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Taxi Times Berlin - September / Oktober 2019

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DASHCAM, PDA, HANDY UND

DASHCAM, PDA, HANDY UND DIE PUNKTE IN FLENSBURG Im Schulungs- und Seminarraum des Taxi-Zentrums Berlin finden nicht nur Einführungs- und VIP-B-Qualifikationsschulungen statt, sondern auch Informationsveranstaltungen für jedermann im Taxigewerbe. Bei der ersten Veranstaltung der Informationsreihe im Taxi-Zentrum Berlin, die Taxi Berlin und der Taxiverband Berlin, Brandenburg e. V. gemeinsam anbieten, stellten sich am 6. September Verkehrsrichter Parpart und Rechtsanwalt Herbst den Fragen interessierter Fahrer und Unternehmer zum Thema Verkehrsrecht. Moderator der Veranstaltungen, die schwerpunktmäßig Alltagssituationen im Taxigeschäft behandeln, die immer wieder zu Konflikten im Straßenverkehr führen, ist Detlev Freutel, Vorsitzender des TVB. Ein Thema waren die sogenannten Dashcams, also im Fahrzeug installierte Kameras, die das Verkehrsgeschehen vor, hinter, neben und im Fahrzeug aufzeichnen können und im Fall eines juristischen Konflikts, etwa nach einem Unfall, als Beweismittel dienen sollen. Hier gab es in den letzten Jahren viele Meinungsverschiedenheiten zwischen Datenschützern, die die Privatsphäre der Fahrgäste in Gefahr sehen, und Gewerbevertretern, die ein Kameraverbot im Taxi als zu große Erleichterung für Straftäter betrachten. Die beiden Juristen stellten klar, dass Videoaufnahmen im Fahrzeug verboten sind, außen jedoch laut Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes erlaubt und als Beweismittel vor Gericht heutzutage in der Regel anerkannt sind, allerdings nur ohne Tonaufzeichnung. Macht ein Unfallbetroffener seine Dashcam-Aufzeichnung gegenüber den aufnehmenden Polizeibeamten geltend, so müsse er allerdings damit rechnen, dass das Gerät vorläufig zur Beweissicherung beschlagnahmt wird. WICHTIGE GRENZEN: 60 EURO, VIER PUNKTE, EINE SEKUNDE Zur Frage der Punkte in Flensburg und ab welchem „Kontostand“ einem Taxifahrer ernste Konsequenzen drohen, hieß es, dass mit dem vierten Punkt in der oft als „Verkehrssünderkartei“ bezeichneten Datenbank nicht nur der Entzug des P-Scheins, sondern auch Schwierigkeiten bei dessen Wiedererteilung bzw. Verlängerung durch das LABO drohen. Allerdings werde die vermeintliche Kartei immer etwas vereinfacht dargestellt. Es gebe beim Kraftfahrtbundesamt zwei große Datenbanken mit ähnlich klingenden Bezeichnungen. Jeder Verstoß, der mit mindestens 60 Euro Bußgeld geahndet wird, werde dort gespeichert. Drittes großes Thema war das Telefonieren am Steuer. Dass dies nur mit Freisprecheinrichtung erlaubt ist, obwohl die Ablenkung vom Verkehrsgeschehen damit eine ähnliche ist wie durch ein in der Hand gehaltenes Gerät, ist schon lange bekannt und wird ebenso lange von vielen ignoriert. Das Verbot, Geräte in der Hand zu halten, umfasst aber alle elektronischen Geräte und Kommunikationsmittel, also auch iPads, Tablets und Walkie-Talkies, also Handfunkgeräte, die mit einem einzigen Tastendruck bedient werden. Die Benutzung all dieser Geräte ist nur bei ausgeschaltetem Motor erlaubt, wobei es egal ist, ob man in einer Parklücke, vor einer geschlossenen Bahnschranke, an einer roten Ampel oder an einem Taxihalteplatz steht. Ein Motor, der aufgrund der Start-Stop-Automatik aus ist, weil man auf der Bremse steht, gilt nicht als abgeschaltet. Bei der Benutzung von Geräten in einer Halterung (z. B. Navi, PDA) ist im fließenden Verkehr nur ein „Sekundenblick“ erlaubt. Weitere Themen waren Nötigung im Straßenverkehr bis hin zu sogenannten Aggressionsstraftaten, Radwege und Gefahren durch offene Autotüren und E-Scooter. ar FOTO: Frank Senftleben 22 SEPTEMBER/OKTOBER 2019 TAXI

