einfachen und flexiblen Handhabung
administrativer Tätigkeiten.
• Die Rentabilität des Systems hinsichtlich der Total Cost of Ownership (TCO).
Darüber hinaus sollte vor der Entscheidung für ein bestimmtes System auch über allgemeine
Qualitätsmerkmale internetbasierter Software nachgedacht werden wie z. B.
über die Optimierung für Mobilgeräte, Barrierefreiheit, Skalierbarkeit, Erweiterbarkeit,
Internationalisierbarkeit und Datensicherheit. Natürlich spielen auch das im Unternehmen
vorhandene Know-how sowie das Budget eine entscheidende Rolle. Hinsichtlich
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94 Lektion 6
der Kosten darf jedoch nicht lediglich die Anschaffung eingeplant werden. Auch die
Kosten der Implementierung sowie des laufenden Betriebs müssen berücksichtigt werden,
etwa Kosten für das Hosten der Server o. Ä.
Um den Webshop attraktiv für User bzw. potenzielle Kunden zu gestalten, werden
neben der Usability auch ein ansprechendes Design, die gelungene Visualisierung von
Produkten und die Tonalität der Texte immer wichtiger. Dazu zählen beispielsweise
multimediale Komponenten mit Kombinationen aus Texten, Bildern, Sounds, Grafiken,
Videos oder Animationen und interaktive Elemente wie Zoomfunktionen. Dialogfunktionen
wie Chats ermöglichen den direkten Austausch mit dem Kunden. Solche Komponenten
heben mögliche Alleinstellungsmerkmale hervor und fördern beim Nutzer die
emotionale Wahrnehmung. Sie ermöglichen dem Shop bzw. der Marke die „Inszenierung
von Erlebniswelten“ und erhöhen so die Chancen auf eine angemessene Besuchsfrequenz
und die gewünschten Verkaufserfolge. Beispiele hierfür finden sich etwa im
Luxusmarken- und Modebereich (Heinemann 2017, S. 185ff.).
Je nach Betriebsgröße, Handelsvolumen und Ausrichtung des Unternehmens könnten
beispielsweise folgende Shop-Systemanbieter in die engere Wahl kommen (vgl. Heinemann
2017, S. 231):
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Lektion 6
95
Technische Infrastrukturen
Zu einer erfolgreichen Shop-Einführung gehören im Vorfeld eine professionelle Marktund
Wettbewerbsanalyse sowie eine Produkt- und Prozessanalyse. Außerdem sollte das
betreibende Unternehmen gute Kenntnisse über die Nachfrager bzw. potenziellen Kunden
haben, um die Zielgruppe des Webshops definieren und eine ausgewogene und
langfristige strategische Ausrichtung festlegen zu können (Kollmann 2016, S. 415ff.).
Vor der praktischen Umsetzung des Onlineshops erfolgt dann im Rahmen der Systemauswahl
zunächst die Entscheidung für eines der drei Grundmodelle: Betreiber-Modell,
Dienstleister-Modell oder Partner-Modell.
6.2 Shop-Technologien
Wie bereits angesprochen, setzt sich ein E-Shop immer aus einem Frontend und einem
Backend zusammen. Die unten abgebildete Grafik ist ein Beispiel für eine Referenzstruktur
eines Onlineshops und soll einen Überblick zu den wichtigsten Funktionen
und den verschiedenen Systemkomponenten geben. Dabei ist es unerheblich, ob der
User per Desktop, Smartphone oder Tablet auf die Benutzeroberfläche zugreift, um sich
über Produkte und Dienstleistungen zu informieren bzw. diese zu erwerben.
Die wichtigsten Funktionen im Frontend-Bereich sind (vgl. Kollmann 2016, S. 258ff.;
Meier/Stormer 2012, S. 5ff.):
• Kundenregistrierung/Kundenkonto: Der Kunde registriert sich bei einer Kaufabsicht
über ein Anmeldeformular. Die persönlichen Daten gibt er nur einmal ein. Per Passwort
kann er jederzeit wieder auf sein Benutzerprofil zurückgreifen. Das Kundenkonto
wird mit Informationen über abgewickelte Transaktionen verknüpft wie beispielsweise
der Lieferadresse, den Zahlungsinformationen oder der Kaufhistorie.
Falls der Kunde dies nicht bei der Anmeldung ausschließt, können ihm aufgrund
seines Profils gezielt individuelle Angebote unterbreitet werden.
• Online-Produktkatalog(e): Für eine übersichtliche Darstellung im Webshop werden
die Produkte und Dienstleistungen in Produktkatalogen mit oder ohne Preisangabe
erfasst und bestimmten Produktkategorien zugeteilt. Besucher des Onlineshops
können über Suchfunktionen die gewünschten Informationen zu Produkten abrufen
und gegebenenfalls über Funktionen zur regelbasierten Produktkonfiguration selbst
zusammenstellen.
• Download-Funktion: Der Vertrieb von digitalen Gütern und/oder Dienstleistungen
(z. B. MP3-Musikdateien) erfolgt über Download-Funktionen. Ebenso können auf
diese Weise z. B. Produkt- oder Unternehmensinformationen als PDF heruntergeladen
werden.
• Elektronischer Warenkorb: Dieser beinhaltet die ausgesuchten Artikel. Der Kunde
kann weitere Artikel hinzufügen bzw. löschen und gegebenenfalls Farben und Größen
ändern. Im nächsten Schritt geht er zur „virtuellen Kasse“.
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96 Lektion 6
• Zahlungssystem: Mit dem „Kaufen-Button“ löst der Kunde seine Bestellung aus und
erklärt sich mit den Liefer- und Zahlungsmodalitäten einverstanden. Die durch den
E-Shop unterstützten Zahlungssysteme werden in der Regel durch einen spezialisierten
Payment/Billing Provider bereitgestellt und stellen die Schnittstellen zum
Clearing-Server der Kreditkartengesellschaften und Banken dar.
• After-Sales-Funktionen: Nach dem Kauf kann der Kunde auf weitere Funktionen
zugreifen, etwa auf die Überwachung des aktuellen Lieferstatus mittels E-Tracking-
Funktion oder auf die Möglichkeit, den Einkauf zu bewerten und Kommentare abzugeben.
Neben den eben erörterten Frontend-Funktionen eines E-Shops wird mithilfe des
Backend-Bereichs die interne Abwicklung der elektronischen Prozesse sowie die Administration
der Plattform realisiert. Die hierfür notwendigen Funktionen werden daher
nicht vom Kunden genutzt und sind für diesen auch nicht einsehbar, sondern werden
vom Shop-Betreiber bzw. dessen Mitarbeitern gepflegt. Folgende Funktionen sollte der
Backend-Bereich umfassen (vgl. Kollmann 2016, S. 259ff.):
• Content Management und Redaktionssystem: Die im E-Shop ausgewiesenen Artikel
und Informationen werden manuell in vorgefertigte Templates (Vorlagen) bzw. automatisiert
durch entsprechende Funktionen für den Import aus Dateien oder exter-
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Lektion 6
97
Technische Infrastrukturen
nen Datenbanken eingepflegt. Je nach Content Management System ist auch die
Kategorisierung von Produktgruppen und -untergruppen bzw. eine Anpassung der
Navigationsstruktur der Plattform möglich.
• Verkaufsunterstützung: Zu diesem Bereich zählen Cross- und Up-Selling-Funktionen
zur Erstellung von Kaufalternativen bzw. Ergänzungen zu den ausgewählten Produkten.
Darunter fallen auch Sonderaktionen, Rabatte oder Bonusprogramme. Außerdem
besteht die Möglichkeit, Produkte und Werbebanner von Kooperationspartnern
über eine Administrationsoberfläche in die eigene Plattform einzublenden.
• Kundenverwaltung: Die Daten der Konsumenten werden in einer speziellen Kundendatenbank
gespeichert und verwaltet. Diese Kundendaten ermöglichen dem Unternehmen
im Rahmen des Customer Relationship Managements (CRM) den IT-gestützten
Auf- und Ausbau einer langfristigen Kundenbeziehung mit individualisierten
Kundenansprachen und Produkt-/Preisgestaltungen.
• Transaktionsverwaltung: Die im Rahmen des Bestellvorgangs generierten Daten
werden in einer Datenbank gespeichert und sind die Basis für die weitere Auftragsbearbeitung
und Abrechnung. Im Optimalfall ist die komplette Auftragsbearbeitung
und Rechnungserstellung in das System integriert. Dann benötigt das Unternehmen
für diese Prozesse keine zusätzliche Software.
• Lagerverwaltung: Das Backend-System kann auch Funktionen der Lagerverwaltung
und Logistik beinhalten. Eine integrierte Lagerverwaltung hat den Vorteil, dass dem
Kunden beispielsweise die Verfügbarkeit eines Produktes angezeigt werden kann.
