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KEM Konstruktion 12.2023

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Ausgabe 12 | 2023<br />

www.kem.de<br />

<strong>Konstruktion</strong><br />

Automation<br />

WIS-<br />

Konferenz<br />

Engineering 2036<br />

Nachhaltigkeit im Fokus<br />

» Seite 8<br />

Kennzahl<br />

der Nachhaltigkeit<br />

CO 2 -Footprint<br />

» Seite 14<br />

„Verantwortung für die<br />

Lieferkette übernehmen“<br />

Dr. Gunter Beitinger,<br />

Siemens Digital<br />

Industries<br />

» Seite 18<br />

Engineering-Tipps für Produkt- und Produktionsentwicklung<br />

» Im Fokus<br />

Beeinflusst Software<br />

den Energieverbrauch?<br />

» Seite 30<br />

TITELSTORY<br />

DST-Verbinder<br />

ermöglicht<br />

nachhaltigere<br />

Montage<br />

» Seite 50


Innovativ Bewegen<br />

Drahtwälzlager:<br />

Nachhaltigkeit durch Erneuerung<br />

Mit der Runderneuerung von Drahtwälzlagern Kosten & Ressourcen sparen<br />

Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung<br />

sind auch im Maschinenbau wichtige Themen.<br />

Maschinen und Komponenten instand<br />

zu setzen anstatt sie zu verschrotten ist in<br />

vielen Fällen der bessere Ansatz, um Effizienz<br />

und Rentabilität einer Produktionsanlage<br />

zu erhalten oder gar zu steigern. Franke<br />

Drahtwälzlager unterstützen Sie dabei.<br />

Oftmals genügt ein Austausch einzelner<br />

Komponenten wie Laufringe, Wälzkörper<br />

und Käfig, um das Lager wieder vollständig<br />

funktionsfähig zu machen. Das spart Zeit<br />

und Kosten und ist ein wertvoller Beitrag zur<br />

Erhaltung von Ressourcen und zur Schonung<br />

der Umwelt. Lassen Sie sich beraten!<br />

„Bei einer Drehverbindung aus dem Standardprogramm<br />

kann Refurbishing bis zu 60% günstiger sein als eine<br />

Neuanschaffung. Bei Speziallösungen ist der Effekt<br />

noch weitaus größer.“<br />

Franke GmbH, Aalen<br />

info@franke-gmbh.de


» EDITORIAL<br />

Make it right<br />

„Make it run, make it right, make it fast“ lautet in der Softwareentwicklung<br />

die Devise, wobei die Zeit häufig nur für das „Make it run“ reicht, berichtet<br />

Dr. Hans Egermeier, ein Experte für das Thema Software im Maschinenbau in<br />

unseren <strong>KEM</strong> Perspektiven (ab S. 30). Das Trendinterview verdeutlicht, welches<br />

Potential im „Make it right“ steckt – hier sinngemäß dem sauberen<br />

Coden. Nicht nur unscheinbare Kleinstprogramme, vielleicht gerade deswegen<br />

X-mal ausgeführt, können den Energieverbrauch und damit den<br />

CO 2 -Ausstoß deutlich nach oben treiben. Ein Grund mehr, sich mit den Möglichkeiten<br />

des „Green Coding“ zu beschäftigen – denn der CO 2 -Fußabdruck<br />

taucht in immer mehr Lastenheften auf.<br />

„Make it right“ ist somit auch ein Schlüssel zu mehr Nachhaltigkeit – und<br />

gerade ein Land wie Deutschland bekommt mit „mehr Energieeffizienz“ einen<br />

großen Hebel, Energie zu sparen und auch damit die Energiewende weg von<br />

fossilen Energieträgern voranzubringen. Deswegen hat sich die Redaktion der<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation einmal umgeschaut, welche Potentiale nicht<br />

nur der Maschinen- und Anlagenbau nutzen kann. Dazu haben wir unter anderem<br />

einen Blick auf den Begriff des CO 2 -Fußabdrucks geworfen (S. 14)<br />

und sind im <strong>KEM</strong> Porträt (S. 18) der Frage nachgegangen, was das CO 2 -<br />

Managementtool Sigreen von Siemens kann.<br />

Nachhaltigkeit ist aber weit mehr als nur die Reduzierung des Energieverbrauchs<br />

und damit des CO 2 -Footprints. So ist grüne Mobilität (S. 42) gefragt<br />

und das Beispiel der Elektrofähre Medstraum (S. 44) zeigt, dass die Verknüpfung<br />

verschiedener Verkehrsträger wichtig ist. Im Maschinenbau steckt<br />

zudem Potential, die Ressourceneffizienz zu steigern, wie unsere Titelgeschichte<br />

zeigt (S. 50). Sie steht exemplarisch dafür, dass es auch die eher<br />

unscheinbaren „Kleinteile“ sein können, mit denen sich die Bilanz nicht nur<br />

mit Blick auf die Nachhaltigkeit verbessern lässt. Vielversprechend ist auch<br />

ein Ansatz, Kunststoffabfälle wieder in Öl rückzuverwandeln, um so eine<br />

nachhaltigere Herstellung von Kunststoffen zu ermöglichen (S. 6).<br />

Mit anderen Worten: Gehen wir es an, machen wir es – Make it right.<br />

In diesem Sinne wünscht das Team der <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation<br />

allen Leser:innen und Geschäftspartner:innen viele Anregungen und alles<br />

Gute zum Jahreswechsel.<br />

Mehr Präzision.<br />

Hochgenaue Wegund<br />

Abstandsmessung<br />

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• Kapazitive Sensoren für Weg, Abstand<br />

und Position<br />

• Höchste Messgenauigkeit und Stabilität<br />

• Temperaturbereich -270°C bis +200°C<br />

• Hohe Störsicherheit bei Magnetfeldern<br />

• Kundenspezifische Ausführungen für<br />

OEM und Serienintegration<br />

• Ideal für industrielle Messaufgaben:<br />

F&E, Maschinenbau und Automation<br />

Dipl.-Ing. Michael Corban<br />

Chefredakteur <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong><br />

michael.corban@konradin.de<br />

Dickenmessung<br />

Walzenspalt-Überwachung<br />

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Positionierung der Waferstage<br />

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» INHALT 12 | 2023 59. JAHRGANG<br />

TITELSTORY<br />

Chancen für mehr<br />

Mit den DST-Verbindern<br />

von Böllhoff der Verbindungs-<br />

Nachhaltigkeit in<br />

konnte Boge Kompressoren<br />

bei der Montage » Seite 50<br />

technik<br />

von Schalldämmhauben<br />

eine nachhaltigere Alternative<br />

zu Nietmuttern finden.<br />

Bild: Böllhoff/Konradin Mediengruppe<br />

MAGAZIN<br />

Branchennews<br />

Pre-Opening der ersten HydroPRS-Anlage 6<br />

CO 2-Fußabdruck: Ein Überblick zu Definition,<br />

Berechnung und Kritik am CO 2-Footprint, der den<br />

Einfluss eines Produktes auf das Klima beschreibt.<br />

» Seite 14<br />

IM FOKUS<br />

Green Coding: Der Energiehunger von Software<br />

wächst durch KI und Big Data. In der Programmierung<br />

schlummert aber Einsparpotential.<br />

» Seite 30<br />

Bild: Pcess609/stock.adobe.com<br />

Bild: peopleimages.com/stock.adobe.com<br />

VERANSTALTUNGSTIPP<br />

Konferenz Engineering 2036 beleuchtet Potentiale zu<br />

mehr Nachhaltigkeit in der Produktentwicklung 8<br />

Dassault Systèmes tritt dem ZVEI bei 10<br />

Joint Venture für Energie- und Ressourceneffizienz 11<br />

» TRENDS<br />

Schwerpunkt Nachhaltigkeit<br />

Die Grundlagen legen – im Engineering fallen<br />

80 % der Entscheidungen zur Nachhaltigkeit 12<br />

Hintergrund: Die Rolle des CO 2 -Fußabdrucks und<br />

seine Bedeutung als Vergleichswert 14<br />

<strong>KEM</strong> PORTRÄT<br />

Dr. Gunter Beitinger von Siemens:<br />

„Nur, was man transparent macht, kann man<br />

aktiv beeinflussen“ 18<br />

Messtechnik für die Energiewende und die<br />

Dekarbonisierung der Industrie 24<br />

Silke Bucher von Schneider Electric zur Rolle der<br />

Digitalisierung mit Blick auf die Nachhaltigkeit 27<br />

<strong>KEM</strong> PERSPEKTIVEN<br />

Green Coding in der Automatisierung 30<br />

Dr. Stefan Jörres von Phoenix Contact zu den Schritten<br />

auf dem Weg zur All Electric Society 36<br />

Energy-Harvesting versorgt IoT-Sensoren nachhaltig 40<br />

4 <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023


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Bild: L&T Technology Services<br />

Green Mobility: Die Dekarbonisierung des Verkehrssektors<br />

ist von großer Bedeutung, um die Auswirkungen<br />

des Klimawandels abzuschwächen.<br />

» Seite 42<br />

» TRENDS<br />

Nachhaltige Mobilität<br />

Green Mobility für eine nachhaltige Zukunft 42<br />

In Hochgeschwindigkeit emissionsfrei über den Fjord 44<br />

» WERKSTOFFE & VERFAHREN<br />

Verbindungstechnik<br />

Blindnietmuttern effizient setzen 46<br />

Der CO 2 -Footprint von Schrauben zählt 48<br />

TITELSTORY<br />

Ecotech-Service findet mit DST-Schnellbefestigern<br />

eine Alternative zu Nietmuttern 50<br />

Mit der richtigen Verbindungstechnik<br />

einfacher reparieren 54<br />

RUBRIKEN<br />

Editorial 3<br />

Wir berichten über 10<br />

Inserentenverzeichnis 58<br />

Vorschau 58<br />

Impressum 58<br />

Präzise, individuell<br />

und nachhaltig<br />

Keramik kommt zum Einsatz, wenn andere Materialien<br />

versagen. maxon entwickelt und produziert keramische<br />

Präzisionskomponenten für Ihre spezielle Anwendung.<br />

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<strong>Konstruktion</strong><br />

Automation<br />

Precision<br />

Ceramic<br />

Components<br />

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<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023 5


MAGAZIN » Branchen-News<br />

Mura Technology feiert Pre-Opening der ersten HydroPRS-Anlage<br />

Ein Schritt in Richtung Kreislaufwirtschaft<br />

Kunststoffabfälle werden nicht verbrannt, sondern in 30 min wieder zu Öl – nur mit Druck, Hitze und Wasser:<br />

Das HydroPRS-Recycling wird jetzt im kommerziellen Maßstab an den Start gehen. Mura Technology macht damit<br />

– mit Unterstützung des Investors igus – einen Schritt hin zur Kreislaufwirtschaft für Kunststoffe.<br />

Die erste HydroPRS-Kunststoff-Recyclinganlage<br />

von Mura Technology öffnete<br />

im Oktober am Industriestandort Wilton<br />

International in Teesside, Großbritannien,<br />

ihre Tore für Investoren, Partner und<br />

Befürworter, bevor die Anlage 2024 in Betrieb<br />

gehen wird. Die Anlage nutzt überkritisches<br />

Wasser (Wasser bei hoher Temperatur<br />

und hohem Druck), um Produkte wie<br />

Folien, Töpfe oder Becher aus mehrschichtigen<br />

Mischkunststoffen, die bisher als untrennbar<br />

galten, in neuwertige, recycelte<br />

Kohlenwasserstoff-Rohstoffe umzuwandeln.<br />

Diese können dann für die Herstellung<br />

neuer Kunststoffe und anderer Produkte<br />

verwendet werden. Die Kapazität der Anlage<br />

beträgt 20.000 t pro Jahr und soll pers -<br />

pektivisch auf mehr als das Dreifache erhöht<br />

werden. Bisher konnten Mischkunststoffe<br />

im mechanischen Recycling nur mit<br />

großem Aufwand sortenrein getrennt werden<br />

und landeten daher meist in der Verbrennung.<br />

Die Vorteile des neuen Recyclingverfahrens<br />

liegen auf der Hand: Durch die<br />

Rückverwandlung von Kunststoffabfällen<br />

in neue Ersatzrohstoffe geht kein<br />

Rohöl als wertvoller fossiler Rohstoff<br />

verloren. Gleichzeitig zeigen unabhängige<br />

Lebenszyklusanalysen der WMG an<br />

der University of Warwick, dass die<br />

»Durch die Rück verwandlung von<br />

Kunststoffabfällen geht kein<br />

Rohöl als wertvoller fossiler<br />

Rohstoff verloren – das ist<br />

ein echter Wendepunkt im<br />

Kunststoffrecycling, gerade<br />

für technische Kunststoffe.«<br />

Bild: igus<br />

igus-Geschäftsführer Frank Blase<br />

CO 2 -Emissionen um 80 % geringer sind<br />

als bei der Verbrennung. Im Vergleich zu<br />

fossilen Rohstoffen auf Erdölbasis erzeugt<br />

HydroPRS Produkte mit gleichem<br />

oder geringerem Treibhauspotential und<br />

spart pro Tonne verarbeiteter Kunststoffabfälle<br />

bis zu 5 Barrel Öl ein.<br />

Dank dieser Technologie kann ein und<br />

dasselbe Material unbegrenzt oft recycelt<br />

werden. Das bedeutet, dass HydroPRS<br />

das Potential hat, Einwegkunststoffe<br />

erheblich zu reduzieren und die<br />

Recyclingfähigkeit von Materialien in der<br />

Kunststoffindustrie dauerhaft zu erhö-<br />

hen. „Diese Technologie ist ein echter<br />

Wendepunkt im Kunststoffrecycling. Wir<br />

sind stolz darauf, Mura als erster Partner<br />

auf diesem Weg zu begleiten“, sagt igus-<br />

Geschäftsführer Frank Blase. Er hatte im<br />

Jahr 2019 von HydroPRS gelesen und<br />

war von der Zukunftsfähigkeit der Technologie<br />

überzeugt. igus hat mittlerweile<br />

5 Mio. Euro investiert, um Mura von der<br />

Start-up-Phase bis zur Kommerzialisierung<br />

der Technologie zu unterstützen.<br />

Als kunststoffproduzierendes Unternehmen<br />

fühlt sich igus auch dafür verantwortlich,<br />

die Umweltbilanz seiner Werkstoffe<br />

kontinuierlich zu optimieren. Die<br />

Unterstützung der HydroPRS-Technologie<br />

ist dabei nur einer von vielen Bausteinen.<br />

igus nutzt 99 % der Kunststoffabfälle<br />

aus der eigenen Produktion für<br />

neues Granulat für die Spritzgießmaschinen.<br />

2019 starteten die Kölner zudem<br />

„chainge“ – eine digitale Recycling-<br />

Plattform für ausrangierte Energieketten<br />

und andere Bauteile aus technischen<br />

Kunststoffen. Im Jahr 2022 ist die erste<br />

Energiekette aus 100 % Rezyklat entstanden.<br />

(bt)<br />

Bild: igus<br />

Die erste HydroPRS-<br />

Anlage des britischen<br />

Unternehmens Mura<br />

Technology wird in<br />

Teesside, Großbri -<br />

tannien, 2024 in<br />

Betrieb gehen.<br />

6 <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023


IDEEN<br />

FABRIK<br />

Aus Ideen die Lösungen entwickeln<br />

für die Elektrotechnik von morgen.<br />

woehner.com<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023 7


MAGAZIN » Branchen-News » Veranstaltungstipp<br />

Wie <strong>Konstruktion</strong> und Produktion im Team die Zukunft meistern können<br />

Ideen für mehr Nachhaltigkeit<br />

Fragestellungen der Nachhaltigkeit verlangen eine unternehmensweite<br />

Zusammenarbeit vom Design über die Fertigung bis zur Beschaffung. Und<br />

neben dem CO 2 -Fußabdruck gilt es weit mehr zu bedenken – etwa beim<br />

Betrieb von Produkten, Maschinen und Anlagen. Die Konferenz<br />

Engineering 2036 will Ideen für mehr Nachhaltigkeit liefern.<br />

Bild: Walter<br />

»Wie können wir auf Mond<br />

und Mars leben und dort<br />

Ressourcen nutzen, ohne auf<br />

Nachschub von der Erde<br />

angewiesen zu sein?<br />

Extreme Herausforderungen<br />

führen zu disruptiven<br />

Innovationen.«<br />

Bild: Ilya/stock.adobe.com<br />

Wissenschafts-Astronaut Prof. Ulrich Walter<br />

beleuchtet diese Fragen im Rahmen seines<br />

Impulsvortrags auf der Engineering 2036.<br />

Teamarbeit ist insbesondere über die<br />

Grenzen von <strong>Konstruktion</strong> und Fertigung<br />

hinweg gefragt – nicht zuletzt bietet<br />

hier die Digitalisierung vielfältige<br />

Chancen (genannt sei etwa der digitale<br />

Zwilling). Die Konferenz Engineering 2036<br />

greift diese Herausforderungen auf und<br />

stellt sowohl methodische Ansätze als<br />

auch praktisch verfügbare Systemlösungen<br />

und Komponenten vor.<br />

Mit Blick auf die Methodik kann das Systems<br />

Engineering eine wichtige Rolle<br />

spielen, da es hilft, die hohe Komplexität<br />

rund um die Nachhaltigkeit in den Griff<br />

zu bekommen. Denn hinter dem Begriff<br />

Revolutionäre Montagefreundlichkeit:<br />

Der VX25 im 25 mm-Maßraster<br />

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zugänglich ist, erleben Sie mehr Montagefreundlichkeit. Unsere durchgängige Anreihtechnik für alle Anwendungsfälle<br />

sorgt für Komplexitätsreduzierung.<br />

8 <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023


Das vorläufige Programm der Konferenz Engineering 2036<br />

(Änderungen vorbehalten)<br />

TERMININFO<br />

Engineering 2036<br />

Konferenz für Nachhaltigkeit<br />

27./28. November 2024<br />

Arena2036, Stuttgart<br />

Mittwoch, 27. November 2024<br />

Donnerstag, 28. November 2024<br />

13:00<br />

13:15<br />

13:45<br />

14:15<br />

14:45<br />

16:15<br />

16:45<br />

17:30<br />

18:00<br />

19:00<br />

20:00<br />

bis etwa<br />

21:00<br />

22:30<br />

Begrüßung und Ausblick<br />

Nachhaltiger werden – mehr als ein Buzzword?<br />

Keynote – Die Hebel für eine nachhaltigere Produktgestaltung und<br />

-nutzung: Chancen und Möglichkeiten zu mehr Nachhaltigkeit in<br />

Engineering und Fertigung<br />

N.N., Fraunhofer IPA<br />

Impulsvortrag – Schulterschluss von <strong>Konstruktion</strong> und Produktion:<br />

Raus aus den Silos – nur die frühzeitige Teamarbeit bringt uns weiter<br />

Dr.-Ing. Walter Koch, Vorsitzender der Gesellschaft für<br />

Systems Engineering – GfSE e.V.<br />

Pause<br />

Parallele Sessions<br />

Podium A: Circular Economy<br />

Podium B: Auf Kundenwünsche eingehen<br />

Pause<br />

Pitches zu 10 Produkt- und Lösungsansätzen für mehr<br />

Nachhaltigkeit in der Produktentwicklung und Fertigung<br />

Individuelle Gespräche mit den beteiligten Unternehmen und<br />

Besuch der Fachausstellung<br />

Führung durch die Arena2036<br />

(nach Anmeldung)<br />

Beginn der Abendveranstaltung mit Abendessen in der Arena2036<br />

Impulsvortrag<br />

Leben im Weltraum – Treiber innovativer Kreislaufwirtschaft<br />

Extreme Herausforderungen treiben disruptive Innovationen<br />

Univ.-Prof. Ulrich Walter, Diplom-Physiker und Wissenschafts-Astronaut<br />

Ende der Abendveranstaltung<br />

09:30<br />

09:45<br />

10:15<br />

10:45<br />

11:15<br />

12:45<br />

14:00<br />

14:30<br />

15:00<br />

ab 15:30<br />

Begrüßung und Ausblick<br />

Tipps für die Realisierung von mehr Nachhaltigkeit und<br />

neue Tools in der Praxis<br />

Keynote – Komplexität managen:<br />

Advanced Systems Engineering und Künstliche Intelligenz (KI)<br />

Prof. Dr.-Ing. Roman Dumitrescu,<br />

Direktor am Fraunhofer IEM und Geschäftsführer it‘s OWL<br />

Impulsvortrag – Produktentwicklung im Maschinen- und Anlagenbau:<br />

Lastenheft vs. Scrum – zielorientiert agil entwickeln, aber wie?<br />

Dr.-Ing. Hans Egermeier, lean·digital·transformation<br />

Pause<br />

Parallele Sessions<br />

Podium A: Nachhaltigkeit in der Praxis<br />

Podium B: Energie im Griff<br />

Mittagspause<br />

Impulsvortrag – Software als Schlüsseldisziplin:<br />

Alles im Blick und im Griff mit dem Composable Enterprise<br />

Prof. Dr. August-Wilhelm Scheer, Scheer PAS<br />

Abschlussvortrag – Alles eine Frage der Energie:<br />

Energie ist mehr als nur Strom – aber nur regenerative Quellen<br />

bringen uns weiter<br />

(N.N., Fraunhofer IPA)<br />

Pause<br />

Möglichkeit zur Teilnahme an Institutsführungen am Fraunhofer IPA<br />

(nach Möglichkeit und Anmeldung)<br />

steht weit mehr als nur der CO 2 -Fußabdruck.<br />

Die Wahl der zum Einsatz kommenden<br />

Technik und Materialien sowie<br />

der Betrieb von Produkten, Maschinen<br />

und Anlagen wollen betrachtet werden.<br />

Die Engineering 2036 liefert dazu Knowhow<br />

und Ideen für mehr Nachhaltigkeit –<br />

trotz des Veranstaltungsortes Stuttgart<br />

nicht nur aus dem Land der Tüftler und<br />

Denker.<br />

INFO<br />

Weitere Infos zur Konferenz<br />

Engineering 2026:<br />

hier.pro/4YH45<br />

Erfahren Sie mehr:<br />

www.rittal.de/VX25<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023 9


MAGAZIN » Branchen-News<br />

Netzwerk will Innovationen fördern<br />

Dassault Systèmes tritt dem ZVEI bei<br />

Dassault Systèmes ist dem Verband der<br />

Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI) beigetreten.<br />

Dominic Kurtaz, Managing Director<br />

EuroCentral bei Dassault Systèmes, und Dr.<br />

Gunther Kegel, Präsident des ZVEI, verkündeten<br />

die Mitgliedschaft in Darmstadt auf<br />

der 3DExperience Conference von Dassault<br />

Systèmes. Ziel des Beitritts ist es, gemeinsam<br />

mit dem Netzwerk Innovationen in<br />

der Branche voranzutreiben.<br />

Dassault Systèmes trägt zur Entwicklung<br />

mit Lösungen auf der 3DExperience Plattform<br />

bei, teilt branchenübergreifende Expertise<br />

und gestaltet Fortschritte in der<br />

Fertigung sowie innovative Geschäftsmodelle<br />

mit. Im Rahmen der Mitgliedschaft<br />

wird sich Dassault Systèmes auch in die<br />

Gremienarbeit des Verbands mit Fokus<br />

auf Automatisierung und Manufacturing-X<br />

einbringen.<br />

(bt)<br />

Dominic Kurtaz, Dassault Systèmes (li.), und<br />

Dr. Gunther Kegel, ZVEI (re.), verkünden auf<br />

der 3DExperience Conference den Beitritt von<br />

Dassault Systèmes in den ZVEI.<br />

Bild: Dassault Système<br />

Hannover Messe veranstaltet erstmals KI-Konferenz für die Industrie<br />

KI in der Industrie stellt besondere Anforderungen<br />

Die Konferenz „KI in der Industrie“ findet am<br />

24. Januar 2024 in Frankfurt am Main statt.<br />

Bild: lassedesignen/stock.adobe.com<br />

Die Konferenz „KI in der Industrie“ findet<br />

am 24. Januar 2024 in der Maindock<br />

Eventlocation in Frankfurt am Main statt.<br />

Dort erklären Experten in drei Sessions<br />

anhand von Use Cases, wie KI die Industrie<br />

verändern wird und welche Schritte<br />

erforderlich sind, um wettbewerbsfähig<br />

zu bleiben. Bereits jedes dritte Industrieunternehmen<br />

setzt Künstliche Intelligenz<br />

ein oder plant den Einsatz. Das<br />

wurde auf der Hannover Messe 2023<br />

deutlich, wo das Thema KI, angefacht<br />

durch den Hype um ChatGPT, diskutiert<br />

wurde.<br />

Aber KI in der Industrie ist mehr als ein<br />

riesiges Sprachmodell und stellt besondere<br />

Anforderungen. Die Industrie fragt sich,<br />

wie Geschäftsideen aussehen, wie trainierte<br />

Modelle deployt werden oder wer<br />

die MLOps verantwortet. „Dort setzen wir<br />

mit unserer KI-Konferenz an und bieten<br />

den Teilnehmenden die Möglichkeit, in<br />

kleinen Gruppen mit Experten zu diskutieren,<br />

Fragen zu stellen und die eigenen<br />

Netzwerke zu erweitern“, sagt Hubertus<br />

von Monschaw, Global Director Trade Fair<br />

and Product Management Hannover Messe<br />

bei der Deutschen Messe AG. (bec)<br />

Wir berichten über<br />

AMPower .................................................................................. 14<br />

Arnold Umformtechnik ...................................................... 48<br />

BDI .............................................................................................. 54<br />

Beckhoff ................................................................................... 30<br />

BMW .......................................................................................... 54<br />

Boge ........................................................................................... 50<br />

Böllhoff .............................................................................. 46, 50<br />

Bundesumweltministerium .............................................. 14<br />

ConPlusUltra ........................................................................... 14<br />

Dassault Systèmes ................................................................ 10<br />

Effizienz-Agentur NRW ...................................................... 14<br />

Endress+Hauser .............................................................. 11, 24<br />

Faber Castell ............................................................................ 14<br />

Fraba .......................................................................................... 40<br />

Fraunhofer IPK ....................................................................... 12<br />

Fraunhofer IAO ...................................................................... 44<br />

Fraunhofer IEM ...................................................................... 44<br />

Greenhouse Gas Protocol .................................................. 14<br />

Hannover Messe .................................................................... 10<br />

HSVA .......................................................................................... 44<br />

igus ................................................................................................ 6<br />

IINAS .......................................................................................... 14<br />

Kolumbus ................................................................................. 44<br />

L&T Technology Services .................................................... 42<br />

Massachusetts Institute of Technology (MIT)...........<br />

14<br />

Max-Planck-Gesellschaft .................................................. 14<br />

Merck ......................................................................................... 14<br />

Mura Technology ..................................................................... 6<br />

Nationale Klimaschutzinitiative ...................................... 12<br />

Phoenix Contact .................................................................... 36<br />

Posital ........................................................................................ 40<br />

SAP .............................................................................................. 14<br />

Schneider Electric ................................................................. 27<br />

Sick .............................................................................................. 11<br />

Siemens ...................................................................... 14, 18, 30<br />

SimaPro ..................................................................................... 14<br />

Systain Consulting ............................................................... 14<br />

Talsen Team ............................................................................. 30<br />

Thinktank Industrielle Ressourcenstrategien ............ 14<br />

TU München ............................................................................ 14<br />

TÜV Süd .................................................................................... 14<br />

Ubito .......................................................................................... 40<br />

Universität Wien ................................................................... 54<br />

World Resources Institute ................................................. 14<br />

ZUG ............................................................................................. 12<br />

ZVEI ..................................................................................... 10, 14<br />

10 <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023


Sick und Endress+Hauser stärken das Geschäftsfeld Prozessautomation<br />

Joint Venture für Energie- und Ressourceneffizienz<br />

Um ihre Kunden bei wichtigen Themen wie Energie- und Ressourceneffizienz<br />

sowie Klima- und Umweltschutz noch besser zu unterstützen, bündeln die beiden<br />

Unternehmen Sick und Endress+Hauser ihre Kräfte. Das deutsche Sensorunternehmen<br />

und der Schweizer Mess- und Automatisierungstechnik-Spezialist<br />

streben eine strategische Partnerschaft für das Geschäftsfeld Prozessautomation<br />

von Sick an und haben dafür eine gemeinsame Absichtserklärung unterzeichnet.<br />

