Aufrufe
vor 4 Jahren

Taxi Times Berlin -August / September 2019

  • Text
  • Waldner
  • Berlin
  • Taxigewerbe
  • Berliner
  • Uber
  • Mietwagen
  • Sixt
  • Fahrer
  • Feja
  • Rolf

GEWERBE BTV TRITT DEM

GEWERBE BTV TRITT DEM BUNDESVERBAND TAXI BEI BTV-Mitglieder begnügten sich lange mit den Preisvorteilen, die ihnen der Verband bieten konnte. Mit ihrem Beitritt zum Bundesverband steigt die BTV nun auch institutionell in die Gewerbepolitik ein. Gewerbepolitische Stellungnahmen und Gespräche mit offiziellen Funktionsträgern durch die Berliner Taxivereinigung e. V. (BTV) gibt es seit zehn Jahren. Einer Aufnahme in das Anhörungsverfahren der Berliner Verwaltung standen die hohen Ansprüche an die Mitgliedsbetriebe im Weg. Wer unsauber arbeitet, kann nicht BTV-Mitglied sein. Nun hat aber Richard Leipold als Taxiunternehmer und BTV-Vorsitzender diesen Prozess gegen Uber geführt und durch alle Instanzen gewonnen. Das wäre ohne die politische und finanzielle Unterstützung durch den Bundesverband Taxi nicht möglich gewesen. Höchstrichterlich Recht zu bekommen, ist zunächst einmal teuer. Die Mittel dazu hätte weder der einfache Taxiunternehmer, noch die BTV allein aufbringen können. Da ist es nicht mehr als recht und billig, dem unterstützenden Verband auch mit Sitz und Stimme anzugehören. Auf ihrer diesjährigen Generalversammlung beschlossen die Mitglieder den Beitritt ihrer BTV zum Bundesverband Taxi. Dazu musste allerdings der Vereinsbeitrag erhöht werden, um den Mitgliedsbeitrag des Bundesverbands stemmen zu können. Die Versicherungsagentur Frank Patzer & Petra v. Chamier hat sich spontan bereit erklärt, 500 Euro im Jahr zu übernehmen. Der Uber-Prozess war nicht die erste Klage Hermann Waldner, Vizepräsident des Bundesverbandes Taxi und Mietwagen e. V. vom Taxigewerbe. Als am Flughafen Tegel eine Zwangs- Nutzungsgebühr für die Wartepalette anstand, klagte der TVB dagegen. Das Gericht untersagte die Gebühr durch Einstweilige Verfügung. Die erforderliche Sicherungsleistung für die vorläufige Vo l l s t r e c k u n g konnte der TVB nicht aufbringen, und anders als im Uber-Prozess war auch sonst niemand bereit, finanziell in die Bresche zu springen. Zur Verhandlung in der Hauptsache kam es dann nicht mehr. Wir alle zahlen die Flughafengebühr, obwohl ihre Berechtigung ungeklärt ist. PROZESSE SIND IM GANGE ODER IN VORBEREITUNG Allerdings ging es damals nur um ein paar Euro pro Taxi. Diesmal ging es um unsere Existenz. Weitere Prozesse wegen der ständigen Verstöße gegen den Tenor des höchstrichterlichen Urteils sind im Gange bzw. in Vorbereitung. Das berichtete Rechtsanwältin Alexandra Decker, die Berliner Taxiunternehmer in Sachen Uber und Konsorten vertritt. Die Vereinsformalien wurden erfrischend zügig erledigt. Die Kasse stimmte. Der Vorstand wurde entlastet und seine Mitglieder in ihren Ämtern bestätigt. Richard Leipold, 1. Vorsitzender der Berliner Taxivereinigung e. V. Die Rahmenverträge laufen weiter. In den Vorstandsberichten wurde zum wiederholten Mal die Untätigkeit der Behörden angeprangert: Der Verkehr bricht stellenweise zusammen, weil Baustellen nicht koordiniert werden. Die flächendeckenden und fortgesetzten Verstöße gegen das Personenbeförderungsgesetz (PBefG) durch Mietwagen werden ignoriert. Gastredner Hermann Waldner, Vizepräsident des Bundesverbands, rief deshalb zur Teilnahme an der Demonstration am nächsten Tag auf. Er berichtete von durchaus einvernehmlichen Gesprächen mit dem Regierenden Bürgermeister Müller und Senatskanzlei-Chef Gaebler. Zuständig für unsere Anliegen sei jedoch Verkehrssenatorin Günther, die zu keinem Gespräch bereit war. Deshalb schon wieder eine Demo, diesmal vor der Verkehrsverwaltung (Taxi Times berichtete). Die Gemütslage der Taxiunternehmer ist sattsam bekannt. Wie man sie in die Öffentlichkeit trägt und damit politischen Druck erzeugt, wird immer öfter erprobt. Das sind keine Themen, die eine Taxiunternehmer-Versammlung spannend machen. Deshalb hatte die BTV Vertreter der sechs im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien eingeladen, damit sie Stellung nehmen zu den Anliegen des Taxigewerbes. wh Fortsetzung: „Man muss doch sagen, was ist!“ FOTOS: Wilfried Hochfeld / Taxi Times 12 AUGUST/SEPTEMBER 2019 TAXI

