Aufrufe
vor 8 Jahren

LERNEN MIT ZUKUNFT Dezember 2014

  • Text
  • Dezember
  • Menschen
  • Kinder
  • Eltern
  • Zukunft
  • Dakar
  • Emotionen
  • Buch
  • Wien
  • Welt

information &

information & verantwortunginformation & verantwortung ■ ■ Hörfrühförderung - Teil 3: Wenn Kinder schlecht hören WIE LASSEN SICH PAUKENERGÜSSE BEHANDELN? Mirjam Kirchner Mobile Sonderkindergartenpädagogin RETTET DAS KIND MHD-Oberwart Paukenergüsse (Schleimbildung in der Paukenhöhle des Mittelohres) lassen sich oft mit abschwellenden Nasentropfen, eventuell auch mit schleimlösenden Medikamenten, beseitigen. Hilft dies nicht dauerhaft, besteht die Möglichkeit, die Rachenmandel operativ entfernen zu lassen (sog. Adenotomie). Gleichzeitig kann ein Trommelfellschnitt durchgeführt und eventuell vorhandener Schleim abgesaugt werden (sog. Paracentese). Diese Eingriffe können durch Hals- Nasen-Ohrenärzte/-innen, meist ambulant, durchgeführt werden. Von außen sichtbare Narben entstehen dabei nicht. Sprech- und sprachgestörte Kinder haben oft zusätzlich mundmotorische Störungen, die dafür sorgen, dass die Belüftung des Mittelohres allein mit Adenotomie und Paracentese nicht verbessert werden kann. Besonders häufig trifft dies für Kinder mit Syndromen (z. B. Trisomie 21, Morbus Down) und Kindern mit Gaumenspalten zu. Deshalb brauchen diese Kinder häufig zusätzlich sogenannte Paukenröhrchen. Dies sind etwa 1,5 mm „kleine“ Metall- oder Kunststoffröhrchen, die in den Trommelfellschnitt eingesetzt werden. Sie können dort ein halbes oder ein Jahr verbleiben und werden dann vom Körper meist von selbst abgestoßen. Viele Eltern sind erstaunt, wie aufmerksam zuvor mittelohrschwerhörige Kinder zuhören können und wie positiv die Sprachentwicklung verläuft, nachdem für ein kontinuierlich gutes Hören gesorgt wurde. Nicht etwa das Ausmaß des Hörverlustes, sondern der Zeitpunkt der Erkennung und Versorgung der Hörschädigung sowie das elterliche Engagement beeinflussen die Sprachentwicklung des hörbeeinträchtigten Kindes. Für das Zustandekommen einer Betreuung durch mich als mobile Sonderkindergartenpädagogin und Hörfrühförderin ist vor allem die soziale Auswirkung einer individuellen Schädigung (im Sinne eines Defizits oder Mangels) ausschlaggebend. Als hörgeschädigt in der Hörfrühförderung gilt ein Kind, „.. das sich aufgrund einer Funktionseinschränkung des Hörorgans nicht uneingeschränkt entwickeln und entfalten kann.“ (Leonhardt 2002, S.26). Meines Erachtens ist jedoch der Begriff „Hörbeeinträchtigung“ im pädagogischen Kontext besser geeignet, geht es doch um Menschen die aufgrund einer Hörschädigung im sozialen Leben nicht behindert sondern eher beeinträchtigt werden. Deshalb verwende ich den Begriff „Hörbeeinträchtigung“, wenn es um Funktionseinschränkungen des Hörens im pädagogischen Kontext geht. Das Wesen eines Kindes, seine besondere Persönlichkeit wird von seiner Einmaligkeit bestimmt und die Beeinträchtigung ist nur ein Teilaspekt seiner Gesamtpersönlichkeit. 26 | DEZEMBER 2014 Foto © Vesna Cvorovic - Fotolia.com ONLINEZEITUNG: http://aktuell.LmZukunft.at

information & entwicklunginformation & entwicklung ■ ■ Begabt und ehrgeizig: Erziehung ist (k)ein Kinderspiel UNTERSTÜTZUNG EINMAL ANDERS Julian, 9 Jahre, ist begabt und ehrgeizig. Dementsprechend zählt er zu den besten Schülern in seiner Klasse und seine Eltern und Lehrer sind mit ihm sehr zufrieden. Aber er ist es nicht. Sobald seine Leistungen nicht topp sind, zeigt er sich zerknirscht und wütend: „Wie konnte ich nur so dumm sein und so blöde Fehler machen! Die Mutter versucht, ihn zu trösten: „Nein, du bist nicht dumm! Das kann doch jedem passieren!“ Kind: „Doch! Bin ich! Und außerdem bekomme ich jetzt sicher keinen Einser mehr ins Zeugnis!“ Mutter: „Und wenn schon!“ Die Anna zum Beispiel wäre froh, wenn sie so gute Noten hätten wie du!“ Kind: „Wie kannst du mich nur mit der Anna vergleichen!“ Mutter: „Sei nicht so ehrgeizig! Dadurch wirst du nur verkrampft!“ Kind: „Du verstehst mich nicht!“.... DIE KOMMUNIKATIVE SACKGASSE Wieso führt dieses Gespräch in die kommunikative Sackgasse? Weil die Mutter, ohne es zu beabsichtigen, verbale Kommunikationssperren verwendet. Um ihrem Sohn zu helfen, versucht sie, ihm seine Gefühle auszureden und das Problem abzunehmen. Dadurch aber fühlt er sich weder verstanden, noch ernst genommen und er beginnt, auf alles, was sie sagt, zu widersprechen. Daher „reitet“ er sich immer stärker in sein Problem hinein („Du bist nicht dumm!“ – „Doch, bin ich!“) und baut an seinem eigenen negativen Selbstbild. Mir ist klar, dass viele Eltern diese beiden um ihr Problem beneiden. Wenn die Beziehung insgesamt zwischen ihnen stimmt, wird dieser „Sackgassen- Dialog“ keine tiefschürfenden Folgen haben. Es kommt auch auf die Persönlichkeit des Kindes und das gelebte Vorbild der Eltern an, wie diese mit Leistung umgehen. WANN NICHT HELFEN AM MEISTEN HILFT Die Mutter kann jedoch Julian dabei helfen, sein Problem selbst zu lösen, wenn sie seinen „Selbstklärungsprozess“ unterstützt, d.h., ihm erlaubt, seinen Frust abzuladen und wenn sie seine Gefühle ernst nimmt. Durch passende Fragen kann sie ihm helfen, „laut nachzudenken“. Dadurch fühlt sich Julian erleichtert, bekommt wieder „klaren Kopf“ und kommt selbst zur Einsicht, dass das alles nicht so tragisch ist. Lösungen findet er von selbst. Nur Überzeugungen, die man selbst gewinnt, bewirken Veränderung. Es erscheint paradox: manchmal ist am meisten geholfen, wenn man nicht hilft. Mag.a Maria Neuberger- Schmidt Autorin und Gründerin Verein Elternwerkstatt www.elternwerkstatt.at Illustration: © Eugen Kment ONLINEZEITUNG: http://aktuell.LmZukunft.at DEZEMBER 2014 | 27