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KEM Konstruktion Automobilkonstruktion 02.2018

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Themenschwerpunkte: Simulation, Fahrassistenz, Elektromobilität, Antrieb, Karosserie, Produktion sowie Testen; KEM Porträt: Kurt Blumenröder, Leiter Aggregateentwicklung, Volkswagen; KEM Perspektiven: Simulationen in der Forschung & Entwicklung

ANTRIEB ABGASREINIGUNG

ANTRIEB ABGASREINIGUNG AVL bietet Messsysteme für Katalysatoren in Hybridmotoren Fahren ohne Thermoschock-Risiko In Katalysatoren führen schnelle zeitliche Temperaturänderungen zu sogenannten Thermoschocks. Deren Folge: Teile des Washcoats platzen ab, so dass der Katalysator seine Funktionsfähigkeit verliert. Die Kenntnis über Temperaturänderungen bildet daher einen wesentlichen Bestandteil zur Einschätzung der Lebensdauer eines Katalysators. Gerade beim Wechsel in Hybridantrieben, wenn der Elektromotor den Betrieb übernimmt, wird es schnell kritisch. Dr. Ernst Winklhofer, Entwicklungsleiter Optische Messtechnik, AVL List GmbH, Graz Defekter Katalysator: Für den Verschleiß eines Katalysators kann es viele Gründe geben, wie zum Beispiel schnelle zeitliche Temperaturänderungen führen können. Die Kenntnis über kritische Temperaturzustände bildet daher einen wesentlichen Bestandteil für die Abschätzung der Risiken einer frühzeitigen Alterung des Katalysators. Die Zuverlässigkeit einer Kalibrierlösung und damit auch die Dauerhaltbarkeit einer Abgasanlage wird dazu mit Messdaten bewertet. Bild: AVL List GmbH Moderne Fahrzeuge mit Hybridantrieb verwenden herkömmliche Dreiwegekatalysatoren zur Abgasreinigung. Während in Fahrzeugen mit konventionellen Verbrennungsmotoren vor allem das Risiko einer überhöhten Abgastemperatur zu beachten ist, können in Hybridfahrzeugen Schäden am Katalysator auftreten, selbst wenn dieser noch weit unterhalb kritischer Übertemperaturen arbeitet. AVL List hat daher das Betriebsverhalten von Katalysatoren in Hybridfahrzeugen genauer untersucht und dabei durchaus kritische Zustände erkennen müssen: Es sind nicht etwa zu hohe Temperaturen, die zu Schäden führen, sondern schnelle zeitliche Temperaturänderungen, die an den reaktiven Oberflächenschichten – dem Washcoat – durch den Thermoschockeffekt zu den Schäden führen: Teile des Washcoats platzen ab, der Katalysator verliert damit seine Funktion. Im Extremfall treten dann Risse im Grundmaterial auf, die nachfolgend auch zur mechanischen Zerstörung des Keramikträgers Normal- und Risikobetrieb – wo liegen die Grenzen? Die Hersteller des Materials für Katalysatoren geben klare Grenzwerte für die Temperaturen vor, denen das Material standzuhalten vermag und die im Fahrbetrieb einzuhalten sind. Als Ergebnis seiner Untersuchungen stellt das Grazer Unternehmen AVL diesen Temperaturwerten nun Grenzwerte für die zeitliche Änderung der Temperaturen – eben die Temperaturgradienten – zur Seite. Diese sind in nachfolgender Tabelle als Richtlinien mit Hinweisen zu den damit verbundenen Risiken angeführt. Die Risikogrenzen beziehen sich dabei auf den Betrieb von Katalysatoren mit Keramikträgern. (Tabelle unten) Temperaturerfassung am Katalysator Jedoch: Wie sind kurzzeitig wirksame Temperaturen im Katalysator überhaupt messbar? Wie können Temperaturgradienten der Katalysatoroberfläche „richtig“ erfasst werden? Thermoelemente liefern zwar zuverlässige Messwerte über die im zeitlichen Mittel wirksa- Grenzen bei Katalysatoren mit Keramikträgern Belastung für Temperatur sicherer Betrieb Dauerbetrieb 950 °C steigendes Risiko kurzzeitig 1050 °C hohes Risiko unzulässig > 1050 °C Temperaturgradient < 8 °C/ms 16 °C/ms > 16 °C/ms 38 K|E|M Konstruktion Automobilkonstruktion 02 2018

