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perspektive - Sonderdruck vom bvik

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Alles für dem Marketingexperten im B2B-Bereich, zusammengestellt vom Bundesverband Industrie Kommunikation eV und der Redaktion des Industrieanzeigers

Mit Daten ist alles

Mit Daten ist alles möglich – solange man sie rechtskonform erhoben hat. Bild: momius/Adobe Stock Status Quo und Zukunftsaussichten in Sachen Datenschutz DSGVO & ePrivacy – Hemmschuh oder Chance? Datenschutz I Das Inkrafttreten der neuen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) im Mai 2018 war und ist ein großer Kraftakt für deutsche Industrieunternehmen. Die befürchteten Abmahnwellen sind bislang zwar ausgeblieben, aber es herrscht weiterhin große Unsicherheit bei der praktischen Auslegung der Regelungen. Datenschutz-Hausaufgaben und Hürden in der Praxis Es geht um viel Geld. Gerade die großen Betriebe beschäftigen sich daher schon seit einigen Jahren mit der DSGVO-konformen Umstellung ihrer Strukturen und Prozesse. Für die im Gesetz unter Art. 83 Abs. 5 DSGVO aufgelisteten Verstöße beträgt der Bußgeldrahmen bis zu 20 Millionen Euro oder bis zu vier Prozent des gesamten weltweit erzielten Jahresumsatzes. Sämtliche Dienstleistungsverhältnisse mussten folglich auf den Prüfstand, es wurden unzählige Verträge zur Auftragsdatenverarbeitung geschlossen, die Umsetzung der technisch-organisatorischen Maßnahmen, der Risikofolgeabschätzungen oder der Verfahrensverzeichnisse haben viele zeitliche und finanzielle Ressourcen verschlungen. „Den wirtschaftlichen Schaden schätzen wir auf mehrere hunderttausend Euro“, bestätigt Ralf Fahner, Digital Industries Motion Control, Siemens AG. Abmahnwellen in Deutschland und Europa zu erwarten? Noch ist es ruhig, aber die DSGVO ist jung und Rechtsverfahren brauchen Zeit. Mittlerweile wurden die ersten Bußgelder in Europa und Deutschland verhängt. Eine fehlende SSL-Verschlüsselung oder die Verletzung von Informationspflichten kann hier ausreichen. Hohe Strafmaße sind jedoch unwahrscheinlich, denn Ziel der DSGVO ist nicht die Regulierung von Marktverhalten. Aber die Unsicherheit bleibt. Urteile deutscher Gerichte aus der Vergangenheit können nur bedingt zur Klärung herangezogen werden, da die DSGVO als europäische Verordnung im Kontext des EU-Rechts ausgelegt werden muss. Vorsicht ist auch bei grenzüberschreitender Verarbeitung personenbezogener Daten geboten. Informieren Sie sich vorab, wie die Verfahren und Bußgelder der Behörden Ihrer Partnerländer bisher ausgefallen sind, denn hier gibt es signifikante Diskrepanzen. Die großen Player können als radikale Vorreiter gelten: Auch bei Siemens wurden nach zähem internen Ringen Adressbestände ohne dokumentiertes Opt-in aus Vor-DSGVO-Zeiten in Größenordnungen von bis zu 85 % gelöscht. Diese Maßnahme hatte weitreichende Folgen für Marketingstrategie und Geschäftsmodelle. „Durch die aktuelle DSGVO werden wir interessanten Content jetzt vermehrt über andere digitale Kanäle, wie Webseite oder Social Media spielen. Die starke Nutzung 32 perspektive – B2B-Kommunikation der Zukunft

