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Industrieanzeiger 03.2024

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TOPSTORY » Intralogistik Ihre Aufgaben stemmt die Branche immer häufiger mithilfe von Automation und KI. Künstliche Intelligenz, maschinelles Lernen, Vernetzung Ihren Nutzen haben digitalisierte und automatisierte Prozesse vor allem in den krisenreichen letzten Jahren bewiesen. „Gestörte Lieferketten sowie damit einhergehende Lieferverzögerungen oder -engpässe beeinflussen nicht nur die Beschaffung, sondern stellen auch die Intralogistik vor immense Herausforderungen“, sagt Stefan Reuss, Geschäftsführer IT und Digital Solutions bei Würth Industrie Service. Intelligente, vernetzte Systeme könnten im Falle unerwarteter Bedarfsrückgänge oder -spitzen Materialbedarfe eigenständig erkennen und entsprechend nachbestellen. Heimo Robosch, EVP bei Knapp, erlebt, wie die Kunden aufgrund instabiler Lieferketten versuchen, ihre Value Chains krisenfester zu machen: „Automatisierungslösungen müssen noch flexibler sein, um auf die aktuellen Herausforderungen reagieren zu können.“ Doch nicht nur um Engpässe zu identifizieren sammeln elektronische Hilfsmittel wie das IoT (Internet der Dinge), Big Data-Analysen und künstliche Intelligenz Daten entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Predictive Maintenance, also vorausschauende Wartung von Maschinen und Anlagen, ist damit auch möglich. Dabei wertet die sogenannte vorausschauende KI die Leistungsdaten von Robotern aus, um den zukünftigen Zustand der Anlagen zu bestimmen. Kostspielige Maschinenausfallzeiten lassen sich auf diese Weise vermeiden. Als weitere Variante von künstlicher Intelligenz sollte in diesem Zusammenhang die generative KI genannt werden, die in der Intralogistik ebenfalls genutzt wird. Im Unterschied zur vorausschauenden KI kreiert sie etwas Neues, nachdem sie Trainingsdaten erhalten hat. So können über Bild: Linde MH generative KI-gesteuerte Schnittstellen Roboter mit natürlicher Sprache statt mit Code programmiert werden. Vernetzte Systeme und Geräte können aber auch für die Echtzeitüberwachung und -steuerung von Flurförderzeugen und Lagerhausgeräten genutzt werden. Gabelstapler fahren im Materialfluss immer häufiger autonom. Gerade Flottenbetreiber würden Telematiklösungen fordern, sagt Thomas Bach, Director R&D und Einkauf bei Clark. Dabei würden sicherheitsrelevante Informationen in Echtzeit sowohl den Bedienern als auch dem Management bereitgestellt. Assistenzsysteme, so Bach, bekämen eine immer höhere Relevanz. „Mithilfe von Systemen, wie beispielsweise zur Vermeidung von Kollisionen oder solchen, die bei Lagerhalleneinfahrt automatisch die Geschwindigkeit reduzieren, soll der Einsatz von Staplern sicherer werden.“ Wie kann die Intralogistik KI noch nutzen? Denkbar ist, dass intelligente Systeme Daten aus der Vergangenheit analysieren, um Aussagen für die Zukunft zu treffen. Für die kommenden Jahre, so Just, erwarteten viele Experten – auch aus der Logistikbranche – dass sich KI zum „game changer“ entwickele und ein wichtiger Impulsgeber für Innovationen werde. „Die Frage, wie sich die Intralogistikbranche die Vorteile von KI noch stärker zunutze machen kann, sollte stärker in den Blickpunkt rücken.“ Rapide Veränderungen – und ihre Problematiken Die Anforderungen an die Intralogistik ändern sich kontinuierlich, sei es durch saisonale Schwankungen, kurzfristige Auftragsspitzen oder veränderte Kundenbedürfnisse. Knauer: „Die Kundenerwartungen entwickeln sich in Richtung ultraschneller Lieferung, einschließlich des Konzepts Make on Demand.“ Der boomende elektronische Handel, ausgelöst durch die Corona-Krise, setze auf die Intralogistik – doch auch für traditionelle Hersteller gewinne sie an Vernetzte Systeme erleichtern die Prozesse im C-Teile- Management und sorgen für einen präziseren Materialfluss. Bild: Würth Industrie Service 40 Industrieanzeiger » 03 | 2024

