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KEM Konstruktion 12.2023

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TRENDS » Interview » Nachhaltigkeit Herausforderungen auf dem Weg zur All Electric Society (AES) „Nachhaltigkeit beginnt bereits mit dem richtigen Einsatz der DC-Technologie“ IM INTERVIEW Dr. Stefan Jörres, Director Platform Innovation BA ICE, Phoenix Contact, Blomberg Das Konzept der All Electric Society (AES) verspricht eine nachhaltige Nutzung der Ressourcen der Erde. Es setzt die Verfügbarkeit von ausreichend ‚grünem‘ Strom voraus, verbunden mit einem sehr effizienten Umfang mit Energie. Deswegen spielt auch die direkte Nutzung von Gleichstrom (DC-Industrie) eine wichtige Rolle, genauso wie die Kopplung der Sektoren Energie, Industrie, Infrastruktur und Mobilität. Das führt zu einer Reihe von Herausforderungen und der Entwicklung angepasster Komponenten. Michael Corban, Chefredakteur KEM Konstruktion|Automation KEM Konstruktion|Automation: Die Idee der All Electric Society (AES), die Phoenix Contact unterstützt, setzt über die Sektorenkopplung die ganzheitliche Betrachtung von Energieerzeugung, -verteilung, -speicherung und -verbrauch voraus. Welche Herausforderungen ergeben sich hieraus? Dr. Stefan Jörres (Phoenix Contact): Mit Blick auf das Energiesystem hat Deutschland einen kompletten Systemwandel eingeleitet. Zuvor lief die Energie unidirektional von großen Kraftwerken über Verteil- und Übertragungssysteme zum Verbraucher. Zukünftig wird es eine Vielzahl dezentraler Einheiten geben – sowohl Erzeuger- als auch Speichereinheiten zur Stabilisierung der Netze –, die intelligent miteinander gekoppelt werden müssen. Zudem werden einzelne Sektoren Energie untereinander austauschen müssen, so dass diese in der richtigen Form dort zur Verfügung steht, wo sie benötigt wird. Diese Kopplung in einem Netz zu ermöglichen, das ursprünglich für eine unidirektionale Energieverteilung konzipiert war, ist eine Herausforderung. Um es greifbarer zu machen: Erreicht etwa eine Photovoltaik-Anlage zur Mittagszeit einen Peak, gilt es eine Möglichkeit zu finden, die erzeugte Energie zu speichern. Ist umgekehrt der Verbrauch sehr hoch, muss dieser Speicher die Energie wieder zur Verfügung stellen. Gelingt uns dies auch per Sektorenkopplung, können wir unser Netz Bild: Phoenix Contact Dr. Stefan Jörres, Director Platform Innovation BA ICE, Phoenix Contact, Blomberg »Einzelne Sektoren werden Energie untereinander austauschen müssen– diese Kopplung in einem Netz zu ermöglichen, das ursprünglich für eine unidirektionale Energieverteilung konzipiert war, ist eine Herausforderung.« so weit entlasten, dass wir es nicht komplett erneuern müssen. Dafür bieten wir bereits Produkte, Lösungen und Dienstleistungen – und entwickeln diese stetig weiter. KEM Konstruktion|Automation: Wie lässt sich denn ein solches, doch komplexes System steuern? Jörres: Das ist in der Tat ein echte Herausforderung. In dem früheren unidirektionalen Netz konnten wir das sehr einfach über die Netzfrequenz steuern. Auf diese Weise ist das europäische Verbundnetz entstanden. Sinkt die Frequenz, muss mehr Energie erzeugt werden, steigt sie, muss weniger zugeführt werden. Das ist alles gut machbar bei Wechselspannung. Durch die Sektorenkopplung kommen nun aber auch Gleichstrom-Anteile dazu, etwa von Photovoltaik-Anlagen oder DC-Speichern. Bei der Kopplung derart verschiedener Systeme den Lastfluss zu steuern und damit Energie zu managen, ist die künftige Herausforderung. Deshalb geht es darum, die einzelnen Sektoren nicht nur leistungstechnisch, sondern auch kommunikativ miteinander zu vernetzen. Das setzt standardisierte Kommunikationsprotokolle innerhalb von verschiedenen Netzwerken voraus, um nicht an Systemgrenzen zu scheitern. Leider kommen wir mit der Sektorenkopplung in Bereiche, in denen nichts mehr standardisiert ist. Man findet deswegen bislang nur wenige Planer, die beispielsweise solch eine Sektorenkopplung übergreifend planen und realisieren können – etwa über eine Fabrik oder Produktionsstätte beziehungsweise ein smartes Gebäude hinweg. Auch hier ist die ganz normale AC-Verteilung kein Pro- 36 KEM Konstruktion|Automation » 12 | 2023