Ziel der Partnerschaft ist, das Angebot von Endress+Hauser um<br />

die Prozessanalyse- und Gas-Durchflussmesstechnik von Sick zu erweitern.<br />

Geplant sind zudem folgende Maßnahmen:<br />

• Für die Produktion und<br />

Weiterentwicklung der<br />

Sick-Prozesstechnik wollen<br />

die beiden Unternehmen<br />

ein Joint Venture<br />

gründen.<br />

• Die Verkaufs- und Serviceteams<br />

des Sick-Geschäftsbereichs<br />

Prozessautomation<br />

sollen Teil des globalen<br />

Endress+Hauser Vertriebsnetzwerks<br />

werden.<br />

Schon bisher haben die Firmen<br />

immer wieder auftrags-,<br />

projekt- und kundenbezogen<br />

zusammengearbeitet. Beide<br />

Gesellschafterfamilien sowie<br />

die jeweiligen Aufsichtsgremien<br />

von Sick und Endress+Hauser<br />

stehen hinter<br />

dem Vorhaben einer strategischen<br />

Partnerschaft. Auf Basis<br />

der Absichtserklärung<br />

(Memorandum of Understanding)<br />

prüfen nun die<br />

Fachleute beider Seiten im<br />

Rahmen einer Due Diligence,<br />

wie die Zusammenarbeit verwirklicht<br />

und zum Erfolg geführt<br />

werden kann. Zu einer<br />

Vertragsunterzeichnung soll<br />

es noch im ersten Quartal<br />

2024 kommen; der Vollzug<br />

ist für Mitte nächsten Jahres<br />

geplant. Das Kerngeschäft<br />

der Fabrik- und Logistikautomation,<br />

in dem Sick über 80<br />

Prozent des Umsatzes generiert,<br />

bleibt von der strategischen<br />

Partnerschaft unberührt.<br />

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TRENDS » Interview » Nachhaltigkeit<br />

Den Grundstein für eine ganzheitliche Nachhaltigkeitsbetrachtung legen<br />

„Frühzeitig beginnen – im Engineering<br />

fallen 80 % der Entscheidungen“<br />

Welchen Einfluss hat die Produktentwicklung auf die Nachhaltigkeit? Dieser Fragestellung ist Thomas<br />

Kruschke als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung ‚Nachhaltige Produkt-Ökosysteme‘ des Fraun -<br />

hofer-Instituts für Produktionsanlagen und <strong>Konstruktion</strong>stechnik IPK in Berlin bis Juli 2023 nachgegangen.<br />

Seine Antwort ist klar: Engineering und <strong>Konstruktion</strong> haben es in der Hand, für mehr Nachhaltigkeit<br />

zu sorgen. Dabei gilt: Je früher, desto besser – Informationen sind entscheidend. Kruschke arbeitet heute<br />

als fachlicher Projektmanager bei der gemeinnützigen Zukunft – Umwelt – Gesellschaft (ZUG) gGmbH<br />

in Berlin im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative (NKI).<br />

Interview: Michael Corban, Chefredakteur <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation:<br />

Kann die Produktentwicklung dazu<br />

beitragen, nachhaltigere Produkte<br />

zu entwerfen? Und gelingt<br />

es dabei, den Blick über<br />

den CO 2 -Fußabdruck der eigenen<br />

Fertigung auf den Einsatz<br />

der Produkte zu legen?<br />

Thomas Kruschke: Einer der wesentlichen<br />

Gestaltungshebel liegt darin, Produkte<br />

zu modularisieren und für eine bessere<br />

Demontage- und Recycling-Fähigkeit<br />

zu sorgen. Im Fokus muss immer ein möglichst<br />

ressourcenschonender Umgang entlang<br />

des gesamten Produktlebenszyklus<br />

stehen. Das bedeutet, dass in jeder Lebenszyklusphase<br />

die Potenziale zur Operationalisierung<br />

der 9R-Strategien (Refuse, Re -<br />

think, Reduce, Reuse, Repair, Refurbish,<br />

Remanufacture, Repurpose, Recycle – Potting<br />

et al. 17) ausgeschöpft werden.<br />

Entscheidend ist aber auch, dass wir als<br />

Produktentwickler die Chance haben, die<br />

ökologische Dimension unserer Entscheidungen<br />

nachvollziehen zu können. Über eine<br />

Lebenszyklusanalyse (Life Cycle Assesment<br />

– LCA) kann ich mir diese Informationen<br />

beschaffen. Dabei gilt: Je früher, desto<br />

besser. Je früher ich diese Analyse durchführe,<br />

desto mehr kann ich Emissionen reduzieren<br />

und damit nachhaltigere Produkte<br />

entwickeln. Digitale Zwillinge können<br />

dann produktindividuell und nachvollziehbar<br />

Erkenntnisse liefern, wie nachhaltig<br />

Bild: Kruschke<br />

das jeweilige Produkt ist – auch über den<br />

CO 2 -Footprint hinaus. Sie unterstützen bei<br />

Entscheidungen während der Auslegung<br />

des Produkts und der Gestaltung der Produktionsprozesse<br />

genauso wie im Bereich<br />

After Sales oder bei der Wartung der Systeme,<br />

indem mögliche Optimierungsmaßnahmen<br />

aufgezeigt werden. Und: Am Ende<br />

des Produktlebens stellen sie produktspezifische<br />

Informationen zu dessen Demontage<br />

und Verwertungspotentialen zur Verfügung<br />

– das erleichtert die Wiederverwendung<br />

sowie Remanufacturing oder Recycling.<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation: Können<br />

Sie kurz den Ablauf eines Life Cycle Assessments<br />

erläutern?<br />

Kruschke: Zu Beginn werden zunächst die<br />

Systemgrenzen festgelegt, wobei im Sinne<br />

einer Kreislaufwirtschaft bevorzugt eine<br />

Betrachtung ‚von der Wiege bis zur Wiege‘<br />

»Digitale Zwillinge unterstützen bei<br />

Entscheidungen über den Lebenszyklus<br />

hinweg – und stellen am Ende<br />

produktspezifische Informationen<br />

zu Wiederverwendung sowie Remanufacturing<br />

oder Recycling bereit.«<br />

Thomas Kruschke, heute fachlicher Projektmanager bei der<br />

ZUG gGmbH in Berlin/Nationale Klimaschutzinitiative (NKI)<br />

– Cradle to Cradle – gewählt werden sollte.<br />

Cradle to Gate würde nur die Herstellung<br />

des Produktes umfassen, nicht den Betrieb;<br />

Cradle to Grave würde die Entsorgung beinhalten.<br />

Im zweiten Schritt geht es dann<br />

darum, sämtliche Umweltwirkungen innerhalb<br />

dieser Grenzen zu erfassen – neben<br />

der Produktion dann eben auch über die<br />

Nutzungsphase hinweg bis zur Entsorgung,<br />

idealerweise dem Recycling.<br />

Das ist eine große Aufgabe – aber im Engineering<br />

werden 80 % aller Entscheidungen<br />

getroffen, die das Produkt und damit auch<br />

seine Nachhaltigkeit definieren. Deswegen<br />

ist es aus der ökonomischen Perspektive<br />

sinnvoll, sich frühzeitig auch mit den Umweltwirkungen<br />

zu beschäftigen – viele<br />

Entscheidungen lassen sich später nicht<br />

mehr rückgängig machen und spätere Änderungen<br />

verursachen hohe Kosten. Das<br />

gilt nicht nur für die Produktentwicklung<br />

im Allgemeinen, sondern insbesondere<br />

12 <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023


auch mit Blick auf die ansteigenden Nachhaltigkeitsanforderungen.<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation: Lassen<br />

sich denn die Systemgrenzen immer sinnvoll<br />

legen und wie kommt man an all die<br />

Daten, um ein LCA durchzuführen?<br />

Veranstaltungstipp:<br />

Engineering 2036<br />

Engineering 2036: Konferenz für<br />

nachhaltige Produktentwicklung<br />

Aufzuzeigen, welche Rolle die<br />

Produktentwicklung mit Blick auf<br />

nachhaltigere Produkte spielen kann,<br />

ist Ziel der Engineering 2036. Die<br />

Konferenz findet am 27./28. November<br />

2024 in der Arena2036 in<br />

Stuttgart statt. Veranstalter ist die<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation, unterstützt<br />

von der Schwesterzeitschrift<br />

Industrieanzeiger und dem Fraunhofer<br />

IPA. Mehr dazu finden Sie in<br />

dieser Ausgabe in der Vorschau auf<br />

S. 8 und online hier:<br />

hier.pro/4YH45<br />

Bild: Ilya/stock.adobe.com<br />

Kruschke: Die Grenzen müssen passend<br />

gewählt sein! Ist zum Betrieb eines Produktes<br />

eine Server-Infrastruktur erforderlich,<br />

muss diese selbstredend mit betrachtet<br />

werden. Nur wenn ich alle Stoff- und<br />

Energieströme im Produktlebenszyklus erfasse,<br />

komme ich zu den gewünschten<br />

Aussagen etwa mit Blick auf den<br />

CO 2 -Footprint. Die DIN EN ISO 14044 (Umweltmanagement<br />

– Ökobilanz – Anforderungen<br />

und Anleitungen) liefert hier eine<br />

standardisierte und genormte Vorgehensweise<br />

zur Bewertung der Nachhaltigkeit<br />

von Produkten anhand verschiedener Wirkkategorien.<br />

Daten liefern zudem eine Reihe<br />

von Life-Cycle-Inventory-Datenbanken –<br />

auch wenn es hier noch die ein oder andere<br />

Informationslücke gibt. Bezüglich der Materialien<br />

ist die Datenlage gut, bei den<br />

Produk tionsprozessen weniger und bezüglich<br />

der End-of-Life-Phase und der Betrachtung<br />

von multiplen Produktlebenszyklen<br />

gibt es noch Nachholbedarf. Des Weiteren<br />

stellen fehlende Informationen bei<br />

Buy-Entscheidungen eine große Herausforderung<br />

dar.<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation: Und mit<br />

diesen Daten kommen die eingangs erwähnten<br />

digitalen Zwillinge zum Einsatz?<br />

Kruschke: Genau – aber nur, wenn das jeweilige<br />

Produkt sich für den Einsatz eines<br />

digitalen Zwillings eignet. Da der Aufwand,<br />

der mit der Einführung eines digitalen<br />

Zwillings zusammenhängt, gegenüber dem<br />

Nutzen – also dem Unterstützen zur Operationalisierung<br />

der 9R-Strategien –, nicht<br />

zwangsläufig zu einer Reduktion der Umweltauswirkungen<br />

führt. Generell gilt es,<br />

zwischen einem konventionellen und einem<br />

digitalen Weg abzuwägen. Der Nutzen<br />

des digitalen Zwillings ist vor allem, Informationen<br />

über den Produktlebenszyklus<br />

hinweg zur Verfügung zu stellen – und das<br />

erleichtert am Ende dann den Einstieg in<br />

die Kreislaufwirtschaft. Gerade in der Produktentwicklung<br />

könnten digitale Zwillinge<br />

aber auch helfen, die Transparenz über<br />

die Umweltauswirkungen zu erhöhen.<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation: Wollen<br />

Sie das kurz erläutern?<br />

Kruschke: Das Ziel ist ja, frühzeitig zu erkennen,<br />

welche Entscheidungen welche<br />

Auswirkungen haben – denn die Entscheidungen<br />

in der Produktentwicklung wirken<br />

ja über den gesamten Produkt lebenszyklus<br />

hinweg. Wenn wir künftig also Cradle to<br />

Cradle denken, kommt der Qualität der zugrundeliegenden<br />

Datenbanken eine hohe<br />

Bedeutung zu. Begleiten digitale Zwillinge<br />

ein Produkt lebenslang, kann man Daten<br />

im Feld erfassen und mit ihnen die Qualität<br />

der Datenbanken für eine fundierte Lebenszyklusanalyse<br />

nach und nach steigern.<br />

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13


Produkte möglichst grün zu machen, wird künftig immer stärker gefordert sein. Daher müssen Unternehmen wissen, wo welche Emissionen entstehen –<br />

insbesondere mit Blick auf den CO 2-Fußabdruck.<br />

Was kann der CO 2 -Fußabdruck – und was nicht?<br />

Kennzahl und Stellschraube<br />

der Nachhaltigkeit<br />

Der CO 2 -Fußabdruck wurde ursprünglich von der Ölindustrie eingeführt, um den<br />

Fokus weg von der Industrie auf die Verbraucher zu lenken. Gleichwohl liefert die<br />

Angabe einen Vergleichswert, welchen Einfluss ein Produkt auf das Klima hat.<br />

Ein Überblick zu Definition, Berechnung und Kritik am CO 2 -Footprint.<br />

IM ÜBERBLICK<br />

Was steckt hinter dem<br />

CO 2 -Fußabdruck und warum<br />

wurde er etabliert? Eine<br />

Übersicht zu Hintergründen,<br />

der Berechnung und<br />

Kritik.<br />

Tobias Meyer, freier Mitarbeiter der <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation<br />

14 <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023


Nachhaltigkeit « TRENDS<br />

Bild: Pcess609/stock.adobe.com<br />

Laut Sandra Gottschall, Projektleiterin<br />

Klimaneutralität beim Beratungsunternehmen<br />

ConPlusUltra, zeigt der Carbon<br />

Footprint Emissions-Hotspots und<br />

Optimierungspotentiale auf: „Mit ihm<br />

geht man auf Entdeckungsreise im eigenen<br />

Unternehmen, bei den Lieferantenbetrieben<br />

sowie bei Kundinnen und Kunden.<br />

Es werden keine nutzlosen Datenfriedhöfe<br />

geschaffen, sondern nützliche Informationen<br />

für die Produktentwicklung,<br />

den Einkauf, die Produktion, Marketing<br />

und für den Verkauf generiert. Umweltfreundlichkeit<br />

und Nachhaltigkeit sind die<br />

Standards der Zukunft und werden massive<br />

Wettbewerbsvorteile generieren.“<br />

Woher stammt der Begriff<br />

CO 2 -Fußabdruck?<br />

Der Ölindustrie startete vor etwa 20 Jahren<br />

eine Werbekampagne, die den Begriff<br />

CO 2 -Fußabdruck beziehungsweise -Footprint<br />

erstmals einführte. 2004 wurde<br />

auch ein entsprechender Rechner online<br />

gestellt, mit dem jeder seinen persönlichen<br />

Einfluss auf den Klimawandel ermitteln<br />

konnte. Damit gelang eine Wahrnehmungsverschiebung:<br />

Statt der bis dato<br />

vor allem für den Klimawandel getadelten<br />

Fossilenergiekonzerne fühlte sich nun der<br />

Bürger selbst verantwortlich. Der<br />

CO 2 -Footprint gilt aber inzwischen als eine<br />

der wichtigsten Größen, wenn es darum<br />

geht, den Einfluss eines Produktes<br />

auf den Klimawandel zu beziffern.<br />

Wie berechnet man den<br />

CO 2 -Fußabdruck?<br />

Das Greenhouse Gas Protocol (GHG) ist<br />

eine der am häufigsten angewandten<br />

Methoden zur Bestimmung des CO 2 -Fußabdrucks.<br />

Die Entwicklung wird vom<br />

World Resources Institute (WRI) und dem<br />

World Business Council for Sustainable<br />

Development (WBCSD) koordiniert. Zahlreiche<br />

weitere Standards bauen darauf<br />

auf, unter anderem auch die Norm ISO<br />

14067 zur Bilanzierung des CO 2 -Fußabdrucks<br />

von Produkten. Außerdem relevant<br />

sind die ISO 14040 (komplette Lebenszyklusanalyse)<br />

sowie produktgruppenspezifische<br />

Normen: Die IEC 63372 etwa zielt<br />

speziell auf elektrische und elektronische<br />

Produkte. Laut ZVEI wird bei der Analyse<br />

der existierenden Normen und Standards<br />

schnell deutlich, dass aktuell ein einheitlicher<br />

Rahmen fehlt. Letzterer sei erforderlich,<br />

um eine Validität der Vergleichbarkeit<br />

der ermittelten Werte für den<br />

CO 2 -Fußabdruck sicherzustellen.<br />

Die Formel für den CO 2 -Fußabdruck ist<br />

einfach zu überblicken und lautet:<br />

Verbrauchswert (etwa Gas in kWh,<br />

Lkw-Transportvolumen in tkm oder<br />

Bürofläche in m 2 ) × Emissionsfaktor<br />

(t CO 2 e pro kWh / tkm / m 2 )<br />

= Emissionslast (in t CO 2 e).<br />

Die Verbrauchswerte bekommen Unternehmen<br />

aus ihren Unterlagen – abhängig<br />

davon, wie viel Gas, Öl oder andere rele-<br />

vante Stoffe verbraucht wurden. Der<br />

Emissionsfaktor wird von Organisationen<br />

wie dem Internationalen Institut für<br />

Nachhaltigkeitsanalysen und -strategien<br />

IINAS heraus gegeben und kann etwa in<br />

der Datenbank ProBas (Prozessorientierte<br />

Basisdaten für Umweltmanagement-Instrumente)<br />

des Bundesumweltministeriums<br />

(BMUV) abgerufen werden.<br />

Häufig werden Durchschnittswerte für<br />

Industriezweige herangezogen, was auch<br />

Kalkulationen erlaubt, wenn man selbst<br />

keine individuellen Werte für seine Anlagen<br />

kennt. Das GHG empfiehlt jedoch wo<br />

immer möglich die Verwendung der eigenen<br />

Werte. Neben Kohlendioxid befeuern<br />

auch noch andere Stoffe den Klimawandel<br />

beziehungsweise den Treibhauseffekt,<br />

weshalb auch diese in die entsprechende<br />

Berechnung einfließen – auch wenn der<br />

Name des Fußabdrucks nur auf CO 2 anspielt.<br />

Daher können die Einflüsse der<br />

ebenfalls relevanten Stoffe in sogenannte<br />

CO 2 -Äquivalente (CO 2 e) umgerechnet<br />

werden. Man spricht dann vom Treibhauspotential<br />

des jeweiligen Stoffes.<br />

Was sind Scope-1-, -2- und -3-<br />

Emissionen?<br />

Das Greenhouse Gas Protocol (GHG) unterscheidet<br />

drei Klassen der Emissionen:<br />

• Scope 1: Direkte CO 2 -Emissionen an<br />

eigenen Standorten, sprich wenn direkt<br />

selbst Kohlendioxid freigesetzt wird.<br />

Dazu gehören etwa Gas-betriebene<br />

Anlagen als Teil der Produktion oder<br />

auch Heizung und Dieselgeneratoren.<br />

• Scope 2: Indirekte CO 2 -Emissionen,<br />

die bei Energieversorgern etwa durch<br />

deren Stromerzeugung entstehen.<br />

• Scope 3: Alle anderen CO 2 -Emissionen,<br />

die entlang der Wertschöpfungskette<br />

verursacht werden (zum Beispiel bei<br />

Lieferanten, für den Transport, während<br />

der Nutzungsphase des Produkts<br />

und für die Entsorgung).<br />

Scope 3 ist derzeit eine optionale Kategorie,<br />

die in den von Unternehmen bereitgestellten<br />

Berichten nicht verpflichtend angegeben<br />

werden muss. Der überwiegende<br />

Teil der produktbedingten Emissionen<br />

entsteht jedoch in der Lieferkette. Um<br />

diese messbar zu machen, ist eine Zusammenarbeit<br />

entlang oftmals komplexer und<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023 15


TRENDS » Nachhaltigkeit<br />

Bild: Siddharth/stock.adobe.com<br />

Das Greenhouse Gas Protocol (GHG) teilt Emissionen in drei Gruppen (Scopes): eigener Ausstoß, zugekaufte<br />

Energie sowie Lieferkette, Nutzung und Entsorgung.<br />

branchenübergreifender Lieferketten erforderlich.<br />

Bisher wird daher – wie oben<br />

schon erwähnt – häufig mit industrieweiten<br />

Durchschnittswerten für Prozesse kalkuliert.<br />

Nutzt ein Zulieferer aber beispielsweise<br />

selbsterzeugten Solarstrom<br />

oder regeneriert seine Abwärme geschickt,<br />

hat sein Produkt eventuell einen<br />

niedrigeren CO 2 -Fußabdruck als die Ware<br />

der Konkurrenz. Damit das auch der Kunde<br />

in seine CO 2 -Bilanz einfließen lassen<br />

kann, muss man ihm solche Daten mitteilen<br />

– was bisher kaum gemacht wird.<br />

Die derzeitige Praxis ist vielmehr die, dass<br />

Hersteller beispielsweise Computer-Chips<br />

in Asien zukaufen und den Scope 3 dann<br />

mit den Durchschnittswerten für die<br />

Chipproduktion aus einer Datenbank angeben.<br />

Daher initiierte Siemens 2021 das<br />

offene Estainium-Netzwerk, mit dem<br />

Hersteller, Lieferanten, Kunden und Partner<br />

Daten zum CO 2 -Fußabdruck vertraulich<br />

austauschen können. Dadurch werden<br />

die bereitgestellten Daten verifiziert<br />

und somit die vertrauenswürdige Aggregation<br />

eines CO 2 -Fußabdrucks über die<br />

gesamte Lieferkette ermöglicht – ohne<br />

dass die beteiligten Unternehmen strategisch<br />

relevante Informationen, beispielsweise<br />

über ihre Lieferketten, offenlegen<br />

müssen. Weitere Gründungsmitglieder<br />

sind Weidmüller, Merck, Faber Castell<br />

sowie der TÜV Süd und mehrere Forschungsinstitute.<br />

Welche Tools gibt es zur<br />

Berechnung des CO 2 -Footprints?<br />

Generell kann der CO 2 -Fußabdruck im<br />

Unternehmen komplett selbst kalkuliert<br />

werden, was entsprechende personelle<br />

Kapazitäten und Kompetenzen voraussetzt.<br />

Das dadurch entstandene Wissen<br />

ist dann eventuell erkenntnisreicher, als<br />

die reine Auswertung durch externe Stellen.<br />

Dennoch kann der Footprint auch<br />

einfach durch Tools berechnet werden.<br />

Generell sollte dabei beachtet werden, ob<br />

die gewünschten Standards (GHG, ISO<br />

etc.) erfüllt werden und welche Daten die<br />

Tools zugrunde legen.<br />

Die Beratungsfirma Effizienz-Agentur<br />

NRW bietet mit dem EcoCockpit einen<br />

kostenlosen Rechner für Unternehmen,<br />

der auch GHG-konform ist. Die CO 2 -<br />

Bilanz eines Unternehmens oder eines<br />

Produkts kann damit nach Registrierung<br />

erfolgen.<br />

Wer einen größeren Funktionsumfang benötigt,<br />

bekommt das beispielsweise mit<br />

SimaPro, einem der Pioniere in Sachen<br />

Software für Life Cycle Assesment: Die<br />

erste Version wurde bereits 1990 entwickelt.<br />

Die Abkürzung des Namens steht<br />

für ‚Systematische Milieu Analyse van<br />

Producten‘, das Niederländische ist hier<br />

wohl auch im Deutschen verständlich.<br />

Mit den Daten aus der Software ergeben<br />

sich die Treibhausgas-Bilanzen und die<br />

Produktdesigner können bereits sehen,<br />

wie groß der CO 2 -Fußabdruck verschiedener<br />

Designvarianten sein wird.<br />

Auch mit dem SAP Product Footprint<br />

Management können Unternehmen den<br />

CO 2 -Fußabdruck ihrer Produkte über die<br />

gesamte Wertschöpfungskette sowie den<br />

den kompletten Produktlebenszyklus hinweg<br />

berechnen. Die Software integriert<br />

Daten aus sämtlichen Lösungen, die die<br />

Fertigungsprozesse steuern, Stammdaten<br />

aus Geschäftsanwendungen wie SAP<br />

S/4HANA Cloud sowie von Lieferanten<br />

und Energieflüssen für Anlagen, um den<br />

Umwelteinfluss unterschiedlicher Produktionsszenarien<br />

zu ermitteln.<br />

Der Scope3Analyzer ist ein kostenfreies,<br />

webbasiertes Tool, mit dem sich die Emissionen<br />

der vorgelagerten Lieferkette ermitteln<br />

lassen. Das Tool kann die Emissionen<br />

auf Basis bereits vorliegender Verbrauchs-<br />

und Einkaufsdaten berechnen.<br />

Außerdem ist es berichtskonform nach<br />

gängigen Standards: GHG, CDP sowie die<br />

Science Based Targets Initiative akzeptieren<br />

die angewandte Methodik. Es entstand<br />

durch die Zusammenarbeit der Systain<br />

Consulting GmbH, dem Thinktank Industrielle<br />

Ressourcenstrategien und dem<br />

Institut für Industrial Ecology der Hochschule<br />

Pforzheim mithilfe der Förderung<br />

des Umweltministeriums von Baden-<br />

Württemberg.<br />

Mit SiGreen (siehe dazu auch <strong>KEM</strong> Porträt<br />

ab S. 18) hat Siemens eine Anwendung<br />

zur Erfassung von tatsächlichen Daten<br />

16 <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023


entwickelt, die dort erhoben werden, wo<br />

die Emissionen entstehen: In den jeweiligen<br />

Schritten entlang der Lieferkette. Bei<br />

der Berechnung des CO 2 -Fußabdrucks<br />

nutzt SiGreen Realdaten anstelle von industriellen<br />

Durchschnittswerten. Damit<br />

soll sich der CO 2 -Fußabdruck zu einem<br />

Mess- und Steuerungsinstrument wandeln<br />

und so aktiv mit Verbesserungsmaßnahmen<br />

gezielt gesenkt werden können.<br />

Die auf industriellen 3D-Druck fokussierte<br />

Beratung AMPower aus Hamburg bietet<br />

mit dem Additive Manufacturing Sustainability<br />

Calculator Metal ein Tool zur<br />

Berechnung des CO 2 -Fußabdrucks<br />

von einzelnen gedruckten<br />

Teilen. Dies soll auch eine<br />

Vergleichbarkeit zu konventionellen<br />

Verfahren ermöglichen.<br />

Auf der Website des Greenhouse<br />

Gas Protocol werden<br />

ebenfalls Tools angeboten, die<br />

nach verschiedenen Kriterien<br />

klassifiziert sind, etwa für bestimmte<br />

Industrien, Länder<br />

oder auch prozessübergreifende Kalkulationen.<br />

Berechnen lassen sich auch die<br />

Unsicherheiten im Scope 3.<br />

Welche Dienstleistungen gibt<br />

es in diesem Umfeld?<br />

Diverse Beratungsfirmen unterstützen bei<br />

der Berechnung des CO 2 -Fußabdruckes<br />

beziehungsweise dem Life Cycle Assesment<br />

für Produkte und das gesamte Unternehmen,<br />

ebenso bei der Erstellung der<br />

entsprechenden Nachhaltigkeitsberichte.<br />

Diese sind ab 2024 beziehungsweise 2025<br />

für viele Unternehmen verpflichtend. Das<br />

DFGE Institut für Energie, Ökologie und<br />

Ökonomie etwa wurde 1999 als Spin-Off<br />

der TU München gegründet und liefert<br />

Antworten auf Fragen zur ökologischen<br />

Nachhaltigkeit, Energieeffizienz, internationalen<br />

Normen und Klimaschutz. Kerngeschäft<br />

sei die Auseinandersetzung mit der<br />

Fragestellung, ob und vor allem wie eine<br />

sinnvolle Kombination von Ökologie und<br />

Wirtschaftlichkeit erreicht werden kann.<br />

Kritik am CO 2 -Fußabdruck<br />

»Mit dem CO 2 -Fußabdruck geht man<br />

auf Entdeckungsreise im eigenen Unter -<br />

nehmen, bei den Lieferantenbetrieben<br />

sowie bei Kundinnen und Kunden.«<br />

Sandra Gottschall, Projektleiterin Klimaneutralität beim<br />

Beratungsunternehmen ConPlusUltra<br />

Anfangs sollte der CO 2 -Fußabdruck die<br />

Aufmerksamkeit ablenken von den Konzernen,<br />

die ihr Geld mit Fossilenergieträgern<br />

verdienen, hin zu den einzelnen<br />

Menschen, die diese nutzen. Die Corona-<br />

Pandemie hat gezeigt, dass der direkte<br />

Einfluss des einzelnen mit seinen Möglichkeiten<br />

zur Einschränkung kaum Relevanz<br />

hat: Trotz großflächig reduziertem<br />

Pendelverkehr durch Homeoffice und<br />

massenhaft gestrichenen Flügen ging der<br />

CO 2 -Ausstoß weltweit nur um 7 % zurück,<br />

wie die Max-Planck-Gesellschaft Ende<br />

2020 bekannt gab: Besonders deutlich<br />

war der Rückgang der Emissionen in den<br />

USA (-12 %) und in den EU-Mitgliedsstaaten<br />

(-11 %). Experten weisen zudem<br />

darauf hin, dass eine Entscheidung des<br />

einzelnen zu Produkten mit besserem<br />

CO 2 -Fußabdruck auch praktisch umgesetzt<br />

werden können muss: Fahrrad und<br />

E-Auto benötigen beispielsweise entsprechende<br />

Infrastruktur, die vielerorts noch<br />

ausbaubedürftig ist. Der Nutzer denkt daher,<br />

er müsse das (Verbrenner)-Auto generell<br />

stehen lassen, um seine persönlichen<br />

Emissionen zu senken – eine andere, bessere<br />

Wahl sieht er nicht, da E-Auto oder<br />

Fahrrad für ihn nicht praktikabel sind. Daher<br />

können die ökologisch besseren Produkte<br />

allein nicht für den nötigen<br />

breiten Impact sorgen. Der<br />

Fokus auf den CO 2 -Fußabdruck<br />

eines Produktes gilt deswegen<br />

als teilweise zu verkürzt. Wie<br />

wenig Einfluss der einzelne auf<br />

seinen Footprint nehmen kann,<br />

verdeutlicht auch eine Berechnung<br />

des Massachusetts Institute<br />

of Technology (MIT): Ein<br />

obdachloser Amerikaner, der in<br />

Sammelunterkünften wohnt und in Suppenküchen<br />

isst, stieß 2008 noch immer<br />

8,5 t CO 2 pro Jahr aus – zwar weniger als<br />

halb so viel wie der normale US-Bürger<br />

(zirka 20 t), aber doppelt so viel wie der<br />

damalige weltweite Durchschnitt.<br />

Der CO 2 -Fußabdruck für Produkte gilt<br />

inzwischen ebenfalls als überholter<br />

Begriff – immer öfter wird die sogenannte<br />

Lebenszyklusanalyse (Life Cycle Assessment)<br />

herangezogen: Dabei werden<br />

neben den Klimagasemissionen auch<br />

weitere Faktoren wie Land- und Wasserverbrauch<br />

mit einkalkuliert.<br />

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<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023 17


