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lastauto omnibus - Sonderausgabe 100 Jahre ZF

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Motorleistung und Karosseriedesign können faszinieren, aber in Bewegung kommt ein Fahrzeug erst, wenn die Kraft über das Getriebe und Fahrwerk auf den Boden übertragen wird. Die Lenkung zum Vorgeben der Fahrtrichtung darf dann natürlich auch nicht fehlen. Genau um solche Schlüsselstellen der Technik kümmert sich ZF in Friedrichshafen seit nun genau 100 Jahren. Von den eigenen Arbeitern der Gründerzeit einst nonchalant als „Zackenbude“ bezeichnet, ist aus der Zahnradfabrik Friedrichshafen mit 113 Produktionsgesellschaften in 26 Ländern inzwischen ein Weltkonzern geworden. Wir wünschen viel Spaß beim Lesen.

[ 10 ] FAHRZEUGE |

[ 10 ] FAHRZEUGE | Historischer Getriebevergleich 1 4 1 Wo rohe Kräfte sinnvoll walten: rustikales Fahrerlebnis im Magirus-Langhauber. 2 Direkter Draht: Das ZF-Einheitsgetriebe grüßt ungeniert ins Fahrerhaus hinein. 3 Lange Kerls: Der Schaltstock von damals ragt mächtig in die Höhe. 4 Standardisiertes Konzept: Rund 300.000 Mal konnte ZF das Einheitsgetriebe absetzen. 2 3 des unseren Vergleich, den das Autohaus Russ mit Sitz in Nürtingen und Dettingen in liebevoller Detailarbeit picobello in Schuss gebracht hat. Kaum ist der Motor des 1961 gebauten Allradkippers per Zugknopf gestartet und der erste Gangwechsel fällig, wird schnell klar, was schon die zeitgenössischen Tester an diesem Klauengetriebe begeistert hat. „Es geht so unwahrscheinlich leicht“, rühmt Richard Gebauer, der legendäre Chefredakteur von lastauto omnibus, den Schaltkomfort, „dass es eine Freude ist, damit umzugehen.“ Doch gilt auch für den Umgang mit dem liegend eingebauten Klauengetriebe ZF AK 6-55 immer noch zu beherzigen, was eine von ZF in den 60er- Jahren herausgegebene „Getriebefibel“ folgendermaßen zusammenreimt: „Wo hohe Touren sinnlos walten, sollst du am besten gar nicht schalten.“ Ähnlich lautet die Empfehlung für den Drehzahlkeller. Das Motto heißt: „Schal- Grün ist der Magirus von 1940 lackiert, weil die Feuerwehr seinerzeit der Polizei untersteht. Frühe Finessen ZF ist für die nach dem Krieg mächtig steigenden Ansprüche bestens gerüstet. War das Unternehmen doch schon in den 20erund 30er-Jahren seiner Zeit ein gutes Stück voraus: Eine der weit in die Zukunft weisende Entwicklungen ist zum Beispiel das 1929 vorgestellte geräuscharme Aphongetriebe mit breiten, schräg verzahnten Rädern in den oberen Gängen, die im Dauereingriff sind und per Klauenkupplungen zueinanderfinden. Die Brücke zu den nach dem Krieg aufkommenden Lkw-Klauengetrieben schlägt die Familie der fünfgängigen FAKS-Getriebe, die 1931 kommen und für maximal 500 Nm Eingangsdrehmoment konzipiert sind. Das typische Kennzeichen dieser auch „Spiralgetriebe“ genannten Schaltboxen bilden zwei obere Zahnradpaare mit Schrägverzahnung, die sich im Dauereingriff befinden und durch Klauenkupplungen mit der Hauptwelle verbunden werden. Die Zahnräder für die unteren drei Gänge, obwohl Schieberäder, sind ebenfalls schon schrägverzahnt und auf einer Spiral-Keilnutwelle verschiebbar. lastauto omnibus Sonderausgabe 2015 – 100 Jahre ZF

FAHRZEUGE | Historischer Getriebevergleich [ 11 ] Ein Wirtschaftswunderkind: Langhauber konnten sich bis in die 60er-Jahre halten. Die Drehwellenschaltung Die in den 50er-Jahren aufkommenden Frontlenker komplizieren nicht nur Wartung und Reparatur, sondern auch das Schalten. Kann der Fahrer im Hauber ziemlich direkt im Getriebe rühren, geht das im Frontlenker nicht so einfach. Denn an die Schaltgabeln gelangt er nur mehr über Umweg. ZF löst das Problem schon 1962 durch eine „Drehwellenschaltung“ genannte Konstruktion. Sie verbessert den mechanischen Wirkungsgrad erheblich, indem sie die kraftübertragenden Schaltbewegungen in drehende Prozesse umsetzt. Vollständig lösen wird das Problem später Shift by Wire, wie bei den automatisierten Getriebe à la ZF AS Tronic praktiziert. ten, wenn der Motor tief gefallen, ist schon das Schädlichste von allem.“ Zwischen den Extremen aber flutschen die Gänge bei dem mittlerweile mehr als 50 Jahre alten Klassiker auch heute noch wie geschmiert, sobald die Drehzahl einigermaßen stimmt. Verglichen mit dem gut 20 Jahre älteren und sich raubauzig gebärdenden Magirus-Langhauber schnurrt der Triebstrang des 329er-Benz, der es im direkt übersetzten höchsten Gang immerhin auf 74 km/h Höchstgeschwindigkeit bringt, dezent wie eine Nähmaschine vor sich hin. Dass Allradantrieb zu Zeiten des 1961 gebauten LAK 329 äußerst beliebt ist, kommt nicht von ungefähr. Die Käufer haben seinerzeit nicht nur der hohen Geländegängigkeit wegen geradezu einen Narren an der Achsformel 4x4 gefressen. Der (in diesem Fall zuschaltbare) Allradantrieb hat noch einen weiteren Vorteil: Hält dieses zusätzliche Zahnwerk doch auch noch einen Geländegang parat, der ganz à la Berggang-Option beim Magirus-Feuerwehr-Lkw Gang für Gang die Endgeschwindigkeit erheblich verknappt, die Zugkraft aber merklich erhöht. So ist der LAK 329 am Ende mit einer Art verkapptem Zwölfgang-Getriebe versehen, das sich allerdings auf die Variante „Berggang“ mit jeweils verkürzter Übersetzung pro Gang beschränkt. Auch wenn zwölf Gänge so nur quasi aus zwei verschiedenen Schub- 1 Knappe Sache: Enge im Innenraum des LAK 329, dessen AK-Getriebe sechs Gänge in drei Gassen auffährt. 2 Geräuscharme Schrägverzahnung und Klauenschaltung sind die Kennzeichen des AK-Getriebes. 3 In vornehmem Weiß schimmert der Kopf des Schalthebels, auf dem das Sechsgangschema abzulesen ist. 4 Klauengetriebe dominierten fast drei Jahrzehnte lang in schweren Lkw in ganz Europa. 2 3 1 4

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