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Industrieanzeiger 12.2020

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news & management PC

news & management PC ergänzt AR-Software das Live-Bild der Kamera um virtuelle und digitale interaktive Elemente, die auf dem Display sichtbar werden (Hologramme). Mit AR können Konsumgüter, genauso wie Industrieprodukte in ganzheitliche Marketingkonzepte eingebunden werden. Die bestehenden Produktflyer können genutzt werden und beispielsweise mit AR interaktiv und digital erweitert werden. Dabei dienen bestehende Grafiken oder Produktabbildungen als sogenannte Marker, die mithilfe einer App über das mobile Gerät zum Leben erweckt werden können. Auch interaktive 3D-Modelle können damit auf das bestehende Print- Material positioniert werden. Der Kunde oder Berater kann das Produkt so neuartig darstellen und erläutern. Dabei sind einmal hinterlegte Marker in verschiedenen Unterlagen nutzbar. Auch kann so die Visitenkarte zu einem digitalen Erlebnis werden, wenn etwa der eigene Avatar oder Zusatzinformationen auf der Karte platziert wird. Im Consumer-Bereich setzen Unternehmen wie Ikea bereits auf virtuelle Marktplätze. Der Kunde kann sich so zum Beispiel Zusatzinformationen einblenden lassen. Bild: dragonstock/stock.adobe.com Selbst bei Aufmaß von individuellen Lösungen können mithilfe der AR-Funktionen interessante Verkaufsmomente geschaffen werden. Ein Beispiel: Auf einer Baustelle geht es um die Fensterfront. Mit dem Tablet- PC wird das Aufmaß gemacht, im Online-Store mit dem Kunden die gewünschte Fassade ausgewählt und über die AR-Funktion lebensgroß in die echte Welt projiziert. Selbst bestehende physische Produkte können über sogenannte AR-Objekterkennung mit zusätzlichen Marketinginformationen ergänzt und erweitert werden. Ein prägnantes Beispiel mit AR ein Kundenerlebnis zu schaffen, hat etwa Thyssenkrupp: Eine AR-Brille direkt beim Kunden erlaubt neben der Aufnahme der individuellen Kundenbedürfnisse, auch die direkte Verzahnung mit der Produktion. Online-Shop der Zukunft – AR über Google-Search Künftig werden wir allerdings keine gesonderten Software-Lösungen mehr benötigen. Google hat bereits in einer ersten Beta-Version die Möglichkeit umgesetzt, über die Standardsuche im Browser 3D-Objekte zu finden und als AR-Objekt darzustellen. Diese können direkt mit zwei Gesten als AR-Objekt auf dem mobilen Gerät in Lebensgröße in einen Raum platziert werden. Konkret bedeutet dies: Ein potenzieller Kunde sucht nach einem Produkt aus dem Leistungsangebot und erhält wie bisher zum Beispiel die Treffermenge Website, Youtube-Video und Social-Media-Einträge. Nun steht auch ein 3D-Objekt vom eigenen Produkt in der Suche. Der Kunde kann dieses nun aus der digitalen Welt als AR-Objekt ohne Marker in seine physische Umgebung holen und von allen Seiten her anschauen, drehen und vergrößern oder verkleinern. Dies kann etwa mit Tieren bereits heute selber ausprobiert werden. Probieren Sie es mal aus: Geben Sie einen der Begriffe Hai, Hund oder Schlange aus der Tierwelt in die Google-Suchmaske ein und lassen Sie sich diese ins Wohnzimmer katapultieren. Bisher war hierzu eine eigene App notwendig. Ein bekanntes Beispiel um den Kaufprozess zu unterstützen, ist etwa die Ikea Place App mit der es möglich ist, aus einem virtuellen Shop Möbel zu Hause zu platzieren und zu bewerten, ob diese von Form, Farbe und Größe zum Rest passen. Um sich dies anzusehen ist nur ein Mobile Device notwendig. Neben vielfältigen Umsetzungen und Einsatzszenarien von 360 °-Darstellungen, VR und AR muss aber auch über die intelligente Aufbereitung der Inhalte nachgedacht werden. Neben Cross-Device-Ansätzen ist auch die neue Rolle der Berater im virtuellen Raum ein Thema. Neue Funktionen, Interaktionsvarianten mit dem Kunden und ein fehlendes non-verbales Feedback der Kunden sind als Herausforderungen zu nennen. Es muss ein Gesamtkonzept erstellt werden, bei dem alle bestehende digitalen Kanäle und die neuen Chancen von VR/AR einfließen und verzahnt werden. Wenn Kunden keine VR-Headsets besitzen, sollten diese mit der entsprechenden Technik ausgestattet werden. Hier kann zusätzlich bei der Verpackung mit AR ein Markenerlebnis geschaffen und Zusatzinformationen untergebracht werden. Die Verbindung zwischen Konsumenten und Marke kann so einfach emotionalisiert und erlebbar gemacht werden. • Torsten Fell Leiter Institute for Immersive Learning in Werdum 22 Industrieanzeiger 12.20