TRENDS » Porträt » Nachhaltigkeit<br />

CO 2 -Emissionswerte eines Produktes entlang der Lieferkette managen<br />

„Nur, was man transparent macht,<br />

kann man aktiv beeinflussen“<br />

Um die CO 2 -Emissionen eines Produktes aktiv beeinflussen zu können, müssen diese im ersten Schritt transparent<br />

gemacht werden. Mit der Software Sigreen stellt Siemens ein CO 2 -Management-Tool bereit, mit dem Emissionswerte<br />

entlang der Lieferkette managebar werden – einschließlich vertrauenswürdiger Abfrage, Berechnung und<br />

Weitergabe realer CO 2 -Fußabdrucksdaten eines Produktes. Dr. Gunter Beitinger, quasi der Erfinder von Sigreen,<br />

erläutert im Interview mit <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation, was das Softwaretool aktuell so „einzigartig“ macht.<br />

Interview: Nico Schröder, Korrespondent <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation, Augsburg<br />

Mit Sigreen können<br />

Informationen zum<br />

Product Carbon Footprint<br />

(PCF) entlang<br />

bereits bestehender<br />

Geschäftsbeziehungen<br />

ausgetauscht werden.<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automa -<br />

tion: Herr Dr. Beitinger, Sie<br />

sagen: „Bis zu 90 % aller<br />

CO 2 -Emissionen der Industrie<br />

entstehen nicht bei der Produktion,<br />

sondern entlang der<br />

Lieferketten.“ Ist das der Impuls<br />

und die Ausgangslage gewesen,<br />

Sigreen zu entwickeln?<br />

Dr. Gunter Beitinger: Je nach<br />

Wertschöpfungstiefe und Position<br />

des Unternehmens in der<br />

Lieferkette können mehr als<br />

90 % der CO 2 -Emissionen<br />

außerhalb des eigenen Betriebes entstehen. Das<br />

sehen wir beispielsweise hier bei Siemens an unserem<br />

Simatic-Portfolio. Natürlich kann der Prozentsatz<br />

auch bei 70 % oder 60 % liegen. Wir wollen<br />

jedenfalls auf ein entscheidendes Thema hinweisen –<br />

und zwar: Verantwortung für die eigene Lieferkette<br />

zu übernehmen.<br />

Bild: Siemens<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation: Woran<br />

liegt es, dass bis zu 90 % aller<br />

industrieller CO 2 -Emissionen in der<br />

Wertschöpfungskette liegen? Und was<br />

folgt daraus?<br />

Beitinger: Das liegt an den Zukaufteilen,<br />

also an den Modulen und Komponenten,<br />

die außerhalb des eigenen Einflussbereiches gefertigt<br />

werden. Durch die Kaufentscheidung ist man<br />

aber durchaus für diese Emissionen verantwortlich.<br />

Insofern werden vom Gesetzgeber und der Gesellschaft<br />

immer mehr Forderungen laut, dieser Verantwortung<br />

bei den Produkten gerecht zu werden.<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation: Wie sieht das<br />

produktseitig am Beispiel des Werkes in Amberg<br />

aus, wo Siemens speicherprogrammierbare Steuerungen<br />

(SPS) fertigt?<br />

Beitinger: Unsere speicherprogrammierbaren Steuerungen<br />

werden modular – ergänzt und je nach Leistungsspektrum<br />

mit Input-, Output- und Analogmodulen<br />

– ausgestattet und können die jeweiligen<br />

Automatisierungsaufgaben übernehmen. Bei Produkten<br />

wie unseren SPS liegen tatsächlich über 90% der<br />

Emissionen, die entstehen, in der Lieferkette. Wenn<br />

wir unser Produkt also umweltfreundlich am Markt<br />

positionieren wollen, müssen wir diese Emissionen<br />

transparent machen, damit wir sie beeinflussen können.<br />

Die restlichen 10 % betreffen den Anteil an<br />

Emissionen, die im eigenen Betrieb entstehen, also<br />

durch den Bezug von Elektrizität und durch die Veredelung<br />

am eigenen Standort. Die 10 % sind im Verhältnis<br />

zum Gesamten recht wenig und verhältnismäßig<br />

leicht ermittelbar. Man kann beispielsweise<br />

auf die Stromrechnung schauen<br />

und kennt damit die Emissionen, die<br />

IM INTERVIEW<br />

Dr. Gunter Beitinger ist<br />

der „Erfinder“ des<br />

CO 2 - Management-Tools<br />

Sigreen von Siemens.<br />

auf Elektrizität zurückgehen. Seine<br />

Prozesse muss man natürlich<br />

kennen.<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation:<br />

Auf welche Hürden stoßen<br />

Unternehmen bei der Ermittlung<br />

des Gros an Emissionswerten?<br />

Beitinger: Zum einen müssen die Informationen<br />

vom Lieferanten bereitgestellt werden. Der steht<br />

dann meistens vor der gleichen Herausforderung wie<br />

man selbst. Die erste Hürde besteht also darin, ob er<br />

überhaupt entsprechende Informationen zu den<br />

18 <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023


»Wir wollen auf ein<br />

entscheidendes Thema<br />

hinweisen – und zwar:<br />

Verantwortung für die<br />

eigene Lieferkette zu<br />

übernehmen.«<br />

Bild: Siemens<br />

Emissionen liefern kann. Sollte der Lieferant dies<br />

lösen können, eventuell durch auf sogenannten Life-<br />

Cycle-Assessment (LCA)-Daten basierende Berechnungen,<br />

kann er eine Abschätzung liefern. Diesen<br />

Werten muss man am Ende allerdings vertrauen können.<br />

Das wäre gegeben, wenn der Lieferant ergänzend<br />

zu den berechneten Werten auch Hintergrundinformationen<br />

zu Prozessen, Datenquellen oder<br />

Ermittlungsverfahren, also zu seiner Lieferantenstruktur,<br />

preisgeben würde oder preisgibt. In der<br />

Regel wird er das allerdings nicht tun, da dies seine<br />

eigene Wettbewerbsfähigkeit einschränken könnte.<br />

Somit steckt man schon im zweiten Dilemma. Sollte<br />

das trotzdem gelöst werden – möglicherweise aufgrund<br />

von Machtverhältnissen oder Abhängigkeiten<br />

– muss man immer noch sicherstellen, dass die<br />

Daten, die der Zulieferer dann bereithält, aggregierbar<br />

sind. Dahinter steht folgende Frage: Hat der Lieferant<br />

wirklich die gleichen Regeln und Methoden<br />

angewandt, sodass man die Daten entlang der Lieferkette<br />

aufsummieren kann? Das wäre die dritte Hürde,<br />

die man nehmen muss.<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation: Sehen Sie wei -<br />

tere Herausforderungen?<br />

Beitinger: Es ist sehr aufwendig und die Verfügbarkeit<br />

von Expertenwissen spielt eine Rolle. Das ist aber<br />

lösbar. Nur diese drei Aufgaben, die mit den erwähnten<br />

Hürden verbunden sind, sind essenziell.<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation: Aus dieser Einsicht<br />

heraus haben Sie eine Lösung erarbeitet, die<br />

nun unter dem Namen Sigreen am Markt verfügbar<br />

ist – eben aus dem eigenen Wunsch heraus, die<br />

Produkte, die Sie in den Werken fertigen,<br />

CO 2 -neutral anbieten zu können. Wie also schaffen<br />

Sie die notwendige Transparenz?<br />

Beitinger: Hier gilt die Regel: Nur, was man misst,<br />

was man transparent macht, kann man aktiv beeinflussen.<br />

Und nur so lassen sich gezielt Maßnahmen<br />

ableiten. Ansonsten ist man im Blindflug. In der<br />

Regel werden heute produktbezogene Emissionswerte<br />

mithilfe der erwähnten Life-Cycle-Assessment-<br />

Daten ermittelt. Es handelt sich dabei um in Datenbanken<br />

verfügbare Durchschnittswerte. Über einen<br />

Dreisatz kann man damit bereits den eigenen<br />

CO 2 -Wert abschätzen. Das ist ein guter Startpunkt –<br />

vor allem, wenn das Produkt physisch noch gar nicht<br />

existiert und man dies in der Design- beziehungs -<br />

weise in der <strong>Konstruktion</strong>sphase machen will, aber<br />

keine realen Daten hat. Wenn mein Lieferant noch<br />

nicht in der Lage ist, mir Werte zu nennen, kann das<br />

ein sehr guter Start sein, weil man damit einen Anker<br />

gesetzt hat.<br />

Um produktbezogene<br />

Emissionen entlang der<br />

Lieferkette managen<br />

und letztlich reduzieren<br />

zu können, hat<br />

Dr. Gunter Beitinger<br />

das CO 2 -Management-<br />

Tool namens Sigreen<br />

entwickelt.<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023 19


TRENDS » Porträt » Nachhaltigkeit<br />

Die Siemens-Software<br />

Sigreen bietet Mechanismen,<br />

um vertrauenswürdige<br />

CO 2 -Emissionswerte<br />

entlang der<br />

gesamten Lieferkette zu<br />

managen.<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation: Inwieweit lassen<br />

sich mit Sigreen wirklich Emissionen reduzieren?<br />

Beitinger: Von Durchschnittswerten müssen wir zu<br />

realen Daten kommen, um Maßnahmen ergreifen zu<br />

können, die nachhaltig wirken. Der CO 2 -Fußabdruck<br />

soll nachhaltig gesenkt werden. Entgegnen könnte<br />

man, dass in einem Produkt nun so viele Module und<br />

Komponenten existieren würden, dass man nicht alle<br />

berücksichtigen könne. Hier verweise ich auf das<br />

Pareto-Prinzip: 80–20 oder 70–30. Wenn man<br />

anfängt, kann man bei 20 bis 30 % der Komponenten<br />

70 bis 80 % der Emissionswerte erfassen und abdecken,<br />

wenn man diese Werte beim Lieferanten<br />

anfragt. Über die Zeit kann man überlegen, wie weit<br />

man das vorantreibt. Man kann zumindest schnell<br />

für über 20 bis 30 % seiner Komponenten 70 bis<br />

80 % des CO 2 -Fußabdrucks entlang der Lieferkette<br />

mit Realdaten abdecken und sich durch die gewonnene<br />

Transparenz Ziele setzen. Aus den Zielen heraus<br />

können Maßnahmen eingeleitet werden, deren Wirksamkeit<br />

überprüfbar wird. Diese Wirksamkeit kann<br />

durch Sigreen verifiziert werden, da Realdaten verifiziert<br />

von Lieferanten übermittelt werden können.<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation: Liegt die Besonderheit<br />

von Sigreen gerade in den gelösten Fragen<br />

zur Verifizierbarkeit?<br />

Beitinger: Das ist es, was Sigreen an sich so einzigartig<br />

macht. Also um vertrauenswürdige CO 2 -Emissionswerte<br />

entlang der gesamten Lieferkette zu verfolgen,<br />

brauche ich bestimmte Mechanismen. Dabei<br />

Bild: Siemens<br />

geht es um Folgendes: Lieferanten wollen die Datenfreiheit<br />

nicht aufgeben und aus Wettbewerbsgründen<br />

keine vertraulichen Informationen austauschen.<br />

Gleichzeitig man muss diesen Informationen aber<br />

vertrauen können, also müssen sie verifiziert sein.<br />

Zusätzlich bedarf es der Möglichkeit, anzugeben,<br />

nach welchen Methoden diese Informationen zur<br />

Verfügung gestellt werden sollen, da Unternehmen<br />

beispielsweise nicht allein die Chemieindustrie, sondern<br />

auch die Automobilindustrie beliefern. Noch<br />

gibt es hier keine universellen Standards, weswegen<br />

Informationen entsprechend industriespezifisch weitergeben<br />

werden, um aggregierbar zu sein.<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation: Welche Rolle<br />

spielen Zertifikate und Zertifizierungen?<br />

Beitinger: Zertifikate sind für uns so wichtig, weil<br />

sie zum einen ermöglichen, dass Informationen weitergegeben<br />

werden, die vertrauenswürdig sind, ohne<br />

dass Details bekannt werden, ohne dass vertrauliche<br />

Informationen weitergegeben werden. Zum anderen<br />

können die verifizierbaren Zertifikate, die Verifiable<br />

Credentials, wieder zurückgezogen werden, sollte<br />

sich im Prozess etwas geändert haben. Die verifizierbaren<br />

Zertifikate werden von einer unabhängigen<br />

dritten Partei, von Akkreditierern, ausgestellt. Und<br />

das passiert über ein sogenanntes dezentrales Netzwerk.<br />

Hat ein Zertifikat seine Gültigkeit verloren,<br />

kann es mit neuem und verlässlichem Wert ausgestellt<br />

und versendet werden. Dem kann man wieder<br />

vertrauen – und hat eben die Sicherheit, seinen<br />

CO 2 -Fußabdruck immer aktuell halten zu können. Die<br />

Information des CO 2 -Wertes wird entlang bereits<br />

bestehender Geschäftsbeziehungen ausgetauscht,<br />

das Zertifikat aber über eine dezentrale Infrastruktur,<br />

wo man die Informationen mit Private Keys verschlüsselt<br />

und mit Public Keys verifizieren kann, die<br />

eben in dieser dezentralen Infrastruktur liegen. Wir<br />

nutzen das IDunion-Netzwerk beziehungsweise nennen<br />

wir es auch das Estainium-Netzwerk, weil wir<br />

dort eben einen sogenannten TSX, also einen Connector,<br />

eine Anbindung entwickelt und zum Patent<br />

gebracht haben, die die Verbindung zwischen Sigreen<br />

und dem dezentralen Netzwerk ermöglicht, sodass<br />

die Verifizierungszertifikate ausgestellt werden können.<br />

Der TSX – wir nennen ihn Trustworthy Supply<br />

Chain Exchange Connector – bildet ein wesentliches<br />

Differenzierungsmerkmal zu Lösungen, die wir bisher<br />

gesehen haben.<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation: Was ist datenund<br />

workflowmäßig erforderlich, um den CO 2 -Produktfußabdruck<br />

beeinflussen zu können?<br />

20 <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023


Beitinger: Eingangs nutzen<br />

Sie eine Materialliste, in der<br />

die entsprechenden Detailinformationen<br />

zu Gewicht,<br />

Dimensionen und weiteren<br />

Details vermerkt sind. Auch<br />

die Lieferanten sind hinterlegt.<br />

Diese Materialliste, die aus<br />

unserer Teamcenteranwendung<br />

– unserem Backbone für<br />

das Engineering – bereitgestellt<br />

wird, wird über Sigreen<br />

abgegriffen. Anschließend<br />

kann man seine Anfrage direkt<br />

an die Lieferanten rausschicken,<br />

eben mit der Bitte, den<br />

CO 2 -Fußabdruck zu einem<br />

bestimmten Produkt, zu einer gelieferten Komponente<br />

zu bekommen. Was man im Vorfeld tun kann, sind<br />

erste Lebenszyklus-, kurz: LCA-Berechnungen des<br />

CO 2 -Fußabdrucks, um eine Vorabschätzung und klare<br />

Indikation zu haben, auf welche Baugruppen man<br />

sich fokussieren sollte, weil sie „CO 2 -auffällig“ sind.<br />

So kann die Reise gezielt beginnen, um ein Produkt<br />

umweltfreundlicher zu bekommen. Deswegen sagen<br />

wir, es handelt sich um ein Product-Carbon-Footprint-Management-Tool,<br />

weil es eben diese Transparenz<br />

sowie Fokussierung und letztlich die Beeinflussung<br />

des CO 2 -Fußabdrucks ermöglicht.<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation: Es wird nicht<br />

gang und gäbe sein, dass Lieferanten diese Daten<br />

bereithalten.<br />

Bild: Siemens<br />

Beitinger: So ist es. Was wir allerdings sehen, ist ein<br />

wachsender Druck seitens Regulierungsbehörden,<br />

Interessensgruppen und unserer Gesellschaft allgemein,<br />

sodass die Awareness, die Bereitschaft bei den<br />

Industrieunternehmen da ist und viele vorbereitet<br />

sind. Es hängt aber auch von der Größe eines Unternehmens<br />

und davon ab, welche Produkte mit welchen<br />

Materialien ausgeliefert werden. Und zusammenfassend:<br />

Die Emissionen, die unter der direkten<br />

Kontrolle der Unternehmen stehen, also die Scope-<br />

1-Emissionen sowie die Emissionen aus der außerhalb<br />

des Unternehmens erzeugten gekauften Energie,<br />

also Scope 2, sind bekannt. Sie sind erfasst und<br />

können offengelegt werden. Damit werden die<br />

gesamten Fehler über die Kette bereits geringer und<br />

der Anteil an Realdaten erhöht sich. Das ist schon ein<br />

Mehrwert, wenn man in die Reise einsteigt. Darüber<br />

hinaus werden zunehmend die sogenannten Scope-3-Emissionen<br />

erfasst – die Emissionen entlang<br />

der Wertschöpfungskette. Vielleicht hat ein Unternehmen<br />

auch schon ein Umweltziel kommuniziert.<br />

Falls ja, findet man in den Unternehmen bereits<br />

Strukturen vor, die eine systematische Ermittlung<br />

und Bereitstellung der Daten eben ermöglichen.<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation: Und wenn dem<br />

nicht so ist?<br />

Beitinger: Dann sollten die Unternehmen den<br />

Einsatz von Tools wie Sigreen zur Unterstützung in<br />

jedem Fall in Erwägung ziehen, da die Erfassung und<br />

Analysen dieser Daten und des Energieverbrauchs<br />

einschließlich der Endanwendung den Rahmen der<br />

manuellen Techniken immer sprengen. Durch den<br />

Einsatz geeigneter Softwarewerkzeuge kann sich ein<br />

Unternehmen viel Wiederholungsarbeit ersparen,<br />

weil die Daten systematisch erfasst werden.<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation: In welche Richtung<br />

entwickeln sich Regularien und Reporting-<br />

Pflichten mit Blick auf die komplexe Thematik<br />

Product Carbon Footprint aktuell?<br />

Beitinger: Es existieren verschiedene Normen und<br />

Leitfäden, die definieren, wie ein Product Carbon<br />

Nach Werksleitungen in<br />

den USA und Mexiko ist<br />

Dr. Gunter Beitinger seit<br />

2015 für die Werke der<br />

Geschäftseinheit Factory<br />

Automation bei Siemens<br />

Digital Industries verantwortlich<br />

– unter anderem<br />

auch für das Siemens-Werk<br />

in Amberg.<br />

»Die Entnahme von Emissionen aus der<br />

Atmosphäre ist ein weiterer wichtiger Aspekt.<br />

Die reine Vermeidung und Reduzierung wird<br />

nicht ausreichen, um die Erderwärmung in dem<br />

Umfang zu reduzieren, sodass wir von weiteren<br />

Umweltkatastrophen verschont werden.«<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023 21


TRENDS » Porträt » Nachhaltigkeit<br />

Für den hohen Automatisierungs-<br />

und Digitalisierungsgrad<br />

sind Siemenswerke<br />

als Leuchtturmwerke<br />

etabliert. Sie<br />

zeigen gut, wie Technologien<br />

aus der vierten<br />

industriellen Revolution<br />

effizient genutzt werden<br />

können. Dies wiederum<br />

ist ein Ausgangspunkt<br />

für mehr<br />

Nachhaltigkeit.<br />

Footprint (PCF) zu berechnen und zu berichten ist –<br />

unter anderem ISO 14067. Dann gibt es die übergreifende<br />

Umweltbewertung in Form von Ökobilanzen<br />

und Berichtsnormen. Insgesamt ist das für Unternehmen<br />

herausfordernd und teils belastend. Trotzdem<br />

haben die Unternehmen die Verpflichtung, regelkonform<br />

zu berichten. Somit ist die Awareness und die<br />

Suche nach softwaregestützten Lösungen sehr groß.<br />

Und Erlasse wie CBAM (Carbon Border Adjustment<br />

Mechanism) durch die EU in 2023 erhöhen grundsätzlich<br />

den Druck. CBAM ist ein Meilenstein gewesen,<br />

weil dadurch ganz klar bestimmte Produkte oder<br />

vielmehr kohlenstoffintensive Güter mit entsprechenden<br />

Auflagen und Abgaben beim Import in die<br />

europäische Gemeinschaft belegt werden. Zement,<br />

Aluminium, Düngemittel und Wasserstoff sind<br />

darunter. Jeder weiß, dies ist nur der erste Schritt,<br />

auf diese Industriegüter zu gehen, die bekanntlich<br />

den größten Anteil der industriellen Emissionen<br />

adressieren. Man kann jetzt schon sagen, dass die<br />

Berichterstattung zu CO 2 -Emissionen Ausmaße wie<br />

das Finanzreporting bekommen wird und dem vom<br />

Aufwand her in nichts nachstehen dürfte.<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation: Welche Rolle<br />

spielt die Estainium Association im Zusammenhang<br />

mit Sigreen?<br />

Beitinger: Die Estainium-Vereinigung wurde von<br />

mir 2022 gemeinsam mit Unternehmen, Start-ups<br />

und Hochschulen auf internationaler Ebene gegründet.<br />

Ich stehe der Organisation aktuell auch als erster<br />

Vorstand zur Verfügung. Grundsätzlich wollen wir<br />

einen Beitrag zur Dekarbonisierung der industriellen<br />

Bild: Siemens<br />

Lieferkette leisten. Hier gibt es noch wesentlich mehr<br />

Themen, die man außerhalb der Anwendung von<br />

Sigreen adressieren muss. Die industrielle Dekarbonisierung<br />

ist einfach ein interdisziplinäres Feld. Wir<br />

sind im Verein davon überzeugt, dass man ganzheitlich<br />

in einem vorwettbewerblichen branchen- und<br />

funktionsübergreifendem Ökosystem arbeiten sollte.<br />

Wir bieten den Unternehmen einmal an, bei der<br />

Infrastruktur für den Datenaustausch mitzuarbeiten<br />

und zu entwickeln. Den TSX-Connector beispielsweise<br />

haben wir in diesen Verein gegeben. Somit steht er<br />

erstmal allen Vereinsmitgliedern zur Verfügung. Und<br />

andere Lösungen können darauf aufgesetzt werden.<br />

Wir glauben, es kann nur gemeinsam gehen, also<br />

eine Firma oder eine Lösung alleine wird nicht die<br />

Dekarbonisierung der gesamten industriellen Lieferkette<br />

erreichen. Des Weiteren adressieren wir Unterstützung<br />

und Hilfe für Unternehmen, um deren<br />

Methodenunsicherheit aufzulösen. Uns geht es um<br />

Transparenz bei den Methoden zur Ermittlung von<br />

Product Carbon Footprints: Wie unterscheiden sie<br />

sich oder wie können sie ineinander übergeführt werden?<br />

Das sind damit verbundene Fragen. Wir wollen<br />

aber nicht normativ oder standardisierend unterwegs<br />

sein. Wir möchten Unternehmen befähigen, Regelwerke<br />

richtig und regelkonform anzuwenden.<br />

Die Entnahme von Emissionen aus der Atmosphäre<br />

ist ein weiterer wichtiger Aspekt. Die reine Vermeidung<br />

und Reduzierung wird nicht ausreichen, um die<br />

Erderwärmung in dem Umfang zu reduzieren, sodass<br />

wir von weiteren Umweltkatastrophen verschont<br />

werden. Wir müssen also in Klimaschutzprojekte<br />

investieren, die aktiv zur Entnahme von Kohlenstoff<br />

beitragen. Diesem Thema stellen wir uns aktiv.<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation: Sigreen wird über<br />

die digitale Business Plattform Xcelerator von<br />

Siemens angeboten. Welche Vorteile hat das?<br />

Beitinger: Das Tool wird über Xcelerator angeboten,<br />

weil wir offene API-Schnittstellen haben. Dies<br />

ermöglicht es, Teamcenter oder andere Datenbanken<br />

und Datenquellen anzubinden, um die Informationen<br />

leicht und automatisiert zu importieren. Sigreen fügt<br />

sich nahtlos ins Siemens-Produkt-Portfolio ein, ist<br />

aber offen für andere Anbindungen. Übrigens ist<br />

Sigreen frei verfügbar, kostet in der Nutzung also<br />

nichts. Wir wollen, dass die Software genutzt wird<br />

und dass auch das Einladen und das Onboarden der<br />

Lieferanten hürdenlos ist. Die Grundfunktionen sind<br />

alle frei verfügbar. Unabhängig von der Größe des<br />

Unternehmens, wollen wir sicherstellen, dass das<br />

Tool nutzbar ist und den Austausch der Informationen<br />

als Beitrag zur Dekarbonisierung leisten kann.<br />

22 <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023


<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation: Wie integrationsfähig<br />

ist die Software?<br />

Beitinger: Wir bieten offene API-Schnittstellen an<br />

die man frei belegen kann. Darüber hinaus existieren<br />

Integrationsmöglichkeiten zum Siemens-Software-<br />

Portfolio sowie mit weiteren Partnern. Und diese<br />

werden weiter ausgebaut. Somit können Unternehmen<br />

Sigreen auch mit branchenspezifischen Lösungen<br />

sehr gut kombinieren und sich damit in die Systemlandschaft<br />

einbinden.<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation: Welche Unternehmen<br />

können Sigreen einsetzen?<br />

uns sehr stark auf die Prozessindustrie, die Chemieindustrie,<br />

die Automobilindustrie und die Lebensmittelindustrie.<br />

Vor allem deren Regelwerke bilden wir<br />

heute bereits in Sigreen ab.<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation: Wer sind die<br />

Anwender der Sigreen-Software in Unternehmen?<br />

Beitinger: Produktmanager, Einkäufer, Werkleiter,<br />

das General Management sowie das Sustainability<br />

Management. Wir stellen diesen Anwendern mit<br />

ihren unterschiedlichen Anforderungen bei der Informationsaufbereitung<br />

und Darstellung spezifische<br />

Bedienermasken zur Verfügung.<br />

Beitinger: Die industriellen Lieferketten kreuzen<br />

sich, teilen sich, drehen Schleifen. Daher ist Sigreen<br />

an sich ist erstmal industrieagnostisch. Auf der anderen<br />

Seite können wir als Start-up innerhalb von<br />

Siemens, das seit etwa zwei Jahren auf dem Markt<br />

ist, nicht alle Industrien gleichzeitig und gleich<br />

intensiv bedienen und deren spezifische Anforderungen<br />

sofort im Detail erfüllen. Aktuell fokussieren wir<br />

www.siemens.com<br />

INFO<br />

Das komplette Interview lesen<br />

Sie online, unter:<br />

hier.pro/sbHzY<br />

Go sustainability.<br />

Die IIoT-Lösungen und die Analysesoftware von Emerson<br />

erkennen Druckluftlecks und ermöglichen Herstellern so<br />

Energiekosteneinsparungen von über 20 %.<br />

Erfahren Sie mehr unter Emerson.com/Sustainable-Automation<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023 23


In Elektrolyseur-Anlagen wird bei Endress+Hauser Wasserstoff dezentral aus regenerativer Energie hergestellt.<br />

Bild: Endress+Hauser<br />

Messtechnik für die Energiewende<br />

Dekarbonisierung der Industrie<br />

Die Energiewende in der Industrie hat ein klares Ziel: die Umstellung der Energieversorgung auf eine nachhaltige<br />

Basis mit regenerativen Energien. Hierdurch soll der anthropogene CO 2 -Ausstoß verringert beziehungsweise<br />

vermieden werden, der heute durch fossile Energieträger verursacht wird. Viele Technologien zur Dekarbonisierung<br />

der Industrie haben hohe und sehr spezielle Anforderungen an die Prozessmesstechnik. Endress+Hauser<br />

trägt als Partner der Prozessindustrie zur Umstellung bei.<br />

Florian Kraftschik, Sales Marketing Manager Communication, Frederik Effenberger, Industry Manager Decarbonization, beide<br />