• Statistik-Funktionen: Werkzeuge wie OLAP (Online Analytical Processing) oder Data
Mining ermöglichen eine flexible Auswertung der Besucher-, Kunden- und Transaktionsdaten.
Auf Basis dieser Analysen können Informationen über Kundenbedürfnisse
und das Kundenverhalten gewonnen bzw. gezielte Marketingaktivitäten gesteuert
werden.
System-, Oberflächen- und Programmkomponenten
Die technische Infrastruktur zur Umsetzung der verschiedenen Front- und Backend-
Funktionen setzt sich aus den Systemkomponenten zusammen. Zur Umsetzung
bestimmter Anwendungen und Anforderungen kommunizieren diese wiederum mit den
entsprechenden Benutzeroberflächen- und Programmkomponenten. Für Webshops
sind drei Systemkomponenten entscheidend (vgl. Kollmann 2016, S. 261ff.):
• Webbrowser (z. B. Microsoft Internet Explorer, Google Chrome, Mozilla Firefox oder
Opera) ermöglichen die einfache Darstellung von Inhalten sowie die Navigation im
World Wide Web. Sie kommunizieren über das Hypertext Transfer Protocol (HTTP)
mit dem Shop-Server.
• Webserver (z. B. Apache HTTP Server, Microsoft Internet Information Server – IIS)
sind standardisierte Softwareprodukte, die Dienstleistungen wie Datenverwaltung,
Rechnen, Drucken oder Kommunikation für andere (Teil-)Systeme (Clients) erbringen.
Webserver stellen dem Browser auf dessen Systemanfrage (HTTP-Request) die
für die Darstellung der Website benötigten Daten zur Verfügung. Benutzerspezifische
Funktionen können über eine Programmierschnittstelle, das sogenannte Application
Programming Interface (API), eingebracht werden. Um die Sicherheit sensibler Daten
wie Nutzerdaten oder Zahlungsinformationen zu schützen, ist in den Webserver ein
Systemkomponenten
Die Systemkomponenten
bilden die
technische Infrastruktur
eines E-
Shops.
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98 Lektion 6
Modul integriert, welches die Informationen per SSL-Verbindung (Secure Sockets
Layer) bzw. dem darauf basierenden Nachfolger TLS (Transport Layer Security) verschlüsselt.
• Datenbank-Management-Systeme (DBMS) (z. B. Oracle, IBM DB2, MySQL, PostgreSQL)
werden zur Speicherung, Verwaltung und Abfrage der in einem E-Shop anfallenden
Datenmengen benötigt. Die DBMS führen die von den Anwendungsprogrammen verlangten
Befehle wie das Lesen, Ändern, Hinzufügen oder Löschen von Daten aus und
überwachen aktiv die Regeln zu Datensicherheit und Datenschutz. Wenn mehrere
Nutzer gleichzeitig auf die Daten zugreifen, stellen DBMS die korrekte Ausführung
der Transaktionen sicher. In der Regel handelt es sich dabei um relationale Datenbank-Management-Systeme
(RDBMS). Die Datenabfrage erfolgt meist über die Standardsprache
Structured Query Language (SQL).
Oberflächenkomponente
HTML-Dokumente
sind die zentrale
Oberflächenkomponente
von E-Shops.
Um Inhalte wie Texte oder Bilder im Webbrowser anzeigen zu können, werden sie in
HTML (Hypertext Markup Language) verfasst. Diese HTML-Dokumente sind die wichtigste
Oberflächenkomponente von E-Shops. Der Zugriff auf die Inhalte erfolgt über die Internetadresse
oder URL (Uniform Resource Locator). Multimedia-Elemente wie Animationen,
Audio- und Videoinhalte können über sogenannte Plugins wiedergegeben werden.
Das sind in die HTML-Dokumente eingebettete, clientseitig installierte Software-Erweiterungen.
Die noch aus den Anfängen des World Wide Web stammende Auszeichnungssprache
HTML wird immer häufiger von ihrer Nachfolgerin, der Extensible Hypertext
Markup Language (XHTML) abgelöst. Interaktive Elemente eines Webshops werden in
der Regel in der Programmiersprache JavaScript erstellt (vgl. Kollmann 2016, S. 262ff.).
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Lektion 6
99
Technische Infrastrukturen
Die Programmkomponenten bilden die serverseitige Logik der Anwendungen ab und
sorgen letztlich für die Umsetzung der Front- und Backend-Funktionen. Hinsichtlich der
Programmierung kommen zwei Alternativen infrage. Bei E-Shops mit nicht zu komplexen
Prozessanforderungen erfolgt die Programmierung in der Regel mit sogenannten
serverseitigen Skriptsprachen wie PHP oder Perl mittels HTML-Dokumentvorlagen (Templates).
Bei Onlineshops mit sehr komplexen Anforderungen und hohen Zugriffszahlen
bzw. bei Individuallösungen entfällt der Zwischenschritt über Templates. Die Programmierung
erfolgt in diesen Fällen über Hochsprachen wie C# oder Java (Kollmann 2016,
S. 264ff.).
Programmkomponenten
Die Programmkomponenten
bilden die
serverseitige Logik
der Anwendungen
ab und setzen die
Front- und Backend-
Funktionen um.
Die drei oben beschriebenen Systemkomponenten Webbrowser, Webserver und DBMS
lassen sich als 3-Schichten-Modell darstellen (siehe Grafik oben). Auf den einzelnen
Schichten befinden sich die für die Anwendung benötigten Benutzeroberflächen- und
Systemkomponenten (logische Schicht). Über Schnittstellen werden hierarchisch
höherliegenden Schichten Dienste zur Verfügung gestellt. Die physischen Software-
Schichten repräsentieren normalerweise die Systembausteine, welche sich auch auf
unterschiedlichen Rechnern befinden können. Die dritte Schicht bildet die zugrundeliegende
Hardware-Infrastruktur. Dieses in der Informatik allgemein anerkannte Standardmodell
zur Beschreibung logischer Schichten besteht aus der Präsentationsschicht
(Kommunikation mit dem Benutzer), der Anwendungsschicht (Programmlogik) sowie
der Datenhaltungsschicht (Datenverwaltung) (Kollmann 2016, S. 266). Sind die Anforderungen
zu komplex, kann noch eine vierte Schicht hinzukommen. In dieser übernimmt
der Webserver die serverseitigen Funktionen der Präsentationsschicht. Ein sogenannter
Application Server ist für die Steuerung der Geschäftsprozesse und Anwendungen verantwortlich.
Als Web Application Server können jedoch auch beide in einer Systemkomponente
vereint sein (vgl. Kollmann 2016, S. 265ff.).
3-Schichten-Modell
Das sogenannte 3-
Schichten-Modell ist
ein Standardmodell
zur Beschreibung
logischer Schichten.
Es besteht aus der
Präsentations-, der
Anwendungs- und
der Datenhaltungsschicht.
Die Antwort auf die Frage, welche Systemlösung infrage kommt, sowie die Wahl der einzelnen
Systemkomponenten richtet sich letztendlich nach den individuellen betriebswirtschaftlichen
und technischen Anforderungen und Bedürfnissen des jeweiligen
Unternehmens.
Zusammenfassung
Grundsätzlich lassen sich die für eine elektronische Plattform benötigten Funktionen
in die Bereiche Frontend und Backend einteilen. Das Frontend ist sozusagen
die Schnittstelle des E-Shops zum Kunden. Mithilfe des Backend-Bereichs werden
die interne Abwicklung der elektronischen Prozesse sowie die Administration der
Plattform realisiert. Neben den hierfür notwendigen technischen Anforderungen
müssen elektronische Plattformen die Qualitätsmerkmale internetbasierter Software
erfüllen. Hierunter fallen u. a. die Benutzerfreundlichkeit und das Nutzererlebnis,
die Barrierefreiheit, Skalierbarkeit und die Erweiter- bzw. Änderbarkeit des Systems.
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100 Lektion 6
Die technische Infrastruktur zur Umsetzung der verschiedenen Front- und Backend-
Funktionen setzt sich aus den Systemkomponenten zusammen. Bei der Durchführung
bestimmter Anwendungen und Anforderungen kommunizieren diese wiederum
mit den entsprechenden Benutzeroberflächen- und Programmkomponenten.
Die drei Systemkomponenten Webbrowser, Webserver und DBMS lassen sich als 3-
Schichten-Modell darstellen. Dieses in der Informatik allgemein anerkannte Standardmodell
zur Beschreibung logischer Schichten besteht aus der Präsentationsschicht
(Kommunikation mit dem Benutzer), der Anwendungsschicht
(Programmlogik) sowie der Datenhaltungsschicht (Datenverwaltung).
