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KnapsackSPIEGEL 6/2023

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Das Magazin des Chemieparks Knapsack

OPERATION AM OFFENEN

OPERATION AM OFFENEN HERZEN GEGLÜCKT Im PSM3-Betrieb wurden die letzten Kabel ausgebaut Ende Dezember wird der Rückbau des PSM3 der BASF abgeschlossen sein. Zwei Mitarbeiter aus der Betriebsbetreuung von YNCORIS haben die Anlage über viele Jahre hinweg betreut und die komplexe Demontage der Elektrik begleitet. W aldemar Regner kappt eine Leitung im PSM3-Betrieb. Es ist das letzte Kabel im elektrischen Teil des Rückbaus. Das Ende des Projekts markiert gleichzeitig das Ende seines aktiven Berufslebens. Gemeinsam mit seinem Kollegen Frank Rittner aus der EMSR Betriebsbetreuung von YNCORIS hat er jahrzehntelang im PSM3 gearbeitet. Wie fühlt er sich an, dieser letzte Akt? „Ich kann das Projekt sauber abschließen. Doch die Kolleg*innen werde ich sehr vermissen. Ich gehe mit einem lachenden und einem weinenden Auge“, sagt Regner. „Aber ich freue mich auf die vielen Projekte zuhause, will öfter zum Angeln und im Garten arbeiten.“ Auch für Regners Kollege Rittner ist der Moment ein Einschnitt. Er hat die Anlage direkt nach seiner Ausbildung zum Mess- und Regelmechaniker 1985 in Betrieb genommen. „In einer meiner ersten Bereitschaften fiel nachts ein Reaktor aufgrund einer defekten Temperaturmessung aus“, erzählt Rittner. „Das war für mich als Junghandwerker schon aufregend.“ Die Pflanzenschutzmittel-Anlagen interessierten ihn schon immer. Er sieht es daher als Glücksfall, dass er die meiste Zeit diese Betriebe betreuen konnte. Nach dem morgendlichen Treffen in der Werkstatt ging es direkt in „seine“ Anlage. „Meine Devise war immer: Ich habe den ‚3‘ mit angefahren und stelle ihn auch mit ab“, so Rittner. „Trotzdem hätte ich ihm durchaus noch ein paar erfolgreiche Produktionsjahre gegönnt.“ Waldemar Regner trennt die letzte Leitung DER ELEKTRISCHE RÜCKBAU IN ZAHLEN über 3.500 PLT-Stellen über 6.000 Kabel, insgesamt rund 350 Kilometer rund 40.000 Rangierungen rund 700 Messstellen in den PSM4 10 | Im Kabelboden

