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medizin&technik 05.2022

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■ [ MEDIZIN IM DIALOG

■ [ MEDIZIN IM DIALOG ] VISITEWAGEN FÜR TELEMEDIZIN: SELBST IST DIE KLINIK Telemedizin | Damit Fachärzte aus dem Universitätsklinikum Würzburg Kollegen in peripheren Krankenhäusern telemedizinisch beraten können, ist IT erforderlich. Verfügbare Lösungen entsprachen aber nicht allen Anforderungen. Ein Team aus der Medizininformatik hat mit Intensivmedizinerin Dr. Nora Schorscher nun einen Tele - intensivwagen entwickelt, der nur marktübliche Komponenten nutzt. Dr. Nora Schorscher ist Intensivmedizinerin am Universitätsklinikum Würzburg und hat das Entwicklungsprojekt „Teleintensivwagen“ geleitet ■ Bayernweiter Einsatz denkbar Wir wollten ein System, das in jedem hen die behandelnden Mediziner und – unabhängig davon, wie weit die Digitalisierung dort vorangeschritten ist. Es sollte einfach zu bedienen sein, robust und kostengünstig. Uns war auch klar, dass es ein mobiles System sein muss, das an jedem Bett verwendet werden kann, an dem es gerade gebraucht wird. Und wir mussten dafür sorgen, die Vorgaben des Datenschutzes einzuhalten. Das haben wir mit unseren Fachleuten aus dem Servicezentrum Medizininformatik diskutiert – und diese kamen zu dem Schluss, dass wir das selbst umsetzen und, unabhängig von Herstellern, ■ Frau Dr. Schorscher, wie entstand die Idee, am Universitätsklinikum Würzburg eine eigene Lösung für telemedizinische Visiten in der Intensivmedizin zu entwickeln? Wir hatten im Verlauf der Coronavirus- Pandemie sehr viele Fälle, für die wir nur am Telefon mit dem behandelnden Team vor Ort besprechen konnten, ob bestimmte Patienten eine Maximalversorgung bei uns brauchen oder auch im wohnortnahen Krankenhaus sehr gut versorgt werden können. Eine telemedizinische Lösung hätte uns dabei sehr geholfen. Dieses Thema hatten wir auch vor der Pandemie diskutiert und sogar schon Fördergelder beantragt. Aber alle Systeme, die dazu vorgestellt die Komponenten selbst auswählen und kombinieren können. ■ Welche Möglichkeiten bietet Ihnen der Teleintensivwagen heute? Wir haben bisher einen Prototypen entwickelt, ihn zusammen mit dem ersten peripheren Krankenhaus getestet und gleich einige Dinge verbessert. Die aktuelle wurden, haben aus unserer Sicht Nachteile. Version umfasst nun einen Wa- Sie brauchen spezielle Ausrüstung gen mit Bildschirm, mehreren Kameras, an jedem einzelnen Patientenbett, sind Mikrofon, einem Headset und einer komplex oder schlicht zu teuer. Angesichts Augmented-Reality-Brille. Wenn Inten- IHR STICHWORT der angespannten Lage in der sivmediziner in einem Krankenhaus ei- Pandemie haben wir dann im November nen Fall mit den Kollegen hier im Uni- 2021 entschieden, dass wir es mit versitätsklinikum Würzburg diskutieren ■ Telemedizinische Unterstützung einer eigenen Lösung versuchen. möchten, steht der Wagen am Bett des auf der Intensivstation Patienten. Die gemeinsame Visite ist ■ Visitewagen in Eigenregie entwickelt, ■ Welche Ziele wollten Sie damit dann im Prinzip ein Video-Call über nach den Wünschen der Mediziner erreichen? Zoom. Wir sehen den Patienten, wir se- peripheren Krankenhaus einsetzbar ist können miteinander sprechen. Alle Da- (Bild: Universitätsklinikum Würzburg) 14 medizin&technik 05/2022