datenschutz Praxis-Tipp Erfassen Sie auf eingesammelten Visitenkarten bzw. auf Lead-Bögen jeweils Datum und Uhrzeit des Messe-Besuchs mit Unterschrift des beratenden Mitarbeiters und archivieren Sie diese sorgfältig. Vor Gericht können Zeugenaussagen von Mitarbeitern im Zweifelsfall als Beleg für eine Einverständniserklärung, auch ohne explizite Unterschrift des Kunden, dienen. und der hohe Mitgliederanteil der Siemens-Communities zeigt, dass das ein richtiger und wichtiger Weg ist“, erläutert Fahner. Datenerhebung auf Messen: Was ist erlaubt? Laut den Ergebnissen der bvik-Studie „B2B-Marketing- Budgets 2018“ behaupten sich Messen als wichtiges Marketingtool. Doch seit der Einführung der DSGVO stellt die Lead-Erfassung eine Herausforderung dar. Was hier zu beachten ist, hat die Rechtsanwältin Silvia Bauermeister, Referentin Recht/Business Development des AUMA – Verband der deutschen Messewirtschaft, wie folgt zusammengefasst: „Da auf dem Messestand die Besucher regelmäßig selbst ihre Daten an den Aussteller weitergeben, kann hier grundsätzlich von Einwilligung zur elektronischen Erfassung der Daten ausgegangen werden. In der Regel kann sich der Aussteller aber auch auf die Interessenabwägung als Erlaubnisnorm berufen. Ein berechtigtes Interesse des Ausstellers kann nämlich zum Beispiel auch die Verwendung der Kontaktdaten zu Werbezwecken sein. Neu seit Inkrafttreten der DSGVO sind die umfangreichen Informationspflichten für Unternehmen. Um diesen nachzukommen, sollte man im unmittelbaren Nachgang zur elektronischen Aufnahme des Kontaktes eine Bestätigungsmail an den Besucher verschicken, in der der Besucher über die Speicherung seiner personenbezogenen Daten informiert, auf die Datenschutzerklärung des Unternehmens per Link verwiesen und auf das Widerspruchsrecht hingewiesen wird. Sobald jedoch Unternehmens-Newsletter per E-Mail versandt werden, sollte man hierfür zuvor eine Einwilligungserklärung einholen.“ ePrivacy-Richtlinie: Was kommt noch? Nach der DSGVO möchte die Europäische Kommission mit der ePrivacy-Verordnung (ePVO) nun das Tracking des Nutzerverhaltens auf Webseiten regeln. Einen Eindruck davon gibt die sogenannte Orientierungshilfe der Datenschutzkonferenz (DSK) vom 5. April 2019. Aus Sicht der DSK ist das aktuell praktizierte Opt-out- Verfahren für eine Einwilligung zum Tracking der User- Daten nicht ausreichend. Auch wenn die ePVO voraussichtlich erst 2022 Anwendung findet, sollte man sich darauf einzustellen, dass sehr viel häufiger als bisher eine aktive Einwilligung der Nutzer erforderlich sein wird. Auch müssen voraussichtlich die Informations - texte überarbeitet werden, um die geforderte Transparenz zu schaffen. Das Thema Datenschutz wird B2B-Marketer noch eine längere Zeit intensiv beschäftigen! DSGVO: Hemmschuh oder Chance für die deutsche Industrie? Bei allen Nachteilen hat die DSGVO zu einem abteilungsübergreifenden Umdenken geführt: Das Kernstück der Kommunikation – die Daten der Kunden – müssen als Vertrauensvorschuss in die Qualität der Marke und ihrer Produkte gewertet werden. Das bedeutet, dass das Thema Content-Qualität eine völlig neue Bewertung erfahren hat. Die Einführung der DSGVO ist so zu einem Katalysator der Professionalisierung in der Kommunikation geworden. Nicht das Produkt, sondern der Kunde mit seinen Interessen und Rechten steht nun auch im B2B tatsächlich im Mittelpunkt. Mehrwert, Transparenz und Service sind die Gebote für starke Marken im globalen Wettbewerb. Gerade im B2B zählt Vertrauen. Dies sollten Unternehmen als Aufforderung und Chance in Zeiten der Digitalisierung begreifen. „Mit Daten ist alles möglich. B2B-Unternehmen, die jetzt und in Zukunft erfolgreich sein wollen, müssen das Potenzial unserer digitalen, datengenerierenden Welt nutzen. Aus den Daten ihrer Interessenten und Kunden können Industrieunternehmen viel herausholen – sofern sie die Einwilligung der Betroffenen haben“, bestätigt der Marketing-Automation-Experte Martin Philipp, Geschäftsführer der SC-Networks GmbH. • Tanja Auernhamer Leitung der bvik-Geschäftsstelle Weitere Infos zum Thema Datenschutz finden Sie unter www.bvik.org/datenschutz perspektive – B2B-Kommunikation der Zukunft 33

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