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LERNEN MIT ZUKUNFT September 2018

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information & pädagogik Ein schmatzendes Geräusch: Matsch FÜR KINDER EIN STÜCK LEBENSGEFÜHL UND NATURABENTEUER Buchtipp Mehr Matsch! Kinder brauchen Natur Foto: © mialoebl.com Kinder brauchen Natur, um Menschen zu sein, fordert der Philosoph und Biologe Andreas Weber. DI (FH) Nadja Hillgruber Naturpädagogin Redaktionsleiterin für das digitale Fachblatt »Infothek Waldkinder«, Vorstandsmitglied und Projektleiterin: Naturprojekte bei der Feuervogel Genossenschaft für Naturpädagogik in der Schweiz www.feuervogel.ch Internationaler Tag des Waldkindergartens Fotos: © Nadja Hillgruber 20 | SEPTEMBER 2018 Wer selbst schon genüsslich seine Finger oder Zehen in Matsch getaucht hat, kennt dieses schmatzende Geräusch beim Auf- und Abtauchen aus dem erdigen Brei. Schlammig spielen die Gliedmassen in der Matschepampe und machen dabei neue sinnliche und kreative Erfahrungen. Wenn Kinder mit Matsch und Lehm spielen, dann setzen sie sich mit der Erde auseinander. Für Kinder ist es eine Naturbegabung mit Erde, Lehm und Matsch zu spielen, sie spüren dabei eine intensive erdige Sinneserfahrung. Die Kinder sind geradezu auf der Suche nach sinnlicher Erfahrung. Es gibt doch nichts Schöneres zu beobachten, wenn Kinder mit ihren Stöcken in Pfützen herumstochern. In der Vertiefung herumbohren, den Stock wieder herausziehen. Ganz vertieft im Spiel mit Stock, Pfütze und Erde. Dann gibt es auch die Kinder die noch zurückhaltend mit Matsch und Lehm umgehen. Kinder, die vielleicht unbewusst gelernt haben, dass Matsch gleich Dreck, statt dass Matsch gleich Erde ist. Es ist ein ganz konkretes «In-die- Hand-nehmen» und Bearbeiten eines Naturproduktes, welches eine direkte Kontaktaufnahme mit ihrer äusseren und inneren Welt darstellt. Wenn matschdistanzierte Kinder beobachten, mit welcher Spielfreude die anderen Kinder ihre Hände in die Erde, Matsch oder Lehm tauchen, lassen sie sich anstecken. Naturpädagogen wirken in dem Moment unterstützend, wenn sie sich auf das Spiel mit Matsch ebenfalls einlassen und begeisternd mitmachen. Durch das eigene Erleben werden Unsicherheiten der anderen Kinder genommen. Distan- zierte Kinder werden sich dann nach und nach darauf einlassen und den Matsch mit der Erde für sich entdecken. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie anfangen den Matsch sichtlich zu geniessen. Die veränderbare Konsistenz wie trocken-nass, weich-hart, leicht-schwer, fein-grob, bietet den Kindern vielfältige Ausdrucksmöglichkeiten. Eine Verständigung ohne Worte ist möglich. Das ist unsichtbares Lernen, es passiert einfach. Bedeutung ihrer Erfahrung Erde wird durch Kinderhände zum Leben erweckt. Durch kneten, formen, matschen, krümeln, eintauchen, glitschen, schmatzen lernt das Kind begreifen. Mal fühlt es sich nass, feucht, kühl, hart, breiig oder eklig an. Das Formen ist ein schöpferischer Akt, der zum Leben erwacht, wenn Landschaften oder Figuren entstehen. Durch Verzieren mit Steinen, Ästen, Blättern, Zapfen, Blumen bekommt die Form eine Seele. Zunächst entsteht alles im Inneren des Kindes, ehe es durch seine Hände Gestalt annimmt. Spielerisch formen die Kinder ihr Denken und bewegen ihre Phantasie. Als stiller Beobachter lassen die Objekte die Naturpädagogen an der geheimnisvollen Welt, in der sich die Kinder bewegen, teilhaben. Das ist ein wahres Geschenk. Das Spielen und Formen mit Erde, Lehm und Matsch ist ein Malen von dreidimensionalen Bildern. Sie entwickeln ihre eigenen Geschichten. Es sind Momentaufnahmen, was die Kinder gerade innerlich bewegt. Diese Naturprodukte können dabei wie Worte sein. Das Spielen mit Lehm, Erde oder Matsch schafft für Kinder eine Brücke zwischen dem Bewussten und dem Unbewussten. Reflexion aus dem Spiel mit Matsch Formen und Figuren lassen sich mit Stöcken in den Matsch zeichnen. Der Kreis ist das Ur-Symbol des Lebens und besitzt die grösste

heilende Wirkung. Das Spielen mit den Naturmaterialien fördert die Stabilität und innere Sicherheit sowie die Naturverbundenheit. Für Naturpädagogen ist es wichtig sich auf dieses Spiel einzulassen. Kinder brauchen keine Vorgaben, wenn sie mit Lehm, Erde oder Matsch spielen, jedoch eine liebevolle, impulsgebende und achtsame Begleitung. Kinder können sich im Spielen mit Lehm und Erde ständig neu ausprobieren. Die Bedürfnisse der Kinder werden im Spiel mit Matsch auf natürliche Weise gestillt und je nach Entwicklungsstand werden neue Herausforderungen gesucht. Welche 13 sinnliche Experimente machen Kinder mit Erde, Matsch und Lehm? • Wenn Kinder Naturmaterialien in Händen halten oder barfuss darinstehen, spüren sie sich • Wenn Kinder Naturmaterialien durchlaufen oder mit den Händen zusammendrücken, hören sie, wie es schmatzt • Naturmaterialien können verschiedene Farben haben, die die Kinder erkennen und benennen • Über den Matsch nehmen Kinder den Geruch der Erde wahr • Manches Kind probiert, um zu wissen, wie Erde schmeckt • Auf der Haut spüren die Kinder die Feuchtigkeit und Kühle • Es kitzelt, wenn feuchte Erde auf der Haut eintrocknet, die Matschschicht bekommt Risse und blättert ab • Die Temperatur von Erde, Matsch und Lehm kann warm oder kalt sein • Trocknet der Matsch, entstehen Erdbrocken, die zerbröselt werden können • Im Winter gefriert der Matsch und wird steinhart • Mit Stöcken oder Steinen können harte Matschkumpen zerkleinert werden • Harte Matschbrocken werden mit Wasser wieder weicher • Der Matsch ist Wohnraum für lebende Tiere, die entdeckt werden Foto: © pixabay.com 21 | SEPTEMBER 2018