Bild: Phoenix Contact Solarenergie ermöglicht den Einsatz grüner Energie und die Nutzung von Gleichstrom (DC-Industrie). Phoenix Contact nutzt und testet dieses Konzept selbst mit dem neuen Gebäude 60 in Blomberg. blem – ganz im Gegensatz zum DC-Netz. Hier entwickeln wir derzeit technisch erst die entsprechenden Lösungen, um auch den DC-Anteil mit einbinden zu können. Dabei lernen wir, sowohl mit den Vorteilen umzugehen als auch die Nachteile in den Griff zu bekommen. Das betrifft zum Beispiel die Schutzorgane, um ein sicheres Netz aufzubauen. KEM Konstruktion|Automation: Wollen Sie das etwas näher erläutern? Jörres: Schaltvorgänge beherrschen wir gut bei Wechselstrom. Wir können etwa gerade bei hohen Lasten sehr präzise beim Nulldurchgang schalten. Bei einem Gleichstromnetz gibt es keinen Nulldurchgang und die Frage ist, wie ich gerade bei hohen Lasten dann sicher schalten kann – unter anderem geht es auch darum, die Lichtbogen-Problematik in den Griff zu bekommen. Die Realisierung passender Schutzorgane ist also ebenfalls eine der wesentlichen Herausforderungen beim bevorstehenden Umbau der Energieversorgung. Zumal unsere Entwicklungseinheiten parallel noch vor der Herausforderung stehen, diese Schutzorgane zu einem marktfähigen Preis anzubieten. Die noch fehlende Standardisierung erschwert das zusätzlich. Im europäischen Verbundnetz mit Wechselstrom erfolgt beispielsweise der Transport mit Höchstspannung von 220 oder 380 kV oder Hochspannung von 110 kV, die Mittelspannung arbeitet mit 10 bis 30 kV und die Niederspannung dann mit 230 und 400 V. So weit, so gut und standardisiert. Verschiedene Spannungslevel gibt es natürlich aber auch bei Gleichstrom – 100, 110, 200, 400, 690, 1000 oder 1500 V. Die verschiedenen Spannungsebenen müssen natürlich bei der Entwicklung der Schutzorgane berücksichtigt werden. Im Bereich der Schaltund Schutzorgane wäre deswegen mehr Standardisierung ein Vorteil. KEM Konstruktion|Automation: Welche Rolle wird denn künftig die Gleichstromversorgung spielen? Jörres: Eine große – unserer Ansicht nach beginnt Nachhaltigkeit bereits mit dem richtigen Einsatz der DC-Technologie. Regenerative Energiequellen wie die Photovoltaik lassen sich damit wandlungsfrei nutzen und dank Energierückgewinnung steigt die Energieeffizienz weiter. Zusätzlich gehen wir von einem bis zu 55 % ge- Foto: Panduit GmbH Innovative Lösungen für anspruchsvollste Industrieumgebungen Zuverlässige und sichere Infrastruktur Panduit bietet innovative Lösungen für anspruchsvollste Industrieumgebungen – von Leitständen und Fertigungsbereichen bis hin zur Stromerzeugung. Im Angebot befinden sich zuverlässige, langlebige und sichere Verbindungslösungen für Netzwerke und die Stromvers - orgung. Moderne Industrieunternehmen streben nach höherer Produktionsgeschwindigkeit und Kostenkontrolle – bei gleichbleibender Qualität, mehr Sicherheit und Zu - verlässigkeit der Systeme. Seit über 60 Jahren ist Panduit weltweit führender Anbieter von innovativen Lösungen im Bereich physikalische und elektrische Infrastruktur für Rechenzentren, Industrie und Gebäudeautomatisierung und die damit verbundenen Dienstleistungen. Wir machen Verbindungen möglich. KONTAKT ANZEIGE Am Kronberger Hang 8 65824 Schwalbach am Taunus Telefon +49 (0) 69 950 961 29 Mail CX-DACH@panduit.com KEM Konstruktion|Automation » 12 | 2023 37

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