Illustration Hintergrund: liuzishan– stock.adobe.com SEZIEREN STATT RAUSREISSEN Regner und Rittner kennen im PSM3 jedes Elektrik-Detail: „Man könnte uns nachts um drei wecken und wir wüssten direkt Bescheid.“ Das war wichtig für den Rückbau. Denn ein falsch abgetrenntes Kabel könnte Messungen deaktivieren, die noch die Spülung von Anlagen und die dabei auftretende Reaktionswärme überwachen. Im schlimmsten Fall läge die ganze Anlage lahm – oder die des Nachbarn Bayer. Denn beim Bau gehörten PSM1, 2 und 3 einem Unternehmen. Viele Leitungen laufen daher in dicken Bündeln teilweise seit 40 Jahren durch die nebeneinanderliegenden Gebäude. Hinzu kam: Teile der Anlage versorgen den PSM4, wie die Methanzuführung und die Abwasserbehandlung, die Bahnverladung und das Tanklager. Sie benötigen während der gesamten Zeit den Anschluss an die Prozessleittechnik. KLARE REGELN Die Elektro-Profis nahmen sich daher immer ein Anlagenteil, zum Beispiel einen Behälter, vor. Dabei ist klar geregelt, wer was darf, sämtliche PLT- Stellen, Kabel und Schaltschränke in einer speziellen Demontagedatenbank vermerkt. War das Anlagenteil freigegeben, starteten Regner und Rittner an der Sicherung im „E-Raum“. Hier trennten sie das Kabel ab und kennzeichneten es. Dann ging es zum anderen Ende des Kabels, zu einer Messstelle, Beleuchtung, einem Feuermelder, Motor, Lautsprecher oder einer Löschanlage. Bevor auch dort das Kabel gekappt und markiert wurde, maßen die Kolleg*innen noch mal nach: Ist das Kabel auch wirklich ohne Funktion? Erst dann ging es Stück für Stück an den Ausbau der Leitungen. Für jeden Schnitt musste das Ende sichtbar und klar identifiziert sein. Stellenweise waren bis zu sechs Personen involviert, die sich per Telefon am einen und am anderen Ende des Kabels austauschten. Doch warum der ganze Aufwand? Kann die Anlage nicht komplett abgeschaltet und dann Kabelbahn für Kabelbahn demontiert werden? Allein das Entfernen aller Stoffe in der Anlage und die Vorbereitung des elektrischen Rückbaus hätte im PSM3 zwei bis drei Jahre in Anspruch genommen. „Die Demontage der Kabel und Messungen wäre erst danach möglich gewesen“, sagt Thomas Höfert, der leitende PLT-Ingenieur von BASF. „Das hätte den gesamten Rückbau deutlich verlängert.“ An der deutlich komplexeren parallelen Vorgehensweise führte daher kein Weg vorbei. ERFAHRUNG GEFRAGT Arbeiten an der Elektrik sind oft unfallträchtig. Die Berufsgenossenschaft ETEM meldet für letztes Jahr 515 Strom unfälle. Höfert: „Wir stellen höchste Ansprüche an die Sicherheit. Sie lässt sich nur mit einem eingespielten Team gewährleisten und mit Menschen, die aus jahrelanger Erfahrung in der Anlage genau wissen, was sie tun. Fachleute, die außerdem über jeden Arbeitsschritt und damit einhergehende Risiken nachdenken.“ Die Kolleg*innen aus Planung, Programmierung, Mechanik, Betrieb und Dokumentation hätten ausgezeichnet zusammengearbeitet. Der gesamte Rückbau verlief unfallfrei. Von den über 6.000 Kabeln trennte das Team nur eine einzige 24-Volt-Steuerleitung unbeabsichtigt. „Das hat uns alle richtig geärgert, auch wenn es „nur“ einen Rohstoff für eineinhalb Stunden betraf“, so Höfert. „Bei etwa 60.000 Schnitten in 6.000 Kabel dennoch eine tolle Leistung des gesamten Teams.“ Rittner und Regener hatten es mit allerlei Spezialfällen zu tun. „Manch eine deaktivierte Messung hatte zudem Auswirkungen auf den PSM4, dann mussten wir umprogrammieren“, erklärt Rittner. Ähnliches bei der Abwasseranlage. Sie behandelte auch den PSM4, weshalb die dortigen Abwässer zum PSM5 umgelegt werden mussten. Die Bilder im Prozessleitsystem wurden daher permanent aktualisiert und alles durchgängig dokumentiert. Doch damit nicht genug. Parallel zum Rückbau aktualisierte der PSM4 seine Prozessleittechnik-Software. Die Messwarte musste dadurch mehrere Bildschirme mit zwei verschiedenen Versionen im Am Endverteiler Rangierverteilersäulen: Frank Rittner behält den Überblick Auge behalten. Eine für den Rückbau und eine neue Version für den PSM4, die außerdem Teile des PSM3 aufnahm. Ende Dezember wird der Rückbau beendet sein, die alten Kabel ausgebaut, das Gebäude bereit zur Übergabe an Bayer. Rittner wird bleiben – bei den Pflanzenschutzmitteln. Für ihn gibt es im PSM4 und 5 noch viel zu tun: „Wir sind dort sieben Leute aus der Betriebsbetreuung. Langweilig wird es uns nicht.“ KNAPSACKSPIEGEL 6 / 2023 | 11

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