Endress+Hauser Deutschland<br />

INFO<br />

Mehr zu den Lösungen<br />

von Endress+Hauser für<br />

Wasserstoff-Anwendungen:<br />

hier.pro/xwlZo<br />

Die Energiewende ist für die chemische Prozessindustrie<br />

eine bedeutende Herausforderung, die sie<br />

möglichst rasch bewältigen muss. Die Komplexität dieser<br />

Aufgabe rührt daher, dass fossile Rohstoffe einerseits<br />

ersetzt werden müssen, da sie die Quelle des klimaschädlichen<br />

Kohlendioxids sind. Andererseits ist CO 2<br />

in der chemischen Industrie jedoch auch ein Rohstoff,<br />

der für diverse Prozesse benötigt wird.<br />

Die Umstellung auf erneuerbare Rohstoffe und Energieträger<br />

erfordert daher häufig umfangreiche Anpassungen<br />

der bestehenden Prozesse.<br />

Um die verschiedenen Strategien und Ansätze zur Erreichung<br />

der Klimaziele besser beschreibbar<br />

zu machen, werden sie in<br />

drei Themen untergliedert:<br />

• Der erste Punkt ist die Elektrifizierung<br />

von Prozessen zur Emissionsvermeidung<br />

sowie die Effizienzsteigerung<br />

bestehender Anlagen<br />

mit dem Ziel, Emissionen zu reduzieren,<br />

wo sie sich nicht vermeiden<br />

lassen.<br />

Ein engmaschiges Netz an Messinstrumenten und Energierechnern<br />

erfasst die Wärmemengen, die durch die Endress+Hauser-<br />

Dampfleitungen fließen.<br />

• Der zweite Punkt behandelt die Umstellung auf<br />

alternative Energieträger, allen voran auf grünen<br />

Wasserstoff. Neben der Herstellung, dem Transport,<br />

der Nutzung und Speicherung von H 2 fallen auch<br />

Power-to-Chemicals-Ansätze (P2C) oder das Thema<br />

Green Steel unter diesen Punkt.<br />

Bild: Endress+Hauser<br />

24 <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023


Nachhaltigkeit « TRENDS<br />

• Das dritte Thema behandelt CO 2 als Rohstoff, den es<br />

als Emission oder als abgeschiedenes Produkt zu erfassen<br />

gilt. Hierunter fallen Schlagworte wie Carbon<br />

Capture (CC) oder Direct Air Capture (DAC), auch die<br />

Speicherung sowie der Transport von CO 2 fallen<br />

unter diesen Themencluster.<br />

Per Direct Air Capture<br />

von Endress+Hauser<br />

wird CO 2 direkt aus der<br />

Luft filtriert und für<br />

die Weiterverwendung<br />

gespeichert.<br />

Elektrifizierung von Prozessen und<br />

Effizienzsteigerung<br />

Als erste und vielversprechende Maßnahme kann die<br />

chemische Industrie Prozesse, wo dies möglich ist, direkt<br />

auf regenerativen – emissionsfreien – Strom aus<br />

Wind, Wasser und Sonne umstellen. Dies ist sicherlich<br />

eine der größten und vermutlich auch einfachsten<br />

Stellschrauben in der Prozessindustrie.<br />

Für Prozesse, die zwar nicht sofort emissionsfrei gestellt<br />

werden können, existieren jedoch oft größere<br />

Einsparpotenziale für Emissionen, die sich durch Effizienzsteigerungen<br />

und Optimierungen der Anlagen<br />

realisieren lassen. Als Grundlage für Optimierungsmaßnahmen<br />

müssen Energieverbräuche engmaschig<br />

gemessen und bilanziert werden. Dies gelingt mit dem<br />

Feldgeräteportfolio von Endress+Hauser, mit dem<br />

sämtliche Parameter sowohl in den Kernprozessen als<br />

auch in Utilities wie Dampf-, Heiz-, Kühl- oder CIP/SIP-<br />

Kreisläufen bis hin zu eichfähigen Messstellen erfasst<br />

werden können. Das Geräteportfolio umfasst die Messparameter<br />

Druck, Durchfluss, Materialfeuchte, Flüssigkeitsanalyse,<br />

Füllstand, optische Analyse, Systemkomponenten<br />

und Temperatur. Der Messtechnikspezialist<br />

bietet neben Dienstleistungen zur Erfassung von<br />

CO 2 -Emissionen außerdem Digitalisierungsservices<br />

rund um das IIoT-Ökosystem Netilion.<br />

Wasserstoff als Speichermedium<br />

Der zweite Punkt dieses Beitrags zur Dekarbonisierung<br />

der Industrie betrifft die Umstellung von Anlagen auf<br />

alternative Energieträger. Entscheidend für die Emissi-<br />

onssenkungen durch Elektrifizierung ist die ausreichende<br />

Verfügbarkeit der regenerativen Energie. Die<br />

Sonne scheint nicht überall und zu jeder Zeit in gleichem<br />

Maße, auch die Erzeugung von Windenergie ist<br />

großen Schwankungen unterworfen. Die regenerative<br />

Energie ist somit zwar die Grundlage für die Elektrifizierung,<br />

ein Schlüsselfaktor für das Gelingen der Energiewende<br />

sind jedoch Speichertechnologien, die diese<br />

Schwankungen ausgleichen können. Ein Medium, in<br />

dem die überschüssige Sonnen- und Windenergie gespeichert<br />

werden kann, ist Wasserstoff. Die Umwandlung<br />

von Elektrizität in Wasserstoff ist zwar verlustbehaftet,<br />

jedoch kann dieser gut gespeichert und nach<br />

Bedarf relativ einfach wieder in Elektrizität zurückverwandelt<br />

werden. Die Speicherung von Energie in Wasserstoff<br />

ist unter dem Begriff Power-to-Chemicals<br />

(P2C) bekannt.<br />

Den Messgeräten und -lösungen kommt bei der gesamten<br />

Energiewende ein sehr wichtiger Stellenwert<br />

zu. Bereits heute sind sowohl Kernprozesse als auch<br />

Bild: Endress+Hauser<br />

Wenn’s heiß hergeht<br />

Hochtemperaturbeständige Festkeramik-Halbzeuge<br />

Aluminium-Silikate: Bis 1150°C temperaturbeständig<br />

Aluminum-Oxide: Bis 1360°C temperaturbeständig<br />

Macor ® , Shapal und Zirkonoxidkeramiken<br />

Als Rund- und Vierkantstab, Platte oder Scheibe<br />

Leichte Bearbeitung mit HSS-Werkzeugen<br />

Preiswerte Werkstofflösung<br />

Zertifiziert nach<br />

DIN EN ISO 9001:2015<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 www.kager.de<br />

| 2023 25<br />

Hochtemperaturprodukte | Kälteerzeugung | Dichten und Kleben | Messtechnik | Beschichtungen | Problemlöser


TRENDS » Nachhaltigkeit<br />

Per Carbon Capture von Endress+Hauser ist es möglich, CO 2 -Emissionen<br />

einzufangen, zu speichern und für die Industrie nutzbar zu machen.<br />

Bild: Endress+Hauser<br />

Für präzise Messdaten für die Prozesssteuerung, -überwachung und<br />

-dokumentation hält Endress+Hauser verschiedenste Geräte, Lösungen<br />

und Dienstleistungen bereit.<br />

Bild: Endress+Hauser<br />

Utilities wie zum Beispiel Wärme-, Kühlkreisläufe oder<br />

CIP/SIP-Anlagen mit einem engmaschigen Netz an<br />

Messinstrumenten ausgestattet, um Messwerte und<br />

weitere Daten für die Prozessüberwachung und -steuerung<br />

zu erheben und an die Steuerung zu kommunizieren.<br />

Im Rahmen der Energiewende benötigen Anlagenbetreiber<br />

darüber hinaus auch präzise Messwerte über<br />

Energieeinspeisung, -verbräuche und die genaue Energiedistribution<br />

bis hin zur anlagenweiten Energiebilanzierung.<br />

Auch die CO 2 -Emissionen in die Umwelt müssen<br />

genauestens erfasst werden. Weil die Energiemengen<br />

exakt und zuverlässig erfasst werden müssen, sind<br />

die Anforderungen an die Messinstrumente hoch, was<br />

die Messgenauigkeiten oder die Anforderungen an die<br />

Langzeitstabilität betrifft.<br />

Sehr speziell werden die Anforderungen an die Messtechnik<br />

jedoch besonders dann, wenn die Geräte im<br />

direkten Kontakt mit Wasserstoff stehen. Beispielsweise<br />

bietet Endress+Hauser für die Druckmessung<br />

im Elektrolyseur eine Druckmesszelle mit goldbeschichteter<br />

Membran an, die einen effektiven Schutz<br />

gegen die Diffundierung der sehr kleinen H 2 -Moleküle<br />

durch die Membran darstellt. Diffundiert das Gas<br />

durch herkömmliche Membran-Materialien, so kann<br />

dies zu Geräteausfällen führen. Teils müssen Anlagen<br />

und Geräte im Kontakt mit Wasserstoff außerordentlich<br />

hohen Drücken und geringen Temperaturen<br />

standhalten und entsprechende Messbereiche abdecken.<br />

Besondere Anforderungen stellt auch die qualitative<br />

Messung des H 2 als Produkt der Elektrolyse.<br />

Hier bietet der Schweizer Spezialist mit dem Sauerstoffanalysegerät<br />

OXY5500 ein Gerät, mit dem sich in<br />

Echtzeit der Gehalt an Restsauerstoff im Wasserstoff<br />

ermitteln lässt.<br />

Für Prozesse, die bisher noch nicht auf regenerative<br />

Energien umgestellt wurden oder für solche, bei denen<br />

dies gar nicht möglich ist, bieten sich – als dritter<br />

Punkt dieses Beitrags – aktiv abscheidende Emissionstechnologien<br />

an. Das sogenannte Carbon Capture (CC)<br />

fängt CO 2 ein, bevor es in die Luft abgegeben wird und<br />

dort einen schädlichen Einfluss auf unser Klima nimmt.<br />

Direct Air Capture (DAC) fängt CO 2 direkt aus der Umgebungsluft<br />

ein. Hierzu bieten sich verschiedene Verfahren<br />

wie zum Beispiel die Aminwäsche an, die heute<br />

schon vielfach angewendet wird, um CO 2 aus Prozessgasen,<br />

Abgasen oder auch aus der natürlichen Umluft<br />

zu gewinnen. Zur exakten Messung der CO 2 -Konzentration<br />

der Ausgangsgase setzt der Hersteller hier auf<br />

die bewährte Tunable Diode Laser Absorption Spectroscopy<br />

(TDLAS), damit der Prozess sicher und effizient<br />

gesteuert werden kann.<br />

Das Hauptaugenmerk der CO 2 -Wende liegt derweil<br />

zwar auf der Vermeidung und Abscheidung des Gases,<br />

jedoch spielt Kohlendioxid in der Industrie ebenso als<br />

Rohstoff eine für die Produktion wichtige Rolle.<br />

Dort wird es fehlen, wenn Prozesse auf emissionsfreie<br />

Energieträger umgestellt werden und kein Ersatz geschaffen<br />

wird. Dies betrifft zum Beispiel die Produktion<br />

von Methanol. An dieser Stelle wird es – so absurd es<br />

zunächst klingen mag – gegebenenfalls sogar nötig sein,<br />

eine neue Versorgungsinfrastruktur für die CO 2 -Versorgung<br />

aufzubauen, etwa in Form eines Pipeline-Netzes.<br />

Für jeden dieser Speicher-, Transport- und Einspeise-<br />

Prozesse benötigen Anlagenbetreiber wiederum präzise<br />

Messdaten für die Prozesssteuerung, -überwachung und<br />

-dokumentation, für die Endress+Hauser verschiedenste<br />

Geräte, Lösungen und Dienstleistungen bereithält. (jg)<br />

www.endress.com/de<br />

26 <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023


Nachhaltigkeit « TRENDS<br />

IIoT-Consulting<br />

„Sehr viele Kundendiskussionen zum<br />

Thema CO 2 -Fußabdruck pro Produkt“<br />

Mit neuem Consulting begleitet Schneider Electric Industrieunternehmen auf dem herausfordernden Weg<br />

ihrer digitalen Transformation. Im Interview erläutert Silke Bucher, Director Industrial Digital Transformation<br />

DACH Europe Operations, woran viele Digitalisierungsprojekte in Unternehmen scheitern, wie digitale<br />

Transformation „besser“ gelingen kann und warum dieser Transformationsprozess aktuellen Kunden- und<br />

Marktanforderungen den Weg ebnet – beispielsweise Richtung Energiemanagement sowie Nachhaltigkeit oder<br />

CO 2 -Fußabdruck pro Produkt.<br />

Interview: Nico Schröder, Korrespondent <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation, Augsburg<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation: Frau<br />

Bucher, welche Anforderungen haben<br />

Ihre Kunden aktuell?<br />

Bucher: Es herrscht eine starke Nachfrage<br />

zum Thema Energiemanagement und<br />

Nachhaltigkeit in Kombination mit<br />

Produktionsdaten aus dem Herstellprozess.<br />

Denn es geht nicht mehr nur darum,<br />

Energiemanagement beziehungsweise<br />

Energiemonitoring zu betreiben. Gerade<br />

haben wir zum Beispiel sehr viele Kundendiskussionen<br />

zum Thema CO 2 -Fußabdruck<br />

pro Produkt. Und hierbei wird vor<br />

allem das Zusammenspiel von Daten<br />

wichtig. Einerseits werden plötzlich Energiedaten<br />

aus einer Maschine relevant:<br />

Wie viel verbraucht eine Maschine zu<br />

welchem Zeitpunkt? Und auf der anderen<br />

Seite geht es um die Prozessdaten: Wie<br />

lange läuft meine Maschine, welche Auslastung<br />

ist gegeben und mit welchem<br />

Silke Bucher ist Director Industrial Digital<br />

Transformation DACH Europe Operations<br />

bei Schneider Electric.<br />

»Das komplexe Thema<br />

Rückverfolgbarkeit<br />

beziehungsweise<br />

Traceability nimmt zu.«<br />

Bild: Schneider Electric<br />

Energieverbrauch? Diese Aspekte sind am<br />

Ende des Tages zusammen zu betrachten,<br />

um wirklich zu wissen, wie viel CO 2 ein<br />

Produkt in der Produktion verbraucht hat.<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation: Das ist<br />

sicherlich ein erster Baustein, um das<br />

Produkt letztlich globaler im<br />

Lebenszyklus betrachten zu können...<br />

Bucher: Es ist ein Baustein, ja. Wir müssen<br />

tatsächlich die gesamte Lieferkette<br />

betrachten – von den Rohstoffen bis hin<br />

zum Produkt, das im Betrieb läuft, und<br />

darüber hinaus. Unerlässlich hierfür ist es,<br />

Informationsquellen zu schaffen. Mit dem<br />

Wunsch vieler Hersteller, dem Kunden am<br />

Ende des Tages sozusagen auf das Produkt<br />

drucken zu können, wie viel CO 2 bisher<br />

verbraucht worden ist, nimmt das<br />

komplexe Thema Rückverfolgbarkeit<br />

beziehungsweise Traceability zu.<br />

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Baugruppen<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023 27


TRENDS » Nachhaltigkeit<br />

Ergebnisse wirklich ableitbar zu machen,<br />

predictive/vorausschauend zu arbeiten<br />

und Ausfallsicherheit hinzubekommen.<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation: Was<br />

hindert Unternehmen Ihrer Erfahrung<br />

nach daran, Mehrwerte mittels digitaler<br />

Transformation zu generieren und gerade<br />

auch ein Return on Investment (ROI)<br />

zu erzielen?<br />

Bild: Schneider Electric<br />

Erfolgreiche digitale Transformation: Die Smart Factory im französischen Le Vaudreuil dient<br />

Schneider Electric heute als Showcase.<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation: Werden<br />

gerade auch für OEMs Energiemanagement-Services<br />

wichtiger, um den<br />

verschiedenen Maschinennutzern geeignete<br />

Angebote machen zu können?<br />

Bucher: Wenn OEMs ihre Maschinen<br />

schon so ausstatten würden, dass das<br />

Energiemonitoring direkt Teil der Maschine<br />

ist und sie Energiemessgeräte direkt<br />

mitverbauen würden, wäre es für Endverbraucher<br />

viel einfacher. Diese müssten in<br />

der Hinsicht nichts nachrüsten und hätten<br />

die Daten direkt dabei. Das ist gerade<br />

noch so ein Push-Pull, den wir beobachten.<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation: Worum<br />

genau geht es Ihnen bei der sogenannten<br />

„industriellen digitalen Transformation“?<br />

Silke Bucher: Es geht uns darum, eine<br />

erfolgreiche und schnelle digitale<br />

Transformation in Industrieunternehmen<br />

umzusetzen – und zwar mit einem Endto-end-Ansatz<br />

vom Consulting über die<br />

Designs der Lösungen bis hin zur Durchführung<br />

der Projekte. Bislang hat Schneider<br />

Electric stark aufs Thema Software<br />

per se gesetzt. Der neue Consulting-<br />

Ansatz ist nun sinnvoll, weil zwar viele<br />

Unternehmen das Thema digitale Transformation<br />

als wichtig eingestuft haben,<br />

aber oftmals an der Umsetzung gescheitert<br />

sind – aus recht unterschiedlichen<br />

Gründen: Es hat vielleicht doch zu viel<br />

gekostet, zu viel Zeit geraubt oder das<br />

Personal ist mitunter nicht richtig<br />

geschult gewesen. Zwar haben mehr Unternehmen<br />

begonnen, Daten zu sammeln,<br />

aber sie richtig zu verwerten, nutzbringend<br />

zu verarbeiten und damit eine<br />

erfolgreiche digitale Transformation zu<br />

erreichen, ist für viele immer noch ein<br />

Problem.<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation: Was<br />

beinhaltet ein solches Kontextualisieren<br />

von Daten im Grunde?<br />

Bucher: Das beinhaltet Fragen wie: Wo<br />

werden die Daten eigentlich gesammelt,<br />

wie sind die Daten auszuwerten und was<br />

mache ich mit den Ergebnissen? Dabei<br />

geht es auch darum, dem Kunden die<br />

Optionen zu geben, On-Premises – also<br />

lokal – zu arbeiten, in der Cloud oder<br />

hybrid. Wir arbeiten hier inzwischen stark<br />

mit unserem industriellen Aveva-Softwareportfolio.<br />

Hierbei geht es darum,<br />

Daten aus verschiedenen Quellen zu<br />

sammeln, darzustellen und mit Analytik-<br />

Funktionen zu bewerten – also smarte<br />

Bucher: Häufig verrennen sich die Beteiligten<br />

und verlieren das Ziel aus den<br />

Augen. Allzu oft ist der Fokus auf nur<br />

einem Use Case im ersten Schritt im<br />

Unternehmen. Sie entwickeln dann beispielsweise<br />

aus Standardsoftware kundenspezifische<br />

Varianten, die zum einen<br />

sehr kostenintensiv und zum anderen<br />

schnell komplex und unübersichtlich werden.<br />

Auf einen abgegrenzten Bereich im<br />

Unternehmen bezogen funktioniert das<br />

vielleicht noch, aber wenn man den<br />

gesamten Betrieb und dessen Entwicklung<br />

im Blick hat, wird es schwierig. Denn spezifische<br />

Insellösungen machen ein skaliertes,<br />

langfristiges Vorgehen problematisch<br />

– insbesondere, wenn sich Prioritäten<br />

oder Zielsetzungen über die Zeit verändern.<br />

Ein anderes Hindernis sind fehlende<br />

Zeithorizonte bei der Umsetzung. Das<br />

Proof of Concept führt nicht zu einem<br />

ersichtlichen ROI, von dem man als Unternehmen<br />

eine vernünftige Ausrollvariante<br />

erreicht. Auch daran scheitern viele Digitalisierungsprojekte.<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation: Was<br />

passiert, wenn es kein klassisches<br />

Enablement derer gibt, die letztlich mit<br />

digitalen Tools umgehen sollen?<br />

Bucher: Ganz einfach: Das Potenzial digitaler<br />

Technologien bleibt ohne Enablement<br />

ungenutzt. Nur wenn ich eine Technologie<br />

auch wirklich angemessen kenne<br />

und den Umgang mit ihr vernünftig<br />

gelernt habe, erschließen sich mir die<br />

damit verbundenen Mehrwerte. Tools<br />

werden einfach nicht genutzt, wenn der<br />

Mehrwert nicht vermittelt ist. Mangelndes<br />

Enablement führt letztlich nur zu<br />

Frust und zur Ablehnung der Technologien.<br />

28 <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023


<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation: Wie wird sich die<br />

digitale Transformation in den kommenden Jahren<br />

entwickeln?<br />

Bucher: Gerade in den nächsten zwei bis drei Jahren<br />

wird das Thema digitale Transformation nochmal ein<br />

ganz anderes Tempo aufnehmen. Denn nicht zuletzt die<br />

Krisen rund um Corona, Lieferketten oder Energie haben<br />

einmal mehr bestätigt, dass Digitalisierung als zentrale<br />

unternehmerische Kernkompetenz verstanden werden<br />

muss. Wenn ich mir unsere Kunden, auch aus dem Mittelstand,<br />

anschaue und bewerte, wie gut die durch diese<br />

Krisen gekommen sind, dann kristallisiert sich ein eindeutiges<br />

Bild heraus: Wer rechtzeitig in die digitale<br />

Transformation investiert hat, steht jetzt deutlich resilienter<br />

und besser da als der Branchendurchschnitt –<br />

gerade, wenn es um Energiethemen geht.<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation: Können Sie Ansätze<br />

nennen, die dazu beitragen, dass digitale Transformation<br />

„besser“ gelingt?<br />

Bucher: Für mich sind Systemoffenheit und eine ganzheitliche<br />

Denkweise zentral. Denn einen langfristigen<br />

Return-on-Investment habe ich nur, wenn sich meine<br />

Lösung skalieren lässt, wenn sie offen für die Anbindung<br />

von Drittanbieter-Komponenten bleibt und jederzeit<br />

eine durchgängige Kommunikation von Daten zulässt.<br />

Silo-Denken oder Insellösungen versprechen dagegen<br />

höchstens einen sehr kurzfristigen Effekt. Was aber<br />

übrigens nicht heißt, dass man immer sofort den ganz<br />

großen Wurf wagen muss. Beim Umbau unseres Werks<br />

im französischen Le Vaudreuil zur Smart Factory haben<br />

wir uns zum Beispiel erstmal nur auf einen bestimmten<br />

Produktionsbereich fokussiert. Da wir aber von Anfang<br />

an mit unserer offenen IoT-Architektur namens Eco<br />

Struxure gearbeitet haben, konnten wir die für gut<br />

befundenen Lösungen sukzessive auf die gesamte Fabrik<br />

übertragen. Heute dient uns dieser Standort auch als<br />

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<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023 29<br />

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TRENDS » Perspektiven » Nachhaltigkeit<br />

Software-Programmierung beeinflusst den Energieverbrauch<br />

Energie sparen durch<br />

„grünes Programmieren“<br />

Software-Applikationen werden durch moderne Fähigkeiten wie Echtzeit-Datenanalyse und KI immer energiehungriger.<br />

Daher schlummert gerade in der Automatisierung mit ihren häufig 24/7 laufenden Anlagen<br />

großes Einsparpotential. Gehoben werden kann es durch „grünere Programmierung“ (Green Coding).<br />

Tobias Meyer, freier Mitarbeiter der <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation: Wie<br />

bekannt ist das Thema „Green Coding“<br />

bei Ihnen im Unternehmen?<br />

Henning Mersch (Beckhoff): Der Begriff<br />

ist bekannt – und viele unserer Bemühungen<br />

im Unternehmen zur CO 2 -Reduktion,<br />

Steigerung der Energieeffizienz<br />

usw. lassen sich auch im Bereich Green<br />

Coding einordnen.<br />

Carolin Rubner (Siemens): Bei Siemens<br />

strukturieren wir unsere Forschungsthemen<br />

in Company Core Technologies (CCT),<br />

unter Software, System and Processes leite<br />

ich das Modul Sustainable Software<br />

Engineering and industrial-grade DevOps.<br />

Insofern haben wir das Green Coding als<br />

Forschungsthema schon länger identifiziert<br />

und im Sustainable Software Engineering<br />

gebündelt.<br />

Dr. Hans Egermeier (Talsen Team): Wir<br />

sind aktiv dabei, das wichtige Thema<br />

Nachhaltigkeit durch die Digitalisierung<br />

voranzutreiben. Es gibt einen hemds -<br />

ärmeligen Spruch, der in der praktischen<br />

Softwareumsetzung häufig die Führungsgröße<br />

ist: Make it run, make it right, make<br />

it fast. Für viele Teams, in die ich als Berater<br />

Einblick habe, ist schon der erste<br />

Schritt ein riesengroßes Thema, also eine<br />

Software überhaupt einmal fehlerfrei und<br />

robust zum Laufen zu bringen. Make it<br />

right – also sauber zu coden – ist dann<br />

schon die nächste große Hürde, für die<br />

dann aber in den Projekten häufig keine<br />

Zeit mehr ist. Die Firmen sind dann froh,<br />

dass es läuft. Never touch a running sys-<br />

tem – und auf geht‘s zum nächsten Projekt.<br />

Make it fast und neuerdings dann<br />

noch make it green sind dann beinahe auf<br />

demselben, schwer noch zusätzlich zu<br />

realisierenden Level.<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation: Die<br />

Forschung zeigt, dass etwa eine Zufallszahlen-Funktion<br />

in Python viel Strom<br />

braucht, ein anderes Modul mit dem<br />

gleichen Zweck kommt mit 2 % der<br />

Energie aus. Textverarbeitungsprogramme<br />

unterscheiden sich im Energiebedarf<br />

für die gleiche Tätigkeit um das Vier -<br />

fache. Sehen Sie ein ähnliches Spar -<br />

potential in der Software für Industrieautomatisierungssysteme?<br />

Mersch: Für die Industrieautomatisierung,<br />

insbesondere die PC-basierte Steuerungstechnik<br />

wie sie Beckhoff seit Anbeginn<br />

nach vorne treibt, gibt es eine wesentliche<br />

Stellschraube: das Betriebssystem.<br />

Deswegen passt Beckhoff ein generisches<br />

Betriebssystem wie Windows auch<br />

hochgradig an die Industrieanforderungen<br />

an. So werden beispielsweise zur<br />

Ressourceneinsparung Windows-Dienste<br />

abgestellt oder für ein Desktop-System<br />

übliche, hier aber verzichtbare Komponenten<br />

nicht installiert. Zudem bietet<br />

Beckhoff Betriebssysteme an, die mit kleinerem<br />

Footprint auskommen. Klassisch<br />

war das Windows CE, nun ist es Twincat/<br />

BSD. Auch in unseren eigenen Testzentren<br />

für die Überprüfung der Produktqualität<br />

werden bevorzugt ressourcenschonende<br />

Betriebssysteme eingesetzt. Natürlich<br />

funktioniert dies besonders gut für die<br />

Bild: Beckhoff<br />

Henning Mersch,<br />

Produktmanager Twincat bei der<br />

Beckhoff Automation GmbH & Co. KG, Verl<br />

»Ressourceneffizienz<br />

bedeutet auch, kleinere<br />

und damit im Normalfall<br />

günstigere CPUs<br />

verwenden zu können.<br />

Wichtig sind aber zudem<br />

konstante Laufzeiten,<br />

damit das Gesamtsystem<br />

echtzeitfähig ist.<br />

Hier muss man<br />

in manchen Fällen<br />

durchaus gegeneinander<br />

abwägen.«<br />

arithmetischen, vom Betriebssystem unabhängigen<br />

Teile. Letztendlich laufen Integrationstests<br />

auf allen Betriebssystemen,<br />

die wir anbieten.<br />

30 <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023


Bild: peopleimages.com/stock.adobe.com<br />

Kann die Art der Programmierung den Energieverbrauch beeinflussen? Ja – und die Differenz zwischen bester und schlechtester Lösung kann beachtlich sein.<br />