Mit dem Aufbau der IT-Infrastruktur muss ein Unternehmen entscheiden, ob es die
hierfür benötigte Hard- und Software einkauft, mietet oder selbst entwickelt. Unternehmen
haben bezüglich der technischen Infrastruktur elektronischer Shopsysteme
in der Praxis die Wahl zwischen einer ganzen Reihe von Anwendungen.
Wissenskontrolle
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Lektion 7
E-Commerce-Strategien und
ökonomische Rahmenbedingungen
LERNZIELE
Nach der Bearbeitung dieser Lektion werden Sie wissen, …
…
…
…
…
…
welche ökonomischen Rahmenbedingungen es für E-Commerce gibt.
was der Unterschied zwischen einer E-Business-Vision und einer E-Business-Mission ist.
wie konkrete Unternehmensziele abzuleiten und zu operationalisieren sind.
was die einzelnen Elemente der E-Business-Situationsanalyse sind.
wie eine E-Business-Strategieformulierung durchgeführt wird.
DL-D-BWEC01-01-L07
102 Lektion 7
7. E-Commerce-Strategien und ökonomische
Rahmenbedingungen
Einführung
Die Digitalisierung hat branchenübergreifend großen Einfluss auf die ökonomischen
Wirkungsmechanismen und die Wettbewerbsbedingungen genommen. Vor dem Hintergrund
der Strategieentwicklung für ein Electronic Business werden deshalb im ersten
Abschnitt dieser Lektion zunächst die ökonomischen Rahmenbedingungen sowie
Veränderungen im strategischen Umfeld von Unternehmen betrachtet.
Der zweite Teil widmet sich der Entwicklung von E-Business-Strategien von Unternehmen.
Dazu gehören zunächst die Formulierung einer E-Business-Vision, einer E-Business-Mission
sowie die Bestimmung eindeutig messbarer Unternehmensziele. Im Rahmen
einer E-Business-Analyse werden anschließend interne und externe
Einflussfaktoren untersucht und so die aktuelle Unternehmenssituation bestimmt.
Diese bildet die Grundlage der Entscheidung für eine bestimmte strategische Option.
Der dritte Teil befasst sich mit der strategischen Positionierung von Unternehmen. Der
Schwerpunkt liegt dabei auf zwei vorherrschenden Strategieansätzen aus der angloamerikanischen
Managementforschung: dem Market Based View und dem Resource
Based View.
7.1 Ökonomische Rahmenbedingungen
Das Electronic Business hat einen erheblichen Einfluss auf die strategische Ausrichtung
von Unternehmen. Wer diese Entwicklung ignoriert und sich weiterhin an den Wirkungsmechanismen
der traditionellen Ökonomie orientiert, der droht im internationalen
Wettbewerb abgehängt zu werden. Für die im Rahmen einer Strategieentwicklung
nötige Analyse ist es zunächst erforderlich, sich mit den ökonomischen Rahmenbedingungen,
insbesondere mit den Veränderungen im strategischen Umfeld der Internetökonomie,
auseinanderzusetzen. Hier sind vier maßgebliche Entwicklungen zu beobachten
(vgl. Wirtz 2016, S. 166ff.):
Die Konvergenz auf den E-Business-Märkten, welche sich sowohl in Bezug auf die Technik
und den Produktbereich als auch auf Anbieter- bzw. Branchenebene feststellen
lässt. Dies beinhaltet etwa die Annäherung oder Zusammenführung verschiedener
Technologien zu einem Standard (z. B. Internetzugang mit Sprachkommunikation) und
die Anreicherung mit (neuen) inhaltlichen Angeboten, aber auch die Kombination von
Produkten und Services (z. B. Musikwiedergabe via Mobiltelefon). Auf Unternehmensebene
sind das Zusammenwachsen ursprünglich getrennter Business Units, Kooperationen
bzw. ganze Verschmelzungen unterschiedlicher Unternehmen zu beobachten. Auf
dem IKT-Sektor hat die zunehmende Vernetzung zu einer Annäherung der Märkte der
Telekommunikations-, Medien- und Informationstechnologiebranche insgesamt und zu
neuen Nutzungsformen und Angeboten geführt, z. B. individuelle, kombinierte Angebote
aus Internetzugang, Telefonie, Entertainment und Mobilfunk (Individual Multiple Play).
Die Grenzen zwischen den einzelnen Branchen werden fließender.
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Lektion 7
103
E-Commerce-Strategien und ökonomische Rahmenbedingungen
Die Entwicklung neuer Produkte und Services wird wesentlich durch zwei Trends beeinflusst:
die Virtualisierung und die Innovationsdynamik. Die zunehmende Virtualisierung
betrifft sowohl die Produkte selber (zunehmende Bedeutung immaterieller Güter,
zunehmende Individualisierung) als auch die Organisationsstruktur (z. B. Änderungen
in der Distribution und Produktion). Der gestiegene Virtualisierungsgrad von Produkten
beeinflusst auch die Kostenstruktur. Während die Entwicklungskosten im Prinzip unverändert
bleiben, fallen bei der Vervielfältigung nur sehr geringe variable Kosten an. Da
Informationsprodukte durch hohe First Copy Costs gekennzeichnet sind, können bei
steigender Absatzmenge erhebliche Skalen- und Kostendegressionseffekte realisiert
werden.
Die Zunahme der Innovationsgeschwindigkeit bewirkt, dass bedeutende Neuerungen in
immer kürzeren Abständen realisiert werden. Die verkürzten Produktlebenszyklen üben
auf die Unternehmen einen erheblichen Anpassungsdruck aus. Eine weitere Folge für
die Betriebe ist, dass sich die Zeitspanne, in der sich die getätigten Investitionen amortisieren
müssen, stetig verkürzt. Dies lässt sich beispielsweise in der Kfz-Branche
beobachten, wo die wesentlichen Innovationen der letzten Jahre aus dem Elektronikbereich
kamen und auf digitalen Technologien beruhte, wie elektronische Stabilitätsprogramme
(ESP), elektronische Einparkhilfen, Selbstfahrsysteme usw. zeigen.
Als Folge der Digitalisierung und der zunehmenden Vernetzung sind folgende Entwicklungen
hinsichtlich der Komplexität von Markt und Wettbewerb zu beobachten: eine
gestiegene Markttransparenz und der Abbau von Informationsasymmetrien zwischen
Verkäufer und Käufer in fachlicher und preislicher Hinsicht. Umgekehrt wird dieser Vorteil
der Transparenz jedoch zum Teil wieder ausgehebelt, da es für den Einzelnen angesichts
der Informationsfülle im Internet schwierig ist, den Überblick zu behalten (Information
Overload). Weitere Trends sind eine zunehmende Individualisierung der
Marktteilnehmer sowie der Abbau von Markteintrittsbarrieren, da die technischen,
finanziellen und geografischen Hürden im Vergleich zur traditionellen Ökonomie unbedeutender
werden. Dadurch steigt die Anzahl der Unternehmen am Markt, was den
Wettbewerbsdruck erhöht. Eine weitere Folge dieser Entwicklung ist die zunehmende
Eliminierung von Zwischenhändlern (Disintermediation): Da über Informationsnetzwerke
relativ leicht ein direkter Kontakt zum Kunden aufgebaut werden kann, übernimmt
der Hersteller häufig selbst die Mittlerfunktion des Handels und die Distribution
seiner Produkte.
Das Verhalten der Nachfrager hat sich geändert. Dies zeigt sich in erster Linie durch
einen gestiegenen Informationsgrad, die abnehmende Bindung an einzelne Anbieter
sowie die Marktmacht der Konsumenten aufgrund zunehmender Vernetzung (Customer
Empowerment). Dieses veränderte Kundenverhalten stellt für die Unternehmen ein
erhebliches Unsicherheits- und Risikopotenzial dar. Ganz wichtige Erfolgsfaktoren im
Electronic Business sind daher Vertrauen und Reputation. Kein Anbieter kann es sich
leisten, beim Kunden in Misskredit zu fallen. So setzen seriöse Anbieter neben dem
direkten Austausch mit dem Kunden auf Verfahren und Qualitätsnachweise, welche die
Sicherheit ihrer Transaktionen gewährleisten sollen, wie z. B. auf Verschlüsselungstechniken
und kryptografische Verfahren bei der Datenübertragung oder zertifizierte Güte-
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104 Lektion 7
siegel für ihre Onlineshops. Die Folge der Marktmacht der Konsumenten ist in fast allen
Wirtschaftsbereichen ein Wechsel von Verkäufermärkten (Seller Markets) hin zu Käufermärkten
(Buyer Markets).
Netzwerkeffekte
Ein ganz typisches ökonomisches Charakteristikum im E-Commerce sind Netzwerkeffekte.