ABGASREINIGUNG ANTRIEB BIld: AVL List GmbH Bild 2: Messdaten aus Tests vom Rollenprüfstand: Temperaturen (A, B) und Temperaturgradienten mit gleichzeitiger Risikobewertung (C) me Temperatur ihrer Umgebung, sind aber infolge ihrer thermischen Trägheit nicht geeignet, schnelle Temperaturänderungen aufzulösen. Im Gegensatz dazu zeigt Bild 2 wie schnell eine Katalysatoroberfläche auf den Motorbetrieb reagiert. Sogar einzelne Gaspulse des Abgasstroms werden in ihrer Auswirkung erkennbar (Bild 2B). Gemessen wird dieser schnelle Temperaturwechsel über die von der Katalysatoroberfläche ausgehende Oberflächenstrahlung. Als Sensorelement dient eine Sammellinse, die die erfasste Wärmestrahlung in eine Lichtleitfaser einkoppelt. Über eine Fotodiode wird das Signal dann in einem Datenrecorder erfasst. Interessant wird diese Messmethode, wenn das Fahrzeug in der Hochlast betrieben wird und bei jedem Gangwechsel kurzzeitig zwischen Last – Leerlast – Last gewechselt wird. Je nach Schaltstrategie kann es dabei zu erheblichen Übertemperaturen kommen. Der Strahlungssensor (Bild 3) wird dazu am Abgaskrümmer oder am Gehäuse des Katalysators über einen Einschweißadapter montiert. Zur Signalkalibrierung wird weiterhin ein Thermoelement verwendet, das aber hier nur die Aufgabe hat, im stationären Fahrbetrieb die Mittelwerte beider Sensorsignale einander anzupassen. Bild 3: Sensoreinbau im Abgaskrümmer für Tests am Motorund Rollenprüfstand und auf der Straße Temperaturgradienten für Hybridmotoren Es stellt sich nun die Frage, welche Auswirkungen die Temperaturen bei Hybridantrieben haben und wo deren Temperaturgradienten anzusiedeln sind. In Messprojekten hat sich gezeigt, dass die höchsten Temperaturgradienten im Wechselbetrieb von Hybridfahrzeugen auftreten: Sobald der Elektromotor den Antrieb übernimmt, kühlen Abgaskrümmer und Katalysator ab. Der Kat bleibt aber länger auf höherer Temperatur. Setzt nun der Verbrennungsmotor wieder unter hoher Last ein, kann es zum Thermoschock kommen: Ein zunächst kühlerer Abgasstrom tritt in den noch heißen Kat ein. Dieser reagiert mit Abkühlen durch den Gasstrom und nachfolgendem Aufheizen durch die exothermen katalytischen Reaktionsvorgänge. Die vom Gasstrom betroffenen Oberflächen reagieren darauf mit Temperaturgradienten von bis zu 30°C/ms. Zu schneller Schädigung kommt es dann, wenn durch die Gaspulse des Verbrennungsmotors im Röhrenwerk des Abgassystems Schwingungen der Gassäule angeregt werden. Das Hin- und Her dieser Gassäule wiederholt den thermischen Stress für das Washcoat. Nachfolgende Gaspulse wiederholen diesen Vorgang solange bis die Differenz zwischen Abgas- und Katalysatortemperatur wieder Normalwerte erreicht. Schnelles Feedback zu kritischen Parametern Das Unternehmen AVL bietet ein Messsystem, sozusagen ein Anwendungspaket vom Sensor bis zur Signalbewertung. Der in Bild 3 gezeigte Sensorkopf ist Teil dieses Messsystems, das am Motorprüfstand ebenso wie im Fahrzeug zum Einsatz kommt. Die Signale werden im AVL X-ion Recorder erfasst und stehen als Messreihen für Vergleiche mit Motorsignalen zur Verfügung, um Ursachen und Wirkungen im genauen Zeitablauf bewerten zu können (siehe Bild 3). Bereits während des Messvorgangs werden damit Fahrzustände erkennbar, deren Temperaturen und Temperaturgradienten vorgegebene Grenzwerte überschreiten. Techniker haben damit ein schnelles Feedback zu kritischen Kalibrierparametern und können ihre Abstimmarbeiten entsprechend anpassen. Im oben beschriebenen Fall war das zunächst ein Anpassen der Lastwechseldynamik zwischen Verbrennungs- und Elektromotor. Ein Abdämpfen der Gasschwingungen im Röhrenwerk der Abgasanlage bringt dann eine weitere Verbesserung. eve www.avl.de Details zum AVL X-ion-Recorder: hier.pro/LdvHl Bild: ALV List GmbH K|E|M Konstruktion Automobilkonstruktion 02 2018 39