Rubner: Der allererste Schritt muss wirklich<br />

sein, das Bewusstsein zu schaffen,<br />

dass auch die Digitalisierung Emissionen<br />

erzeugt. Wir erreichen viele Nachhaltigkeitsziele<br />

durch Digitalisierung, müssen<br />

aber auch schauen, dass die Digitalisierung<br />

selbst die Nachhaltigkeit mit betrachtet.<br />

Wir müssen betrachten, was die<br />

CO 2 -Emission und den Ressourcenverbrauch<br />

beeinflusst: Welche Architekturen<br />

wähle ich, arbeite ich an einem Monolith<br />

oder ist die Software modular sowie viele<br />

andere Thematiken wie Implementierung<br />

oder auch die DevOps-Infrastruktur.<br />

Schlussendlich müssen wir in der Anlage<br />

messen und konkrete Zahlen zur Verfügung<br />

stellen, durch die dann via Feedbackschleife<br />

wieder das Software- und<br />

Solutiondesign verbessert werden kann.<br />

Egermeier: Dafür ist es wichtig, das<br />

praktische Produktionsumfeld zu kennen.<br />

Denn einige Anlagen werden dort nach<br />

wie vor nie abgeschaltet, und zwar nicht,<br />

weil 24/7 produziert wird, sondern weil<br />

sich die Betreiber nicht trauen, sie abzuschalten<br />

– aus Angst, das Ganze wird nie<br />

wieder hochfahren. Sprich, allein im<br />

„make it right“ liegt schon ein riesengroßes<br />

Optimierungspotential: Anlagen so zu<br />

programmieren, dass ich sie tatsächlich<br />

fallbezogen einfach ausschalten und<br />

dann wieder anschalten kann. Schon so<br />

kann man Energie sparen, denn allein die<br />

Implementierung eines Schlafmodus wäre<br />

je nach Verständnis schon ein großer<br />

Beitrag zum Green Coding.<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation: Werden<br />

bereits Versuche angestellt, mit<br />

welchen Programmiermethoden oder<br />

Modulen bzw. Bibliotheken die besten<br />

Ergebnisse hinsichtlich Ressourceneffizienz<br />

erzielt werden können?<br />

Mersch: Ja, und das schon immer. Ressourceneffizienz<br />

bedeutet dabei schließlich<br />

auch, kleinere und damit im Normalfall<br />

günstigere CPUs verwenden zu können.<br />

Wichtig sind aber zudem konstante<br />

Laufzeiten, damit das Gesamtsystem<br />

echtzeitfähig ist. Hier muss in manchen<br />

Fällen durchaus gegeneinander abgewogen<br />

werden.<br />

IM FOKUS<br />

Softwarecode, besser die Art<br />

der Programmierung, kann<br />

den Energieverbrauch<br />

deutlich beeinflussen – nicht<br />

nur bei 24/7-Anlagen ein<br />

wichtiges Thema.<br />

Rubner: Wir arbeiten mit Partnern wie der<br />

Gesellschaft für Informatik und dem Öko-<br />

Institut im Förderprojekt Eco-Digit quasi<br />

an einem Prüfstand für Software: Ziel ist<br />

die Entwicklung einer automatisierten Bewertungsumgebung,<br />

die für beliebige<br />

Software die Daten zu Ressourcenverbräuchen,<br />

CO 2 -Emissionen etc. transparent offenlegt.<br />

Zudem schauen wir auch immer,<br />

was außerhalb unseres Kosmos passiert,<br />

denn wir müssen ja nicht das Rad neu erfinden.<br />

Siemens ist zudem als seit Kurzem<br />

auch Steering Member Teil der 2021 unter<br />

anderem von Microsoft, GitHub, Thoughtworks<br />

und Accenture ins Leben gerufenen<br />

Green Software Foundation. Dort haben<br />

wir bereits begonnen, Tools und Methoden<br />

zu sammeln und wollen das Thema gemeinsam<br />

mit weiteren Industriegrößen<br />

auch Richtung Standardisierung vorantreiben.<br />

Zusätzlich stehen wir mit verschiedenen<br />

Einrichtungen wie dem Umweltcampus<br />

Trier oder dem Hasso-Plattner-Institut<br />

(Clean-IT Konferenz) im Austausch.<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023 31


TRENDS » Perspektiven » Nachhaltigkeit<br />

In der grünen Programmierung steckt ein enormes Potential – besonders dann, wenn sie von Anfang an berücksichtigt wird.<br />

Bild: ArtemisDiana/stock.adobe.com<br />

Egermeier: Dafür wird wahrscheinlich<br />

das Tooling sehr wichtig werden. Denn zu<br />

erkennen, welches Modul was macht ist<br />

in schon in kleinsten Softwareprojekten<br />

sehr schwer. Um überhaupt die fehlerfreie<br />

Funktionsfähigkeit einer Software – das<br />

make it right – zu überwachen, lassen gute<br />

Programmierer kontinuierlich entsprechende<br />

Tests mitlaufen. Denkbar wäre,<br />

dass wir so etwas auch für den Energieverbrauch<br />

etablieren können. Denn für einen<br />

Programmierer ist so etwas sehr<br />

schwer oder gar nicht ersichtlich, wir kennen<br />

das aus der Diskussion um zu langsame<br />

Software: Die Spekulationen um die<br />

Gründe dafür sind oft falsch. Schon bei<br />

relativ gering-komplexen Software-Programmen<br />

ist man als Programmierer nicht<br />

mehr oder nur mit unverhältnismäßig viel<br />

Aufwand in der Lage zu erkennen, warum<br />

das System zu langsam ist. Erst mit Performance-Analysetools<br />

sieht man wirklich,<br />

wo die Schwachstelle im Code ist. Oft<br />

sind das dann kleine Programmteile, die<br />

total unscheinbar wirken, an einer anderen<br />

Stelle aber vielleicht tausende Male<br />

ausgeführt werden – und alle aber denken,<br />

diese kleine Funktion sei ja so superschnell,<br />

das mache nichts aus. Ich kann<br />

mir sehr gut vorstellen, dass es sich beim<br />

Green Coding in ähnlicher Weise verhält.<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation: Labels<br />

wie der Blaue Engel zertifizieren inzwischen<br />

auch Software. Dabei sieht man<br />

Programme, deren neue Versionen auch<br />

neue Hardware benötigt, als wenig<br />

nachhaltig an. Legt man in der Automatisierungstechnik<br />

mehr Wert auf Abwärtskompatibilität<br />

als etwa bei Office-<br />

Software?<br />

Mersch: Das ist tatsächlich ein klassischer<br />

Unterschied. Auch wenn die Einsatzbereiche<br />

schwer zu vergleichen sind,<br />

werden unsere Steuerungen typischerweise<br />

um mehrere Faktoren länger eingesetzt<br />

als Computer in Rechenzentren oder<br />

im Desktop-Bereich. Das heißt aber auch,<br />

dass Energieeffizienzmaßnahmen der<br />

CPU-Lieferanten sich bei unseren Kunden<br />

erst später auswirken, da hier die Langzeitverfügbarkeit<br />

eine wichtige Rolle<br />

spielt. Wenn in Rechenzentren Computer<br />

ausgetauscht werden, weil es sich aus<br />

Gründen der Energieeffizienz rechnet, ist<br />

das in der Industrieautomatisierung noch<br />

lange nicht der Fall – allein schon, weil<br />

die Industrieautomatisierung selbst in der<br />

Regel nicht den größten Anteil am Energiebedarf<br />

einer Anlage oder Maschine<br />

ausmacht.<br />

Rubner: Hierbei ist eine gute API-Strategie<br />

definitiv ein wichtiger Punkt, ebenso<br />

gut definierte Funktionalitäten, die dann<br />

leicht wieder gefunden und auch wiederverwendet<br />

werden können. Containerisierung<br />

erleichtert zudem die Wiederverwendbarkeit<br />

auf verschiedener Hardware<br />

oder neuen Plattformen. Natürlich müssen<br />

wir dabei messen, wie viel zusätzliches<br />

CO 2 wir dadurch einkaufen und was<br />

wir durch Wiederverwenden sparen.<br />

Egermeier: Der Brownfield-Bereich in<br />

der Automatisierungsbranche ist riesig<br />

und in aller Regel können es sich Hersteller<br />

kaum leisten, harte Kompatibilitätsbrüche<br />

zu riskieren. Wenn Softwareoptimierungen<br />

der Steuerungen auf Bestandsanlagen<br />

gemacht werden, achten<br />

die meisten Hersteller peinlich genau<br />

drauf, dass diese ohne Hardwareänderung<br />

weiterbetrieben werden können. Wenn<br />

plötzlich ein kleines Softwareupdate dazu<br />

führt, dass nichts mehr geht, überlegen<br />

sich Kunden sehr schnell, ob nicht ein<br />

Wechsel des Steuerungsherstellers in Betracht<br />

zu ziehen wäre.<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation: Aktuell<br />

versuchen Softwareanbieter, sich unter<br />

anderem über den Funktionsumfang abzugrenzen.<br />

Könnten die eventuell von<br />

vielen Kunden ungenutzten Softwareelemente<br />

künftig ein Kritikpunkt werden?<br />

Mersch: Gegensteuern könnte man mit<br />

einer hohen Fähigkeit zur Modularisierung.<br />

Und hier sprechen Sie eine der<br />

Hauptvorteile der PC-basierten Steuerun-<br />

32 <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023


gen von Beckhoff an: Auf eine gegebenenfalls<br />

kleine Basis können, müssen aber<br />

nicht zusätzliche Funktionen installiert<br />

werden. Die Option einer zusätzlichen Installation<br />

zu haben, wird aber nie ein Kritikpunkt<br />

werden. Modularisierung von<br />

Software in Form von paketierten Updates<br />

bietet Beckhoff schon lange – und<br />

wir forcieren hier gerade mit einem Twincat<br />

Paket Manager zusätzlich die Einfachheit.<br />

Denn die Optionen müssen vom<br />

Kunden ja auch genutzt werden, und<br />

zwar auf möglichst einfache Art und Weise.<br />

Modularisierung spielt gerade auf der<br />

Anlagen-Ebene eine entscheidende Rolle:<br />

Das Konzept Module Type Package (MTP)<br />

sorgt für einheitliche Schnittstellen von<br />

Teilanlagen – und diese Ansätze sehe ich<br />

als äußerst vielversprechend im Bereich<br />

Green Coding: Fertige Module für unterschiedliche<br />

Produktionen schnell arrangieren<br />

zu können, bedeutet weniger Teilanlagen<br />

bauen zu müssen!<br />

Rubner: Um hier gut aufgestellt zu sein<br />

arbeiten wir mit Experten aus verschiedenen<br />

Bereichen zusammen. Siemens-intern<br />

haben wir eine Software, die uns<br />

hierbei unterstützt: Green Digital Twin.<br />

Dieser hilft uns, die Gesamtlösung zu bewerten,<br />

möglichst nachhaltig zusammenzustellen<br />

und dann leicht daraus auch<br />

den entsprechenden CO 2 -Fußabdruck zu<br />

bestimmen. Hier schauen wir, was wir dafür<br />

von der Softwareseite und der Service-<br />

und Solutionsseite machen müssen.<br />

Egermeier: Ich würde sagen, die Größe<br />

von Software und der Energiebedarf korrelieren<br />

nicht. Die ausgeführten Anweisungen<br />

pro Zeit sind entscheidend. Ein<br />

kleines sehr uneffizientes Programm kann<br />

damit mehr Energie verbrauchen als eine<br />

große, funktional vielfältige aber effizient<br />

umgesetzte Applikation.<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation: Welche<br />

Möglichkeiten sehen Sie, die Software<br />

von morgen möglichst ressourceneffizient<br />

zu gestalten?<br />

Mersch: Einfachheit für den Anlagenund<br />

Maschinenbauer ist das Wichtigste.<br />

Das Thema sollte möglichst keine (aktive)<br />

Rolle spielen, sondern automatisiert erledigt<br />

werden – wie eingangs bezüglich<br />

Compiler angesprochen: effiziente Hardware<br />

weise auswählen und klug mit den<br />

richtigen Softwarekomponenten kombinieren<br />

– und das hochindividuell, wie es<br />

nur die PC-basierte Steuerungstechnik<br />

ermöglicht.<br />

Rubner: Ein Life Cycle Assessment von<br />

Software ist nicht einfach. Wir nutzen die<br />

Methode, die wir auch für unsere Hardwarekomponenten<br />

anwenden, seit dem<br />

Bild: Siemens<br />

Carolin Rubner, Head of Sustainable<br />

Software Engineering and industrial-grade<br />

DevOps, Siemens Technology, Erlangen<br />

»Wir erreichen viele<br />

Nachhaltigkeitsziele durch<br />

Digitalisierung – müssen<br />

aber auch schauen, dass<br />

die Digitalisierung selbst<br />

die Nachhaltigkeit<br />

mit betrachtet.«<br />

letzten Geschäftsjahr bereits für Software<br />

und jetzt auch für Services. Dabei teilt<br />

sich das Ganze auf Energie und Material,<br />

denn man muss auch vom Laptop bis zum<br />

Data Center die Infrastruktur der Entwickler<br />

mit einbeziehen. Zur Energie<br />

gehört, was für Entwicklung, Speicherung<br />

und Betrieb notwendig ist. Einige Punkte<br />

des verwendeten Ansatzes zur Lebens -<br />

zyklusanalyse haben wir hier schon genauer<br />

betrachtet – Produktion, Vertrieb<br />

und Speicherung – bei Materialbeschaf-<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023 33


TRENDS » Perspektiven » Nachhaltigkeit<br />

Bild: Siemens<br />

Siemens setzt wie andere auf Automatisierung via PC-Technik, die flexibel und leistungsfähig genug ist, um Machine Learning und Datenanalyse fertigungsnah<br />

ausführen zu können. Gerade bei Anlagen, die rund um die Uhr laufen, kommt deswegen der Art der Programmierung eine hohe Bedeutung zu.<br />

Dr. Hans Egermeier, Geschäftsführer der<br />

Talsen Team GmbH, Freilassing<br />

Bild: Talsen Team<br />

»Der wichtigste Hebel<br />

wird sein, bereits in der<br />

Programmiererausbildung<br />

das Bewusstsein für Green<br />

Coding zu schaffen.«<br />

fung und End of Life stehen noch einige<br />

Definitionen aus. Hier können wir auf<br />

Regularien des Greenhouse Gas Protokoll<br />

ICT Sector Guidance zurückgreifen.<br />

Zudem gibt es jetzt auch von der Green<br />

Software Foundation die Software Carbon<br />

Intensity Specification, die dann<br />

etwas leichter in Software-Entwicklungszyklen<br />

anwendbar ist.<br />

Egermeier: Es gibt natürlich klassische<br />

Handgriffe wie etwa den trivialen Fall, einen<br />

Prozess warten zu lassen. Dazu kann<br />

man eine Schleife zig mal durchlaufen<br />

lassen, was bedeutet, dass der Rechner in<br />

dem Sinne gar nicht wirklich wartet. Dabei<br />

wird dann wirklich Energie verbrannt.<br />

Ändern lässt sich das mit einem speziellen<br />

Event, das tatsächlich die Prozesse auch<br />

anhält und erst startet, wenn ich sage<br />

‚Hey, jetzt lauf!‘. Das heißt, allein dieses<br />

Warten kann ich bestimmt sehr energieaufwändig<br />

implementieren oder es sehr<br />

energieeffizient gestalten. Der wichtigste<br />

Hebel dabei wird sein, bereits in der Programmiererausbildung<br />

das Bewusstsein<br />

für Green Coding zu schaffen. Stünden<br />

dann beispielsweise drei vergleichbare<br />

Module parat, kann ich mir das ‚grünste‘<br />

aussuchen. Dann wäre ich noch ganz am<br />

Anfang, bevor ich überhaupt was zum<br />

Laufen bekomme, hinsichtlich Energie -<br />

effizienz schon mal einen Schritt weiter.<br />

Zudem birgt auch die schlaue Programmierung<br />

von Robotern und anderen Physiken<br />

großes Optimierungspotential in<br />

Bezug auf den Energieverbrauch: Wege<br />

kurz halten, Temperaturgefälle gut ausgleichen,<br />

scharfe Beschleunigungsprofile<br />

vermeiden. Dafür braucht es entsprechende<br />

Simulationen und digitale Zwillinge.<br />

Wahrscheinlich würde also Green<br />

Coding in der Automatisierung mit der<br />

Messtechnik beginnen. So können wir bestimmen,<br />

wie viel Energie in welcher Betriebsphase<br />

oder in welchem Betriebszustand<br />

verbraucht wird. Aus den Erkenntnissen<br />

könnte man dann die Maßnahmen<br />

für ein Green Coding im übertragenen<br />

Sinne ableiten.<br />

INFO<br />

Die Green Software Foundation<br />

treibt als gemeinnützige<br />

Stiftung die Nachhaltigkeit<br />

von Software voran:<br />

hier.pro/eEJ9l<br />

34 <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023


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TRENDS » Interview » Nachhaltigkeit<br />

Herausforderungen auf dem Weg zur All Electric Society (AES)<br />

„Nachhaltigkeit beginnt bereits mit dem<br />

richtigen Einsatz der DC-Technologie“<br />

IM INTERVIEW<br />

Dr. Stefan Jörres,<br />

Director Platform<br />

Innovation BA ICE,<br />

Phoenix Contact,<br />

Blomberg<br />

Das Konzept der All Electric Society (AES) verspricht eine nachhaltige Nutzung der Ressourcen<br />

der Erde. Es setzt die Verfügbarkeit von ausreichend ‚grünem‘ Strom voraus, verbunden<br />

mit einem sehr effizienten Umfang mit Energie. Deswegen spielt auch die direkte Nutzung<br />

von Gleichstrom (DC-Industrie) eine wichtige Rolle, genauso wie die Kopplung der Sektoren<br />

Energie, Industrie, Infrastruktur und Mobilität. Das führt zu einer Reihe von Herausforderungen<br />

und der Entwicklung angepasster Komponenten.<br />

Michael Corban, Chefredakteur <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation: Die<br />

Idee der All Electric Society (AES), die<br />

Phoenix Contact unterstützt, setzt über<br />

die Sektorenkopplung die ganzheitliche<br />

Betrachtung von Energieerzeugung, -verteilung,<br />

-speicherung und -verbrauch voraus.<br />

Welche Herausforderungen ergeben<br />

sich hieraus?<br />

Dr. Stefan Jörres (Phoenix Contact):<br />

Mit Blick auf das Energiesystem hat<br />

Deutschland einen kompletten Systemwandel<br />

eingeleitet. Zuvor lief die Energie<br />

unidirektional von großen Kraftwerken<br />

über Verteil- und Übertragungssysteme<br />

zum Verbraucher. Zukünftig wird es eine<br />

Vielzahl dezentraler Einheiten geben – sowohl<br />

Erzeuger- als auch Speichereinheiten<br />

zur Stabilisierung der Netze –, die intelligent<br />

miteinander gekoppelt werden müssen.<br />

Zudem werden einzelne Sektoren<br />

Energie untereinander austauschen müssen,<br />

so dass diese in der richtigen Form<br />

dort zur Verfügung steht, wo sie benötigt<br />

wird. Diese Kopplung in einem Netz zu ermöglichen,<br />

das ursprünglich für eine unidirektionale<br />

Energieverteilung konzipiert<br />

war, ist eine Herausforderung.<br />

Um es greifbarer zu machen: Erreicht etwa<br />

eine Photovoltaik-Anlage zur Mittagszeit<br />

einen Peak, gilt es eine Möglichkeit zu finden,<br />

die erzeugte Energie zu speichern. Ist<br />

umgekehrt der Verbrauch sehr hoch, muss<br />

dieser Speicher die Energie wieder zur Verfügung<br />

stellen. Gelingt uns dies auch per<br />

Sektorenkopplung, können wir unser Netz<br />

Bild: Phoenix Contact<br />

Dr. Stefan Jörres, Director Platform<br />

Innovation BA ICE, Phoenix Contact, Blomberg<br />

»Einzelne Sektoren werden<br />

Energie untereinander<br />

austauschen müssen–<br />

diese Kopplung in einem<br />

Netz zu ermöglichen, das<br />

ursprünglich für eine<br />

unidirektionale<br />

Energieverteilung<br />

konzipiert war, ist eine<br />

Herausforderung.«<br />

so weit entlasten, dass wir es nicht komplett<br />

erneuern müssen. Dafür bieten wir<br />

bereits Produkte, Lösungen und Dienstleistungen<br />

– und entwickeln diese stetig<br />

weiter.<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation: Wie<br />

lässt sich denn ein solches, doch komplexes<br />

System steuern?<br />

Jörres: Das ist in der Tat ein echte Herausforderung.<br />

In dem früheren unidirektionalen<br />

Netz konnten wir das sehr einfach über<br />

die Netzfrequenz steuern. Auf diese Weise<br />

ist das europäische Verbundnetz entstanden.<br />

Sinkt die Frequenz, muss mehr Energie<br />

erzeugt werden, steigt sie, muss weniger<br />

zugeführt werden. Das ist alles gut<br />

machbar bei Wechselspannung. Durch die<br />

Sektorenkopplung kommen nun aber auch<br />

Gleichstrom-Anteile dazu, etwa von Photovoltaik-Anlagen<br />

oder DC-Speichern. Bei<br />

der Kopplung derart verschiedener Systeme<br />

den Lastfluss zu steuern und damit<br />

Energie zu managen, ist die künftige Herausforderung.<br />

Deshalb geht es darum, die<br />

einzelnen Sektoren nicht nur leistungstechnisch,<br />

sondern auch kommunikativ<br />

miteinander zu vernetzen. Das setzt standardisierte<br />

Kommunikationsprotokolle innerhalb<br />

von verschiedenen Netzwerken<br />

voraus, um nicht an Systemgrenzen zu<br />

scheitern. Leider kommen wir mit der Sektorenkopplung<br />

in Bereiche, in denen nichts<br />

mehr standardisiert ist.<br />

Man findet deswegen bislang nur wenige<br />

Planer, die beispielsweise solch eine Sektorenkopplung<br />

übergreifend planen und realisieren<br />

können – etwa über eine Fabrik<br />

oder Produktionsstätte beziehungsweise<br />

ein smartes Gebäude hinweg. Auch hier ist<br />

die ganz normale AC-Verteilung kein Pro-<br />

36 <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023


Bild: Phoenix Contact<br />

Solarenergie ermöglicht den Einsatz grüner Energie und die Nutzung von Gleichstrom (DC-Industrie). Phoenix Contact nutzt und testet dieses Konzept selbst<br />

mit dem neuen Gebäude 60 in Blomberg.<br />

blem – ganz im Gegensatz zum DC-Netz.<br />

Hier entwickeln wir derzeit technisch erst<br />

die entsprechenden Lösungen, um auch<br />

den DC-Anteil mit einbinden zu können.<br />

Dabei lernen wir, sowohl mit den Vorteilen<br />

umzugehen als auch die Nachteile in den<br />

Griff zu bekommen. Das betrifft zum Beispiel<br />

die Schutzorgane, um ein sicheres<br />

Netz aufzubauen.<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation: Wollen<br />

Sie das etwas näher erläutern?<br />

Jörres: Schaltvorgänge beherrschen wir<br />

gut bei Wechselstrom. Wir können etwa<br />

gerade bei hohen Lasten sehr präzise beim<br />

Nulldurchgang schalten. Bei einem Gleichstromnetz<br />

gibt es keinen Nulldurchgang<br />

und die Frage ist, wie ich gerade bei hohen<br />

Lasten dann sicher schalten kann – unter<br />

anderem geht es auch darum, die Lichtbogen-Problematik<br />

in den Griff zu bekommen.<br />

Die Realisierung passender Schutzorgane<br />

ist also ebenfalls eine der wesentlichen<br />

Herausforderungen beim bevorstehenden<br />

Umbau der Energieversorgung. Zumal<br />

unsere Entwicklungseinheiten parallel<br />

noch vor der Herausforderung stehen, diese<br />

Schutzorgane zu einem marktfähigen<br />

Preis anzubieten.<br />

Die noch fehlende Standardisierung erschwert<br />

das zusätzlich. Im europäischen<br />

Verbundnetz mit Wechselstrom erfolgt<br />

beispielsweise der Transport mit Höchstspannung<br />

von 220 oder 380 kV oder Hochspannung<br />

von 110 kV, die Mittelspannung<br />

arbeitet mit 10 bis 30 kV und die Niederspannung<br />

dann mit 230 und 400 V. So<br />

weit, so gut und standardisiert. Verschiedene<br />

Spannungslevel gibt es natürlich aber<br />

auch bei Gleichstrom – 100, 110, 200, 400,<br />

690, 1000 oder 1500 V. Die verschiedenen<br />

Spannungsebenen müssen natürlich bei<br />

der Entwicklung der Schutzorgane berücksichtigt<br />

werden. Im Bereich der Schaltund<br />

Schutzorgane wäre deswegen mehr<br />

Standardisierung ein Vorteil.<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation: Welche<br />

Rolle wird denn künftig die Gleichstromversorgung<br />

spielen?<br />

Jörres: Eine große – unserer Ansicht nach<br />

beginnt Nachhaltigkeit bereits mit dem<br />

richtigen Einsatz der DC-Technologie. Regenerative<br />

Energiequellen wie die Photovoltaik<br />

lassen sich damit wandlungsfrei<br />

nutzen und dank Energierückgewinnung<br />

steigt die Energieeffizienz weiter. Zusätzlich<br />

gehen wir von einem bis zu 55 % ge-<br />

Foto: Panduit GmbH<br />

Innovative Lösungen für anspruchsvollste Industrieumgebungen<br />

Zuverlässige und sichere Infrastruktur<br />

Panduit bietet innovative Lösungen<br />

für anspruchsvollste Industrieumgebungen<br />

– von Leitständen<br />

und Fertigungsbereichen bis hin zur<br />

Stromerzeugung. Im Angebot befinden<br />

sich zuverlässige, langlebige<br />

und sichere Verbindungslösungen<br />

für Netzwerke und die Stromvers -<br />

orgung. Moderne Industrieunternehmen<br />

streben nach höherer Produktionsgeschwindigkeit<br />

und Kostenkontrolle<br />

– bei gleichbleibender<br />

Qualität, mehr Sicherheit und Zu -<br />

verlässigkeit der Systeme. Seit über<br />

60 Jahren ist Panduit weltweit führender<br />

Anbieter von innovativen<br />

Lösungen im Bereich physikalische<br />

und elektrische Infrastruktur für Rechenzentren,<br />

Industrie und Gebäudeautomatisierung<br />

und die damit<br />

verbundenen Dienstleistungen. Wir<br />

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<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023 37