Oberstes Ziel eines Netzwerkes ist es, möglichst viele Verbindungen zwischen
den einzelnen Akteuren zu schaffen und so den Nutzen des Gesamtsystems für alle
Marktparteien zu erhöhen. Auf die Güterebene bezogen wird unter Netzwerkeffekten
verstanden, dass Konsumenten ein Gut höher bewerten, wenn es mit Produkten anderer
Konsumenten kompatibel ist (Weiber 2002). Netzwerkeffekte sind generell nicht neu.
So sind der Medien- und Telekommunikationssektor traditionell Märkte, die von intrasektoraler
Vernetzung gekennzeichnet sind. Jedoch erhöht sich durch die Konvergenz
der Industrien noch deren Bedeutung.
Es kann zwischen direkten und indirekten Netzwerkeffekten unterschieden werden. Bei
einem direkten Netzwerkeffekt steigt der Wert der Netzleistung, je mehr Nachfrager das
gleiche Gut verwenden. Bei indirekten Netzwerkeffekten erhöht sich mit steigendem
Verbreitungsgrad eines Gutes die Substituierbarkeit zwischen komplementären Gütern,
z. B. weil sich das Servicenetz verbessert oder Standards am Markt herausbilden, die
eine Massenproduktion begünstigen. Dies schlägt sich in der Regel in Qualitätsverbesserungen
bzw. Kostensenkungen nieder. Beispiele hierfür sind Standardsoftware wie
Microsoft Office, das Betriebssystem Windows oder der Messaging-Service WhatsApp.
Zwischen der Netzwerkgröße und dem Wert des Netzwerkes besteht nur ein indirekter
Zusammenhang (Weiber 2002).
Eine weitere Konsequenz der Digitalisierung ist die zunehmende Spezialisierung von
Unternehmen. Für die Wertschöpfungskette dieser Unternehmen bedeutet dies allerdings,
dass nicht effizient zu erbringende Aktivitäten und Produktionsprozesse zunehmend
ins Ausland ausgelagert bzw. fremdvergeben werden (vgl. Wirtz 2016, S. 182).
Die Netzwerkeffekte
erhöhen über möglichst
viele Verbindungen
zwischen
den Akteuren den
Nutzen des Gesamtsystems.
„The-winner-takes-itall-Prinzip“
Beim „The-winnertakes-it-all-Prinzip“
kann sich häufig nur
ein bereits am Markt
etablierter Anbieter
durchsetzen.
Obwohl der Umsatz im E-Commerce in den nächsten Jahren noch deutlich steigen
dürfte, wird dies vermutlich nicht zu einer höheren Anzahl von Online-Anbietern führen.
Das liegt u. a. daran, dass sich ein Nachfrager nur mit einer bestimmten Anzahl von
Anbietern in einem Marktsegment befassen kann. Das Prinzip, welches dahintersteckt,
wird als „The-winner-takes-it-all“ bezeichnet. Dieses Modell besagt, dass aufgrund des
zeitlichen Vorsprungs häufig nur der Erste auf dem Markt in der Lage ist, seine Online-
Community und sein Angebot so zu vergrößern, dass neue Anbieter praktisch chancenlos
sind („First-Mover“-Vorteil). Google oder Amazon hatten deswegen lange nur das
Ziel, ihren jeweiligen Marktanteil konstant zu halten. Langfristig kann dies bedeuten,
dass auf bestimmten Märkten nach einer Bereinigungs- und Akquisitionsphase eine
globale Monopolisierung stattfindet. D. h., dass nur wenige oder (ein) große(r) Anbieter
ihren jeweiligen Markt beherrschen werden, was wiederum an Amazon und Google gut
zu beobachten ist.
Innovationen und findige Wettbewerber, meist Start-ups, können etablierte Unternehmen
und ihre Marken oder Geschäftsmodelle allerdings auch gehörig unter Druck setzen
oder sogar ganz vom Markt verdrängen. Hierfür kam Mitte der 1990er-Jahre der
Begriff Disruption auf. Beispiele sind etwa die freie Online-Enzyklopädie Wikipedia,
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Lektion 7
105
E-Commerce-Strategien und ökonomische Rahmenbedingungen
welche die Anschaffung mehrbändiger Lexika nahezu überflüssig gemacht hat, oder die
Ablösung der SMS durch Messaging-Dienste wie WhatsApp. Es hat sich jedoch auch
gezeigt: Ehemalige Platzhirsche existieren meist noch lange in leicht veränderter Form
(erfolgreich) weiter, während Start-ups häufig schon nach kurzer Zeit wieder vom Markt
verschwinden.
7.2 Entwicklung von E-Business-Strategien
Disruption
Die Disruption
beschreibt die Verdrängung
traditioneller
Geschäftsmodelle,
Produkte oder
Technologien durch
Innovationen.
Zur Entwicklung einer E-Business-Strategie ist es erforderlich, die aktuelle Unternehmens-,
Markt- und Wettbewerbssituation zu analysieren. Dazu gehören zunächst die
Formulierung einer Unternehmensvision (Electronic-Business-Vision), einer Electronic-
Business-Mission sowie von E-Business-Zielen. Im zweiten Schritt wird eine Electronic-
Business-Analyse auf Basis der Ist-Situation eines Unternehmens durchgeführt. Hierfür
werden interne und externe Einflussfaktoren untersucht und im Rahmen einer Stärkenund-Schwächen-Analyse
sowie einer Chancen-Risiken-Analyse bewertet. Auf Grundlage
dieser Analysen können die strategischen Optionen abgeleitet werden und das Unternehmen
legt sich auf eine geeignete Electronic-Business-Strategie fest. Die nächsten
Schritte wären die Umsetzung und Implementierung dieser Strategie sowie deren
Erfolgsmessung im Praxisbetrieb, z. B. mit dem Scorecard-Ansatz (vgl. Wirtz 2016,
S. 213ff.). Die letzten beiden Schritte sollen hier jedoch vernachlässigt werden.
Electronic-Business-Vision
Basis für die Zielplanung ist die Formulierung einer Electronic-Business-Vision. Diese
beschreibt die Leitidee des unternehmerischen Handelns und die ideale Vorstellung
des Unternehmens von der eigenen Zukunft. Die Unternehmensvision gibt Orientierung
für die strategische Unternehmensentwicklung (vgl. Wirtz 2016, S. 214; Hill/Jones 2004,
S. 10). Eine Unternehmensvision liegt dann vor, wenn diese eine nutzenstiftende, motivierende
und gleichzeitig handlungsleitende Funktion erfüllt. Des Weiteren kann eine
Vision in folgende vier Kategorien eingeteilt werden (vgl. Wirtz 2016, S. 214ff.; Müller-Stewens/Lechner
2011, S. 227):
Electronic-Business-
Vision
Die Electronic-Business-Vision
fasst die
Leitidee und das
Zukunftsbild eines
Unternehmens
zusammen.
• Anstreben eines zukünftigen Zielzustandes (Zielfokus),
• Änderung von grundlegenden Geschäftsideen (Wandelfokus),
• Übertreffen eines Konkurrenten (Feindfokus),
• Erfüllung einer Vorbildcharakterfunktion (Rollenfokus).
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106 Lektion 7
Darüber hinaus ist für die Formulierung einer E-Business-Vision die angenommene
künftige Bedeutung des Internets für die jeweilige Branche relevant. Dafür muss beispielsweise
analysiert werden, inwieweit die Konkurrenz Wettbewerbsvorteile durch die
Nutzung des Internets erzielen kann, ob die Industrie geprägt durch Intermediäre und/
oder B2B-Marktplätze ist, welche relevanten technologischen Entwicklungen es gibt
und ob Gefahr durch neue Marktteilnehmer oder Substitute droht (vgl. Wirtz 2016,
S. 215; Chaffey 2009, S. 282ff.).
Electronic-Business-Mission
Electronic-Business-
Mission
Die Electronic-Business-Mission
gibt
klare Wertmaximen
vor, damit Mitarbeiter,
aber auch Kunden
wissen, wofür
das Unternehmen
steht.
Der nächste Schritt im Rahmen der Strategieentwicklung ist die Erarbeitung einer sogenannten
Electronic-Business-Mission. Bei dieser werden zentrale Aussagen hinsichtlich
des Unternehmenszwecks, der Werte und des Verhaltensstandards getroffen. Die Business-Mission
legt auch fest, welche Leistungen ein Unternehmen erbringt. Diese Wertmaximen
stellen klare Handlungsanweisungen für die Mitarbeiter dar. Die Mission eines
Unternehmens richtet sich jedoch nicht nur an die eigenen Mitarbeiter, sondern auch
an die Kunden. Diese sollen wissen, wofür das Unternehmen steht. Anders ausgedrückt
trägt die E-Business-Mission als primärer Leitgedanke zur Erfüllung der Kundenbedürfnisse
im Internet bei (vgl. Wirtz 2016, S. 216; Grant 2006, S. 61).
