TRENDHerausforderung Nachfolge Generationswechsel – kleine und mittelständische Maschinenbaubetriebe regeln ihre Nachfolge Zukunft aus Herkunft Zehntausende Familienbetriebe, vom Maschinenhersteller bis zum Lohnfertiger, stehen aktuell und in den kommenden Jahren vor einem Generationswechsel. Nachfolger sind gesucht. Wie lässt sich ein mittelständisches Unternehmen kontinuierlich in die Zukunft führen? Unabhängig von Banken und Unternehmensberatern haben wir direkt betroffene Senioren und Junioren gefragt. Autor: Konrad Mücke Chancen und Risiken ■■■■■■ Seniorunternehmer, die demnächst ihren Betrieb aufgrund ihres Alters oder auch vorzeitig wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen abgeben wollen, verfolgen stets ein vorrangiges Ziel. Sie wollen den Wert des Unternehmens auf längere Sicht erhalten. So äußerten sich zum Beispiel Reiner Kern, der noch einen kleinen Anteil am Hechinger Werkzeughersteller Kern GmbH + Co. KG hält, und Thomas Burger, der seit dem Jahr 1993 als geschäftsführender Gesellschafter die Burger Group in Schonach führt. Dieser Aspekt gilt für Unternehmen, die erst in die zweite oder dritte Generation gehen, ebenso wie Betriebe, die sich schon seit knapp 200 Jahren und somit inzwischen in fünfter oder sechster Generation in Familienhand befinden. Obwohl fast 90 Prozent der Unternehmer Kinder haben, finden nur knapp die Hälfte einen Nachfolger in der Familie. Oft sehen die Seniorunternehmer die Qualifikationen ihrer Kinder deutlich kritischer als außenstehende Dritte. Sie können meist nur schwierig einschätzen und beurteilen, ob sich der Familiennachwuchs für die Nachfolge eignet. Eine Chance ergibt sich aus der Beschäftigung der Kinder zunächst als angestellte Manager oder Bereichsleiter. Aufgaben im Marketing und im Verkauf zeigen rasch die persönliche, menschliche und fachliche Eignung. Zudem eignen sich eine Ausbildung und weiterführende Tätigkeiten in externen Unternehmen, beispielsweise bei Handelspartnern, um einerseits ausreichende Qualifikationen zu erlangen, andererseits die persönliche und fachliche Eignung zu beurteilen. Auch die Nachfolger können hierbei selbstkritisch abschätzen, ob sie der anstehenden Aufgabe einer Unternehmensnachfolge gewachsen sind. Von sozialer Verantwortung geprägt Als besonderen Antrieb, den Nachfolger zum Führen des eigenen mittelständischen Unternehmens zuvorderst innerhalb der Familie zu finden, führen die Senioren nahezu ausnahmslos die soziale Verantwortung an. Mittelständische Unternehmer sind gesellschaftlich fest in einem Ort und einer Region verwurzelt. Sie pflegen den Kontakt zu möglichst allen Beschäftigten und fühlen sich persönlich für deren Wohlergehen verpflichtet. Dies gilt auch noch, wenn das Unternehmen inzwischen mehrere hundert Beschäftigte hat und global vertreten ist. Dass dieser Gedanke auch die Nachfolgegeneration leitet, die derzeit an den Start geht, versichert unter anderem Manuel Burger. Er wird demnächst in sechster Generation die Leitung der Burger Group übernehmen. „Selbstverständlich gibt es auch einen latenten Druck und familiäre Erwartungen“, sagte er bei einer Veranstaltung des WVIB Wirtschaftsverband Industrieller Unternehmer Badens in Denzlingen. Doch er selbst fühle sich seit früher Kindheit mit den in vielen Jahren entstandenen Werten des Familienunternehmens verbunden. Er habe sich bereits früh mit unternehmerischen Aufgaben und Zielen identifiziert. Dafür hatten sicher auch die Vorbilder in der Familie gesorgt. Wie Manuel Burger berichtet, habe sein Vater immer wieder die besonderen Vorteile eines Unternehmers hervorgehoben. So habe er, Manuel Burger, bereits früh erkannt, welche Chancen ein Familienunternehmen bietet, technisch und wirtschaftlich selbst sein Umfeld zu gestalten. Dies betrachtet er als besonderen Vorzug – trotz der auch zu meisternden Aufgaben hinsichtlich technischer, wirtschaftlicher und persönlicher Belange. Er hat dafür ein spezielles Verb gefunden. Wie er betont, sei er „reinbegeistert“ worden. In diesem Zusammenhang sprechen Familienunternehmer oft auch vom „Unternehmer- Gen“, das vererbt wird. Unternehmerisches Interesse als „Erbgut“ Ähnlich äußert sich auch Thomas Kläy. Er hat erst jüngst in dritter Generation von seinem Vater und seinem Onkel die Safos AG im Schweizer Wangen bei Zürich übernommen. Auch für ihn war schon in seiner Ju- 22 Mai 2018