Lieferanten-Scouting Wer suchet, der findet Einkauf | Die Suche nach neuen Lieferanten ist zeitaufwendig. Scoutbee hat eine Softwarelösung entwickelt, die nicht nur über einen immensen Datensatz potenzieller Lieferanten verfügt, sondern daraus auch eine kuratierte Liste mit passenden Lieferanten fischen kann und Einkäufer zudem direkt online mit diesen kollaborieren lässt. ❧ Sanja Döttling Die Suche nach einem passenden Lieferanten ist oft langwierig, denn es braucht viel Zeit, mit den richtigen ins Gespräch zu kommen. In Corona-Zeiten, wo sämtliche Messen abgesagt sind, ist die Kontaktaufnahme noch deutlicher erschwert. Umso interessanter wird das 2015 gegründete Start-up Scoutbee, das den Scoutingprozess von mühsamer Laufarbeit in eine Software - lösung überführt hat. „Es geht bei der Auswahl der Lieferanten um zwei Fragen: Kann der Lieferant die Teile liefern, die ich brauche? Und: Ist der Lieferant vertrauenswürdig?“, erklärt Scoutbee-Gründer Gregor Stühler. Früher hätten Einkäufer versucht, diese Fragen in aufwendigen Recherchen zu beantworten: angefangen im Internet, mit Informationen von Kreditinstituten und TÜV-Datenbanken. „Es ist schwierig, diesen Flickenteppich an Informationen zusammenzusuchen“, sagt Stühler. Also dachte sich der Informatiker und Wirtschaftsingenieur, dass das einfacher gehen muss und hat mit seinem Team die Software- Lösung Scoutbee entwickelt. Die Software besteht aus der Datenbank DeepSee und der kollaborativen Oberfläche Streamline. In der Datenbank DeepSee sind die Informationen von neun Millionen Lieferanten gespeichert. Die Daten erhält das Unternehmen aus tausenden Quellen: über Informationen, die der Lieferant selbst auf der Plattform bereitstellt, über die Aggregation von Daten aus dem World Wide Web, aber auch über Finanzdaten von Drittanbietern wie Dun & Bradstreet sowie, wenn gewünscht, über die Daten, die der Kunde in seinem ERP-System gespeichert hat. Letztere Daten sind geschützt und für andere Kunden natürlich nicht abrufbar. Dabei wird objektiven Daten, etwa Finanzdaten, ein höheres Gewicht beigemessen als subjektiven Beschreibungen. „Tatsächlich ist es so, dass ein Lieferant bei uns schon ein zu 80 Prozent gefülltes Profil hat, bevor er sich das erste Mal anmeldet“, erläutert Stühler. „So können wir unter anderem messen, wie ähnlich neue Lieferanten zu Bestandslieferanten sind.” Matchmaking beschleunigt die Auswahl Stets werden konkrete Bedarfe gesucht. Diese Suchkriterien werden auf der Kollaborationsplattform Streamline eingegeben und gegen die Datenbank abgeglichen. „Die kniffeligste Aufgabe ist das Matchmaking“, sagt Stühler – herauszufinden, welcher Lieferant zum Bedarf des Kunden passt. Der Clou: Die einzelnen Firmen stehen in der Datenbank nicht für sich alleine, sondern in Beziehung zueinander wie in einem sozialen Netzwerk. So können sie einschätzen, in welchem Branchenumfeld ein Lieferant operiert. „Die Entscheidung, ob ein Lieferant passt oder nicht, basiert also nicht auf einzelnen Keywords, sondern aus den Hunderten Dimensionen“, erklärt Stühler. Doch es ist nicht damit getan, dass Scoutbee eine Liste mit 30 bis 50 Lieferanten ausspuckt. Nun macht sich das Team daran, die ausgewählten Lieferanten für die Kunden auf die Plattform zu holen. Mit Streamline sind die Einkäufer nun in der Lage, Kontakt mit den Lieferanten aufzubauen, NDAs oder andere Verträge unterschreiben zu lassen und per Chat Fragen zu stellen. Die Ar- Gregor Stühler (Mitte) ist einer der drei Gründer von Scoutbee. Ebenfalls in der Geschäftsführung: Fabian Heinrich (l.) und Lee Galbraith (r.). Bild: Scoutbee beit von Scoutbee hört dann auf, wenn die Lieferanten erste Proposals liefern. Wann ist digitales Scouting sinnvoll? In der DACH-Region hat Scoutbee circa 100 Kunden. Der Preis ist Subsciption-basiert, die Kosten sind an die Anzahl der Suchanfragen angepasst. So wird die Software auch für KMUs interessant. „Wir haben großen Erfolg mit Kunden aus den verschiedensten Industrien mit typischen Einkaufs-Herausforderungen“, erklärt Stühler. Dazu gehöre zum Beispiel die Erschließung einer Lieferkette für ein neues Produkt oder einen neuen Standort, die Absicherung der Lieferkette durch einen Zweitlieferanten oder die Verhandlungsmacht Bestandslieferanten gegenüber. Wenn sich die Preise am Rohstoffmarkt absenken, werden diese Erleichterungen nämlich oft nicht weitergegeben. „In einer idealen Welt sollten Einkäufer bei jeder großen Anfrage scouten, um Wettbewerbspreise zu benchmarken und auf Innovationen aufmerksam zu werden“, so Stühler. Auch in der Krise um Covid-19 wird klar, wie digitales Scouting zur Risikominimierung beitragen kann. Scoutbee hat in den letzten Wochen öffentlichen Einrichtungen bei der Suche nach Bedarfen wie Atemmasken geholfen. Auch Unternehmen müssen kritisch auf ihre Lieferketten blicken. „Einkäufer müssen ihre Bestandslieferanten prüfen, um sicherzustellen, dass diese nicht in eine Insolvenz rutschen“, sagt Stühler. Zusätzlich kann der Aufbau von alternativen Lieferanten zur Bestandssicherung wettbe werbsentscheidend sein. Wer früh damit anfängt, hat die Nase vorn: „Irgendwann ist dieser ganze Spuk vorbei,“ prophezeit Stühler, „und der weltweite Bedarf kehrt schlagartig zurück und die Nachfrage das Angebot weit übersteigen. Wer sich dann am schnellsten bewegt hat, wird sich die Marktanteile sichern können.“ • Industrieanzeiger 12.20 23

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