Electronic-Business-Ziele
Auf Basis von E-Business-Vision und E-Business-Mission können als nächstes die E-
Business-Ziele bestimmt werden. Mit der Festlegung auf konkrete Ziele wird die Richtung
der langfristigen Unternehmensentwicklung vorgegeben. Ziele nehmen im Unternehmen
eine koordinierende Funktion ein und stellen eine normative Vorstellung über
den künftigen Zustand des Unternehmens dar. Auch im E-Business stehen selbstver-
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Lektion 7
107
E-Commerce-Strategien und ökonomische Rahmenbedingungen
ständlich die klassischen unternehmerischen Fundamentalziele wie Gewinn, Umsatz,
Cashflow, Return on Investment (RoI) oder Wertsteigerung im Vordergrund (vgl. Wirtz
2016, S. 217).
Bei der Zielformulierung hat sich die SMART-Formel (Spezifisch – Messbar – Akzeptiert –
Realistisch – Terminierbar) durchgesetzt, welche Hilfestellung für die Formulierung
konkreter und eindeutig messbarer Ziele gibt. Hinsichtlich der Zielinhalte sind zwei
Ansätze vorherrschend: der Shareholder-Value-Ansatz sowie der Stakeholder-Value-
Ansatz.
E-Business-Ziele
Die E-Business-Ziele
haben eine koordinierende
Funktion
und stellen eine normative
Sicht auf die
künftige Ausrichtung
des Unternehmens
dar.
Der Shareholder-Value-Ansatz setzt darauf, dass effiziente und profitable Unternehmen
bessere Zukunfts- und Überlebensaussichten haben, höhere Dividenden an die Anteilseigner
(Shareholder) zahlen können und deshalb die Nachfrage nach Unternehmensanteilen
steigt. Rechtmäßige Anteilseigner können z. B. Aktionäre, Teilhaber oder
Gesellschafter sein, welche das benötigte Unternehmenskapital zur Verfügung stellen.
Deshalb stehen beim Shareholder-Value-Ansatz auch die finanziellen Interessen der
Anteilseigner im Mittelpunkt. Dabei sollten jedoch nicht nur kurzfristige Ziele verfolgt
werden. Denn welche Folgen es für E-Business-Unternehmen haben kann, den langfristigen
Erfolg nicht im Blick zu haben, lässt sich an den Erfahrungen der geplatzten Dotcom-Blase
aus dem Jahr 2000 ablesen (vgl. Wirtz 2016, S. 218).
Shareholder-Value-
Ansatz
Einen ganz anderen Schwerpunkt legt der Stakeholder-Value-Ansatz. Dieser verfolgt
mit einer pluralistischen Zielausrichtung neben den Ansprüchen der Anteilseigner auch
die Interessen der übrigen Anspruchsgruppen des Unternehmens (Mitarbeiter, Lieferanten,
Staat, Gesellschaft). Um die unterschiedlichen Interessen der Stakeholder in den
Unternehmenszielen berücksichtigen zu können, teilt man diese in primäre (marktbezogene)
und sekundäre (nicht marktbezogene) Stakeholder ein. Im nächsten Schritt
muss herausgefunden werden, welche Ziele die jeweiligen Stakeholder verfolgen und
welchen Einfluss sie auf das Unternehmen ausüben können. Der Erfahrung nach ist das
oberste Ziel von Unternehmen die langfristige Profitabilität. Dabei hat sich gezeigt, dass
die alleinige Konzentration auf finanzielle Ziele wie die Gewinnmaximierung meist nicht
ausreicht, sondern dass die Ansprüche aller Stakeholder in den Zielinhalten berücksichtigt
werden müssen (vgl. Wirtz 2016, S. 218ff.).
Beim Shareholder-
Value-Ansatz liegt
der Fokus auf den
finanziellen Interessen
der Anteilseigner.
Stakeholder-Value-
Ansatz
Der Stakeholder-
Value-Ansatz verfolgt
eine pluralistische
Zielausrichtung.
Die nachfolgende Tabelle zeigt Beispiele für E-Business-Ziele und mit welchen E-Business-Strategien
diese zu erreichen sind (vgl. Wirtz 2016, S. 220):
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108 Lektion 7
E-Business-Ziele und E-Business-Strategien
Electronic-Business-Ziele
Electronic-Business-Strategien
• Umsatzgenerierung in neuen geografischen
Märkten
• Umsatzwachstum von Produkten mit
geringem Umsatzanteil
• Kundenbindung strategisch wichtiger
Kunden/Großkunden
• Verbesserung der Effizienz des
Beschaffungsmanagements
• Verbesserung der Time To Market
und Kosten für die Neuproduktentwicklung
• Ausbau der Lieferanteneffizienz und
Netzwerkeffizienz
• Übernahme größerer Verantwortung
für die Umwelt
• Bereitstellung von E-Commerce-
Möglichkeiten für Standard Products
• Bereitstellung von E-Commerce-
Möglichkeiten für Smaller Scale Products
• Soft Lock In durch Exranet-Bereitstellung
• Entwicklung eines E-Procurement-
Systems
• Nutzung von Kollaborationen und
Project Management Tools
• Entwicklung eines integrierten Partner
Extranet
• Etablierung eines Paperless Office
E-Business-Analyse
Interne Business-
Analyse
Die interne Business-Analyse
untersucht
die Ressourcen,
Prozesse und
Kernfähigkeiten
eines Unternehmens
und vergleicht diese
mit den wichtigsten
Konkurrenten.
Den Ausgangspunkt einer Electronic-Business-Analyse bildet die Situationsanalyse.
Diese hat eine externe und eine interne Dimension. Die interne Analyse untersucht die
unternehmensinternen Ressourcen, Prozesse und Fähigkeiten sowie die Aktivitäten am
Markt. Die Ergebnisse können zusammen mit der Untersuchung der Wettbewerbssituation
zu einer Stärken-Schwächen-Analyse verdichtet werden. Die dafür notwendige
Wettbewerbsanalyse widmet sich den Kompetenzen und Ressourcen der Konkurrenz,
speziell deren Wettbewerbsverhalten sowie Marktaktivitäten. Sie dient dem Vergleich
des eigenen Unternehmens mit den wichtigsten Gegenspielern. Dafür werden Ziele,
Strategien und Fähigkeiten der Konkurrenten hinsichtlich Marktgröße, Bekanntheitsgrad
und Innovativität untersucht. Die Genauigkeit der Ergebnisse hängt natürlich von den
verfügbaren Informationen ab. Im Rahmen des E-Business sind neben Unternehmenskennzahlen
und Kundenmeinungen auch Homepages, Communitys, Chatrooms und
Blogs eine bedeutende Informationsquelle. Ergebnis der Wettbewerbsanalyse ist ein
Wettbewerberprofil, welches konkrete Aussagen zu Produkten, Technologien, Management,
Prozessen, Strategien, Finanzen, Marketing, Marktzugang, Kundenservice und
Netzwerken aufzeigt. Aus dem direkten Vergleich bzw. den herausgearbeiteten Vor- und
Nachteilen lässt sich der Handlungsspielraum für das Unternehmen ableiten (Wirtz
2016, S. 222ff.). Auch das Produktprogramm und die Dienstleistungen eines Unternehmens
müssen daraufhin untersucht werden, ob sie für das Electronic Business geeignet
sind (Electronic Business Fit).
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Lektion 7
109
E-Commerce-Strategien und ökonomische Rahmenbedingungen
Die externe Analyse betrachtet das Unternehmensumfeld auf der Mikro- und der Makroebene.
Auf der Mikroebene werden die Kundenbedürfnisse sowie das Verhalten der
Kunden und Wettbewerber beurteilt (vgl. Wirtz 2016, S. 220ff.; Chaffey 2009, S. 269). Da
die Konsumenten im E-Business ein sehr spezifisches Kaufverhalten zeigen, ist es wichtig,
die einzelnen Zielgruppen voneinander abzugrenzen. Folgende Kriterien sind für
eine Kundensegmentierung geeignet (vgl. Wirtz 2016, S. 223ff.):
• Eigenschaften von Nachfragern: Alter, Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit, Kaufkraft,
Lebensstil, IT-Affinität, Interneterfahrung, Internetzugang;
• Kauf-/Benutzungssituation: Kaufvolumen (Menge), Markentreue, Kaufverhalten/
Bedeutung des Kaufs, Auswahlkriterien (Preis, Auswahl etc.), terminliche Dringlichkeit
(Lieferzeiten, Versandoptionen);
• Bedürfnis und Charakteristika der Leistung: Produktähnlichkeit/Vergleichbarkeit,
Markenpräferenzen, Produkteigenschaften, Qualität, Sicherheit, technologische Vielfalt.