TRENDS » Interview » Nachhaltigkeit<br />

ringeren Kupferverbrauch aus und reduzierten<br />

Gerätekosten bei gleichzeitig geringerem<br />

Platzbedarf. Warum? Weil bereits<br />

heute die meisten Endgeräte mit Gleichstrom<br />

versorgt werden. Betreibe ich also<br />

Maschinen, Motoren oder Förderbänder<br />

direkt in einem Gleichstromnetz, entfallen<br />

die Wandlungsverluste der Erzeugung von<br />

Gleichstrom aus Wechselstrom, wie das<br />

bislang der Fall ist. Und die Bremsenergie<br />

einer Anlage lässt sich als elektrischer<br />

Strom wieder dem DC-Netz zuführen.<br />

Mit unserem neuen Gebäude 60 am<br />

Hauptsitz Blomberg verfügen wir gerade<br />

mit Blick auf die Gleichstromversorgung<br />

über eine sehr reale Testanlage. Hier stehen<br />

alle energieerzeugenden und energieverbrauchenden<br />

Teilnehmer in einem elektrischen,<br />

thermischen und kommunikativen<br />

Verbund wie zuvor beschrieben – es<br />

handelt sich um eine Blaupause für die All<br />

Electric Society. Genutzt wird unter anderem<br />

ein Eisspeicher für den Bedarf an Wärme<br />

und Kälte. Und die Photovoltaik-Anlage<br />

mit 2,5 MW p sowie passende Speicherlösungen<br />

liefern die elektrische Energie.<br />

Bei den Speichern setzen wir sowohl auf<br />

Batteriespeicher als auch Wasserstoff.<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation: Durch<br />

die erwähnte Einspeisung von Bremsenergie<br />

entsteht also ein Verbund aus<br />

Verbrauchern, die gleichzeitig auch Erzeuger<br />

elektrischer Energie sind?<br />

Jörres: Genau so ist es. In dem Gebäude<br />

ist zum Beispiel ein Gleichstromnetz in<br />

Verbindung mit bidirektionaler Ladetechnik<br />

installiert. Damit sind E-Autos nicht<br />

nur Verbraucher – sie können auch temporär<br />

zu Energiespeichern werden und das<br />

Gebäude versorgen. Gerade durch diese Integrationsfähigkeit<br />

bringt ein Gleichstromnetz<br />

die Sektorenkopplung voran.<br />

Und in der industriellen Nutzung lassen<br />

sich wie erwähnt Verlustleistungen wirksam<br />

reduzieren – etwa durch die Nutzung<br />

der Rekuperationsenergie beim Bremsen<br />

von Elektromotoren. Ganz im Sinne der Erkenntnisse<br />

der Forschungsprojekte DC-Industrie<br />

und DC-Industrie2, die von der<br />

ZVEI-Arbeitsgemeinschaft Open DC<br />

Alliance (ODCA) weiterentwickelt werden.<br />

Oder um es auf den Punkt zu bringen:<br />

Gleichstrom aus erneuerbaren Energien<br />

kann leicht in die Produktion eingebunden<br />

werden und zugleich einen wichtigen Beitrag<br />

für mehr Energie- und Ressourcen -<br />

effizienz leisten.<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation: Um<br />

weltweit das für die AES erforderliche<br />

Stromnetz bis 2030 zu installieren, geht<br />

Phoenix Contact von einem Bedarf von<br />

16 Millionen km neuen Leitungen und<br />

rund 5,5 Millionen Schaltschränken aus<br />

– wie lässt sich diese Aufgabe stemmen,<br />

insbesondere auch mit dem Blick auf den<br />

Fachkräftemangel?<br />

Jörres: Diese Zahlen ergeben sich, wenn<br />

man alle verfügbaren Studien und Paper<br />

zusammenführt und davon ausgeht, dass<br />

unser Ziel die Schaffung eines neuen digitalen<br />

Netzes für die Stromversorgung ist.<br />

Und in der Tat: Ausschließlich in der Energieverteilung<br />

und -übertragung werden<br />

dann 5,5 Millionen Schaltschränke gebraucht.<br />

Nun ist die Zahl der Schaltschrankbauer<br />

begrenzt und sie lässt sich<br />

aufgrund des Fachkräftemangels auch<br />

nicht beliebig steigern. Umso wichtiger ist<br />

es deshalb, herauszufinden, wie wir einen<br />

Schaltschrank sowohl unter zeitlichen als<br />

auch Kostenaspekten effizienter aufbauen<br />

können. Damit rückt die gesamte Prozesskette<br />

des Schaltschrankbaus in den Fokus<br />

– von der Planung bis zur Produktion. Ein<br />

Lösungsansatz sind digital vollständig abbildbare<br />

Prozesse.<br />

Um ein Beispiel zu nennen: Bei der Verdrahtung<br />

haben wir erkannt, dass rund die<br />

Hälfte der erforderlichen Zeit auf die Vorbereitung<br />

der Leiter und ihre Markierung<br />

entfällt. Genau hier setzen wir mit unseren<br />

Lösungen an und automatisieren diese Tätigkeiten<br />

auf Basis digital abgebildeter<br />

Prozesse – das Stichwort lautet digitaler<br />

Zwilling. Baue ich den gesamten Schaltschrank<br />

von vorne herein komplett digitalisiert<br />

als Zwilling auf, ergibt sich eine<br />

Vielzahl von Möglichkeiten, schneller und<br />

effizienter zu produzieren.<br />

www.phoenixcontact.com<br />

Bild: Phoenix Contact<br />

Je mehr kommunikative<br />

Systeme zum Einsatz kommen,<br />

desto mehr Schaltschränke<br />

werden benötigt.<br />

Umso wichtiger ist es, die<br />

Prozesse im Schaltschrankbau<br />

zu optimieren und zu<br />

automatisieren.<br />

INFO<br />

Mehr zum Hintergrund der<br />

All Electric Society (AES):<br />

hier.pro/UlRRQ<br />

38 <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023


Phoenix Contact eröffnet Park der All Electric Society in Blomberg<br />

Auf rund 7600 m² hat das Unternehmen entlang der Zufahrt<br />

in Blomberg einen frei zugänglichen Park errichtet, der das<br />

Zukunftsbild der All Electric Society (AES) für alle erlebbar<br />

macht und verständlich erklärt. Anhand des Energieflusses<br />

von der Gewinnung über die Wandlung, Speicherung und Verteilung<br />

bis hin zum optimierten Energieeinsatz wird gezeigt,<br />

wie die All Electric Society Wirklichkeit werden kann. Dabei<br />

veranschaulichen reale Applikationen, wie Sektorenkopplung<br />

funktioniert und welche Technologien diese ermöglichen.<br />

Der Park stellt in verkleinerter Form ein Abbild der<br />

realen Welt dar.<br />

Energie- und Datenfluss sind roter Faden des Parks<br />

Entlang des Energie- und Datenflusses werden Applikationen<br />

in einen sinnhaften Zusammenhang gesetzt und deren gegenseitige<br />

Beeinflussung aufgezeigt. Ausgangsbasis ist die Erzeugung<br />

von regenerativer Energie mit Solar und Wind.<br />

Solarmodule befinden sich auf den Dächern der Cubes und der<br />

Ladestationen, sind in die Fassade des Pavillons integriert<br />

und als Bodenplatten eingesetzt. Rund 550 Module sind verbaut<br />

und liefern 155.000 kWh Strom pro Jahr.<br />

Das Thema Windenergie wird exemplarisch durch eine begehbare<br />

Windgondel sowie durch einen Windtree vermittelt.<br />

Schon bei kleinen Windbewegungen drehen sich seine grünen<br />

Blätter aus Kunststoff, die wie Turbinen funktionieren, und<br />

erzeugen so Energie. Mit 36 Blättern, sogenannten Aeroleafs,<br />

liefert der Windtree bis zu 10,8 kW p Leistung.<br />

• Energie speichern und abrufen<br />

Da die Ressourcen Sonne und Wind nicht immer im gleichen<br />

Maße zur Verfügung stehen, muss überschüssige Energie<br />

gespeichert und bei Bedarf wieder abgegeben werden<br />

können. Hierfür werden Batteriespeicher eingesetzt. Die<br />

Energieverbraucher im Park sind die Gebäude, Elektroladesäulen<br />

und die Applikationen im Park selbst. An diesen Verbrauchern<br />

werden auch verschiedene Optimierungsmaßnahmen<br />

aufgezeigt, die dazu dienen, den Energiebedarf und<br />

Ressourceneinsatz zu senken.<br />

• Energiemanagementsystem<br />

Die elektrische Verbindung von Energieerzeugern, -speichern,<br />

-verbrauchern und dem Mittelspannungsnetz erfolgt<br />

über eine Ortsnetzstation. Dabei sorgt ein Energiemanagementsystem<br />

für eine Balance zwischen Erzeugern, Speichern<br />

und Verbrauchern. Energie wird so in den benötigten<br />

Strom- und Spannungsbereichen bereitgestellt. Dieses System<br />

erfasst alle relevanten Kenndaten und steuert die<br />

entsprechenden Energieflüsse.<br />

Im Kreisverkehr direkt am Park ist ein Solar-Tracker mit einem<br />

Durchmesser von 12 m das Erkennungsmerkmal des Parks der<br />

All Elec tric Society. Er ist um die Zentralachse drehbar, um<br />

stets im richtigen Winkel zur Sonne zu stehen.<br />

• Wärme und Kälte:<br />

Im Park wird nicht nur elektrische Energie benötigt. Die Kuben<br />

und der Pavillon im Park müssen mit Wärme oder Kälte<br />

versorgt werden. Dieser Energiefluss wird durch ein eigenständiges<br />

Wärme- und Kälte-Energiemanagementsystem gesteuert.<br />

Hierbei werden auch Wärmeverluste, die beim Wandeln<br />

von Energie entstehen, berücksichtigt und genutzt.<br />

Zum Einsatz kommt ein Eisspeicher mit zwei Wärmepumpen.<br />

• Zentrale Steuerung:<br />

Die beiden eigenständigen Energiemanagementsysteme<br />

‚elektrische Energie‘ und ‚Wärme/Kälte‘ werden zentral in<br />

einem überlagerten System zusammengeführt und verwaltet.<br />

Ebenso wichtig wie das Erfassen und Auswerten der<br />

Energieverbrauchs- und Energieerzeugungsdaten, um den<br />

Energiefluss steuern zu können, sind Effizienzmaßnahmen,<br />

die den Energieverbrauch senken. Dies ist ein wesentlicher<br />

Punkt, um die AES Wirklichkeit werden zu lassen. Nur mit<br />

einer zusätzlichen Senkung des primären Energiebedarfs<br />

durch Effizienzmaßnahmen kann eine Energieversorgung,<br />

die auf erneuerbaren Ressourcen fußt, funktionieren.<br />

Ansatzpunkte hierfür zeigt der Park mit dem energie -<br />

optimierten Gebäudebetrieb.<br />

Das Thema Effizienz hat übrigens ebenfalls einen engen Bezug<br />

zu Nachhaltigkeit. Auch dieser Aspekt wird im Park berücksichtigt:<br />

Der Pavillon ist nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip<br />

gebaut – es wurden nur Materialien eingesetzt, die kreislauffähig<br />

sind. Dieser Ansatz für eine durchgängige und konsequente<br />

Kreislaufwirtschaft stellt das nachhaltige<br />

Produzieren in den Vordergrund.<br />

(eve)<br />

Bild: Phoenix Contact<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023 39


Energy-Harvesting mit Wiegand-Draht ermöglicht nachhaltige Datenübertragung<br />

Batterie adé – neue Chancen<br />

für die Energieversorgung im IoT<br />

Das Energy-Harvesting per Wiegand-Technologie hat sich bei Absolut-Drehgebern bereits bewährt,<br />

um bei einem Stromausfall die letzte Position zu sichern. Fraba baut sein Know-how<br />

rund um den Wiegand-Draht und seine Anwendung weiter aus und hat 2021 Ubito als Startup<br />

für neue Produktideen gegründet, um die Nutzung der Wiegand-Technik als Energiequelle für<br />

smarte Sensoren voranzubringen. Das zahlt sich aus, denn die zur Verfügung stehende Energie<br />

nimmt stetig zu – und öffnet so neue Anwendungsmöglichkeiten.<br />

Das Internet of Things<br />

(IoT) ermöglicht auch<br />

die weiträumige<br />

Sammlung von Daten.<br />

Allerdings benötigen<br />

die Sensoren Energie.<br />

Als Alternative zu Batterien<br />

bietet sich unter<br />

bestimmten Bedingungen<br />

das Energy-Harvesting<br />

mittels Wiegand-Technologie<br />

an.<br />

Energie ist häufig der ‚Treibstoff‘ – doch in vielen<br />

Fällen wird Energie nur in kleinen und kleinsten<br />

Mengen benötigt. Je nach Anwendung sind dann Batterien<br />

das Mittel der Wahl, die allerdings eine Reihe<br />

von Nachteilen mit sich bringen wie Batteriewechsel.<br />

Müssen hin und wieder nur Sensorwerte übertragen<br />

werden – ist die erforderliche Energiemenge also eher<br />

gering –, könnte künftig auch die Wiegand-Technologie<br />

eine Lösung anbieten.<br />

Überall da, wo Bewegung und ein externes Magnetfeld<br />

vorhanden sind, lässt sich das Energy-Harvesting<br />

per Wiegand-Draht nutzen. Veränderungen im Magnetfeld<br />

genügen, um elektrische Impulse beziehungsweise<br />

Energie zu erzeugen. Bewährt hat sich die Technik<br />

schon in Absolut-Drehgebern: Bleibt eine Maschine<br />

oder Anlage wegen Stromausfall stehen, kann die<br />

Position der jeweiligen Antriebe die entscheidende Information<br />

sein, um einen schnellen Wiederanlauf zu<br />

ermöglichen. Der Wiegand-Draht, Bestandteil der Encoder-Kits,<br />

die etwa der Bereich Posital der Kölner<br />

Fraba GmbH anbietet, stellt in diesen Fällen die Energie<br />

bereit, um die letzte Position sicher zu speichern.<br />

Bild: jahidsuniverse/stock.adobe.com (generiert mit KI)<br />

Der Wiegand-Effekt<br />

Kernstück der Wiegand-Technologie ist der Wiegand-Draht. Er<br />

besteht aus einer speziell konditionierten ferromagnetischen<br />

Eisen-Cobalt-Vanadium-Legierung mit sehr spezifischen physikalischen<br />

Eigenschaften. Wird dieser Draht einem sich verändernden<br />

externen Magnetfeld ausgesetzt, behält er zunächst<br />

seine magnetische Polarität bei. Erreicht das externe<br />

Magnetfeld jedoch einen bestimmten Schwellenwert, kehrt<br />

sich die Polarität des haarfeinen Wiegand-Drahtes abrupt um.<br />

Dieser Polaritäts-Switch erfolgt innerhalb weniger Mikrosekunden<br />

(10 - 20 µs) und erzeugt über eine Kupferspule, die um<br />

den Spezialdraht gewickelt ist, einen deutlichen Stromimpuls.<br />

Dieser Impuls ist stark genug, um Logikschaltungen zu aktivieren<br />

und elektronische Chips mit geringer Leistung zu versorgen.<br />

Nutzen lässt sich das als<br />

• (eigen-versorgte) magnetische Sensorik oder für das<br />

• Energy-Harvesting.<br />

Wiegand-Element, Hysteresekurve mit Puls sowie Blick in den Aufbau<br />

mit Wiegand-Draht und Spule zur Nutzung der Pulsenergie.<br />

Vorteile der Wiegand-Technologie sind, dass sie ohne mechanischen<br />

Verschleiß arbeitet und die Lebenszeit damit nahezu<br />

keinen Restriktionen unterliegt. Zudem liefert der Wiegand-<br />

Draht konsistente Energieimpulse über den gesamten Frequenzbereich<br />

– und arbeitet damit auch bei sehr geringen<br />

Geschwindigkeiten.<br />

Bild: Fraba<br />

40 <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023


Nachhaltigkeit « TRENDS<br />

Bild: Fraba<br />

Entwicklung der Pulsenergie im Laufe<br />

der Zeit: Lag diese in den 90er Jahren noch<br />

bei 20 - 50 nJ, erreichten die Wiegand-<br />

Sensoren von Fraba schon 2015 mit 100 -<br />

220 nJ bereits mehr als das Vierfache.<br />

Verfügbare Pulsenergie steigt stetig<br />

Bereits 2021 gründete Fraba deswegen Ubito als<br />

Start-Up für neue Produktideen rund um die Wiegand-Technik<br />

als Energiequelle smarter Sensoren. Im<br />

Aachener F&E-Zentrum wurde seit dem die Entwicklung<br />

eines Wiegand-Harvesters vorangetrieben, der in<br />

der Lage ist, genügend Energie für die Stromversorgung<br />

der kompletten Sensorelektronik zu gewinnen,<br />

einschließlich eines hocheffizienten Ultrabreitband/<br />

UWB-Funksenders.<br />

„Die verfügbare Energie pro Puls konnte in der Vergangenheit<br />

von zunächst 50 auf 150 nJ gesteigert werden“,<br />

berichtet Tobias Best, General Manager von Ubito.<br />

„Wir gehen davon aus, dass künftig bis zu 10.000 nJ<br />

möglich werden – genug Energie also für die drahtlose<br />

Kommunikation.“ Das würde es erlauben, insbesondere<br />

im IoT-Umfeld (Internet of Things) Signale zu sammeln<br />

und zu übermitteln, ohne dafür auf eine Stromversorgung<br />

oder Batterien zurückzugreifen. Die Wiegand-<br />

Technologie stände damit – ein sich änderndes externes<br />

Magnetfeld vorausgesetzt – auch als Alternative<br />

zu Energy-Harvesting-Techniken wie Solar-, Piezooder<br />

Thermoelektrik als verlässliche Energiequelle für<br />

autonome Sensorknoten zur Verfügung.<br />

Zahlreiche Anwendungen denkbar<br />

„Eine Vielzahl von Anwendungen kann von Wiegand-<br />

Harvestern profitieren“, fährt Best fort. Ein Beispiel sei<br />

etwa die einfache Erfassung der Anzahl von Toröffnungen<br />

manueller Tore – um so ohne zusätzliche<br />

Energieversorgung eine Kontrolle der Federn zu ermöglichen<br />

– ganz im Sinne der Predictive Maintenance.<br />

„Entscheidend ist dabei: Die Wiegand-Technologie<br />

eignet sich auch für langsam laufende Anwendungen<br />

(siehe dazu auch Kasten zur Wiegand-Technologie).<br />

Dass sich das Energy-Harvesting per Wiegand-Draht<br />

auch an anderer Stelle nutzen lässt, hat Fraba bereits<br />

mit seinen Wiegand-Sensoren gezeigt, die sich als eigensichere<br />

Näherungsschalter einsetzen lassen. Sie<br />

passen auf eine Fingerkuppe und gewinnen ausreichend<br />

Energie, um zuverlässig und sicher Signale für<br />

Alarmsysteme liefern zu können. Eine externe Stromversorgung<br />

oder Back-up- beziehungsweise Puffer-<br />

Batterien sind dazu nicht erforderlich.<br />

Die Sensoren können dabei auf unterschiedliche<br />

Weise als Näherungsschalter genutzt werden:<br />

• Ist etwa das zu erfassende Objekt von sich aus<br />

magnetisiert beziehungsweise mit einem oder<br />

mehreren kleinen Permanentmagneten bestückt,<br />

reagiert der Wiegand-Sensor, sobald das Objekt<br />

ihm so nah kommt, dass eine Polaritätsumkehr erfolgt<br />

und der Impuls erzeugt wird. Nutzen lässt<br />

sich dieser Effekt, um etwa Linear- oder Drehbewegungen<br />

exakt zu erfassen und zu messen.<br />

• Alternativ kann der Wiegand-Sensor als Näherungsschalter<br />

auch zwischen einem Satz Permanentmagneten<br />

installiert werden. Kommt ihm hier<br />

ein Objekt aus Eisen oder Stahl<br />

zu nahe, wird das Magnetfeld<br />

unmittelbar um den Wiegand-<br />

Sensor so weit verzerrt, dass<br />

ein Polaritätswechsel erfolgt,<br />

was wiederum den Stromimpuls<br />

– und damit das Alarm -<br />

signal – auslöst. (co)<br />

www.ubito.com<br />

INFO<br />

Mehr zum Energy-Harvesting<br />

bei Ubito:<br />

hier.pro/u2V5l<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023 41


Green Mobility für eine nachhaltige Zukunft<br />

Saubere Mobilität<br />

Traditionelle Automobilhersteller und neue<br />

Marken arbeiten intensiv an Innovationen,<br />

neuen Modellen und Produkt-Features.<br />

Die Dekarbonisierung des Verkehrssektors ist von entscheidender<br />

Bedeutung, um die schädlichen Auswirkungen des Klimawandels<br />

abzuschwächen. Der Beitrag zeigt auf, wie wir die Dekarbonisierung<br />

beschleunigen, urbane Ökosysteme umgestalten und<br />

die globale Automobilindustrie revolutionieren können.<br />

Amit Chadha, CEO & Geschäftsführer, L&T Technology Services, Karnataka, Indien<br />

Bild: L&T Technology Services<br />

Die Welt verändert sich. Um die Bedrohung durch<br />

den Klimawandel abzuwenden, ist eine umfassende<br />

Transformation hin zu einer nachhaltigen Lebensweise<br />

erforderlich.<br />

Im Hinblick auf dieses Ziel steht die Automobilindustrie<br />

als allgegenwärtige Emissionsquelle, aber auch als Innovationstreiber<br />

für die Zukunft der Mobilität im Fokus.<br />

Angesichts des starken Anstiegs der weltweiten<br />

Treibhausgasemissionen erhöht sich der öffentliche<br />

Druck auf die Branche zunehmend. Durch eine beschleunigte<br />

Dekarbonisierung, die Weiterentwicklung<br />

und Umgestaltung städtischer Ökosysteme und eine<br />

Neuausrichtung der Automobilindustrie können wir jedoch<br />

eine Perspektive für eine Zukunft abseits des derzeitigen<br />

Trends schaffen. Grüne Mobilität hat sich dahingehend<br />

als ein wichtiger Wegbereiter erwiesen. Unterschiedlichste<br />

Interessengruppen sind bemüht, ein<br />

tieferes Verständnis für das vielschichtige Potenzial<br />

grüner Mobilität zu entwickeln, um dieses in der Gestaltung<br />

einer nachhaltigen Zukunft optimal ausschöpfen<br />

zu können.<br />

Globaler Auftrag ist die schnelle<br />

Dekarbonisierung<br />

Die Dekarbonisierung des Verkehrssektors ist von entscheidender<br />

Bedeutung, um die schädlichen Auswirkungen<br />

des Klimawandels abzuschwächen. Fahrzeuge,<br />

die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden, sind<br />

für einen erheblichen Teil der Kohlendioxidemissionen<br />

verantwortlich und verschärfen den Treibhauseffekt.<br />

Um die Dekarbonisierung zu beschleunigen, müssen<br />

Regierungen und Unternehmen heute der Einführung<br />

sauberer, erneuerbarer Energiequellen wie Strom und<br />

Wasserstoff für den Antrieb von Fahrzeugen und öffentlichen<br />

Verkehrsmitteln Vorrang einräumen.<br />

Elektrofahrzeuge spielen durch den Wegfall der mit<br />

fossilen Brennstoffen betriebenen Motoren eine wichtige<br />

Rolle bei der Verbesserung der allgemeinen Luftqualität<br />

und haben sich als vielversprechende Lösung<br />

zur Reduzierung von Kohlenstoffemissionen etabliert.<br />

Sie überzeugen zudem durch flexible Nutzungsmöglichkeiten<br />

und erschwingliche Mobilitäts- und Wartungsoptionen.<br />

Die jüngsten Fortschritte in der Batterietechnologie,<br />

der Ausbau der Ladeinfrastruktur und<br />

öffentliche Anreize für den Kauf und die Nutzung machen<br />

Elektrofahrzeuge immer beliebter. Um eine breite<br />

Akzeptanz von Elektrofahrzeugen zu erreichen, müssen<br />

wir uns jedoch mit zentralen Fragen wie der Batterieentsorgung,<br />

der Nachhaltigkeit der Lieferkette und einem<br />

sozial gerechten Zugang zur E-Fahrzeugtechnologie<br />

befassen.<br />

Urbane Gebiete sind von zentraler Bedeutung für die<br />

Dynamik des Wandels hin zu einer grünen Mobilität.<br />

Die wachsende Weltbevölkerung zieht es in die Städte<br />

– Verkehrsstaus, Umweltverschmutzung und die begrenzte<br />

Verfügbarkeit von Grünflächen werden zunehmend<br />

zu großen Herausforderungen. Infolgedessen<br />

müssen sich Städte neu erfinden, um nachhaltige Mobilität<br />

zu fördern und die Lebensqualität ihrer Einwohner<br />

zu erhalten.<br />

Effiziente Verkehrssysteme, wie zum Beispiel von Bussen<br />

und Zügen, die mit sauberer Energie betrieben werden,<br />

können die individuelle Fahrzeugnutzung, Verkehrsstaus<br />

und Emissionen weiter reduzieren. Fußgängerfreundliche<br />

Infrastrukturen, Radwege und Mikromobilitätslösungen<br />

wie E-Scooter und Bike-Sharing-<br />

Programme fördern ebenfalls die Offenheit für umweltfreundliche<br />

Verkehrsmittel. Auf der Makroebene<br />

helfen intelligente Verkehrsüberwachungssysteme und<br />

die datengesteuerte Städteplanung, den Verkehrsfluss<br />

42 <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023


Nachhaltige Mobilität « TRENDS<br />

Bild: L&T Technology Services<br />

Bild: L&T Technology Services<br />

Da Software-Defined-Vehicles in den Fokus der großen Automobilhersteller<br />

weltweit rücken, wird es in Zukunft eine größere Nachfrage nach digitalen<br />

Ingenieurdienstleistungen geben.<br />

Die software-basierte Fahrzeugentwicklung spielt eine Schlüsselrolle, da sie ein<br />

optimiertes Fahrgast- und Fahrererlebnis bietet und gleichzeitig die Konformität<br />

mit den sich entwickelnden gesetzlichen Standards sicherstellen muss.<br />

zu optimieren, Leerlaufzeiten zu reduzieren und den<br />

Kraftstoffverbrauch zu minimieren. Insgesamt ist die<br />

Integration grüner Mobilität in städtische Ökosysteme<br />

eine Win-Win-Situation.<br />

Revolution der Autoindustrie als<br />

Vorreiter des Wandels<br />

Im Zentrum der grünen Mobilität steht die globale Automobilindustrie.<br />

Traditionelle Automobilhersteller und<br />

neue Marken arbeiten intensiv an Innovationen, neuen<br />

Modellen und Produkt-Features und gestalten im<br />

Kampf um Marktanteile im Vertrieb umweltfreundlicher<br />

Fahrzeuge die Branchenlandschaft neu.<br />

Investitionen in die Forschung und Entwicklung alternativer<br />

Materialien und Fertigungsverfahren ermöglichen<br />

den Bau leichterer, energieeffizienterer Fahrzeuge.<br />

Autonome Fahrzeuge sollen künftig aktiv mit dem<br />

Verkehrsnetz kommunizieren und so den Verkehrsfluss<br />

verbessern und Unfälle reduzieren. Technologische<br />

Fortschritte wie diese, in Kombination mit Elektrofahrzeugen<br />

und Shared-Mobility-Lösungen, sind wichtige<br />

Bestandteile auf dem Weg zu einer nachhaltigeren und<br />

effizienteren Zukunft des Verkehrssektors. Die software-basierte<br />

Fahrzeugentwicklung spielt dabei eine<br />

Schlüsselrolle, da sie ein optimiertes Fahrgast- und<br />

Fahrererlebnis bietet und gleichzeitig die Konformität<br />

mit den sich entwickelnden gesetzlichen Standards sicherstellen<br />

muss. Da Software-Defined-Vehicles (SDVs)<br />

in den Fokus der großen Automobilhersteller weltweit<br />

rücken, wird es in Zukunft eine größere Nachfrage<br />

nach digitalen Ingenieurdienstleistungen geben.<br />

Partnerschaften innerhalb des<br />

Ökosystems wichtig<br />

Um die gesamte Wertschöpfungskette abzudecken und<br />

alle wichtigen Parameter im EV/SDV-Ökosystem zu verstehen,<br />

arbeiten einige Hersteller bereits mit Engineering<br />

Research&Development-Partnern zusammen.<br />

Durch die Zusammenarbeit mit einem ER&D-Partner,<br />

der über branchenübergreifendes Fachwissen, digitale<br />

Engineering-Fähigkeiten und ein breites Netzwerk für<br />

Co-Innovationen verfügt, werden Transformationsinitiativen<br />

unterstützt und technologische Beschränkungen<br />

durch branchenübergreifende Expertise kosteneffizient<br />

überwunden.<br />

Oftmals werden ER&D-Unternehmen auch angefragt,<br />

um Schwerpunkte in der Softwareentwicklung zu definieren,<br />

welche in Zusammenarbeit mit Drittanbietern<br />

zum Beispiel CloudOps und schnelle Over-the-Air-Updates<br />

ermöglichen. Die zunehmende Komplexität der<br />

EV-Technologien erfordert die Einführung von softwaredefinierten<br />

Designs, die in der Lage sind, vielfältige<br />

Herausforderungen zu bewältigen – von der Entwicklung<br />

bis zur anschließenden Bereitstellung, Wartung<br />

und Aktualisierung.<br />

Die Verwirklichung einer umweltfreundlichen Mobilität<br />

erfordert die Zusammenarbeit unterschiedlicher Interessengruppen.<br />

Regierungen spielen eine wichtige Rolle<br />

beim Erlass von Richtlinien und Vorschriften, die Anreize<br />

für die Einführung nachhaltiger Prozesse und<br />

Technologien schaffen.<br />

Ebenso wichtig ist die Beteiligung des privaten Sektors.<br />

Nachhaltigkeitsinitiativen von Unternehmen, Investitionen<br />

in F&E und Partnerschaften für innovative Mobilitätslösungen<br />

können den<br />

Wandel beschleunigen. Zudem<br />

sind das Bewusstsein der Verbraucher<br />

und eine klimafreundliche<br />

Lebensweise von<br />

Bedeutung für die Gestaltung<br />

der Marktnachfrage und die<br />

Beeinflussung von Unternehmensentscheidungen.<br />

(jg)<br />

www.ltts.com/de/<br />

INFO<br />

Mehr zum Thema E-Mobilität von<br />

L&T Technology Services (engl.):<br />

hier.pro/cvVtm<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023 43


TRENDS » Nachhaltige Mobilität<br />

Grüne Schifffahrt: Baukastenprinzip reduziert Entwicklungszeit um 70 %<br />

In Hochgeschwindigkeit emissionsfrei<br />

über den Fjord<br />

Seit Sommer 2022 verkehrt die E-Fähre Medstraum rund um das norwegische Stavanger. Interessant<br />

ist neben dem emissionsfreien Antrieb auch die im EU-Projekt TrAM entstandene Entwicklungsmethodik.<br />

Wiederverwendbare Bausteine sollen den Bau von Fähren – normalerweise aufwendige und<br />

langwierige Einzelfertigungen – deutlich schneller, effizienter und wettbewerbsfähiger machen.<br />