POLITIK Politische Diskussionsrunde (v.l.n.r.): Harald Moritz (Grüne), Pascal Meiser (Linke), Sebastian Czaja (FDP), Frank Scholtysek (AfD) „MAN MUSS DOCH SAGEN, WAS IST!“ Bei der Diskussion auf der BTV-Versammlung redeten Politiker zweier Senatsparteien wie Oppositionelle, die die Untätigkeit des Senats beklagen. Doch auch die Opposition konnte kaum überzeugen. FOTOS: Axel Rühle / Taxi Times Erschienen waren Harald Moritz, verkehrspolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Abgeordnetenhaus; Pascal Meiser, Bundestagsabgeordneter, Kampagnenleiter und stellvertretender Landesvorsitzender der Linken; Sebastian Czaja, Generalsekretär und Fraktionsvorsitzender der FDP im Abgeordnetenhaus; und Frank Scholtysek, Sprecher für Umwelt, Verkehr und Klima der AfD im Abgeordnetenhaus. Abwesend waren die verkehrspolitischen Sprecher der beiden stärksten Fraktionen im Abgeordnetenhaus, Tino Schopf, SPD (wegen eines familiären Trauerfalls am selben Tag) und Oliver Friederici, CDU. Einführend stellte Leipold nochmals die drei „Ihnen bekannten“ Fragen, um deren kurze Beantwortung er die Politiker bat: Warum wird Uber nicht verboten? Wie werden die regierenden bzw. die Oppositionsparteien sicherstellen, dass die Gesetze, die in Berlin ja auch gelten, durchgesetzt werden? Wie stellt sich die jeweilige Partei zu den Belangen des Berliner Taxigewerbes? Der Grüne Harald Moritz leitete ein, die Grünen hätten schon immer Zukunftsthemen im ökologischen, im gesellschaftlichen Bereich, aber auch im sozialen Bereich auf ihrer Tagesordnung gehabt. Über Kernenergie und Klimaschutz kam er schließlich zum CO 2 -Ausstoß im Verkehrsbereich: „Wir wollen den Umweltverbund ganz klar stärken, und zum Umweltverbund, also zu Fuß gehen, Fahrrad fahren und ÖPNV, und zum ÖPNV zählen wir natürlich auch das Taxigewerbe.“ Das untermauerte er mit Stichworten wie Daseinsvorsorge, rund um die Uhr, flächendeckend, feste Preise. In den letzten Jahren bewege sich «Warum wird Uber nicht verboten?» Richard Leipold bei den Verkehrsdienstleistungen „eine ganze Menge“, das Taxigewerbe sei nicht zu unrecht „kämpferisch unterwegs“, um seine „Position zu sichern.“ Das sei auch bitter nötig. „Wir brauchen im Taxigewerbe, aber auch darüber hinaus faire Rahmenbedingungen, und die müssen sichergestellt werden.“ Auch das Thema Kontrolle sei ein „großes Thema“. Moritz gestand Verbesserungsbedarf beim Personal ein und sprach von einem ziemlichen „Zuständigkeitswirrwarr, auch wenn die Zuständigkeiten eigentlich klar sind. Aber es sind viele Akteure, die da kontrollieren müssten und es wohl anscheinend nicht so richtig tun.“ Da spiele es auch eine Rolle, ob man „den Gegner, den Mietwagen“ erkenne, der illegal tätig ist. Zur bevorstehenden PBefG-Reform bemerkte er nur allgemein, es müssten „klare Regeln her“ und man müsse sich mit dem Ride-Sharing „auseinandersetzen“. Und das Inklusionstaxi sei der Koalition wichtig, aber das Förderprogramm habe „so seine Verbesserungsnotwendigkeiten“. Leipolds Fragen beantwortete Moritz bis auf ein paar Allgemeinplätze nicht. Für einen Oppositionspolitiker wäre die Rede schwach gewesen. Aus dem Mund eines Sprechers einer Regierungsfraktion sind es schlicht Worte statt Taten. Auch Rhetorik-Profi Pascal Meiser von den Linken, dessen Sprechgeschwindigkeit hohe Aufmerksamkeit erforderte, bemängelte als erstes die Senatspolitik: „Der Staat“ komme seiner Sorgfaltspflicht gegenüber dem Taxigewerbe nicht nach – Beifall statt Schelte. Das Durchschnittsgehalt eines angestellten Taxifahrers sei so gering, dass die Hälfte aufstocken müsse. „Das ist ein Skandal und ich finde, da muss man was gegen tun – und Berlin ist da leider am Ende der Skala im Vergleich zu allen anderen 15 Bundesländern.“ Erneuter Beifall – und immerhin ein sarkastischer Zwischenruf aus dem Publikum: „Oh Gott, TAXI AUGUST/SEPTEMBER 2019 13

TaxiTimes Berlin