Externe Analyse
Die externe Analyse
betrachtet das
Unternehmensumfeld
auf der Mikround
der Makroebene.
Mit der Segmentierung der Nachfrager soll die Wirkung von Marketingmaßnahmen und
Umweltfaktoren auf das faktische Kaufverhalten der Konsumenten überprüft werden.
Das Oberziel ist eine treffende Kundenansprache unter Berücksichtigung der speziellen
Bedürfnisse der jeweiligen Zielgruppe. Dafür sollten die Kunden in möglichst homogene
Gruppen eingeteilt werden, die jedoch eindeutig voneinander abgrenzbar sind
(vgl. Wirtz 2016, S. 224).
Auf der Makroebene werden die Marktstrukturen und regulativen Rahmenbedingungen
untersucht. Bei den Marktstrukturen wird zunächst analysiert, auf welche Rahmenbedingungen
das Unternehmen einen direkten oder indirekten Einfluss hat. Dabei handelt
es sich um die Strukturen aller für das betrachtete Unternehmen relevanten Märkte wie
den Beschaffungsmarkt, den Absatzmarkt, den Markt für Mitarbeiter sowie die auf diesen
Märkten zu beobachtenden Angebots- und Nachfragemuster. Hierfür kann auf das
Modell der fünf Wettbewerbskräfte nach Michael E. Porter (Five Forces) zurückgegriffen
werden. Das Modell stellt die maßgeblichen Einflussfaktoren für die Wertschöpfung und
den Unternehmenserfolg dar und ist ein Hilfsmittel für die strategische Analyse. Porter
differenziert darin fünf zentrale Wettbewerbskräfte, die in der nachfolgenden Abbildung
um grundlegende strukturelle Rahmenbedingungen des E-Business ergänzt wurden
(vgl. Wirtz 2016, S. 225).
Five Forces Model
Das Five Forces
Model von Porter
beschreibt die maßgeblichen
Faktoren
für den strategischen
Unternehmenserfolg.
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110 Lektion 7
Strategische Analyse
Im Rahmen der strategischen
Analyse
werden auch solche
Rahmenbedingungen
untersucht, auf
die das Unternehmen
keinen Einfluss
hat.
Zuletzt sind im Zuge der strategischen Analyse solche Rahmenbedingungen zu untersuchen,
auf die das Unternehmen kaum Einfluss hat. Das können regulative, ökonomische,
gesellschaftliche, technische und soziale Aspekte sein, welche den Handlungsspielraum
des Unternehmens einschränken. Im E-Business finden sich auf regulativer
Ebene beispielsweise Datenschutzrichtlinien und Sorgfaltspflichten (speziell für den
Umgang mit Minderjährigen). Auf technischer Ebene betrifft dies z. B. unterschiedliche
Protokolle zur Verschlüsselung von Daten. Eine soziale Einflussgröße wäre die Kaufkraft,
ein gesellschaftlicher Aspekt der relativ niedrige Altersdurchschnitt von Internetnutzern.
Aus den Kundenbedürfnissen, der Marktstruktur sowie der Umfeldanalyse lassen sich
die Chancen und Risiken eines Marktes ableiten. Damit sollen frühzeitig bestimmte Entwicklungstendenzen
erkannt werden. So kann das Unternehmen abschätzen, ob auf
dem jeweiligen Gebiet Handlungsbedarf besteht (vgl. Wirtz 2016, S. 226).
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Lektion 7
111
E-Commerce-Strategien und ökonomische Rahmenbedingungen
Ein Abgleich der Chancen-Risiken-Analyse aus der externen Analyse mit der Stärken-
Schwächen-Analyse aus der internen Analyse führt letztlich zur Einschätzung der Unternehmenssituation
und dient als Entscheidungsgrundlage für die Wahl der richtigen
Strategie (vgl. Wirtz 2016, S. 221ff.). Die folgende Abbildung fasst die wichtigsten Aspekte
der E-Business-Situationsanalyse noch einmal zusammen:
7.3 Strategische Positionierung
Im Bestreben nach einer erfolgreichen strategischen Positionierung haben sich seit
den 1980er- und 1990er-Jahren insbesondere zwei Strategieansätze aus der angloamerikanischen
Managementforschung durchgesetzt: der Market Based View und der
Resource Based View. Der Market Based View beinhaltet Marktstruktur- und Marktverhaltenselemente
und stützt sich im Wesentlichen auf das bereits erwähnte Five Forces
Model von Michael E. Porter. Bei diesem stehen die Branche, in der sich das Unternehmen
bewegt, sowie der Wettbewerb im Zentrum der Betrachtungen. Der Markt wird
durch aktuelle und potenzielle Kunden, Konkurrenten, Abnehmer, Substitutionsprodukte
und Lieferanten beeinflusst. Der Resource Based View führt den dauerhaften
Unternehmenserfolg auf die Besonderheit der Unternehmensressourcen zurück. Dies
können beispielsweise Vermögenswerte, die Leistungsfähigkeit, die Prozessorganisation
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112 Lektion 7
Market Based View
und Resource Based
View
Der Market Based
View und der
Resource Based View
haben sich als
wesentliche Strategiekonzepte
im E-
Business durchgesetzt.
und Kernkompetenzen wie Fachwissen der Mitarbeiter o. Ä. sein. Es kommt jedoch
zunehmend zu einer Überlagerung dieser beiden Strategieschulen (vgl. Wirtz 2016,
S. 208ff.).
Aufgrund verschiedener Charakteristika kann Strategie im Electronic Business wie folgt
definiert werden: „Eine Strategie im Electronic Business kann vor dem Hintergrund der
erheblichen Evolutionsdynamik als zumeist mittelfristige Zielrichtung von Unternehmensverhalten
unter Berücksichtigung der externen Markt- und Wettbewerbsbedingungen,
der Ressourcendisposition und der Kernkompetenzen interpretiert werden, die der
Erzielung eines nachhaltigen Wettbewerbsvorteils dient“ (Wirtz 2016, S. 212). Die Electronic-Business-Strategie
eines Unternehmens wird immer in die Gesamtunternehmensstrategie
eingebettet und ist dieser untergeordnet, wie die folgende Abbildung verdeutlicht:
Marktstrategie
Die Marktstrategie
beschreibt das Vorgehen,
welches ein
Unternehmen wählt,
um den Markt zu
bedienen.
Um sich auf eine E-Commerce-Strategie festzulegen zu können, ist es zunächst nötig,
sich einen Überblick zu verschaffen, welche Strategien am besten dazu geeignet sind,
das Portfolio am Markt bzw. im Wettbewerb zu platzieren. Die Marktstrategie
beschreibt das Vorgehen, welches ein Unternehmen wählt, um den Markt zu bedienen.
Nach Porter bedient ein idealtypisches Unternehmen entweder den Gesamtmarkt oder
belegt nur eine bestimmte Nische (vgl. Porter 1985, S. 11). Die Wettbewerbsstrategie
stellt die Kernkompetenz eines Unternehmens in den Mittelpunkt. Aufgrund der Marktspezifika
im E-Business (z. B. schnelle Innovationszyklen, geringe Wechselbarrieren
oder niedrige variable Kosten in Verbindung mit den sich schnell ändernden Kundenpräferenzen)
sind Wettbewerbsstrategien vorzuziehen, die auf eine möglichst schnelle
Erzielung von Kostendegressionseffekten und den damit verbundenen Skalenerträgen
ausgerichtet sind (vgl. Wirtz 2016, S. 227). Porter unterscheidet grundsätzlich zwei Arten
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Lektion 7
113
E-Commerce-Strategien und ökonomische Rahmenbedingungen
von Wettbewerbsvorteilen: niedrigere Kosten und Differenzierung. Ein Unternehmen,
das zu niedrigeren Kosten produzieren kann, erzielt bei gleichem Marktpreis höhere
Renditen. Eine Differenzierungsstrategie zielt auf eine überlegene Produktleistung ab
und kann folglich Kundenbedürfnisse besser befriedigen als der Wettbewerb. Dies hat
in der Regel eine höhere Kaufpräferenz zur Folge, welche dem Unternehmen wiederum
Preiszuschläge ermöglicht. Diese beiden Arten von Wettbewerbsvorteilen werden von
Porter auch als „generische“ Strategien bezeichnet, da zumindest in der traditionellen
Ökonomie nur diese beiden Ausrichtungen realisierbar sind (vgl. Wirtz 2016, S. 228; Porter
1985). Da Porters Konzept allerdings noch kaum auf die im E-Business besonders
relevanten hybriden Strategien eingeht, haben sich seit dem New-Economy-Boom eine
Vielzahl weiterer Strategieansätze für das E-Business herausgebildet (vgl. Wirtz 2016,
S. 229). In der nachfolgenden Tabelle sind die verschiedenen Strategieoptionen zusammengefasst.
Wettbewerbsstrategie
Die Wettbewerbsstrategie
stellt die
Kernkompetenz
eines Unternehmens
in den Mittelpunkt.
