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NK 03_2017

TITELINTERVIEW 17 „DAS

TITELINTERVIEW 17 „DAS PROBLEM IST DIE VÖLLIG AUS DEM RUDER GELAUFENE ZINSPOLITIK DER EZB“ In den Bundesländern Saarland, Schleswig-Holstein und Nordrhein- Westfalen stehen die Landtagswahlen an. Im Herbst folgt die Bundestagswahl, die eine Veränderung der bisherigen Parteienlandschaft mit sich bringen könnte. Aktuelle Wahlumfragen der Forschungsgruppe Wahlen prognostizieren, dass die FDP mit sechs Prozent wieder in den Bundestag einzieht, die AFD 13 Prozent der Bundestagssitze belegen soll, während die bisher im Bundestag vertretenen Parteien zumindest aktuell durchschnittlich die gleichen Wahlergebnisse einfahren könnten wie 2013. Bis September kann sich aufgrund der aktuellen Themen allerdings in jeglicher Richtung noch viel tun. Network-Karriere wird sich in den kommenden Monaten in den Titel-Interviews ausführlich mit den aktuellen politischen Fragen beschäftigen und die prominenten Politiker zu ihren Wahlkampf- und Zukunftsthemen befragen. Wir starten diese Serie mit Christian Lindner, dem Bundesvorsitzenden der Freien De­ mokraten und Vorsitzenden von Landtagsfraktion und Landesverband der FDP in NRW. Network-Karriere: Die aktuellen Wahlprognosen sehen für die FDP gut aus. Sie dürften in Schleswig- Holstein und Nordrhein-Westfalen weiter zulegen und könnten es im Saarland wieder in den Landtag schaffen. Für die Bundestagswahl wird der FDP ein Wahlergebnis um ca. sechs Prozent vorhergesagt. Worauf ist dieser voraussichtliche Pro-FDP-Umschwung zurückzuführen? Christian Lindner: Nachdem wir 2013 aus dem Deutschen Bundestag ausgeschieden sind, wollten ja plötzlich alle anderen Parteien liberal sein: Union, Grüne, SPD. Man hat ja fast nur noch darauf gewartet, dass Gregor Gysi den Liberalismus für die Linkspartei reklamiert. Aber die politische Realität der letzten fast vier Jahre ist eben eine andere: Frau Nahles hat die Rentenreform abgewickelt, Herr Gabriel bekam die Energiewende nicht in den Griff, die Union schaut tatenlos zu, wie Steuern und Abgaben weiter steigen und Europa in eine Schuldenvergemeinschaftung abgleitet und die Grünen attackieren mit ihren Plänen für eine Vermögenssteuer unseren Mittelstand. Das alles ist alles andere als liberal. Vier Jahre große Koalition im Deutschen Bundestag, der eine Opposition aus Grünen und Linkspartei gegenübersteht, haben gezeigt: Es fehlt eine politische Farbe im Parlament. Wenn die schwarz-rote Bundesregierung über mehr Steuern, mehr Abgaben, mehr Bürokratie spricht, dann kritisiert die Bundestagsopposition aus Linkspartei und Grünen nur, dass das immer noch nicht genug Steuern, Abgaben und Bürokratie sind. Es fehlt eine Stimme, die zu Maß und Mitte anregt, die auf marktwirtschaftliche Lösungen und den Einzelnen setzt. NK: In der Vergangenheit stand die FDP für die Lebensqualität der Mittelschicht der Bürger, für den unternehmerischen Mittelstand, für Bildung, Familie und eine gerechte Steuerbelastung. Wofür steht die FDP heute in erster Linie? Christian Lindner: Wir wollen den Einzelnen groß machen – nicht den Staat und die Bürokratie. In letzter Zeit wird in Deutschland in der politischen Debatte doch nahezu nur noch über Flüchtlinge und Super- Super-Reiche gesprochen. Es gibt aber Millionen Menschen dazwischen, die eben nicht in Not sind oder am anderen Ende der Skala stehen. Wo finden sich diese Millionen Menschen aus der Mitte der Gesellschaft eigentlich in der politischen Diskussion wieder? Wo wird über deren Themen gesprochen? Die verfolgen, dass sich die große Koalition über Monate mit einer Pkw-Maut beschäftigt, die mehr kostet als sie Einnahmen bringt. Die stellen fest, dass die Straßen, über die sie fahren, voll mit Schlaglöchern sind und dass nicht selten noch die Funklöcher dazu kommen. Bringen die den Fahrraddiebstahl zur Anzeige, sagt die Polizei „Tut uns leid“ und nimmt das gar nicht mehr auf. In der Schule stellen sie fest, dass die eigenen Kinder nicht mehr zur Toilette gehen, weil die Toilette in einem so schlechten Zustand ist. Diesen Menschen aus der Mitte der Gesellschaft machen wir ein Angebot. Faire Steuern und Abgaben, bessere Infrastruktur, beste Bildung, Ausbau digitaler Netze, ein neuer Schwerpunkt auf Forschung unserer Zukunftsthemen und eine Stärkung des Rechtsstaats. Der Dreiklang aus Marktwirtschaft, starkem Rechtsstaat und offener Gesellschaft ist unverkennbar FDP. NK: Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander. Konkret gefragt, was muss sich in Deutschland ändern? Christian Lindner: Wir haben in Deutsch land auch durch Sondereffekte einen erfreulich robusten Arbeitsmarkt. Es sind so viele Menschen in Arbeit wie nie zuvor. Diese hohen Beschäftigungszahlen führen dazu, dass die Schere zwischen Arm und Reich sich bei den Erwerbstätigen eher schließt, als dass sie weiter aufgeht. Das echte Problem ist die völlig aus dem Ruder gelaufene Zinspolitik von Mario Draghi und der Europäischen Zentralbank. Herr Draghi wollte den Regierungen mit Null-Zins und Anleihenkauf Zeit

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