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Centurion Germany Spring 2017

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ART & DESIGN

ART & DESIGN FERNÖSTLICHE OFFENBARUNG Bewegung, Stimuli und Neuem angetrieben wird. Sie bieten ihre Werke ohne Erklärung oder klare Absicht an und sie überlassen es uns, das Ganze zu verstehen. Und dann ist da noch Shinichiro Ogata. Der Designer, Unternehmer und angehende Lifestyle-Guru aus Tokio hat sich zum Ziel gesetzt, die traditionelle japanische Kultur nahtlos zu verwandeln und für alle zugänglich zu machen. Er tut dies, indem er beispielsweise frischen Wind in den herkömmlichen Kundenstamm bringt. Er hat zwar bereits eine Menge Innenausstattung für internationale Labels verantwortet, darunter das Andaz Tokyo Hotel und den hochwertig designten Badeproduktehersteller Aesop, doch Ogata konzentriert sich auch auf seine Eigenmarke: Fünf Boutiquen, zwei Restaurants, Produktlinien und mehr sind im Kommen. Sein Portfolio ist ein Gesamtkunstwerk. Seine aus circa 40 Personen bestehende Firma designt die Architektur, die Möbel, die Grafik, das Essen, die Verpackung, die Geräte und alles, was dazugehört. Der Firmenname? Simplicity, was sonst? Anders als viele seiner Zeitgenossen versucht Ogata nicht eine Zukunftsvision zu bieten, sondern möchte den traditionellen japanischen Lebensstil und die Designkultur so praktisch gestalten, wie einst der Kimono für seine feudalen Vorfahren gewesen ist. Er möchte all die altbekannten Elemente – natürliche Materialien, sanfte Zurückhaltung – hervorholen und sie wieder relevant machen. Dieser Gedanke war auch die Antriebskraft für sein erstes Restaurant, Higashi-Yama, welches 1998 in einer Seitenstraße in Tokios Meguro-Bezirk erstmals seine Pforten öffnete. „Ich wollte eine Designgemeinschaft schaffen, die einen Lebensstil begründen würde“, sagt Ogata über die Entstehung seines Portfolios. Da er darauf besteht, dass alle Elemente seiner Projekte in-house designt und aus ganz Japan bezogen werden (Möbelhersteller, Töpfer, Metallarbeiter), konnte Ogata garantieren, dass sein Rolodex von selbst läuft, womit er stets sofort das nächste Projekt anspornt und seine Eigenmarke weiter ausbaut. „Bei jeder Technik liegt die Mentalität und Spiritualität im Detail“, sagt er. Er zeigt auch ein Beispiel als Beweis für die Vorteile seiner Community: einen metallenen Sojasoßebehälter, einen sogenannten suiteki (Wassertropfen). Der kupferne Gegenstand in Form einer Träne „DIE LEUTE STELLEN SICH GEISHAS UND SAMURAIS VOR, WENN SIE AN JAPAN DENKEN. ABER ES IST NICHT MÖGLICH, JAPAN ANHAND VISUELLER ELEMENTE ZU VERSTEHEN.“ ist innen lackiert und wurde in Takaoka, einer Stadt an der Westküste Japans, von Handwerkern hergestellt, die traditionellerweise metallene Objekte für buddhistische Schreine und Zeremonien anfertigen. Angesichts der schwindenden Nachfrage nach solchen religiösen Gegenständen hat Ogata einen Weg gefunden, mit dem diese Handwerker etwas produzieren können, das „in unserem modernen Leben zugänglicher ist.“ Mit dem Einsatz seiner Landsleute für seine Arbeit hofft Ogata, seine Gäste, Klienten und Kunden mit der unübersetzbaren Essenz seiner Kultur zu prägen. „Die Leute stellen sich oft Geishas und Samurais vor, wenn sie an Japan denken. PHOTOS IM UHRZEIGERSINN VON LINKS OBEN: © AESOP; © SIMPLICITY (2); KUNIHIKO NOBUSAWA 46 CENTURION-MAGAZINE.COM

Im Uhrzeigersinn von oben links: Aesop Shop in Kyoto; Produkte von Higashiya; Shinichiro Ogata; Restaurant Yakumo Saryo in Tokio Aber es ist eigentlich nicht möglich, Japan anhand dieser visuellen Elemente zu verstehen“, sagt er. „In der japanischen Kultur geht es nicht um diese Dinge. Es geht um Leben mit Spiritualität und die Methoden, die in unserer Kultur seit sehr langer Zeit praktiziert werden.“ Mit anderen Worten: Er hofft, dass die Kunden durch eine Art Osmose etwas von dieser Spiritualität mitnehmen, wenn sie Süßigkeiten oder Tees in seinem Shop im Yakumoro Saryo, seinem zweiten Restaurant, oder eine federleichte lackierte Papierschüssel aus seiner Produktlinie kaufen. „Wenn Menschen meine Restaurants besuchen, können sie alles mit fünf Sinnen wahrnehmen“, sagt er, „und genau so können sie die Kultur, von der wir sprechen, verstehen.“ Wie kam es, dass Ogata wurde, wer er heute ist? Er sei ein neugieriges Kind gewesen, nicht nur in Bezug auf Kunst und Design. Doch er schreibt dies auch Nagasaki zu, das an der Nordwestküste der Insel Kyushu liegt. „Die Stadt ist vom Meer umgeben und auch von den Bergen“, sagt er. Außerdem ist da noch die lange Geschichte als Hafenstadt, und deren Einflüsse haben Ogatas Ästhetik geprägt. Sein Zugang mag zunächst schwer greifbar wirken, doch ein Blick auf seine bildschönen für Aesop gestalteten Shops zeigt klar, wie er arbeitet. In jeden Laden ist ein Stück lokaler Geschichte eingearbeitet. Marsha Meredith, Creative Director des Labels in New York, erläutert: „Materialität ist ein Schlüsselelement unseres (Shop-)Designs, da wir ein relevantes architektonisches Vokabular brauchen, um in die Stadt eintauchen zu können. Bei Aesop Kyoto gibt es Variationen von Farben, Textur und Licht: ein sanftes schwarzes Netz an reinweißen Wänden; geschwungene Oberflächen und Kupferakzente; ein kompliziertes Gleichgewicht von Licht und Schatten. Diese Kontraste sind geradezu poetisch.“ Ogata hat nicht vor, sich auf Japan zu beschränken. Ein Restaurant in Paris ist im Entstehen, und er träumt von einer Art Schule, wo er andere in allem rund um Japan unterrichten kann, von der Architektur bis zu den Umgangsformen. „Mein Stil ist es, einen Lebensstil zu entwickeln“, sagt er, „und diesen dann auf der Welt zu verbreiten.“ Sehen Sie? Ganz einfach. simplicity.co.jp CENTURION-MAGAZINE.COM 47

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