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2021-4 REISE und PREISE

FINNISCH-LAPPLAND

FINNISCH-LAPPLAND 200.000 Rentiere laufen in Finnland frei herum – viele mit GPS-Halsband Lappland ist bekannt für seine saubere Luft, unberührte Natur und unendlichen Wanderspaß. Doch Finnlands nördlichste Region hat weit mehr zu bieten: die Kunst der Ureinwohner, Rentiere in freier Wildbahn, eine Amethyst-Mine und ein Weihnachtsmanndorf. WEIHNACHTEN DAS GANZE JAHR Künstlerin Irene mit Schamanentrommel und Souvenirs aus Rentierknochen Blick auf die Strom- schnellen von Äkäsmylly im Nordwesten von Lappland

VON MARTINA KATZ Birkenrinde ist bei uns eine Art Allzweckmittel«, sagt Niko Mikkonen. Der 31-jährige Finne, der schon viele Touristen durch die Weiten Lapplands geführt hat, steckt in einem himmelblauen Outdooranzug. Er kniet vor einem Birkenstamm auf dem Bohlensteg durch das Moor des Naturparks Vaattunkiköngäs und zieht einen Streifen Rinde ab. »Die ist wie Leder. Damit zünden wir Feuer an und binden Zäune zusammen«, ergänzt er. Rechts und links des Stegs stechen Sumpfseggen aus dem Moorwasser, und Dutzende Baumstämme ragen in den Himmel. An manchen klebt Zunderschwamm, ein Pilz, der wie weißes Baiser anmutet. An anderen hängt knallgrünes Trollhaar. Die mineralienhaltige Flechte ist eine Leibspeise der Rentiere. »Viele Bäume hier sind tot. Da sie im Wasser stehen, können sie kaum Wurzeln bilden. Manche sind auch vom Blitz erschlagen«, weiß Niko. Kilometerweit führt der Bohlenweg durch die urwüchsige Landschaft, gepflegt durch die Forstbehörde, aus Steuergeldern und Mitteln der EU. Um zu sparen, werden ehemalige Strommasten als Stegmaterial genutzt. Alle fünf bis zehn Jahre werden sie ausgetauscht. »Damit auf dem verrotteten Holz niemand stolpert. Trotzdem fällt ab und zu ein unachtsamer Parkbesucher in das Moor. Und das ist bis zu einem Meter tief«, sagt Niko und grinst. Der Naturpark Vaattunkiköngäs liegt in einem 36 qkm großen Wandergebiet am Polarkreis. Heidelbeer- und Fichtenwald, Moore und grüne Inseln erstrecken sich hier am Fluss Raudanjoki. Spechte flattern durch die Luft, Grünschenkel stolzieren umher. Manchmal kreist ein Steinadler – ein stilles Idyll. Der Weihnachtsmann wohnt am Polarkreis Kaum vorstellbar, dass nur einen Katzensprung entfernt in Rovaniemi der internationale Tourismus boomt. Der 63.000-Seelen-Ort liegt 800 km nördlich von Helsinki an der Europastraße 75, die sich von Süd nach Nord durch das ganze Land zieht. Früher durch Pelzhandel zu einigem Wohlstand gekommen, im Krieg dann komplett zerstört, wirbt die Stadt heute mit dem modernen Museum Arktikum, beheizbaren Gehwegen in ihrer Fußgängerzone – Abwasser der Wohnhäuser macht es möglich – und einem Weihnachtsmanndorf. Das Dorf, eher ein Platz an der Polarlinie, umgeben von beleuchteten Shop-Häuschen mit Zipfeldach, gibt an einem verschneiten Winterabend ein märchenhaftes Bild ab. »Wir haben Weihnachtsmänner und Elfen in allen Größen und Formen, Christbaumschmuck und Santa-Socken, das ganze Jahr über«, sagt Hara- PERFEKT GEPLANT MIT Ob Hotel, Flug, Mietwagen oder Pauschalreise. Wir weisen Ihnen den Weg zum günstigsten Anbieter. www.reise-preise.de/finnland