ten zum Patienten können wir einsehen, indem die Ärzte vor Ort zum Beispiel Bilddaten auf einem Laptop anzeigen und diesen Bildschirm inhalt teilen. Die Daten verlassen also nicht das Krankenhaus, in dem der Patient behandelt wird. ■ Nutzen Sie dafür spezielle Software? Nein, alles läuft über die noch relativ neue Funktion Zoom on premise, die unser Partner Zoom Deutschland zur Verfügung stellt. Und für die garantiert ist, dass alle Daten in Würzburg gehostet werden. ■ Wozu sind Headset und AR-Brille am Visitewagen erforderlich? Die AR-Brille nutzen wir, damit der Wagen nicht in ein Patientenzimmer gebracht werden muss, wenn dort eine Wir wollten unser System möglichst unabhängig von Herstellern aufbauen hochinfektiöse Erkrankung diskutiert werden soll. Das Headset war eine der Erweiterungen, die wir nach ersten Praxistests ergänzt haben – um die Visite auch bei eventuellen Nebengeräuschen ungestört durchzuführen. ■ Sie haben ausschließlich handelsübliche Elemente verwendet. Warum? Wir wollen unabhängig bleiben, selbst entscheiden, welche Kamera oder welcher Laptop unseren Anforderungen am besten entspricht. Wenn Lieferengpässe (Bild: Universitätsklinikum Würzburg) auftreten oder sich der Markt verändert, können wir zu einem anderen, besseren oder günstigeren System wechseln oder etwas austauschen. ■ Wie zufrieden sind Sie mit dem bisherigen Ergebnis und was planen Sie? Wir wollten, in Abstimmung mit allen Universitätskliniken in Bayern, das Konzept umsetzen und zeigen, dass es so funktioniert. Dieses Ziel haben wir erreicht und sind mit den Resultaten sehr zufrieden. Derzeit nutzen wir den Tele - intensivwagen mit insgesamt drei peripheren Krankenhäusern, mit denen wir zusammenarbeiten. Dabei werden sich sicherlich weitere Veränderungen oder Erweiterungen ergeben. Unsere Lösung haben die anderen Unikliniken sehr positiv aufgenommen – der nächste Plan wäre, unsere Wägen bayernweit in einer Testphase zur Verfügung zu stellen. ■ Mussten Sie zugunsten des einfachen und robusten Systems bei Ihren Anforderungen auf etwas verzichten? Lässt sich bei Bedarf an jedes Bett auf der Intensivstation rollen: Der Würzburger Wagen für die Teleintensivmedizin ermöglicht auf einfache Weise – als One-Touch-Lösung – den Kontakt zu Experten in der Uniklinik Der einzige Punkt, bei dem wir an Grenzen kamen, war die Akkuleistung. Für Krankenhäuser, die noch nicht mit digitalisierten Patientenakten arbeiten, brauchten wir einen Dokumentenscanner am Wagen. Zusätzlich dazu können wir höchstens drei Kameras am Wagen einsetzen, auch wenn eine vierte vielleicht wünschenswert gewesen wäre. ■ Was würden Sie an dem bei Ihnen entwickelten System gern noch ausbauen? Wenn wir den Teleintensivwagen in ganz Bayern nutzen wollen, brauchen wir eine Plattform, auf der wir Patientendaten sicher speichern können. Die Ergebnisse jeder gemeinsamen Visite müssen ja bei uns dokumentiert und auch an die peripheren Krankenhäuser sicher weitergegeben werden können. An einer entsprechenden Lösung arbeiten wir schon. Ein weiterer Punkt ist die Anmeldung. Bisher finden die telemedizinischen Visiten zu vereinbarten Terminen statt. Langfristig sollte der Rat von Experten natürlich auch im Die braucht jeder Servokupplungen für alle Antriebskonstellationen - günstiger Preis - breite Produktpalette - kurze Lieferzeit Besuchen Sie uns auf der Motek, Halle 1 / Stand 1605 www.mayr.com 05/2022 medizin&technik 15 Unbenannt-1 1 30.08.22 12:58

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