gend klar, dass er den Familienbetrieb fortführen wird. Wie er bestätigt, ist dies stets die optimale Situation. Denn ohne Überzeugung fehle das unternehmerische Engagement. Und das sei unabdingbar nötig, um speziell einen mittelständisch aufgestellten Betrieb erfolgreich weiterzuführen. Hinzu rechnet er die Gefahr, dass bei einem Veräußern des Unternehmens an externe Manager oder an einen größeren Unternehmensverbund die soziale Verpflichtung verloren geht. Wie Kläy befürchtet, könne das letztlich zu wesentlichen Umstrukturierungen und sogar zum Verlust des gesamten Betriebs führen. Seiner Ansicht nach muss das ein engagierter Nachfolger innerhalb der Familie verhindern, indem er selbst die Geschäfte fortführt. Neben Emotionen fachliche Kompetenz unabdingbar Dabei spricht er einen weiteren Aspekt an, den nahezu sämtliche Senioren und Junioren als besonders kritisch ansehen. Der gute Wille zur Übernahme des Familienbetriebs reicht nicht. Dies bestätigt auch Reiner Kern in Hechingen. Hinzu müssen die fachliche und die persönliche Eignung und Qualifikation kommen. Mit diesem Aspekt beschäftigen sich Senioren besonders intensiv. Er trägt auch dazu bei, dass eine Nachfolge meist über mehrere Jahre geplant und strukturiert abläuft. Die Nachfolger müssen eine Ausbildung durchlaufen, die sie zum Führen des Unternehmens ausreichend befähigt. Dies bestätigt auch Jochen Schmigalla, der zusammen mit seinem Bruder Steffen in Leonberg die MAS GmbH in zweiter Generation führt. Wie er berichtet, gehört zu Obwohl fast 90 Prozent der Unternehmer Kinder haben, finden nur knapp die Hälfte einen Nachfolger in der Familie. Bild: Fotolia, cirquedesprit einer Nachfolge genügend Distanz zum eigenen Unternehmen. Dazu tragen vor allem eine Ausbildung und einige auch verantwortliche Tätigkeiten und Positionen in externen Betrieben bei. „Lehrjahre außerhalb des eigenen Unternehmens verhindern, dass man den ‚alten Stiefel‘ einfach weiterführt. Und zu einer erfolgreichen Generationenfolge gehört, zukunftsgerichtete Ideen und Strategien unabhängig von den bereits bekannten Abläufen in das elterliche Unternehmen einzubringen“, führt Jochen Schmigalla aus. Dies kann manchmal über Umwege geschehen, wie bei Martina Gerster im Schweizer Egerkingen. Frei von Erwartungen und Verpflichtungen studierte sie zunächst für ein Lehramt an öffentlichen Schulen. Für wenige Jahre war sie in diesem Beruf tätig. Zwischenzeitlich hatte ihr Vater die mittelständische Härterei, die er in zweiter Generation führte, an leitende Manager verkauft. Wie Martina Gerster berichtet, fühlte sie sich dennoch dem Familienunternehmen eng verbunden. „Schon als Kind bewegte ich mich fortwährend im Unternehmen und kannte unsere Beschäftigten. Das schafft eine emotionale Bindung“, sagt sie dazu. So absolvierte sie – neben ihrem Beruf als Lehrkraft an öffentlichen Schulen – eine technische und eine kaufmännische Weiterbildung im Abend- und Fernstudium. Damit qualifizierte sie sich, den ehemals väterlichen Betrieb zu übernehmen. Dies ist ihr auch gelungen. Sie erläutert dazu: „Zu dieser Entscheidung gehört zum einen Mut, zum anderen viel Herzblut. Man darf sich allerdings nicht nur emotional leiten lassen, sondern muss vernünftig Mai 2018 23
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