Bild: Marius Knutsen/TrAM-Konsortium<br />

23 Knoten für insgesamt<br />

150 Fahrgäste:<br />

Die Medstraum ist in<br />

Dienst im Linienbetrieb<br />

zwischen der Stadt<br />

Stavanger und den<br />

umliegenden Gemeinden<br />

und Inseln.<br />

Die norwegische Elektro-Passagierfähre Medstraum<br />

ist die weltweit erste emissionsfreie,<br />

elektrisch betriebene Hochgeschwindigkeitsfähre im<br />

Linienbetrieb. 4 Jahre arbeitete ein europäisches<br />

Konsortium im Forschungsprojekt TrAM an neuen<br />

Methoden, um E-Passagierfähren künftig schneller<br />

und kostengünstiger zu entwickeln – und damit die<br />

Mobilität nachhaltiger zu machen. Erreicht wurde<br />

dies mit modularen Bausteinen, die sich wiederverwenden<br />

lassen. Bei künftigen Fährprojekten sollen<br />

sich auf diese Weise die Entwicklungszeit um 70 %<br />

und die Herstellkosten um 25 % senken lassen. Beteiligt<br />

waren das Fraunhofer-Institut für Entwurfstechnik<br />

Mechatronik IEM sowie das Fraunhofer-Institut<br />

für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO.<br />

Systemmodell verdeutlicht<br />

Zusammenhänge<br />

Das Fraunhofer IEM verantwortete die Entwicklung einer<br />

ganzheitlichen Methodik, welche die maritime Industrie<br />

künftig bei Entwurf und Bau modularer Fähren<br />

unterstützt. Per Model-Based Systems Engineering<br />

(MBSE) konnten die Forschenden dabei ein gemeinsames<br />

Verständnis unter allen Entwicklungspartnern erreichen.<br />

Dreh- und Angelpunkt ist das Systemmodell,<br />

das Komplexitäten und Abhängigkeiten in der Entwicklung<br />

transparent und handhabbar macht. Der Clou: Das<br />

Systemmodell ist lösungsneutral und flexibel im<br />

Schiffbau einsetzbar. Die Analyse der Anforderungen<br />

verschiedener Fährtypen lieferte Standardelemente für<br />

die Entwicklung, ähnlich einem Baukastenprinzip.<br />

Das Fraunhofer IEM brachte seine in der Automobilbranche<br />

und dem Maschinenbau gewonnene Engineering-Expertise<br />

ein, wie sich individuelle Produkte<br />

in kurzer Entwicklungszeit realisieren lassen. Diese<br />

Ansätze konnten erfolgreich auch in der maritimen<br />

Industrie eingesetzt werden und auf diese Weise<br />

zwei Ziele verbinden:<br />

• Die Wettbewerbsfähigkeit vollelektrischer Hochgeschwindigkeitsfähren<br />

wird durch modulares Design<br />

und modulare Herstellung deutlich erhöht.<br />

• Gleichzeitig ist dies ein wichtiger Baustein für<br />

das Erreichen der europäischen Klimaziele im<br />

Mobilitätssektor.<br />

Begleitend untersuchte deswegen das Fraunhofer<br />

IAO, wie Städte ihre Mobilitätskonzepte an neue<br />

Technologien anpassen können und wie die Schnittstellen<br />

zwischen Wasser- und Landmobilität zukünftig<br />

gestaltet sein müssen. Hierbei stand die Frage im<br />

Fokus, wie durch das gezielte Zusammenspiel von<br />

Wasser- und Landmobilität ein Beitrag für eine klimaneutrale<br />

und bedarfsgerechte urbane Mobilität<br />

geleistet werden kann. Konkret ging es dabei unter<br />

anderem auch um die Integration der Informations-,<br />

Buchungs- und Ticketsysteme.<br />

1500 t weniger CO 2 pro Jahr<br />

Die Demonstrator-Fähre Medstraum (Norwegisch<br />

‚mit Strom‘) wurde in der Fjellstrand-Werft in Norwegen<br />

gebaut. Sie ist seit Sommer 2022 zwischen<br />

der Stadt Stavanger und den umliegenden Gemeinden<br />

und Inseln im Linienbetrieb. „Die Medstraum<br />

44 <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023


KISSED BY NATURE<br />

WORLD LEADING COMPACT AC MOTORS<br />

Bild: Marius Knutsen/TrAM-Konsortium<br />

Das Team des TrAM-Konsortiums bei der Entgegennahme der Auszeichnung<br />

‚Ship of the Year‘ auf der Messe SMM in Hamburg im September 2022.<br />

verringert unsere Emissionen um 1500 t CO 2 pro Jahr,<br />

obwohl wir auf unserer Strecke mit dem geringsten<br />

Energiebedarf fahren“, berichtete Mikal Dahle, Projektleiter<br />

bei der ÖPNV-Verwaltung Kolumbus in der<br />

norwegischen Provinz Rogaland anlässlich der Vorstellung<br />

der Fähre. „Das entspricht der Menge von<br />

60 Bussen.“<br />

Das EU-Projekt TrAM<br />

Im Rahmen des EU-Projektes TrAM (Transport:<br />

Advanced and Modular) arbeiteten insgesamt 15<br />

Partner aus 7 EU-Staaten zusammen. Die Projektleitung<br />

übernahm Kolumbus, Mobilitätsdienstleister<br />

der norwegischen Provinz Rogaland. Deutsche Partner<br />

waren neben dem Fraunhofer IEM und Fraunhofer<br />

IAO die HSVA Hamburgische Schiffbau-Versuchsanstalt.<br />

Die HSVA übernahm als Schiffbau-Expertin<br />

die Wassertanktests und hydrodynamische Optimierung<br />

für die modulare Schiffsklasse.<br />

(co)<br />

www.iem.fraunhofer.de<br />

tramproject.eu<br />

WWW.ROTEK-MOTOREN.DE<br />

FEIERN<br />

Sie mit der ganzen Welt!<br />

Bitten Sie Ihre Gäste statt<br />

Geschenke um Spenden<br />

für die SOS-Kinderdörfer.<br />

Danke!<br />

90%<br />

UP TO<br />

EFFICIENCY<br />

Die Medstraum im Überblick<br />

• Kapazität: 150 Personen<br />

• Länge: 31 m<br />

• Breite: 9 m<br />

• Betriebsgeschwindigkeit: 23 Knoten<br />

• Einsparung von derzeit 1500 t CO 2 pro Jahr<br />

(je nach Einsatzgebiet)<br />

• 2 Elektromotoren<br />

• Batteriekapazität: 1,5 MWh<br />

• Ladeleistung: mehr als 2 MW<br />

• Klassifizierung nach dem International Code<br />

of Safety for High-Speed Crafts (HSC-Code)<br />

sos-kinderdoerfer.de<br />

2020/1<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023 45


WERKSTOFFE & VERFAHREN » Verbindungstechnik<br />

IM FOKUS<br />

Mit Blindnietmuttern und<br />

-schrauben lassen sich viele<br />

Verbindungsaufgaben lösen.<br />

Das Setzen kann mit der<br />

neuen Werkzeuggeneration<br />

effizient erfolgen.<br />

Bild: Böllhoff/Konradin Mediengruppe<br />

Mit dem Rivkle Neo<br />

P107 stellt Böllhoff eine<br />

neue Generation pneumatisch-hydraulischer<br />

Setzwerkzeuge vor.<br />

Neue Generation pneumatisch-hydraulischer Setzwerkzeuge vorgestellt<br />

Blindnietmuttern<br />

effizient setzen<br />

Das Rivkle Neo P107 ergänzt das Werkzeugprogramm von Böllhoff und ist im Rivkle-<br />

Sortiment das schnellste Setzwerkzeug für die zugehörigen Blindnietmuttern und Blindnietschrauben.<br />

Es eignet sich für anspruchsvolle Aufgaben in der Produktion bei mittelgroßen<br />

und großen Serien, für die es entwickelt und validiert wurde. Mit dem Werkzeug<br />

lassen sich Rivkle-Elemente aus Stahl in den Abmessungen M3 bis M8 verarbeiten.<br />

Annette Löwen, Leitung FAT Marketing Deutschland, Böllhoff Verbindungstechnik GmbH, Bielefeld<br />

46 <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023


Beim Setzen von Blindnietmuttern oder Blindnietschrauben<br />

liefert die pneumatisch-hydraulische<br />

Technologie des neuen Setzwerkzeugs Rivkle Neo<br />

P107 eine hohe Leistung bei geringem Gewicht. Ohne<br />

die Auswechseleinheiten wiegt das Werkzeug nur<br />

2 kg. Zudem sorgt der pneumatisch unterstützte Kolbenrückhub<br />

für optimierte Zykluszeiten. So können<br />

etwa bis zu 36 Rivkle-Blindnietmuttern pro Minute<br />

vernietet werden. Das Werkzeug ist darüber hinaus<br />

kompatibel mit den bestehenden Rivkle-Auswechseleinheiten<br />

(Gewindedornen und Mundstücken).<br />

Die von der Böllhoff Verbindungstechnik GmbH in<br />

Bielefeld entwickelte kraftgesteuerte Funktionsweise<br />

ermöglicht den Anwendern ein sehr effizientes Arbeiten<br />

– für jede Abmessung der Rivkle-Elemente ist nur<br />

eine Setzkraft einzustellen. Das Aufspindeln erfolgt<br />

durch einfachen axialen Druck auf den Gewindedorn<br />

und der Ausspindelvorgang wird automatisch beim<br />

Erreichen der Setzkraft ausgelöst. Manuelles Ausspindeln<br />

ist im Bedarfsfall – etwa bei einem blockierten<br />

Gewindedorn – über eine Knopfbetätigung möglich.<br />

Ergonomie im Blick<br />

Die Arbeit mit dem Neo P107 ist nicht nur effizient –<br />

die Entwickler hatten auch die Ergonomie im Blick.<br />

So liegt das Werkzeug durch den ergonomischen<br />

Griff angenehm in der Hand. Die Bedienung ist komfortabel,<br />

da sie nur über einen Knopf erfolgt – für<br />

den gesamten Nietzyklus.<br />

Entwickelt wurde das Setzwerkzeug in enger Zusammenarbeit<br />

mit Kunden, um eine möglichst benutzerfreundliche<br />

Handhabung in anspruchsvoller Industrieumgebung<br />

sicherzustellen.<br />

Geliefert wird das Neo P107 in einem Transportkoffer<br />

mit Bedienungsanleitung, einer Quick-Start-Anleitung,<br />

einem Hydrauliköl-Nachfüll- und Entlüftungsset<br />

sowie einem Schrauben- und Sechskantschlüssel.<br />

Die jeweiligen Auswechseleinheiten (Gewindedorne<br />

und Mundstücke) und weiteres Zubehör sind separat<br />

bestellbar.<br />

(co)<br />

www.boellhoff.com<br />

Die Vorteile im Überblick<br />

• Einsatzbereich 3 bis 18 kN<br />

(Rivkle-Elemente M3 – M8 aus Stahl)<br />

• Hohe Leistung – Vernietung von bis zu<br />

36 Rivkle-Blindnietmuttern/min<br />

• Effizient und kraftgesteuert:<br />

Für jede Rivkle-Abmessung ist nur eine Setzkraft einzustellen.<br />

• Optimierte Wartung<br />

• Kompatibel mit bestehenden Rivkle-Auswechseleinheiten (Gewindedornen<br />

und Mundstücken), schnelle Wechsel sind möglich.<br />

Blindnietmuttern<br />

Die Rivkle-Blindnietmuttern und -schrauben bieten eine Reihe von Vorteilen:<br />

• Tragfähige Gewinde an dünnwandigen Bauteilen<br />

• Montage bei einseitiger Zugänglichkeit (blinde Montage)<br />

• Flexibel einsetzbar in jedem Fertigungsschritt<br />

• Keine Temperaturbelastung des Werkstücks – dadurch kein Verzug<br />

• Verschiedene Ausführungen<br />

INFO<br />

Mehr zum Neo P107 im<br />

Technischen Forum:<br />

hier.pro/SENkv<br />

Rivkle-Blindnietmuttern und<br />

-schrauben eignen sich für<br />

die Befestigung belastbarer<br />

Muttern- beziehungsweise<br />

Bolzengewinde an Bauteilen<br />

mit geringer Wandstärke.<br />

Bild: Böllhoff<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023 47


WERKSTOFFE & VERFAHREN » Verbindungstechnik<br />

Nachhaltigkeit in der Verbindungstechnik<br />

Der CO 2 -Footprint von Schrauben zählt<br />

Immer drängender rückt das Thema Klimaschutz und eine damit verbundene CO 2 -Reduktion auf die<br />

Agenda. Hier ist auch die Zulieferindustrie gefragt. Dass sie mit neuen Konzepten, Verfahren und Produkten<br />

ihren Anteil leisten kann, zeigt Arnold Umformtechnik mit der Initiative ACO 2 -Save Sie unterstützt bei<br />

der Reduktion von CO 2 -Emissionen, indem Verbindungselemente nachhaltig ausgelegt werden.<br />

Um den Carbon Footprint so gering wie möglich<br />

zu halten, müssen alle Beteiligten an einem<br />

Strang ziehen sowie Strategien entwickeln und umsetzen,<br />

die konsequent auf Klimaschutz zielen. Davon<br />

ist man bei der Arnold Umformtechnik GmbH &<br />

Co. KG in Forchtenberg-Ernsbach überzeugt und legt<br />

Wert darauf, dass die Thematik Nachhaltigkeit und<br />

CO 2 -Neutralität in der kompletten Supply Chain betrachtet<br />

werden muss.<br />

Vor diesem Hintergrund hat Arnold die Initiative<br />

ACO 2 -Save ins Leben gerufen (das A steht hier für<br />

Arnold). Dabei werden Kunden beziehungsweise Anwender<br />

aktiv bei der<br />

Reduktion von CO 2 -<br />

»Mit der Initiative ACO 2 -Save<br />

lassen sich die CO 2 -Emissionen<br />

reduzieren – der größte Einspareffekt<br />

ergibt sich durch die<br />

Nutzung von innovativer Verbindungs-<br />

und Kaltumformtechnik.«<br />

Emissionen unterstützt,<br />

indem Verbindungselemente<br />

und<br />

Kaltumformteile<br />

nachhaltig ausgelegt<br />

und angewendet<br />

werden. So erfolgt eine<br />

begleitende CO 2 -<br />

Kalkulation bereits<br />

Mit der Initiative „ACO 2 -Save“ will Arnold Umformtechnik<br />

als Systemanbieter für Verbindungselemente<br />

den CO 2 -Fußabdruck seiner Kunden gezielt reduzieren.<br />

im Entwicklungsprozess. Mit einem eigens entwickelten<br />

CO 2 -Kalkulator kann der sogenannte Product<br />

Carbon Footprint (CO 2 -Fußabdruck) für das bei Arnold<br />

angefragte Teil ermittelt und dann gemeinsam<br />

mit dem Kunden eine Optimierung durchgeführt<br />

werden. Ziel dabei ist am Ende des Entwicklungsprozesses<br />

ein technisch hochwertiges Produkt, das sowohl<br />

kosten- als auch CO 2 -optimiert ist.<br />

Möglichkeiten für CO 2 -Einsparungen<br />

Digitalisierung: Um bereits im Entwicklungsprozess<br />

CO 2 -Emissionen zu vermeiden – beispielsweise durch<br />

eine unnötige Muster- und Prototypenvielfalt –, setzen<br />

die Arnold-Entwickler digitale Prognosetools wie<br />

FEM-Analysen und eigenentwickelte Prognoseprogramme<br />

ein. Damit wird die Vielzahl an Varianten<br />

deutlich reduziert, was Zeit, Geld und CO 2 spart.<br />

Produktionstechnologie: Der größte Einspareffekt<br />

ergibt sich jedoch durch die Nutzung von innovativer<br />

Verbindungs- und Kaltumformtechnik. Gemeinsam<br />

mit dem Kunden analysiert das Unternehmen beispielsweise<br />

Möglichkeiten zum Wechsel der Produktionstechnologie<br />

von Teilen – also unter anderem, ob<br />

Teile, die derzeit noch spanabhebend hergestellt<br />

werden, als Kaltumformteile kosteneffizienter gefertigt<br />

werden können. Ebenso kann geprüft werden, ob<br />

vorhandene Gewindeschrauben durch gewindeformende<br />

Schrauben ersetzt werden können und dabei<br />

auf Gewindeschneidautomaten und ihre Emissionen<br />

komplett verzichtet werden kann.<br />

Downsizing: Eine weitere Option ist es, durch den<br />

Einsatz innovativer Verbindungselemente ein<br />

Downsizing durchzuführen und somit beispielsweise<br />

eine M5-Schraube durch eine M4 zu ersetzen. Und<br />

nicht zuletzt tragen innovative Verbindungssysteme<br />

zur Gewichtsreduzierung bei – vor allem beim Fügen<br />

im Multimaterial-Mix – was letztendlich zu einer<br />

Reduzierung der Gesamtemission führt.<br />

48 <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023<br />

Bild: Arnold Umformtechnik<br />

Praxisbeispiel zeigt Potential<br />

Dass der ACO 2 -Save-Ansatz funktioniert, belegt ein<br />

konkretes Beispiel: Eine in einem Kundenbauteil eingesetzte<br />

Sonderschraube aus Aluminium sollte so-


Bild: Arnold Umformtechnik<br />

Bild: Arnold Umformtechnik<br />

Durch ACO 2 -Save und den damit einhergehenden Wechsel der Produktionstechnologie<br />

konnten Einsparpotentiale erreicht und die CO 2 -Emissionen, die durch diese<br />

Schraube bei der Produktion entstehen, um 45 % reduziert werden.<br />

Anwendungsbeispiel: Durch Battery Packs in E-Fahrzeugen<br />

steigt das durchschnittliche Fahrzeuggewicht weiter an. Innovative<br />

Fügekonzepte können helfen, CO 2 -Emissionen über<br />

die gesamte Supply-Chain hinweg zu reduzieren.<br />

wohl kostentechnisch als auch hinsichtlich ihrer<br />

CO 2 -Emissionen überarbeitet werden. Als Alternative<br />

wurde von Arnold eine Conform-Next-Schraube entwickelt,<br />

die sich aufgrund der konstruktiven Auslegung<br />

für den Einsatz bei größeren Durchmessern,<br />

längeren Bauteilen, komplexeren Geometrien und<br />

höheren Gewichten beziehungsweise schwereren<br />

Bauteilen eignet.<br />

Das bisher eingesetzte Teil hat ein Volumen von<br />

8.733 mm 3 , ein Gewicht von 23,58 g pro Stück und<br />

wurde traditionell spanabhebend hergestellt. Zur<br />

Produktion wurde dazu ein Drehteilrohling verwendet,<br />

der ein Ausgangsvolumen von 25.630 mm 3 und<br />

69,2 g pro Stück hatte. Durch die ACO 2 -Save-Analyse<br />

konnten die Arnold-Entwickler dieses Teil auf ein<br />

Umformteil der Produktreihe Conform Next umstellen.<br />

Nach der Optimierung hat der Umformrohling<br />

gerade noch ein Volumen von 9.195 mm 3 und<br />

24,82 g pro Stück. Das heißt: Durch den Umformprozess<br />

ist ein erheblich geringerer Material-Input notwendig,<br />

da kaum Abfall beim Produktionsprozess<br />

entsteht.<br />

45 % weniger Emissionen<br />

Neben einer erheblichen Kostenoptimierung, die<br />

durch den geringeren Materialeinsatz bei Kaltumformverfahren<br />

entsteht, hat dies natürlich auch einen<br />

erheblichen Einfluss auf den Product Carbon<br />

Footprint der Sonderschraube. Durch die Reduzierung<br />

des Einsatzgewichts, den geringeren Ausschuss<br />

und die somit effizientere Fertigung konnten alle<br />

CO 2 -Emissionen, die durch diese Schraube bei der<br />

Produktion entstehen, um 45 % reduziert werden.<br />

Dieses eine Beispiel verdeutlicht bereits, dass durch<br />

die ACO 2 -Save-Initiative erhebliche Potentiale im<br />

Bereich des Product Carbon Footprint gehoben werden<br />

können.<br />

(co)<br />

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<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023 49


TITEL » Verbindungstechnik<br />

Der DST-Schnellbefestiger ermöglicht<br />

nicht nur eine schnellere Montage und<br />

höhere Prozesssicherheit, er bietet<br />

auch ökologische Vorteile. Er reduziert<br />

sowohl die Anzahl der eingesetzten<br />

Verbindungselemente als auch den<br />

Materialeinsatz.<br />

Bild: Böllhoff/Konradin Mediengruppe<br />

Ecotech-Service findet mit DST-Schnellbefestigern eine Alternative zu Nietmuttern<br />

Nachhaltigere<br />

Verbindungstechnik<br />

Mit dem DST-Verbinder von Böllhoff konnte Boge Kompressoren bei der Montage<br />

von Schalldämmhauben eine nachhaltigere Alternative zu Nietmuttern finden. Dazu<br />

nahmen Spezialisten des Engineering-Consulting-Services Ecotech von Böllhoff die<br />

Situation unter die Lupe und schlugen nach der Analyse die Schnellbefestiger vor.<br />

Diese verkürzen nicht nur die Montagezeiten und erhöhen die Prozesssicherheit,<br />

sondern die verwendete Snap-Technologie kommt auch mit weniger Material aus<br />

– ein ökologisch wertvoller Vorteil.<br />

50 <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023


Kurze Entscheidungswege können die Zusammenarbeit<br />

beschleunigen, wie ein Beispiel<br />

zweier Bielefelder Unternehmen zeigt:<br />

Die Boge Kompressoren Otto Boge GmbH<br />

& Co. KG wandte sich als Spezialistin für<br />

Kompressoren und Drucklufttechnik an<br />

die Böllhoff GmbH, um eine Alternative<br />

zu Nietmuttern zu finden – und um auch<br />

bei der Verbindungstechnik effizientere<br />

und nachhaltigere Technologien einzusetzen.<br />

„Wir hinterfragen stets unsere <strong>Konstruktion</strong>en,<br />

um die Anforderungen unserer Kunden<br />

bestmöglich zu erfüllen und eine hohe Kundenzufriedenheit<br />

sicherzustellen“, erläutert Boge-Geschäftsführer<br />

Olaf Hoppe den Hintergrund. „Dazu werden<br />

auch die Montageprozesse kontinuierlich überprüft<br />

und Verbindungselemente intensiv getestet.“<br />

Böllhoff unterstützt den Nachbarn speziell bei Fragen<br />

der Verbindungstechnik mit seinem Engineering-<br />

Consulting-Service Ecotech. „Wir nahmen dazu die<br />

gesamte Verbindungstechnik der Kompressoren unter<br />

die Lupe, um sie gemeinsam mit Boge weiterzuentwickeln<br />

und zu optimieren“, ergänzt Marcel Rupprecht,<br />

Geschäftsführer von Böllhoff. „Dabei übernehmen<br />

wir das komplette Projektmanagement und<br />

Bandbegehungen sowie Services wie Tear-Down-<br />

Analysen gehören ebenfalls zu unserem Portfolio –<br />

immer mit dem Ziel vor Augen, die perfekte Verbindung<br />

zu finden.“ Die Ecotech-Beratung konnte auf<br />

diese Weise nicht nur Optimierungspotentiale in den<br />

Kompressoren aufzeigen, sondern auch den Montageaufwand<br />

reduzieren – und damit die Kosten für<br />

den Kunden.<br />

Praxisbeispiel Schalldämmhauben<br />

Mit Blick auf die konkrete Fragestellung, eine Alternative<br />

zu den Nietmuttern zu finden, die in Schalldämmhauben<br />

eingesetzt werden, fand zunächst im<br />

Juli 2022 eine Bandbegehung statt. Der Anwendungsfall<br />

wurde dann von den Ecotech-Spezialisten<br />

detailliert untersucht und analysiert. Als Ergebnis<br />

unterbreitete Böllhoff einen technischen Lösungsvorschlag<br />

basierend auf seiner DST-Verbindungstechnik.<br />

IM ÜBERBLICK<br />

Kürzere Montagezeiten und<br />

mehr Prozesssicherheit bei<br />

niedrigeren Prozesskosten – in<br />

der Verbindungstechnik steckt<br />

Potential; auch für die<br />

Nachhaltigkeit.<br />

Olaf Hoppe, Geschäftsführer der Boge<br />

Kompressoren Otto Boge GmbH & Co. KG,<br />

Bielefeld<br />

»Um eine hohe Kundenzufriedenheit<br />

und Nachhaltigkeit<br />

sicherzustellen, werden<br />

auch Montageprozesse<br />

kontinuierlich überprüft und<br />

Verbindungselemente intensiv<br />

getestet.«<br />

Bild: Boge<br />

Der Engineering-Consulting-Service Ecotech von Böllhoff nahm zusammen mit Boge die gesamte Verbindungstechnik der<br />

Kompressoren unter die Lupe, um sie gemeinsam weiterzuentwickeln und zu optimieren.<br />

Bild: Böllhoff<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023 51


TITEL » Verbindungstechnik<br />

Die DST-Schnellbefestiger nutzen eine innovative<br />

Snap-Technologie und können mit einem Federblech<br />

versehen werden, um Schwingungen zu kompensieren<br />

und Toleranzen auszugleichen. Durch den Austausch<br />

von drei Blindnietmuttern gegen einen DST-<br />

Verbinder mit Vierkantbohrung können damit sowohl<br />

Monteure als auch Kunden von Boge den Kompressor<br />

leichter und ohne Werkzeug öffnen und schließen.<br />

So ergeben sich eine Reihe von Vorteilen:<br />

• Der DST-Verbinder verkürzt die Montagezeiten<br />

und senkt damit die Prozesskosten.<br />

• Zudem eliminiert er Fehlerpotentiale und erhöht<br />

so die Prozesssicherheit.<br />

• Die Snap-Technologie bietet eine nachhaltige Lösung,<br />

die sowohl die Montageeffizienz steigert als<br />

auch ökologische Vorteile bietet. Denn durch die<br />

DST-Verbinder wird nicht nur die Anzahl der eingesetzten<br />

Verbindungselemente reduziert, sondern<br />

auch der Materialeinsatz als solcher.<br />

Vorteile wie diese zeigen, dass Kunden wie Boge zusammen<br />

mit dem Ecotech-Service Produkte und Prozesse<br />

nachhaltiger gestalten können. Dies lässt sich<br />

auf weitere Anwendungen übertragen, auch in anderen<br />

Branchen – ganz im Sinne des Böllhoff-Leitspruchs<br />

‚Passion for successful Joining‘.<br />

Die Schnellverschlusstechnik<br />

Mit den DST-Verbindern lassen sich Verbindungen<br />

per Snap-Technologie einfach herstellen und bei<br />

Bedarf leicht wieder lösen.<br />

Mit den DST-Schnellbefestigern lassen sich einfach<br />

und sicher hochfeste und kraftschlüssige<br />

Verbindungen ohne Werkzeug herstellen. Ermöglicht<br />

wird dies durch die Snap-Technologie, die<br />

nach dem Prinzip eines Fallschlosses arbeitet –<br />

das etwa von Haustüren bekannt ist. Zwei Einzelteile<br />

bilden dabei die Grundlage: die sogenannte<br />

Führung mit abgeschrägten Spannbacken und eine<br />

Feder, die innerhalb der Führung sitzt. Wird<br />

ein DST-Befestiger durch eine geeignete Öffnung<br />

geführt, schiebt die Einlaufschräge der Spann -<br />

backen das Snap-Element wie eine Falle im Führungskanal<br />

zurück. Dabei wird die Feder gespannt.<br />

Sobald die Höhe der Spannbacken beim<br />

Einstecken überwunden ist, federn die Snap-Elemente<br />

wieder zurück nach außen. Dabei entsteht<br />

das typische ‚Snap-Geräusch‘.<br />

Die DST-Schnellbefestiger verbinden gleichermaßen<br />

Blech, Kunststoff oder Holz, verfügbar sind<br />

verschiedene Varianten. Die Verbinder bieten<br />

eine Reihe von Vorteilen:<br />

Bild: Böllhoff<br />

• Aufgrund der Snap-Technologie lassen sich die<br />

Verbinder schnell und ohne zusätzliches Werkzeug<br />

montieren.<br />

• Die einfache Technologie sorgt für einwandfreie<br />

Verbindungen – selbst an schwer zugänglichen<br />

Stellen.<br />

• Die DST-Schnellbefestiger ermöglichen hohe<br />

Festigkeiten – vergleichbar mit einer<br />

geschraubten Lösung.<br />

• Auch unter starker Belastung erfüllt der<br />

Schnellverschluss seine Funktion: Er bleibt<br />

passgenau, sicher und fest und ist rüttel-,<br />

vibrations- und erdbebensicher.<br />

Ein weiteres Plus je nach Variante: Viele der DST-<br />

Schnellbefestiger lassen sich so einfach demontieren<br />

wie montieren. Je nach Ausführung sind<br />

die Verbindungen einfach per Hand, mit handelsüblichen<br />

Werkzeugen oder durch spezifische Spezialwerkzeuge<br />

wieder lösbar. Die Demontagemöglichkeit<br />

mittels Spezialwerkzeug wird speziell in<br />

Fällen empfohlen, in denen Vandalismus oder unbefugte<br />

Demontage zu befürchten sind. Alle Befestigungen<br />

sind sind zudem jederzeit wieder -<br />

verwendbar.<br />

Mehr zu den DST-Schnellbefestigern:<br />

hier.pro/Q0wQE<br />

52 <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023


Bild: Böllhoff<br />

»Unser Ecotech-Service nimmt die<br />

gesamte Verbindungstechnik unter<br />

die Lupe, um Optimierungspotentiale<br />

aufzuzeigen und die Nachhaltigkeit<br />

zu steigern.«<br />

Marcel Rupprecht, Geschäftsführer der Böllhoff GmbH, Bielefeld<br />

Das<br />

Upgrade<br />

für dein<br />

Engineering<br />

Know-how!<br />

Langjährige Kooperation<br />

Die Partnerschaft zwischen Böllhoff und Boge begann<br />

bereits 2006 mit der Einführung des Kanban-<br />

Belieferungssystems Ecosit für Verbindungselemente.<br />

Dadurch konnten die Warendisposition optimiert und<br />

die logistische Versorgung sowie Lagerung der Produkte<br />

direkt am Montageort effizient gestaltet werden.<br />

„Die Kooperation führte zu reibungslosen administrativen<br />

Prozessen und gesteigerter Effizienz“,<br />

fährt Boge-Chef Olaf Hoppe fort. „Sowohl Boge als<br />

auch Böllhoff haben sich der Nachhaltigkeit verschrieben<br />

– und setzen sich für umweltfreundliche<br />

Lösungen ein.“ Das Kanban-System habe die Nachhaltigkeit<br />

entlang der Wertschöpfungskette verbessert<br />

und Synergien geschaffen. Im Verlauf der Partnerschaft<br />

wurden in den letzten 10 Jahren über 27<br />

Millionen Verbindungselemente von Böllhoff geliefert,<br />

davon 1,5 Millionen aus eigener Produktion.<br />

(co)<br />

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Ob kompaktes Seminar oder<br />

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ob vor Ort oder<br />

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<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023 53


