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KEM Konstruktion Systems Engineering 01.2016

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Themenschwerpunkte: Methoden, Tools sowie Anwendungen; Köpfe der Innovationen: Dr. Bruno Lindl, Geschäftsführer Forschung und Entwicklung, ebm-papst, und Frank Treppe, Direktor Unternehmensstrategie und Internationales der Fraunhofer-Gesellschaft

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TOOLS SYSTEMENTWICKLUNG/SIMULATION KEM Konstruktion: Sie sehen da also kein Verlustgeschäft, wenn sie einen Dienstleistungsauftrag verlieren, weil ein Kunde nun einmalig die Software kauft und sie dann nicht mehr braucht? Uhlig: Das kommt vor, ist aber eher die Ausnahme. Wir sprachen schon über Variantenvielfalt und damit verbundene zunehmende Komplexität. Entwicklungsabteilungen stoßen immer wieder an die Grenzen des eigenen Know-hows, von Ressourcen- und Zeitengpässen ganz zu schweigen. Durch das aufgebaute Vertrauen mit vorangegangenen Dienstleistungsaufträgen weiß der Kunde genau, dass bei uns neben Modellierungs- und Simulationsfertigkeiten auch Knowhow zu seinem Fachgebiet und zu seinen Produkten sitzt. Bei einigen kennen wir die Produkthistorie über Jahrzehnte im Detail. So können wir im Fall des Falles wie ein Interner sofort loslegen. Die Bindungen sind gerade deswegen so stark. für eine Investition in Entwicklersoftware mit der IT abgestimmt werden, wie Konfiguration, Verteilung im Haus und Integration in die vorhandene Toollandschaft aussehen sollen. KEM Konstruktion: Bisher kann die Systemsimulation ja (noch) nicht wirklich alles mit allem verknüpfen. Wie lange wird es noch dauern, bis wir wirklich komplette Systeme mit allen Aspekten simulieren können? Abel: Die Frage ist eher: Will man das Universum simulieren? Man wird nie wirklich alles zu 100 Prozent korrekt abbilden können und möchte das auch nicht, da eine Simulation nicht so aufwändig wie möglich, sondern so aufwändig wie nötig sein sollte. Im Elektronikund Crash-Bereich sind wir aber trotzdem schon sehr nah dran. So führt man heutzutage umfangreiche Crashsimulationen mit hochauflösender Geometrie der Fahrzeugteile durch. Es gibt bereits Sicher- Dr. Andreas Uhlig, Geschäftsführer, ESI ITI Christian Kehrer, Vertriebsleiter DACH, ESI ITI Bild: ESI ITI „Durch das aufgebaute Vertrauen mit vorangegangenen Dienstleistungsaufträgen weiß der Kunde genau, dass bei uns neben Modellierungs- und Simulationsfertigkeiten auch Know-how zu seinem Fachgebiet sitzt. Bei einigen kennen wir die Produkthistorie über Jahrzehnte im Detail.“ Bild: ESI ITI „Je komplexer das System, desto wahrscheinlicher sind Änderungen im Entwicklungsprozess. Je weiter fortgeschritten der Prozess schon ist, desto schwieriger ist es, hier noch ändernd eingreifen zu können. Das verlangt nach Frontloading, also dem frühestmöglichen Einsatz der Simulation.“ KEM Konstruktion: Befruchten sich die beiden Zweige – Engineering-Dienstleistung und Simulationssoftware-Entwicklung – also gegenseitig? Abel: Genau das ist unser Konzept. Unsere Ingenieure sind die schärfsten Kritiker der Tool-Entwickler. Davon profitieren dann schlussendlich die Kunden. KEM Konstruktion: Sollte die Simulation eher im Engineering- Department oder in der IT angesiedelt werden? Abel: Primär im Engineering-Department. Wir wollen mit unserer Software ja nicht den Ingenieur einsparen und die Dateneingabe an der Simulation künftig von Praktikanten erledigen lassen – das funktioniert nicht. Prinzipiell ist das System immer noch ein großer Taschenrechner, mit großen Freiheiten. Diesen sinnvoll einzusetzen braucht es immer noch den fähigen Ingenieur. Natürlich muss aber heitssysteme – wie zum Beispiel aktive Sicherheitskomponenten zum Fußgängerschutz – die fluidische Systeme und auch Regelungstechnik in einen Crashvorgang einbinden. Dort überschreitet man dann wieder die Grenze zur Systemsimulation und verkoppelt sinnvollerweise beide Welten miteinander. Uhlig: Das ist unser Blick auf die Welt. Meist will ich aber nur das Verhalten eines Subsystems abfragen. Dann möchte ich dieses sehr detailliert modellieren. Von den anderen Größen und umgebenden Teilsystemen benötige ich dann eher einfache Modelle. KEM Konstruktion: Dennoch ist die Anforderung nach ganzheitlich simulierten Systemen aber da? Uhlig: Tendenz steigend, wobei die Definition von „ganzheitlich“ unterschiedlich ausfallen kann. Wir arbeiten zum Beispiel an einem Aerospace-Projekt, das in diese Richtung geht. Hier war von Anfang an 46 K|E|M Konstruktion Systems Engineering 01 2016

