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Schlossblick

Prospekt

SPORT & FREIZEIT WENN

SPORT & FREIZEIT WENN DIE HOLZMEDAILLE EIN ERFOLG IST Am 21. Mai fällt zum zweiten Mal der Startschuss zum Triathlon Heidenheim. Organisiert wird er von zwölf Enthusiasten. Der SCHLOSS- BLICK hat vier von ihnen getroffen. Jeder Sportler wäre enttäuscht, bekäme er nach dem Zieldurchlauf eine Holzmedaille umgehängt. Denn der Begriff „Holzmedaille“ ist zum Synonym für den „undankbaren vierten Platz“ geworden. Nicht so beim Zeller Bäderbau Triathlon Heidenheim, der vom SV Mergelstetten organisiert wird. Da erhalten nämlich alle Finisher eine Medaille. Die wird zwar tatsächlich aus Holz sein, aber enttäuschend ist daran rein gar nichts. Denn es werden dann nicht nur sportliche Sieger geehrt, auch der Umweltschutz darf sich als Gewinner fühlen. Und das nicht nur deshalb, weil die Medaillen aus einem nachwachsenden Rohstoff bestehen. Der Triathlon soll so nachhaltig wie möglich werden, bereits 2022 wollte man möglichst plastikfrei und müllarm agieren. 2023 geht man gezielt auf Firmen und Institutionen aus der Umgebung zu, um möglichst regionale Produkte bei der Zuschauerverpflegung und den Preisen anbieten zu können. Schon dieses Detail zeigt, wie aufwendig die Organisation solch einer Sportveranstaltung ist. Kein Wunder also, dass der zwölfköpfige harte Kern des Organisationsteams aus der Triathlonabteilung des SVM schon seit sechs Monaten mit der Vorbereitung beschäftigt ist. Anka Röhr ist diejenige in diesem Team, die für alle Themen rund um die Beschaffung zuständig ist. Wenn also die vielen Podestplatzinhaber bei der Siegerehrung am 21. Mai in ihre Präsentkörbe blicken, dann werden sie dort Produkte aus der Region finden. „Die Erstplatzierten werden auf jeden Fall von der Bio-Musterregion Heidenheim prämiert“, sagt Röhr. Anka Röhr ist selbst Triathletin, „mein erster Wettkampf müsste jetzt gut zehn Jahre her sein“, so die 38-Jährige, die als Krankenhausapothekerin am Klinikum Heidenheim tätig ist. Die Vielseitigkeit des Sportes passe zu ihr, „weil es ein bisschen meiner Persönlichkeit entspricht. Ich verliere sonst schnell die Lust, wenn es immer das Gleiche ist.“ Wenn sie an einem Wettkampf teilnimmt, geht es nicht um Platzierungen, Anka Röhr will „Spaß haben. Das ist für mich immer das Wichtigste. Zeiten sind mir total egal.“ Leider konnte sie aufgrund einer Verletzung in letzter Zeit selber keinen Triathlon mehr absolvieren, „mein Ziel wäre, in diesem Jahr wenigstens mal wieder schwimmen gehen zu können“. Die Holzmedaillen werden bei der Lebenshilfe Heidenheim von Mitarbeitern mit Behinderung angefertigt Dass der eigene Körper manchmal nicht mehr so mitmacht, wie man gerne möchte, hat auch Sven Müller erfahren, „Wettkampfsport ist leider nicht mehr möglich“. Der 43-Jährige war von 1998 bis 2015 aktiver Triathlet und Cross-Triathlet. Und das sehr erfolgreich: Neben Wettkämpfen in Deutschland ist er auch im europäischen Ausland und in Kanada und den USA – natürlich auf Hawaii – gestartet. Allerdings nicht beim Ironman, sondern im Cross-Triathlon. „Das war meine erste Weltmeisterschaft“, so Müller. In seiner letzten Saison ist er bei der WM Vier - 18 SCHLOSSBLICK 2 / 23