Wettbewerbsstrategien im E-Business
Strategie USP Revenue-
Modell
Key Impact
Factors
Beispiele
Informationsführer
Zeitnahe,
qualitative
Informationen
Abonnements,
Advertising
Informationsbeschaffung
Onvista.de
Handelsblatt.de
Sortimentsführer
Größtes Produktsortiment
Produktverkäufe,
Provisionen
Verfügbarkeit,
Value
Added Services
Amazon.de
Spotify.com
Preisführer
Günstigstes
Angebot
Produktverkäufe
Einkauf, Supply
Chain
Management
1DayFly.com
Flug.de
Publikumsführer
Meiste Nutzer
Werbung,
Mitgliedschaft
Netzwerkeffekte,
Standards
Microsoft
Neu.de
Qualitätsführer
Beste Qualität
Produktverkäufe,
Gebühren
Marken, Service
Fleurop.de
Ard.de
Individualitätsführer
Höchste
Personalisierung
Produktverkäufe
Adaptivität,
Kundenorientierung
Mymuesli.com
Myspace.com
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114 Lektion 7
In der Übersicht sind die beiden generischen Strategien von Porter unter der Bezeichnung
Qualitäts- und Preisführerschaft als Strategieoptionen im E-Business erhalten
geblieben. Neu hinzugekommen sind die Strategien der Informations-, Sortiments-,
Publikums- und Individualitätsführerschaft (vgl. im Folgenden Wirtz 2016, S. 229ff.; Rayport/Jaworski
2001, S. 94ff.).
• Die Informationsführerschaft ist darauf ausgerichtet, seinen Kunden jederzeit die
aktuellsten, glaubwürdigsten und/oder am besten recherchierten Informationen zu
liefern. Der wichtigste Bestandteil dieser Strategierichtung sind die bereitgestellten
Informationen, welche es entsprechend zu beschaffen und zu verarbeiten gilt.
Voraussetzung für diese Strategie sind qualifizierte und gut vernetzte Mitarbeiter,
mit schnellem Zugang zu zuverlässigen Informationsquellen. Gefahren dieser Strategie
sind eine noch schnellere Konkurrenz bzw. die Substitution kostenpflichtiger
durch kostenfreie Dienste.
• Die Sortimentsführerschaft stellt auf die größtmögliche Sortimentsbreite ab. Diese
Strategie kann sowohl auf einem Nischenmarkt als auch dem Gesamtmarkt umgesetzt
werden. Wichtig sind hier insbesondere gute Beziehungen zu den Zulieferern
und On-Demand-Lieferungen, ein strukturierter E-Shop sowie der Bekanntheitsgrad
der Marke/des Shops, um ausreichend Kunden akquirieren zu können. Der Markterfolg
kann durch Value Added Services wie Empfehlungslisten oder Nutzerbewertungen
unterstützt werden. Risiken dieser Strategie liegen in hohen Entwicklungs-,
Betriebs- und Marketingkosten.
• Im Rahmen der Publikumsführerschaft liegt der Strategiefokus in der Regel auf dem
schnellen Auf- und Ausbau eines Nutzernetzwerkes. Eine derartige Strategie verfolgt
Microsoft mit seinem Windows-Betriebssystem und den Office-Programmen. Soziale
Netzwerke wie Facebook oder XING sind Beispiele für Communitys, deren führende
Marktposition darauf zurückgeht, der Erste zu sein, der sich einen Markt erschließt
(First Mover Advantage). Eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg dieser Strategie
ist die Skalierbarkeit der Systeme und Anwendungen, die eine stetige Erweiterung
der Nutzeranzahl ermöglicht. Die Publikumsführerschaft kann aber auch qualitativ
begründet sein und sich auf kleinere, geschlossene Zielgruppen beschränken.
• Die Strategie der Individualisierungsführerschaft ist auf die bestmögliche Erfüllung
von Kundenbedürfnissen ausgerichtet. Ausschlaggebend für den Erfolg dieser Strategie
ist, dass neben einem guten Kundenverständnis beim Nutzer ein Gefühl der
Freiheit zur individuellen Produktgestaltung entsteht. Die größte Gefahr dieser Strategie
können neue Anbieter sein, die dem Kunden noch mehr Freiheiten und individuelle
Gestaltungsmöglichkeiten bieten, etwa durch den Einsatz neuer Technologien.
Zur sinnvollen Auswahl von strategischen Optionen können diese anhand bestimmter
Kriterien bewertet werden. Folgende Bewertungskriterien kommen in Theorie und Praxis
am häufigsten zum Einsatz (vgl. im Folgenden Wirtz 2016, S. 233ff.; Müller-Stewens/
Lechner 2011, S. 322ff.):
• Zweckmäßigkeit: Mit diesem Kriterium wird überprüft, inwieweit E-Business-Strategien
geeignet sind, die anvisierten Ziele zu erreichen. Hierzu werden insbesondere
die Stärken bzw. Schwächen der jeweiligen E-Business-Strategie betrachtet und
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115
E-Commerce-Strategien und ökonomische Rahmenbedingungen
untersucht, ob die Interessen aller relevanten Stakeholder berücksichtigt werden
bzw. ob die Strategie mit den Unternehmenszielen vereinbar ist. Es wird auch kontrolliert,
ob die E-Business-Strategie zur E-Business-Vision bzw. -Mission passt.
• Zielerreichung: Hier liegt der Fokus ausschließlich auf der Erreichbarkeit der finanziellen
Ziele. Dies geschieht auf Basis von Kennzahlen. Der meistverbreitete Ansatz ist
der Discounted Cashflow. Mit diesem Verfahren wird der um die Kapitalkosten bereinigte
Wert zukünftig erwarteter Zahlungsüberschüsse auf den Bewertungsstichtag
ermittelt (Barwert). Der Vorteil derartiger Analysen liegt in der guten Vergleichsmöglichkeit
aufgrund eindeutig festgelegter Berechnungsvorschriften. Der Nachteil
besteht darin, dass künftige Markt- und Unternehmensentwicklungen gerade in der
sich schnell verändernden Internetökonomie nur sehr schwer präzise vorausgesagt
werden können.
• Machbarkeit: Mithilfe dieses Kriteriums wird überprüft, ob ein Unternehmen über
die erforderlichen Ressourcen verfügt, um die verfolgte Strategie erfolgreich umsetzen
zu können. Gemeint sind hierbei neben materiellen Ressourcen insbesondere
die unternehmerischen Fähigkeiten und Kenntnisse sowie das unternehmensinterne
Know-how.
• Electronic Business Fit: Hiermit wird beurteilt, ob eine durchgängige und widerspruchsfreie
Konsistenz der E-Business-Strategie mit den zusammenhängenden
Maßnahmen besteht, insbesondere bei solchen Strategien, die sich aus mehreren
Elementen zusammensetzen. Analysiert wird, ob die einzelnen Elemente der E-Business-Strategie
zusammenpassen (Intra-E-Strategie-Fit), ob die Elemente mit den
Systemkomponenten harmonieren (E-Strategie-System-Fit) und inwieweit die Elemente
des gesamten Systems sowohl nach innen als auch nach außen konsistent
sind (Intra-System-Fit) (vgl. Scholz 1987, S. 66).
Wie eine systematische Bewertung anhand der eben genannten Kriterien durchgeführt
werden kann, soll die folgende Abbildung beispielhaft verdeutlichen. Auf Basis dieser
Bewertungsmatrix kann eine passende E-Business-Strategie ausgewählt werden. Der
nächste Schritt wäre die Strategieimplementierung, auf die hier allerdings nicht näher
eingegangen wird (vgl. Wirtz 2016, S. 234ff.).
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116 Lektion 7
Welche die beste Überlebensstrategie im E-Commerce ist oder wie die Unternehmenslandschaft
in einigen Jahren aussehen könnte, ist schwer vorherzusagen. Wesentlich ist
jedoch, dass sich die Unternehmen nicht nur als Hightechunternehmen und Online-
Profis sehen, sondern sich auch auf ihre eigentlichen Handelskompetenzen, v. a. auf
das Sortiment, konzentrieren. Es lassen sich vier Szenarien aufzeigen, wie Online-Händler
in Zukunft erfolgreich bestehen könnten: ein Category Killer (Spezialist für ein
bestimmtes Segment) oder ein spezialisierter Nischenanbieter werden, eine neue Technologie
ausnutzen oder neue Geschäftsfelder erschließen (vgl. Heinemann 2017, S. 308).
