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mav 06.2021

01Maschinen Komplexe

01Maschinen Komplexe Geometrien, hochfeste Werkstoffe und lückenlose Prozessüberwachung Mill-Turn-Technologie beflügelt Triebwerkskomponenten Geringerer Treibstoffverbrauch, reduzierte Emissionen und deutlich weniger Lärm – um das zu erreichen, spielen bei Flugzeugen die Triebwerke eine entscheidende Rolle. Komplexe Geometrien, hochfeste Werkstoffe und eine lückenlose Prozessüberwachung sind für die Sicherheit und den Fortschritt bei der Herstellung entscheidend. Mit den Mill-Turn-Varianten seiner High-Performance-Bearbeitungszentren erfüllt Hermle die Anforderungen an die anspruchsvolle Fertigung von rotationssymmetrischen Triebwerkskomponenten wie Blisks. ■■■■■■ „Rotate“ heißt das Kommando im Cockpit, sobald die Geschwindigkeit und damit der Auftrieb ausreichen, um die Schwerkraft zu überwinden. Grundvoraussetzung dafür ist das richtige Flügelprofil, entscheidend jedoch die Umströmung. Diese wird erst durch den Schub erzeugt, für den die Triebwerke verantwortlich sind. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts sind Zweistrom-Strahltriebwerke, auch Turbofans oder Bypass- Triebwerke genannt, die meistgenutzten Flugzeugantriebe. Ihr Prinzip beruht auf der Rückstoßwirkung. Dabei ist dem Kompressor und der Brennkammer ein im Durchmesser deutlich größerer Fan – das von außen sichtbare Schaufelblatt-Rad – vorgelagert. Dieses stößt einen großen Teil der Zuluft an dem Kerntriebwerk vorbei und erzeugt damit den Schub. Angetrieben wird der Fan durch das Kerntriebwerk, das somit nur einen geringen Anteil am Gesamtschub hat. Moderne Triebwerke arbeiten mit mehreren Wellen und einem Getriebe, um die Drehzahl des Fans von der Turbine zu entkoppeln. Die Entwicklung und schrittweise Optimierung des Mantelstrom-Triebwerks hat enorme Fortschritte in puncto Treibstoffeffizienz und Leistung gebracht. Ein wichtiger Faktor dabei ist das sogenannte Nebenstromverhältnis zwischen den Luftmassenströmen des Nebenstroms, der um die Turbine herum verläuft, sowie des Kernstroms. Während moderne Triebwerke mittlerweile ein Nebenstromverhältnis von etwa 10:1 erreichen, arbeiten ältere Triebwerke noch mit Werten von 5:1. Zukünftige Antriebe sollen ein Nebenstromverhältnis von 15:1 ermöglichen und damit deutlich sparsamer und leiser sein. Technischer Fortschritt Personen- und Warentransport über den Luftweg sind nicht mehr wegzudenken – auch wenn durch die Corona-Krise aktuell ein massiver Einbruch stattfindet. 2019 gab es an deutschen Flughäfen laut dem Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) insgesamt über 248 Millionen an- und abreisende Fluggäste, und Komplexe Geometrien und große Bauteile wie dieses Fan-Modul – beides schafft die C 62 U MT dynamic. Bild: Hermle 30 Juni 2021

Die C 62 U MT dynamic ist das Topmodell der Hermle High-Performance-Line und bearbeitet bis zu 2500 Kilogramm schwere Bauteile effizient und hochdynamisch. Bild: Hermle es wurden mehr als 4,9 Millionen Tonnen Luftfracht umgeschlagen. Wie schnell diese Zahlen nach der Krise wieder erreicht werden, ist schwer vorherzusagen. Dass sie wieder ansteigen, steht außer Frage. Entscheidend für die Zukunft der Luftfahrt sind sowohl ökonomische als auch ökologische Aspekte. Oberstes Ziel ist es, den Treibstoffverbrauch sowie die Emission von Schadstoffen und Geräuschen zu reduzieren. Die ACARE (Advisory Council for Aeronautics Research in Europe), ein europäisches Beratungsgremium mit Mitgliedern aus der Europäischen Kommission und der Luft- und Raumfahrtindustrie, hat im Rahmen ihrer Forschungsund Innovationsstrategie dazu konkrete Entwicklungsziele benannt: Laut dem „Flightpath 2050“ sollen bis 2050 die CO 2 -Emissionen um 75 und die NOx-Emissionen um 90 Prozent pro Passagierkilometer verringert werden. Bei der Lärmbelästigung fordert die ACARE eine Senkung um 65 Prozent. Um diese Ziele zu erreichen, arbeiten die Flugzeugund Triebwerksentwickler an der Verbesserung der Aerodynamik, des Flugzeuggewichts, des Treibstoffes sowie der Triebwerke. In ihnen steckt derzeit das größte Potenzial, die ambitionierten Ziele zu erreichen. Dabei sind zwei physikalische Stellgrößen besonders relevant: der Vorschubwirkungsgrad sowie der thermische Wirkungsgrad. Neue Niederdrucksysteme tragen zur Erhöhung des Nebenstromverhältnisses bei und generieren somit mehr Schub bei geringerem Verbrauch. An die theoretischen Grenzen des thermischen Wirkungsgrads gelangen Entwickler unter anderem durch höhere Drücke, Temperaturen oder Komponentenwirkungsgrade mithilfe neuartiger Kerntriebwerke – hier herrschen Temperaturen über 2000 Grad Celsius. Um die Ge- räuschentwicklung zu reduzieren, variieren sie unter anderem die Form und Anzahl der einzelnen Schaufeln des Fans. Stetig steigende Belastungen Komplexere Geometrien, höhere Drücke und kritischere Temperaturen – jede Effizienzsteigerung bedeutet auch eine stärkere Belastung der Triebwerkskomponenten und damit der Werkstoffe und der Fertigungsverfahren. Die Maschinenfabrik Berthold Hermle AG ist für ihre hochpräzisen Fräsmaschinen und Bearbeitungszentren bekannt. 2010 stellte der Zerspanungsspezialist mit der C 42 U MT seine erste MT-Maschine (Mill-Turn) vor. „Das war eine Initialzündung für den großen Einstieg in die Aerospace-Branche“, erinnert sich Martin Wener, Leiter Key-Account-Management bei Hermle. „Früher hatten wir diese Branche nicht sonderlich im Fokus, auch wenn natürlich unsere Fräsmaschinen schon vorher bei den Triebwerksherstellern im Einsatz waren.“ Durch die MT-Technologie erweiterte Hermle seinen Anwenderkreis und spricht nun auch Trieb- In die Fandisc werden später die Fanblades eingehängt. Sie wurde auf einer Hermle C 62 U MT dynamic gefertigt. Bild:Hermle Juni 2021 31

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