Bedeutung. „Der Arbeitskräftemangel, der sich auch in Zukunft weiter fortsetzen wird, und die hohen Anforderungen der Konsumenten an eine schnelle und fehlerfreie Belieferung führen zu einem weiteren Wachstum in der Intralogistik-Branche,“ sagt Robosch. Doch kommt jeder mit diesem Tempo mit? Welche Problematiken machen sich bei der Anpassung an die neuen Gegebenheiten bemerkbar? Udo Marmann, Marktmanager bei SEW-Eurodrive: „Vielfach bestehen historisch gewachsene, komplexe IT-Infrastrukturen, die oft den Fortschritt bei der Digitalisierung behindern. Jedoch scheuen sich die IT-Verantwortlichen in den Logistikbereichen nicht selten vor einer ganzheitlichen Erneuerung ihrer IT-Infrastruktur ‚auf einen Schlag‘.“ Es herrsche noch immer zu viel Silodenken in den einzelnen Bereichen der Unternehmen, betont Dr. Matthias Schweizer, Vice President Marketing bei Viastore. „Die unterschiedlichen Abteilungen neigen dazu, nur die jeweiligen Prozesse in ihrem Bereich zu optimieren. Wichtig ist aber, alle Prozesse von A bis Z zu definieren und mit der richtigen Softwarelösung zu arbeiten.“ Nicht alle Unternehmen sind also gleichgut aufgestellt, nicht überall ist ein Bewusstsein für Handlungsbedarf vorhanden. Um mit den angesprochenen kurz- und langfristigen Trends klarzukommen rät auch Knauer zu „dringenden Investitionen der Branche in Automatisierung und Robotik.“ Die Ressource Mensch Standardisierte, schnell verfügbare und einfach zu handhabende Lösungen sind gefragt. Auch im Materialfluss macht sich der Fach- und Arbeitskräftemangel immer mehr bemerkbar. Wie sehr setzen die Unternehmen auf Automatisierung und künstliche Intelligenz, um diesen negativen Trend auszugleichen? „Bis 2025 werden bei Würth Industrie Service 75 Prozent aller intralogistischen Prozesse durch den Einsatz von Robotern automatisiert“, erklärt Reuss. Trotz der fortschreitenden Digitalisierung werde der Mensch aber weiterhin wertvollstes Gut sowie Kopf und Impulsgeber des Unternehmens bleiben. Mit der Vernetzung von Mensch, Anlage und Robotik wolle man die Wertschöpfungskette optimieren, Routinetätigkeiten automatisiert abbilden und gleichzeitig zu einer verbesserten Arbeitsplatzergonomie beitragen. Bei Clark sieht es ähnlich aus: „Aus unserer Sicht wird dem Fokus auf einen vollständig autonomen Betrieb von Flurförderzeugen zu viel Bedeutung beigemessen,“ so Bach. Die Intralogistik solle sich das Ziel setzen, eine Symbiose von Mensch und Maschine zu schaffen. Die Automatisierung als große Chance für die Arbeiter? Auch bei Toyota Material Handling werden die Mitarbeitenden von der zunehmenden Automatisierung profitieren: „Insbesondere sich ständig wiederholende Standardprozesse eigenen sich hervorragend, um step-by-step automatisiert zu werden und somit Mitarbeitende für wertschöpfendere Tätigkeiten freizusetzen“, sagt Lorenz. Dass die Ressource Mensch relevant bleibt, zeigt ein weiterer Trend der Branche. „Stark gewachsen ist die Bereitschaft, in die betriebliche Sicherheit zu investieren“, betont Just von Linde. „Unfälle gefährden Menschen, stören den Ablauf und verursachen Kosten. Mit einer Vielzahl an Schutz- und Assistenzsystemen lässt sich dem aber entgegenwirken.“ Viele Bereiche der Intralogistik werden zur Zeit überdacht und neu gestaltet. Bild: Still Bild: Viastore Industrieanzeiger » 03 | 2024 41

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