WERKSTOFFE & VERFAHREN » Verbindungstechnik<br />

Bild: Natalia/stock.adobe.com<br />

Die WEEE legt Anforderungen für die Entsorgung und das Recycling von elektronischen Geräten fest. Dazu zählt, dass bestimmte Materialien in den Geräten<br />

getrennt und recycelt (können) werden müssen, was letztlich nur erfüllt werden kann, wenn sich diese Produkte leichter demontieren lassen.<br />

Reparaturen werden mit der richtigen Verbindungstechnik einfacher<br />

Schraubverbindungen retten die Welt<br />

Schraubverbindungen sind lösbar – und genau das ist ihr Vorteil, wenn Reparaturen anstehen. Das Kleben<br />

mag Vorteile im Montageprozess bieten – aber wer je versucht hat, ein verklebtes Gehäuse zu öffnen, weiß:<br />

Nach offen kommt kaputt. Konstrukteur:innen sollten also mehr denn je lösbare Verbindungen mit Schrauben<br />

bevorzugen. Sie ermöglichen eine nachhaltigere Wirtschaft und Lebens weise – mit länger haltbaren,<br />

reparier- und recycelbaren Produkten.<br />

Thomas Preuß, Fachjournalist in Königswinter (turmpresse.de)<br />

Der größte Nachteil von Schraubverbindungen im<br />

Vergleich zu anderen Verbindungstechniken, wie<br />

Schweißen, Kleben, Nieten oder Löten, ist: Schraubverbindungen<br />

sind – leicht und zerstörungsfrei – lösbar.<br />

Leider lösen sich Schrauben oder Muttern im Betrieb<br />

manchmal von allein. Oder sagen wir richtiger: „lockern“.<br />

Insbesondere, wenn Vibrationen oder dynamische Belastungen<br />

auftreten, können Schrauben im Laufe der Zeit<br />

locker werden. Daher müssen geschraubte Verbindungen<br />

regelmäßig inspiziert und die Fügeelemente gegebenenfalls<br />

nachgezogen werden, ehe sich die Schrauben<br />

tatsächlich lösen. Das Wartungspersonal muss übrigens<br />

geschult sein, um beim Wiederanzug ebenfalls alles<br />

richtig zu machen!<br />

Aufwendig also. Abgesehen davon: Für Schraubverbindungen<br />

müssen Löcher in die zu verbindenden Bauteile<br />

gebohrt werden. Dies verursacht Kosten, braucht Zeit,<br />

und die Bohrungen können die strukturelle Integrität<br />

der Materialien beeinträchtigen. Im Vergleich zu geschweißten,<br />

genieteten oder geklebten Verbindungen<br />

weisen Schraubenverbindungen oft eine geringere Festigkeit<br />

auf. Die Schraube selbst kann ein Schwachpunkt<br />

sein und unter hohen Belastungen brechen. Schraubverbindungen<br />

sind außerdem anfällig für Korrosion, insbesondere<br />

wenn die <strong>Konstruktion</strong>en im Freien oder in<br />

feuchten Umgebungen betrieben werden. Auch Korro -<br />

sion kann die Festigkeit der Verbindung beeinträchtigen<br />

und zum Versagen führen.<br />

Pro und Contra<br />

Der größte Vorteil einer Schraubverbindung ist: Sie<br />

lässt sich wieder lösen – und es gibt weitere Pluspunkte.<br />

Damit ermöglichen Schraubenverbindungen<br />

eine einfache Montage und Demontage von Bauteilen,<br />

was wiederum die Wartung, Reparatur und den Austausch<br />

von Komponenten erleichtert. Insbesondere bei<br />

Produkten, die einem planmäßigen oder nicht auszuschließenden<br />

Verschleiß unterliegen, sollten sich Kon-<br />

54 <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023


strukteure bemühen, die Demontage „lösbar“ zu gestalten.<br />

Man denke nur an die Bremsbacken und Beläge am<br />

Fahrrad oder Auto, an eine verbogene Felge oder auch<br />

ein defektes Haushaltsgerät. Man möchte ja nicht gleich<br />

das ganze Fahrzeug oder die ganze Maschine entsorgen,<br />

nur weil ein Teil abgenutzt ist.<br />

Da fällt mir gerade unser Wäschetrockner ein: Bei dem<br />

war ich kürzlich sehr froh, den Deckel, alle Seitenbleche,<br />

das Bedienfeld und einige Innereien mit einem Akkuschrauber<br />

– und zugegeben: einigen Spezialbits, aber<br />

immerhin – öffnen und das Gerät reparieren zu können.<br />

Das lief nicht mehr, weil angeblich der Wasserbehälter<br />

voll war. Stimmte aber nicht. (Wer das gleiche Problem<br />

hat: Der kleine Kondensatsammelbehälter war von Flusen<br />

zugesetzt, so dass der Füllstandssensor eine Fehlermeldung<br />

ausgab. Die Maschine lief nicht mehr an, weil<br />

sie vermutete, dass der große Sammelbehälter auch voll<br />

sei. Falscher „Fehler“! Schrauben gelöst, Flusensumpf<br />

abgesaugt, Sensor geputzt, Maschine wieder zugeschraubt,<br />

läuft!)<br />

Moderne Gesellschaften<br />

fordern nachhaltige <strong>Konstruktion</strong><br />

Die Anforderungen an eine einfache Montage und Demontage<br />

werden übrigens höher und glücklicherweise<br />

seit Jahren schon aus verschiedenen Richtungen befeuert.<br />

In einigen Bereichen erfahren Schraubverbindungen<br />

dadurch eine Art Revival. Allerdings sind in der Industrie,<br />

was die Verbindungstechniken angeht, durchaus auch<br />

sich widersprechende Trends zu notieren. So führen die<br />

Trends zum Leichtbau und zur Automatisierung der Fertigung<br />

zum Teil zu gegenläufigen Entwicklungen als die<br />

zunehmenden Forderungen moderner Gesellschaften<br />

nach einer nachhaltigen Produktion, nach Ressourcenschonung<br />

und Recycling.<br />

Der Leichtbau hat unter anderem in der Automobil- und<br />

Luftfahrtindustrie den Einsatz leichter Materialien, wie<br />

Aluminiumlegierungen, Kunststoffen und Verbundwerkstoffen,<br />

jahrelang befördert. Dadurch wurden und werden<br />

die Fahr- und Flugzeuge leichter, die Kraftstoffeffizienz<br />

verbessert. (Nicht zwingend verbrauchen die Fahrzeuge<br />

weniger Kraftstoff, da sie über die Jahrzehnte<br />

auch schwerer wurden, aber das ist ein anderes Thema.)<br />

Bei diesen Werkstoffen und Materialkombinationen<br />

werden aus verschiedenen Gründen verstärkt Verbindungsmethoden<br />

wie Kleben oder Nieten eingesetzt, die<br />

die Schraubmontage oder auch das Schweißen anteilig<br />

zurückdrängen. Auch der Einsatz des 3D-Drucks, der<br />

Konstrukteur:innen neue Möglichkeiten eröffnet, hat<br />

das Potential, Schraubverbindungen zu ersetzen.<br />

Parallel dazu steigt weltweit, zumindest in vielen Ländern<br />

der „Alten Welt“, das Bewusstsein für Nachhaltigkeit<br />

und Recycling. Menschen, Regierungen und Unternehmen<br />

achten verstärkt darauf, Produkte ganz oder<br />

teilweise am Ende ihrer Lebensdauer recyceln zu können,<br />

stofflich zu verwerten oder den Kreislauf gar zu<br />

100 % zu schließen. Dieser Trend spricht eher für die<br />

Verwendung von mehr Schraubverbindungen, da diese<br />

eine einfachere Demontage und Wiederverwendung<br />

einzelner Komponenten ermöglichen. Zumal diese Fügetechnik<br />

in der Regel sehr kostengünstig ist: Sie erfordert<br />

weniger spezialisierte Ausrüstung und Fachkenntnisse<br />

als andere Verbindungsmethoden, etwa das Schweißen.<br />

EU will Recycling noch stärker fördern<br />

Auch wenn die „Letzte Generation“ in jüngerer Zeit eine<br />

mediale Wucht entfaltet, so ändert sich im Großen doch<br />

zumeist erst etwas, wenn es die Gesetze fordern. In<br />

Europa gelten schon länger verschiedene Richtlinien, die<br />

eine nachhaltigere Wirtschaft zum Ziel haben. So hat<br />

die Europäische Union bereits 2012 die „Richtlinie über<br />

Elektro- und Elektronikabfälle“ erlassen (Waste Electrical<br />

and Electronic Equipment Directive, WEEE), die<br />

bis 2014 in nationales Recht umzusetzen war. Die WEEE<br />

legt Anforderungen für die Entsorgung und das Recycling<br />

von elektronischen Geräten fest. Dazu zählt, dass<br />

bestimmte Materialien in den Geräten getrennt und recycelt<br />

(können) werden müssen, was letztlich nur erfüllt<br />

werden kann, wenn sich diese Produkte leichter demontieren<br />

lassen.<br />

Außerdem hat die EU 2020 eine Agenda für die Förderung<br />

einer Kreislaufwirtschaft verabschiedet („Circular<br />

Economy Action Plan“), die darauf zielt, den Ressourcenverbrauch<br />

und die Abfallproduktion insgesamt zu reduzieren.<br />

Im Rahmen dieser Agenda werden aktuell und<br />

in näherer Zukunft verschiedene Maßnahmen ergriffen,<br />

mit denen das Recycling von Produkten gefördert werden<br />

soll, einschließlich der Förderung von wiederverwendbaren<br />

<strong>Konstruktion</strong>slösungen.<br />

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) unterstützt<br />

nach eigenen Angaben den „Action<br />

Plan“, warnt aber auch, der Plan schlage<br />

„zahlreiche Maßnahmen vor, die<br />

erheblich in die Gestaltung von<br />

Produkten, den Ablauf von<br />

Produktionsprozessen sowie<br />

die Ausgestaltung von<br />

Wertschöpfungsketten<br />

eingreifen werden“. Dies<br />

gelte etwa für den Ende<br />

März 2022 veröffentlichten<br />

Entwurf für eine neue<br />

Ökodesign-Verordnung, die<br />

unter anderem Fragen der<br />

Haltbarkeit, Wiederverwendbarkeit,<br />

Reparierbarkeit oder des<br />

Recyclinganteils in Produkten regeln<br />

soll.<br />

Insbesondere wenn<br />

Vibrationen oder dynamische<br />

Belastungen auftreten,<br />

können Schrauben im<br />

Laufe der Zeit locker werden.<br />

Daher müssen geschraubte<br />

Verbindungen<br />

regelmäßig inspiziert und<br />

die Fügeelemente gegebenenfalls<br />

nachgezogen werden,<br />

ehe sich die Schrauben<br />

tatsächlich lösen.<br />

Bild: industrieblick/stock.adobe.com<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023 55


WERKSTOFFE & VERFAHREN » Verbindungstechnik<br />

Zu einer Recycling-optimierten Fahrzeugkonstruktion gehört, Teile einfach<br />

auszutauschen. Die Schraubverbindung macht es möglich.<br />

Ebenso relevant seien verbraucherbezogene Initiativen,<br />

wie das geplante „Recht auf Reparatur“, das Auswirkungen<br />

auf das allgemeine Gewährleistungsrecht und langfristige<br />

Ersatzteil-Verfügbarkeiten haben werde. Das Ziel<br />

schadstofffreier Kreisläufe lasse „noch viele Fragen offen“<br />

und werde „erhebliche Umstellungen in der Produktgestaltung<br />

und in Produktionsprozessen nach sich<br />

ziehen“, so der BDI. Man sehe wohl die Chancen für Unternehmen,<br />

mit innovativen und nachhaltigeren Produkten<br />

Wettbewerbsvorteile zu sichern. „Allerdings werden<br />

viele Unternehmen auf dem Weg dahin große Herausforderungen<br />

zu bewältigen haben.“<br />

Mögliche Folgen der WEEE-Richtlinie<br />

für die <strong>Konstruktion</strong><br />

Zurück zu den möglichen Folgen der WEEE-Richtlinie<br />

für die Konstrukteur:innen der westlichen Welt. Die EU<br />

wollte mit der Richtlinie die Vermeidung, Verwertung<br />

und sichere Entsorgung von Abfällen fördern. Insbesondere<br />

bei der Vermeidung kommt das Design ins Spiel. In<br />

diesem Zusammenhang spricht die Forschungsgruppe<br />

Ecodesign der Universität Wien von „ökointelligenter<br />

Produktentwicklung“. Seit 1996 befasst sich die Gruppe<br />

mit den Prinzipien des „Ecodesigns“ und der Kreislaufwirtschaft;<br />

sie ist am Institut für <strong>Konstruktion</strong>swissenschaften<br />

und Produktentwicklung tätig, forscht im internationalen<br />

Umfeld.<br />

Die Forscher:innen haben einige Tools entwickelt, mit<br />

denen sich Produkte verbessern und ökointelligenter gestalten<br />

lassen. Zu den Strategien zählen unter anderem<br />

die verwertungsgerechte sowie die demontagegerechte<br />

Produktentwicklung, wobei es bei der letzteren auch um<br />

die Wahl der geeigneten Verbindungstechnik geht. So<br />

sollen sich Konstrukteur:innen die Frage stellen, wie einfach<br />

die Demontage abläuft, welche Werkzeuge erforderlich<br />

und ob diese gebräuchlich sind oder wie gut die<br />

Verbindungsstellen erreicht werden können. Aber auch,<br />

wie häufig die Verbindungen im späteren Gebrauch gelöst<br />

werden müssen und ob das Verhältnis von Einfach-<br />

Bild: Dusko/stock.adobe.com<br />

heit und dauerhaft möglicher Lösbarkeit vertretbar ist.<br />

Die Forschungsgruppe gibt Konstrukteur:innen zahlreiche<br />

weitere Tipps, zum Beispiel sollen sie:<br />

• Recyclingfähige Werkstoffe wählen: Schon in der<br />

Planungsphase sollen Werkstoffe bevorzugt werden,<br />

die in Zukunft wiederverwendet oder verwertet werden<br />

können. Konstrukteur:innen benötigen daher<br />

spezielles Fachwissen über die Recyclingprozesse.<br />

• Werkstofftrennung ermöglichen: Wenn Werkstoffe,<br />

die sich im Prinzip leicht recyceln lassen, aus konstruktiven<br />

Gründen (Festigkeit, Steifigkeit) mit anderen<br />

Materialien verklebt oder anderweitig untrennbar<br />

verbunden werden, können sie zu einem Problem<br />

werden. Denn das mache die Wiederverwertung unter<br />

Umständen unmöglich. Die konstruktive Gestaltung<br />

sollte vielmehr grundsätzlich eine einfache<br />

Trennung ermöglichen – was wiederum bei Schraubverbindungen<br />

gegeben ist.<br />

Recyclingoptimierte Fahrzeugkonstruktion<br />

Dass die Industrie hier zum Teil auf einem guten Weg ist,<br />

mögen Beispiele aus der Automobilindustrie belegen. So<br />

stellte BMW nach eigenen Angaben bereits 1992 die<br />

weltweit erste herstellereigene Werknorm „Recyclingoptimierte<br />

Fahrzeugkonstruktion“ vor, 1993 folgten die<br />

ersten Handbücher für Verwertungsbetriebe zur ökologischen<br />

Demontage.<br />

Das Elektroauto i3 wurde von dem bayrischen Automobilhersteller<br />

rundherum mit einer robusten geschraubten/geklippten<br />

Kunststoffbeplankung versehen: „Kleine<br />

Rempler werden absorbiert, Beschädigungen des Lacks<br />

führen nicht zu Korrosion. Einzelne Bauteile der Außenhaut<br />

können schnell und kostengünstig (…) ausgewechselt<br />

werden“, schrieb BMW in einer Pressemitteilung zur<br />

Markteinführung des i3. Die Reparaturkosten lägen dadurch<br />

um rund 40 % niedriger als bei konventioneller<br />

Bauweise. Auch der Hochvolt-Speicher sei „so konstruiert,<br />

dass einzelne Batteriemodule zur Reparatur einfach<br />

ausgetauscht werden können“, was wiederum nur via<br />

Schraubtechnik möglich ist.<br />

Künftig dürfte so manches Karosserieteil oder manche<br />

Innenraumkomponente wieder eher verschraubt statt<br />

verschweißt oder verklebt werden, um die Trennung der<br />

Materialien für den Recyclingprozess zu erleichtern und<br />

den Materialkreislauf zu schließen. Hierzu noch einmal<br />

BMW: 100 % seien das Ziel, formulierte der Premiumhersteller<br />

Ende 2021 seinen Anspruch an ein nachhaltiges<br />

Produkt, und stellte in dem Zusammenhang den<br />

BMW i Vision Circular vor, ein nach dem Gedanken der<br />

Kreislaufwirtschaft konzipiertes Auto. Die Studie bestehe<br />

zu 100 % aus recycelten Materialien und sei ebenfalls<br />

zu 100 % recycelbar. Man darf also davon ausgehen,<br />

dass die Schraubmontage noch lange ihre Berechtigung<br />

als Verbindungstechnik behalten wird. (co)<br />

56 <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023


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Industrie<br />

DAS<br />

FIRMENVERZEICHNIS<br />

industrie.de/firmenverzeichnis<br />

Visitenkarten helfen schnell,<br />

passende Produkte/Lösungen oder<br />

Informationen zu Unternehmen<br />

in der jeweiligen Branche zu finden.<br />

FLUIDTECH<br />

MASCHINENELEMENTE<br />

SENSORIK<br />

RCT® Reichelt Chemietechnik GmbH + Co.<br />

www.rct-online.de<br />

Reichelt Chemietechnik steht für das Prinzip<br />

„Angebot und Vertrieb der kleinen Quantität“ gepaart<br />

mit einer viele Bereiche umfassenden Produktvielfalt<br />

und einem hohen technischen Beratungsservice.<br />

Das Angebot von Reichelt Chemietechnik umfasst<br />

ca. 80 000 Artikel, die aus den Bereichen Schlauchtechnik,<br />

Verbindungselemente, Durchflusstechnik,<br />

Labor technik, Halbzeuge, Befestigungselemente,<br />

Filtration und Antriebstechnik stammen.<br />

Reichelt Chemietechnik GmbH + Co.<br />

Englerstraße 18, 69126 Heidelberg<br />

Tel. 0 62 21/3 12 50, info@rct-online.de<br />

Smalley Europa<br />

www. smalley.com/de<br />

Das vor mehr als 50 Jahren gegründete Unternehmen<br />

Smalley Steel Ring Company ist zum Weltmarktführer<br />

bei der Fertigung und Entwicklung von Spirolox<br />

Sicherungsringen, Schnappringen mit einheitlichem<br />

Querschnitt und Wellenfedern geworden. Smalley hat<br />

mit der Einführung modernster Produkte die Messlatte<br />

vorgegeben und wird alles dafür tun, dass seine<br />

Innovationen den Weg in die Zukunft auch weiterhin<br />

aufzeigen.<br />

Schönbuch Sensor GmbH & Co. KG<br />

www.schoenbuch-sensor.de<br />

Schönbuch Sensor bietet ein breites Standardprogramm<br />

an industrieller Sensorik im Bereich von induktiven<br />

und optischen Schaltersystemen, Lichtschranken,<br />

Lichtgittern mit entsprechendem Zubehör sowie<br />

Kabeldosen und Netzteilen.<br />

Der Schwerpunkt liegt auf applikationsspezifischen<br />

Lösungen, die in Zusammenarbeit mit den Kunden<br />

realisiert werden.<br />

Sonderapplikationen realisieren wir nach individuellen<br />

Kundenwünschen. Anfertigungen auch in Kleinserien<br />

möglich! Das Unternehmen ist nach DIN ISO<br />

9001:2015 zertifiziert.<br />

STECKVERBINDER<br />

VERBINDUNGSTECHNIK<br />

www.industrie.de<br />

Stäubli Electrical Connectors GmbH<br />

www.staubli.com<br />

Stäubli entwickelt elektrische Verbindungslösungen<br />

für industrielle Anwendungen in Branchen wie erneuerbare<br />

Energien, Automatisierungstechnik, Energieübertragung,<br />

Bahnindustrie, Schweißautomatisierung,<br />

Prüf- und Messtechnik, Medizintechnik und E-Mobility.<br />

Das umfangreiche Angebot an standardisierten und<br />

kundenspezifischen Steckverbindern zeichnet sich<br />

durch Langlebigkeit, Effizienz und hohe Leistung aus.<br />

Komplettlösungen inklusive Kabelkonfektionierung<br />

reduzieren die Montagekosten und vereinfachen die<br />

Logistik.<br />

Stäubli – Steckverbinderlösungen, die Unternehmen<br />

voranbringen.<br />

Ferdinand Gross GmbH & Co. KG<br />

www.schrauben-gross.de<br />

Ferdinand Gross ist Spezialist für Verbindungstechnik<br />

und C-Teile-Management und bietet Kunden und<br />

Partnern aus der Industrie maßgeschneiderte Dienstleistungen.<br />

Unser Sortiment reicht von Verbindungselementen<br />

über Werkzeuge bis zu Sonder anfertigungen.<br />

Wir sorgen für schnellste Verfügbarkeit von über<br />

107 000 Artikeln. Im Bereich C-Teile-Management<br />

bietet Ferdinand Gross kunden spezifische Lösungen<br />

zur Senkung Ihrer Beschaffungs kosten um bis zu 70 %.<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023 57


INSERENTENVERZEICHNIS<br />

IMPRESSUM<br />

Arnold Umformtechnik GmbH & Co.KG,<br />

Forchtenberg 27<br />

C. Otto Gehrckens GmbH & Co. KG,<br />

Pinneberg 29<br />

Conta-Clip Verbindungstechnik GmbH,<br />

Hövelhof 13<br />

Deutsche Hochschulwerbung<br />

und -vertriebs GmbH, Düsseldorf 60<br />

EMERSON Automation Solutions, Augsburg 23<br />

Franke GmbH, Aalen 2<br />

Ferdinand Gross GmbH & Co KG,<br />

Leinfelden-Echterdingen 57<br />

KAGER Industrieprodukte GmbH,<br />

Dietzenbach 25<br />

HEINRICH KIPP WERK GmbH & Co. KG, Sulz 17<br />

LEANTECHNIK AG, Oberhausen 33<br />

Maxon Motor GmbH, Sexau 5<br />

VORSCHAU<br />

Metrofunkkabel-Union GmbH, Berlin 59<br />

MICRO-EPSILON-MESS- TECHNIK<br />

GmbH & Co. KG, Ortenburg 3<br />

Panduit GmbH, Schwalbach 37<br />

RCT Reichelt Chemietechnik GmbH + Co.,<br />

Heidelberg 49,57<br />

Rittal GmbH & Co. KG, Herborn 8-9<br />

Rotek GmbH & Co.KG, Bremerhaven 45<br />

J.Schmalz GmbH, Glatten 29<br />

Schönbuch Sensor GmbH & Co. KG,<br />

Bad Teinach-Zavelstein 57<br />

Smalley Steel Ring Company,<br />

US-Lake Zurich, IL 57<br />

Stabilus GmbH, Koblenz 11<br />

Stäubli Electrical Connectors GmbH,<br />

Weil am Rhein 57<br />

VDI Wissensforum GmbH, Düsseldorf 53<br />

Wöhner GmbH & Co. KG, Rödental 7<br />

VERBINDUNGSTECHNIK<br />

Kleben beim Leichtbau mit Metallen? Das Thema ist<br />

vielfältiger und umfangreicher und damit auch über Automobil-<br />

und Luftfahrtindustrie<br />

hinaus interessant.<br />

Auch die Beständigkeit von<br />

geschweißten, gestanzten<br />

oder genieteten Bauteilen<br />

lässt sich durch zusätzliches<br />

Kleben erhöhen.<br />

Bild: Ruderer Klebetechnik<br />

MASCHINENELEMENTE<br />

Die RotoClamp-Klemmsysteme von Hema<br />

eignen sich für rotatorische Positionsklemmungen<br />

in Achsen, Tischen und Schwenk -<br />

köpfen von Maschinen. Da das Klemmsystem<br />

nach dem Fail-Safe-Prinzip arbeitet, klemmt<br />

es Achsen auch bei einem Energieausfall<br />

schnell und mit großer Kraft. Anforderungen<br />

hinsichtlich enger Bauräume begegnen die<br />

Konstrukteure bei Bedarf durch individuelle<br />

Anpassungen an der Bauteilgeometrie.<br />

FAHRZEUGBAU<br />

Der Trend zum softwaredefinierten Fahrzeug<br />

(Software-Defined Vehicle) ist nicht mehr<br />

aufzuhalten. Das bedeutet, dass Funktionen,<br />

die bisher etwa in der Firmware fest kodiert<br />

sind, in einen Software-Layer überführt werden,<br />

der auf standardisierter Hardware läuft.<br />

Die Entkopplung der Software von der Hardware<br />

ermöglicht Hardware-Unabhängigkeit<br />

und unterstützt zudem die schnelle Bereitstellung<br />

neuer Funktionen.<br />

ISSN 1612–7226<br />

Herausgeberin: Katja Kohlhammer<br />

Verlag:<br />

Konradin-Verlag Robert Kohlhammer GmbH,<br />

Ernst-Mey-Straße 8,<br />

70771 Leinfelden-Echterdingen, Germany<br />

Geschäftsführer: Peter Dilger<br />

Verlagsleiter: Peter Dilger<br />

Redaktion:<br />

Chefredakteur:<br />

Dipl.-Ing. Michael Corban (co), Phone + 49 711 7594–417<br />

Stellvertretender Chefredakteur:<br />

Johannes Gillar (jg), Phone + 49 711 7594–431<br />

Korrespondent:<br />

Nico Schröder M.A. (sc), Phone +49 170 6401879<br />

Newsdesk:<br />

Frederick Rindle (Leitung, fr), Bettina Tomppert (bt),<br />

Evelin Eitelmann (eve), Dr. Ralf Beck (bec)<br />

Redaktionsassistenz:<br />

Carmelina Weber<br />

Phone +49 711 7594–257, Fax: –1257<br />

carmelina.weber@konradin.de<br />

Layout:<br />

Helga Nass, Phone +49 711 7594–278<br />

Anja Carolin Graf, Phone +49 711 7594–297<br />

Gestaltungskonzept:<br />

Katrin Apel<br />

Gesamtanzeigenleiter:<br />

Andreas Hugel, Phone +49 711 7594–472<br />

Auftragsmanagement:<br />

Andrea Haab, Phone +49 711 7594–320<br />

Leserservice:<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation,<br />

Phone +49 711 7252–209<br />

E-Mail: konradinversand@zenit-presse.de<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation erscheint monatlich und wird<br />

kostenlos nur an qualifizierte Empfänger geliefert.<br />

Bezugspreise: Inland 84,90 € inkl. Versandkosten und MwSt.;<br />

Ausland: 84,90 € / 92,70 CHF inkl. Versandkosten.<br />

Einzelverkaufspreis: 8,60 € / 16,00 CHF inkl. MwSt., zzgl.<br />

Versandkosten. Bezugszeit: Das Abonnement kann erstmals<br />

vier Wochen zum Ende des ersten Bezugsjahres gekündigt<br />

werden. Nach Ablauf des ersten Jahres gilt eine<br />

Kündigungsfrist von jeweils vier Wochen zum Quartalsende.<br />

Auslandsvertretungen:<br />

Großbritannien: Jens Smith Partner ship, The Court, Long<br />

Sutton, GB-Hook, Hampshire RG29 1TA, Phone 01256<br />

862589, Fax 01256 862182, E-Mail: jsp@trademedia.info<br />

USA: TD.A. Fox Advertising Sales, Inc., Detlef Fox, 5 Penn<br />

Plaza, 19th Floor, New York, NY 10001,<br />

Phone +1 212 8963881, Fax +1 212 6293988,<br />

detleffox@comcast.net<br />

Gekennzeichnete Artikel stellen die Meinung des Autors,<br />

nicht unbedingt die der Redaktion dar. Für unverlangt<br />

eingesandte Manuskripte keine Gewähr. Alle in <strong>KEM</strong><br />

<strong>Konstruktion</strong>|Automation erscheinenden Beiträge sind<br />

urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch Übersetzungen,<br />

vorbehalten. Reproduktionen gleich welcher Art, nur<br />

mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.<br />

Erfüllungsort und Gerichtsstand ist Stuttgart.<br />

Druck: Konradin Druck GmbH, Leinfelden-Echterdingen.<br />

Printed in Germany.<br />

<strong>Konstruktion</strong><br />

Automation<br />

© 2023 by Konradin-Verlag Robert Kohlhammer GmbH,<br />

Leinfelden-Echterdingen.<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation 01-02/2024 erscheint am 15.02.2024<br />

EDA<br />

58 <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023


Die DNA von Metrofunk<br />

sichert bei Hitze<br />

und Geschwindigkeit<br />

Metrofunk Kabel-Union GmbH<br />

Lepsiusstraße 89, D-12165 Berlin, Tel. 030 79 01 86 0<br />

info@metrofunk.de – www.metrofunk.de<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023 59


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wenn der Kunde die mit dem Gutschein bezahlte vierwöchige Premium-Anzeige im Rahmen seiner Mängelrechte rügt.<br />

60 <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 12 | 2023

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