SYSTEMENTWICKLUNG/SIMULATION TOOLS klar, dass wir mit riesigen Modellen arbeiten werden. Man muss das System Flugzeug als komplexes Gesamtsystem betrachten, dessen Verhalten nicht mehr aus einer einfachen Analyse seiner Teilsysteme extrapoliert werden kann. Die Fragen, die simulativ beantwortet werden müssen, nehmen zu und werden komplexer. Das bildet einen Zielkonflikt mit den immer kürzer werdenden Entwicklungszyklen und dem damit verbundenen Wunsch des Kunden, immer frühzeitiger verlässliche Designentscheidungen treffen zu können. Die Lösung dieses Zielkonflikts erfordert zwangsläufig auch mehr Simulations-Performance. Parallelisierung ist hierbei eine Chance. Die ESI- Gruppe bietet hier mit der ESI-Cloud eine Lösung, um für CAE-Projekte Hochleistungsrechner im Hintergrund nutzen zu können. Hier soll demnächst auch unsere Software SimulationX eingegliedert werden. Bild: ESI ITI KEM Konstruktion: Birgt die steigende Komplexität denn auch Risiken? SimulationX wird von der ESI ITI Group als Bauksten angeboten Bild: ESI ITI Andreas Abel, Abteilungsleiter Mechanik- und Mechatronik im Bereich Engineering, ESI ITI „Unsere Ingenieure sind die schärfsten Kritiker der Tool-Entwickler – davon profitieren schlussendlich die Kunden.“ Kehrer: Auf jeden Fall. Je komplexer das System, desto wahrscheinlicher sind Änderungen im Entwicklungsprozess. Je weiter fortgeschritten der Prozess schon ist, desto schwieriger ist es, hier noch ändernd eingreifen zu können. Das verlangt nach Frontloading, also dem frühestmöglichen Einsatz der Simulation. Hier ist auch eine gute Einbindung in die bestehende Infrastruktur, sprich CAD- und PLM-Umgebung das A und O – nur, wenn das funktioniert, wird die Simulation ihr Potential auch ausspielen können. Auch das Datenhandling muss so angelegt sein, dass die großen, durch Simulation erzeugten Datenmengen so gut wie möglich von allen Seiten genutzt werden können. Oftmals ist der Ingenieur ohne technische Hilfe nicht mehr in der Lage, die enthaltenen Informationen und Beziehungen zu analysieren. Algorithmen und Machine-Learning-Systeme der ESI Group helfen hier, Zusammenhänge aufzudecken, die nicht offensichtlich zutage treten oder die Grenzen der vom einzelnen Ingenieur zu bearbeitenden Entwurfsaufgabe überschreiten. KEM Konstruktion: Was sehen sie als die nächsten größeren Herausforderungen in der Simulation an? Uhlig: Die Prioritäten festzulegen – bei den vielen Ideen, die unsere Kunden und wir haben. Dazu gehört unter anderem, nicht-nominales Verhalten mitzusimulieren. Denn die Realität weicht natürlich immer mit Toleranzen und Fehlern ab, Teile fallen aus; und sei es nur, weil sie altern. Es gilt also auch Randgrößen und Extrembedingungen zu kennen. Wir wollen daher auch das fehlerbehaftete Verhalten abbilden können. Und natürlich müssen wir mit unseren Modellbibliotheken am Ball bleiben; aktuelle Trends sind etwa Green Building oder Autonomes Fahren, wofür wir schon spezielle Lösungen anbieten. KEM Konstruktion: Auch das Industrial Internet of Things ist so ein Trend... Abel: Exakt, hier werden auch – wie vorhin schon erwähnt – die Modelle immer komplexer, da bisher statische Bauteile wie Sensoren nun intelligent zusammen agieren. In Zukunft werden auch diese Baugruppen selbst Modelle in sich tragen, die auf Systemen wie dem unseren entwickelt wurden. Das muss nicht zwingend nur ein Controller, sondern kann auch eine ganze Bergbaumaschine sein, die ohne Fahrer ihre Arbeit verrichtet. Man kann sagen, Systemsimulation ist überhaupt eine der entscheidenden Voraussetzungen für erfolgreiche Industrie-4.0-Projekte. Das Interview führte Tobias Meyer, freier Mitarbeiter der KEM Konstruktion Hinweis INFO Dieses Interview veröffentlichen wir in zwei Teilen: Wer noch mehr über konkrete technische Details und Möglichkeiten von SimulationX erfahren möchte, findet in Ausgabe 11/2016 der KEM Konstruktion die entsprechende Ergänzung. Zudem erläutern die Interviewpartner der ESI ITI GmbH dort ihre Sicht auf die Zukunft der Simulation und welche Herausforderungen hier noch zu meistern sind. K|E|M Konstruktion Systems Engineering 01 2016 47