SPORT & FREIZEIT ter geworden. Und bei den Deutschen und Europameisterschaften hat er dann jeweils sogar den Titel geholt. Dabei war auch ihm eher der Spaß wichtig. „Ich habe mir primär immer die Wettkämpfe ausgesucht, die ich interessant fand und nicht unbedingt die, wo Meisterschaft draufstand“, so Müller. Von seinen Erfahrungen als Aktiver profitiert er jetzt bei der Organisation. „Es gibt immer Dinge, die man damals wahrgenommen hat, wenn einem etwas besonders gut gefallen hat. Oder wenn man etwas anders gemacht hätte.“ Müller plant die Streckenführung des Triathlon. Das ist gerade bei der zweiten Teildisziplin – wenn die Radfahrer öffentliche Verkehrswege nutzen – ein verantwortungsvoller Job. Auch Markus Göttken profitiert in seinem Bereich des Orga-Teams von seiner Berufserfahrung: Der 52-Jährige ist Ingenieur und kümmert sich um die Verkabelung sowie die Strom- und Wasserversorgung. Und er gehört zusammen mit Martin Zimmt, dem Organisationschef, zu den „Erfindern“ des Heidenheimer Triathlons. Für ihn ist die Anspannung während der Organisation sogar noch ein bisschen höher, als wenn er selbst an der Startlinie stehen würde. „Wenn da etwas schief geht, dann geht es halt bei allen Teilnehmern schief. Deswegen ist die Nervosität schon ziemlich groß.“ Am 21. Mai werden in Heidenheim 400 Meter geschwommen, 25 km Rad gefahren und 5 km gelaufen Göttken selbst präferiert die mittleren und langen Strecken. Und da hat er gelernt: Man kann auch scheitern. „Es ist nicht so, dass auch alles automatisch klappt, wenn man gut vorbereitet ist.“ Seine Bestzeit liegt bei knapp unter elf Stunden. Das Gefühl, nach dieser Leistung ins Ziel zu kommen, „ist fast ein bisschen unwirklich. Eine Mischung aus totaler Freude und totaler Erschöpfung.“ Göttkens Frau Wibke gehört auch zum Orga-Team. Die 48-Jährige arbeitet als Oberärztin am Klinikum – ein Job, der Organisationstalent, Übersicht und Verlässlichkeit erfordert. Eigenschaften, die sie auch in ihren Bereich des 1 3 4 [1] Für eine nachhaltige Verpflegung beim Triathlon sorgt Anka Röhr. [2] Sven Müller ist vor Ort im Einsatz und kümmert sich um die Streckenführung. [3/4] Markus und Wibke Göttken sind selbst als Triathleten aktiv und für Strom und Wasser bzw. die Wechselzone verantwortlich. Triathlons einbringen kann: Wibke Göttken betreut die Wechselzone, in der Starter erst aufs Rad und danach auf die Laufstrecke wechseln und wo es durchaus hektisch und unübersichtlich werden kann. Ihr selbst kommt es beim Triathlon nicht so sehr auf die Zeit an, „die Strecken sind unterschiedlich, das Profil ist anders. Da geht es mehr darum, das einfach erst einmal nur zu schaffen. Und für sich an dem Tag die bestmögliche Leistung abzurufen und zufrieden zu sein.“ So einen Tag wird sie selbst hoffentlich Anfang Juli haben, wenn Wibke Göttken zum zweiten Mal über die Ironman-Distanz startet. Diesmal hat sie sich für den Wettkampf in der Schweiz allerdings ein Ziel gesetzt: „Eigentlich wollte ich das gar nicht sagen, aber die meisten wissen es jetzt eh schon: Ich will probieren, die Qualifikation für Hawaii zu schaffen. Man muss ja auch mal träumen dürfen.“ rr 2 Anmeldungen zum Triathlon sind unter www. triathlon-heidenheim. de oder www.zellerbaederbau-triathlonheidenheim.de möglich. FRANKREICH, HAWAII – UND HEIDENHEIM Der erste historisch belegte Triathlon fand 1920 in Joinville-le-Pont, in Meulan und Poissy statt. Der Wettkampf hieß damals „Les Trois Sports“ und bestand aus einem 3-km-Lauf, einem 12-km-Radwettbewerb und der Überquerung des Flusses Marne. Zu den damaligen Teilnehmern gehörte auch der Chefredakteur der Sportzeitung „L’Auto“, Henri Desgrange, dem Erfinder des erfolgreichsten und berühmtesten Radrennens der Welt, der Tour de France. Es gab dann bis Mitte der Dreißigerjahre noch einige weitere Wettkämpfe unter anderem in West- und Südfrankreich, dann geriet dieser Sport erst einmal wieder in Vergessenheit. Seine Wiederauferstehung feierte der Triathlon am 25. September 1974 in San Diego. Der Wettkampf hieß „Mission Bay Triathlon“ und seine gerade einmal 46 Teilnehmer gingen über eine Laufdistanz von sechs Meilen, fünf Meilen Radfahren und 500 Yards (etwa 450 Meter) Schwimmen an den Start, die Reihenfolge der Disziplinen war also noch genau andersherum als heutzutage. Der wohl berühmteste Triathlon-Wettkampf, der Ironman auf Hawaii, wird seit 1978 ausgetragen. Hier beträgt die Schwimmdistanz 3,86 Kilometer – es wird im Meer geschwommen –, die Radstrecke ist etwa 180 Kilometer lang und anschließend muss eine Marathondistanz, also 42,195 Kilometer absolviert werden. Der Heidenheimer Triathlon ist eine „Jedermann“-Veranstaltung. Die Distanz eignet sich sowohl für Hobbysportler als auch Kurzdistanztriathleten und Staffelmannschaften. Der Reinerlös des Getränkeverkaufs wird wie im vergangenen Jahr gespendet. 2022 konnte sich der Sportkreis Heidenheim e. V. über eine Spende in Höhe von 1000 EUR für seine Aktion „Heidenheim lernt schwimmen“ freuen. SCHLOSSBLICK 2 / 23 19