Die vier Szenarien sind in der folgenden Übersicht abgebildet:
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Lektion 7
117
E-Commerce-Strategien und ökonomische Rahmenbedingungen
Ein Erfolg versprechender Weg könnte der Versuch sein, „ein zweites Zalando“, sprich
eine eigene Marke für ein bestimmtes Segment oder eine Nische, zu werden. Hiermit
sind nicht teure Marketingkampagnen gemeint, sondern der Aufbau eines Images, das
mit (positiven) Emotionen belegt werden kann. Das E-Commerce-Unternehmen muss
ein Markenversprechen geben, das es mit seinen Geschäftsideen, seinem Produktsortiment
und seinen Preisen auch einlösen kann (vgl. Heinemann 2017, S. 309).
Zusammenfassung
E-Commerce und E-Business sind vor allem Reaktionen auf den technischen Fortschritt
der letzten 20 Jahre. Dieser hat im strategischen Umfeld von Unternehmen
eine ganze Kette von Einflussfaktoren und Reaktionen ausgelöst. Dazu gehören beispielsweise
die zunehmende Standardisierung, eine Erhöhung der Innovationsgeschwindigkeit,
sinkende Marktbarrieren, härterer Wettbewerb, Kostenreduktion,
Netzwerkeffekte, Informationstransparenz, Globalisierung oder die Reduktion von
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118 Lektion 7
Zugangs-, Transaktions- und Wechselkosten. Da das Internet kein streng regulierter
Raum ist, sind Vertrauen und Reputation für seriöse Anbieter im Electronic Business
ein ganz wichtiger Erfolgsfaktor.
Ausgangspunkt für die Entwicklung einer Electronic-Business-Strategie bildet die
Formulierung einer E-Business-Vision. Eine Unternehmensvision sollte eine nutzenstiftende,
motivierende und gleichzeitig handlungsleitende Funktion erfüllen. Sie
bezieht eine ideale Zukunftsvorstellung des Unternehmens unter Berücksichtigung
der zukünftigen Relevanz des Internets für die jeweilige Branche mit ein. Neben der
Unternehmensvision sollte eine E-Business-Mission erarbeitet werden. Diese enthält
zentrale Aussagen hinsichtlich des E-Business-Zwecks, der Werte und Verhaltensstandards.
Nach der Festlegung auf eine E-Business-Vision und eine E-Business-Mission
können konkrete Unternehmensziele abgeleitet und operationalisiert
werden.
Die eigentliche E-Business-Analyse beginnt mit der Situationsanalyse. Diese
umfasst zwei Dimensionen: Die externe Analyse beinhaltet eine Betrachtung des
Unternehmensumfeldes auf Mikro- und Makroebene. Die im Rahmen der externen
Analyse durchgeführte Umfeld- und Marktuntersuchung wird in der Chancen-Risiken-Analyse
zusammengeführt. Die interne Analyse umfasst die Untersuchung von
unternehmensinternen Ressourcen und Prozessen sowie der Aktivitäten am Markt.
Diese Analysen sowie die Beurteilung der Wettbewerbssituation können dann zu
einer Stärken-Schwächen-Analyse verdichtet werden. Ein Abgleich beider Analysen
führt letztlich zur Einschätzung der Unternehmenssituation und begründet die
Wahl der grundlegenden Strategie.
Für die Formulierung einer E-Business-Strategie ist es erforderlich zu wissen, wie
das elektronische Leistungsangebot am Markt positioniert werden kann. Zur sinnvollen
Auswahl von strategischen Optionen ist eine Bewertung anhand der Kriterien
Zweckmäßigkeit, Zielerreichung, Machbarkeit sowie E-Business-Fit zu empfehlen.
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Anhang 1
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Anhang 2
Abbildungsverzeichnis
126 Anhang 2
Abbildungsverzeichnis
Dimensionen der Informationsgesellschaft
Quelle: Wirtz 2016, S. 15.
Der Wettbewerbsfaktor Information als Basis der Informationsökonomie
Quelle: Kollmann 2016, S. 48.
Die elektronische Wertschöpfungskette in der Digitalen Wirtschaft
Quelle: Kollmann 2016, S. 51.
Mobile Added Values
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Pichlmeier 2010, S. 27–29; Heinemann 2017,
S. 137–138.
Entwicklung der Informations- und Kommunikationsanwendungen
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Wirtz 2016, S. 9–13.
Datenübertragungsraten in der zeitlichen Entwicklung
Quelle: Kollmann 2016, S. 9, in Anlehnung an Picot et al. 2003, S. 150.
Vom Web 1.0 zum Web 3.0
Quelle: Kollmann/Häsel 2007, S. 246, zit. nach Kollmann 2016, S. 91.
Entwicklungsphasen des E-Commerce
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Heinemann 2017, S. 36.
Geschäftsbeziehungen im E-Business
Quelle: Kollmann 2016, S. 59.
Beispiele für typische Geschäftsbeziehungen im E-Business
Quelle: Meier/Stormer 2016, S. 3.
4C-Net Business Model
Quelle: Wirtz 2016, S. 269.
Geschäftsmodelle im Online-Handel
Quelle: Heinemann 2017, S. 46, in Anlehnung an Kollmann 2016, S. 61.
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Anhang 2
127
Abbildungsverzeichnis
Beispiele für hybride Geschäftsmodelle
Quelle: Kollmann 2016, S. 62.
4S-Net Business Model
Quelle: Wirtz 2016, S. 376.
Betriebstypen des Online-Handels
Quelle: Heinemann 2017, S. 114; Melchior 2016.
Die Grundidee des E-Marketplaces
Quelle: Kollmann 2016, S. 458.
Klassifikation elektronischer Märkte
Quelle: Aichele/Schönberger 2016, S. 21, in Anlehnung an Hansen et al. 2015, S. 221.
Mögliche Systemlösungen für den Betrieb eines E-Marketplaces
Quelle: Kollmann 2016, S. 475, in Anlehnung an Abrams 2002, S. 33.
Sell-Side-Modell
Quelle: Meier/Stormer 2012, S. 75.
Vor- und Nachteile des Sell-Side-Modells
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Meier/Stormer 2012, S. 78.
Buy-Side-Modell
Quelle: Meier/Stormer 2012, S. 75.
Vor- und Nachteile des Buy-Side-Modells
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Meier/Stormer 2012, S. 80.
Marktplatz-Modell
Quelle: Meier/Stormer 2012, S. 75.
Vor- und Nachteile von Marktplätzen
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Meier/Stormer 2012, S. 83.
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128 Anhang 2
Interaktive Marktplätze und Shoppingportale
Quelle: Heinemann 2017, S. 124, in Anlehnung an Heinemann/Boersma 2015.
Zahlen, Daten und Fakten zu eBay
Quelle: Heinemann 2017, S. 275; eBay 2012, 2014, 2015, 2016; Zoll/Maks 2016.
Die Top-10-Onlineshops in Deutschland
Quelle: EHI/Statista 2016.
Funktion der Haftungsregeln im TMG
Quelle: Taeger/Kremer 2017, S. 263.
Grobarchitektur eines E-Shops
Quelle: Meier/Stormer 2012, S. 6.
Anbieter von Shop-Systemen
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Diekmann et al. 2012 zit. nach Heinemann
2017, S. 231.
Beispiel einer Referenzarchitektur für einen E-Shop
Quelle: Merz 2002, S. 409, zit. nach Kollmann 2016, S. 258.
3-Schichten-Modell für Systemkomponenten im E-Shop
Quelle: Kollmann 2016, S. 266, in Anlehnung an Noack et al. 2000, S. 8.
Aspekte einer E-Business-Vision
Quelle: Wirtz 2016, S. 215, in Anlehnung an Müller-Stewens/Lechner 2011, S. 225.
E-Business-Ziele und E-Business-Strategien
Quelle: Wirtz 2016, S. 220, in Anlehnung an Chaffey 2009, S. 289.
Wettbewerbskräfte im E-Business (nach Porter)
Quelle: Wirtz 2016, S. 225, in Anlehnung an Porter 2001, S. 67; Jelassi/Enders 2005,
S. 65ff.; Chaffrey 2009, S. 277.
Elemente der E-Business-Situationsanalyse
Quelle: Wirtz 2016, S. 221.
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Anhang 2
129
Abbildungsverzeichnis
Einordnung der Electronic-Business-Strategie im Unternehmenskontext
Quelle: Wirtz 2016, S. 213.
Wettbewerbsstrategien im E-Business
Quelle: Wirtz 2016, S. 230, in Anlehnung an Rayport/Jaworski 2001, S. 94.
E-Business-Strategiebewertungsmatrix
Quelle: Wirtz 2016, S. 235.
Szenarien zum Überleben im E-Commerce
Quelle: Heinemann 2017, S. 308; iBusiness 2014.
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