Verkäuferin Haravelli im Weihnachtsmanndorf »Wir haben Weihnachtsmänner und Elfen in allen Größen und Formen, Christbaumschmuck und Santa- Socken, das ganze Jahr über« velli. Die vollschlanke Lappländerin hinter dem weihnachtlichen Verkaufstresen zupft ihren Elfenhut aus Filz zurecht, während draußen die Sommersonne scheint. »An manchen Tagen stehen die Besucher Schlange, um ein Foto mit dem Weihnachtsmann zu machen. Seit Neuestem gibt es sogar eine Weihnachtsfrau«, erzählt Haravelli stolz. In Santas Postamt kann man schon Monate vor dem Fest Weihnachtspost in einen roten Briefkasten stecken. Die Schreiben werden aufbewahrt, mit einem Stempel vom Polarkreis versehen und rechtzeitig zum 24. Dezember versandt. Ein findiges Geschäft, werden doch allein von hier jedes Jahr rund zwei Millionen Postkarten zum Heiligen Abend verschickt. Die Ureinwohner halten ihre Traditionen aufrecht Lappland ist größer als Österreich, hat aber nicht einmal zwei Einwohner pro Quadratkilometer. Berühmt ist die Region für die saubere Natur, die Mitternachtssonne, Polarnächte und ihre Ureinwohner, die Samen. Zwar zählt das indigene Volk nur noch vier Prozent der Bevölkerung und gerade die Jüngeren verlassen Lappland auf der Suche nach Arbeit, doch die Verbliebenen erstarken zunehmend in ihrem Selbstbewusstsein. Dazu tragen eine eigene parlamentarische Vertretung bei, die offizielle Anerkennung des Samischen als Amtssprache und ein samischsprachiger Radiosender. »Ich finde es wichtig, dass wir auch unser traditionelles Handwerk am Leben halten, und das im Einklang mit der Natur. Deshalb verarbeiten wir nur, was die Natur uns spendet«, sagt Irene Kangasniemi. Die 61-jährige Samin arbeitet mit ihrem Mann Ari als Künstlerpaar in den Wäldern nördlich von Rovaniemi. In ihrem Atelier in einer Blockhütte stapeln sich Schamanentrommeln und Lampenschirme aus Birkenrinde DIE AUTORIN EMPFIEHLT Finnisch-Lappland im Winter Von Dezember bis März werden täglich Schlittenfahrten durch die verschneiten Wälder angeboten. Der Schlitten wird von einem Schneemobil gezogen (ab € 59/ Pers., 1 Std., wildnordic.fi). Wer lieber selbst Schneemobil fahren möchte, kann das auf den Waldstrecken rund um Rovaniemi tun (u. a. zu einer Rentierfarm und dem Weihnachtsmanndorf, ab € 201/Pers., 6 Std). Start ist vom Hotel in Rovaniemi. In Luosto geht Pascal Buinier mit seinen Gästen für drei Stunden zum Eisfischen (für 1–2 Pers. € 190, arctic-horizons.com). Von der Lodge aus wandert man zum nächstgelegenen Fluss mit offenem Unterstand. Wer einmal Nordlichter tanzen sehen möchte, sollte den 2-stündigen Nordlichtflug buchen (ab € 439/Pers., wildnordic.fi). Ein Erlebnis sind Husky-Safaris inklusive Besuch einer Husky-Farm und einer Schlittenfahrt durch die verschneiten Wälder und über zugefrorene Sümpfe bei Torassieppi (ab € 160/Pers., Muonio, harriniva.fi). Eine Tagestour zum Schneeschuh-Trekking geht durch die arktischen Schneewälder im Nationalpark Pyhä-Luosto (für 1–2 Pers. € 340, arctic-horizons.com). Start ist in Luosto. 4-2021 REISE-PREISE.de 35 Fotos: Martina Katz, Christian Offenberg/ Alamy, Hivaka/ Mazur Travel/ Shutterstock

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