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additive 03.2021

Titelgeschichte

Titelgeschichte ■■■■■■ additive: Herr Kawola, welcher Weg hat Sie persönlich zur additiven Fertigung geführt? Kawola: Meine Karriere in der additiven Fertigungsindustrie hat 1998 bei der Z Corporation begonnen, dem Entwickler des ersten 3D-Farbdruckers. Dort habe ich zum Schluss als CEO den schnellen, einfach zu bedienenden 3D-Farbdruck in vielen Branchen eingeführt. Die Z Corporation wurde 2012 von 3D Systems übernommen. Nach einem kurzen Abstecher in die Robotik kehrte ich zum 3D-Druck zurück und wechselte 2016 als President of North America zu Ultimaker, dem führenden Open-Source- Unternehmen für Desktop-3D-Druck. Bei Ultimaker konnte ich durch Ausbau des Vertriebsnetzes und Steigerung der Markenbekanntheit dazu beitragen, die nordamerikanische Präsenz auszubauen. John Kawola, CEO, Boston Micro Fabrication (BMF). Bild: BMF nem erfahrenen 3D-Drucktechnologen, gegründet. Diesem Team habe ich mich angeschlossen, weil ich von der Technologie fasziniert war und im Mikro-3D-Druck einen meiner Meinung nach unterversorgten Markt erkannt habe. Wir sehen unsere Aufgabe darin, die Miniaturisierung zu unterstützen – die Herstellung von immer kleineren Teilen, Komponenten, Produkten und Verpackungen. Diesen Trend gibt es in vielen Branchen, darunter in der Medizintechnik, bei Mikro-Elektronisch-Mechanischen- Systeme (MEMS) und in der Elektronik. Von elektronischen Anschlüssen in Mobiltelefonen bis hin zu winzigen Ventilen in medizinischen Pumpen – überall sind Kompo- additive: Wie begann die Geschichte von BMF und was sind die Ziele des Unternehmens? Kawola: Boston Micro Fabrication (BMF) wurde 2016 von Dr. Nick Fang, einem Professor am Massachusetts Institute of Technology (MIT), Dr. Xiaoning He, einem Serienunternehmer, und Dr. Chunguang Xia, einenten und Systeme gefragt, die bei geringen Abmessungen höchste Präzision erfordern. Hier kann die additive Fertigung zur Einsparung von Werkzeugkosten und Lieferzeiten beitragen und neue Innovationen auslösen. additive: Wie funktioniert das Verfahren genau? Kawola: Das microArch-System von BMF beruht auf einem 3D-Druckverfahren namens PμSL (Projektions-Mikro-Stereolithografie). Diese Form der Stereolithografie ermöglicht die schnelle Fotopolymerisation einer gesamten Harzschicht durch einen UV- Lichtblitz in mikroskopischer Auflösung. Wir erreichen damit Auflösungen von 2 bis 50 µm und Toleranzen von +/- 10 bis 25 µm. Das schnelle Druckverfahren bietet sich sowohl für Prototypen als auch für Serienteile an. additive: Aus welchen Gründen expandiert BMF nun in den deutschsprachigen Raum? Kawola: Wir haben die DACH-Region als einen technisch führenden Markt identifiziert, der von unserer ultrahochauflösenden, genauen und präzisen 3D-Drucktechnologie profitieren würde, weil hier eine starke Automobil- und Fertigungsindustrie ansässig ist. Das microArch-System von BMF beruht auf dem 3D-Druckverfahren PμSL (Projektions-Mikro-Stereolithografie). Bild: BMF 6 additive September 2021

von marktführenden industriellen 3D-Druckern, Materialien und Software mit Sitz in Nürnberg. Natürlich unterstützen wir unsere Partner dabei, allen Endkunden einen bestmöglichen Service zu bieten. Wir bauen unsere Präsenz auf dem DACH-Markt weiter aus und verbessern unseren Bekanntheitsgrad und unsere Position als führender Anbieter von Mikropräzisions-3D-Drucksystemen. Das Einstiegsmodell microArch P150 erzeugt mit einer Auflösung von bis zu 25 μm kleine, detaillierte Bauteile. Bild: BMF additive: Welche Materialen bieten Sie an und welche Partnerschaften gibt es auf diesem Gebiet? Kawola: Wir sind offen für Open-Source- Materialen, stellen aber eine Reihe eigener Harze her, die biokompatibel, zäh und steif oder besonders elastisch sind. Für unser neuestes Material, RG aus der Forward AM Ultracur3D Photopolymer-Harzlinie, haben wir uns mit BASF zusammengetan. Es handelt sich dabei um ein haltbares Material, das für den Druck von Funktionsteilen verwendet werden kann. Es ist biokompatibel, nimmt kein Wasser auf und eignet sich für eine breite Palette von Anwendungen wie Elektrogehäuse, medizinische Geräte, Schnapper und funktionale Prototypen. additive: Welche Branchen sprechen Sie mit Ihrem Angebot besonders an? Kawola: Wir haben uns auf Lösungen für die Herstellung medizinischer Geräte, für Biowissenschaften, MEMS, Elektronik, Mikrofluidik sowie die Zusammenarbeit mit Forschungs- und Entwicklungslabors und Universitäten spezialisiert. Gerade in Deutschland zählen wir mit dem Buchmann Institut und der Ruhr-Universität Bochum bereits bekannte Forschungseinrichtungen zu unseren Kunden. additive: Mit welcher Strategie betreten Sie den Markt? Kawola: Anfang 2020 haben wir unsere microArch Mikro-Präzisions-3D-Drucker weltweit auf den Markt gebracht. Insbesondere für die DACH-Region sind wir eine Partnerschaft mit der Dreigeist GbR eingegangen, einem führenden Entwickler von additiven Anwendungen, Technologiedienstleister und unabhängigen Distributor Anwendungsbeispiel Ruhr-Universität Bochum Auf einem microArch S240 3D-Drucker wurden in der Ruhr-Universität Bochum (RUB) 18 Versionen einer hochpräzisen Düse mit steileren und flacheren Ausgängen und einem Präzisionsgrad von wenigen Zehntelmikrometer, im Verfahren der Projektionsmikro-Stereolithografie (PµSL) erstellt. „Ich empfehle die PµSL-Technologie von BMF für Spektroskopie-Komponenten, weil sie mit der erforderlichen Genauigkeit druckt“, sagt Adrian Buchman, Doktorand am Lehrstuhl für Physikalische Chemie II an der Ruhr-Universität Bochum. „So lassen sich schnell verschiedene Spezifikationen aus einem Polymer herstellen, das dem erforderlichen Druck standhält.“ Die spektroskopischen Bauteile mit den Abmessungen 2,4 x 2,4 x 2 mm wurden in Schichthöhen von 10 µm in einer Gesamtdruckzeit von 4 bis 5 Stunden für 18 Stück aus dem Material Forward AM Ultracur von BASF gedruckt. additive September 2021 7