Thomas Mach (Mitte), 64, ist seit 1984 bei LABO IIIC tätig, unter anderem von 1987 bis 1999 als Leiter der Genehmigungsbehörde für das Personenbeförderungsgewerbe und seit 1999 als Leiter des Fahrerlaubniswesens. WENN FACHLEUTE AUS DEM NÄHKÄSTCHEN PLAUDERN Referent Thomas Mach vom LABO gab bei der zweiten Veranstaltung der Informationsreihe Einblicke in Behördenentscheidungen über P- und Führerscheine. Und er fesselte mit Anekdoten aus dem Beruf. FOTO: Axel Rühle / Taxi Times Als langjähriger Leiter des Bereichs Fahrerlaubniswesen beim LABO verfügt Mach über Fachkenntnisse und einen Erfahrungsschatz wie kaum ein anderer. Der Moderator, TVB- Chef Detlev Freutel, hatte den Experten, der bundesweites Renommee genießt, als Fachmann für alle Fragen rund um Fahrerlaubnisentzug und Fahrverbot am 23. September in die Persiusstraße eingeladen. Genau diesen Unterschied erläuterte er gleich zu Beginn aus dem Effeff, angereichert durch Zahlen und in nahezu druckreifem Sprachstil vorgetragen: Die Fahrerlaubnis ist das Recht einer Person, ein Kfz zu führen, und der Führerschein das Dokument, das dieses Recht dokumentiert. In Deutschland gibt es etwa 45 Millionen Führerscheininhaber, davon 2,6 Millionen in Berlin, wobei nur ein sehr geringer Anteil zusätzlich eine gewerbliche Fahrerlaubnis, etwa für Taxi oder Bus, besitzt. Ein Fahrverbot, das meist einen bis drei Monate dauert, wird von den Bußgeldstellen und von Gerichten verhängt, wobei die Fahrerlaubnis bestehen bleibt und nur ihre Ausübung zeitweise versagt wird. Auch bei abhanden gekommenem Führerschein ist die Fahrerlaubnis nicht beeinträchtigt. Erst bei Straftaten wie Autofahren in ungeeignetem Zustand, etwa nach dem Konsum von Drogen, allen voran Alkohol, wird die Fahrerlaubnis entzogen, der Führerschein wird eingezogen und der Täter kann per Antragsverfahren auf Neuerteilung ggf. eine neue Fahrerlaubnis erwerben. Das geht nur, wenn aus LABO-Sicht alle Zweifel an der Eignung ausgeräumt sind. Der Entzug der Fahrerlaubnis ist keine Strafe, sondern eine Maßnahme, die die Allgemeinheit der Verkehrsteilnehmer vor ungeeigneten Kraftfahrern schützen soll – eine zentrale Aufgabe des LABO. So könne eine geschickte Argumentation eines Anwalts, die nach einer Trunkenheitsfahrt zu einem milden Gerichtsurteil führe, bei der Führerscheinbehörde nach hinten losgehen: Ein Fahrer, der mit weit über 1,6 Promille, also mit abgeschaltetem Verstand, nach Darstellung seines Anwalts gut und sicher gefahren ist, muss wohl ein geübter Trinker sein, also ein erhebliches Alkoholproblem haben – und folglich erst dann wieder zum Führen eines Fahrzeugs geeignet sein, wenn er sein Problem, gegebenenfalls mit professioneller, therapeutischer Unterstützung, nachhaltig bewältigt hat. Viele Fragen von Zuhörern betrafen das Register in Flensburg. Bei Personenbeförderern schaut die Fahrerlaubnisbehörde genauer hin als bei anderen Autofahrern, da es insbesondere auch um die Sicherheit der Fahrgäste geht. So kann bereits bei deutlich weniger Verkehrsverstößen die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung (FzF) entzogen werden als bei einem privaten Kraftfahrer die allgemeine Fahrerlaubnis (in der Regel erst bei acht Punkten im Register). Es kommt allerdings auch auf die einzelnen Delikte an, die dem FzF-Inhaber im Register angelastet werden. So fallen insbesondere verkehrssicherheitsgefährdende Verstöße wie Missachtung der Vorfahrt bzw. roter Ampelsignale oder Überschreitungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit bei der Beurteilung des besonderen Verantwortungsbewusstseins eines Fahrgastbeförderers ins Gewicht. Mach fesselte die Zuhörer – besonders in der Pause – mit beispielhaften Anekdoten in kurzweiligem Erzählstil mit dem speziellen Humor eines Behördenvertreters, der alle Arten von „Pappenheimern“ erlebt hat. So erzählte er aus eigenem Erleben von einem Taxifahrer, der den Taxameter nicht einschaltete und am Fahrziel einen erfundenen „Fahrpreis“ forderte. Mach sagte zu, die Fahrt zu bezahlen – und zwar dem Chef des Fahrers am darauffolgenden Tag in seinem Behördenbüro. Erst nach weit über zwei Stunden verließen die Zuhörer den Seminarraum – um einige Erkenntnisse reicher. ar TAXIVERBAND BERLIN BRANDENBURG E. V. Persiustraße 7 10245 Berlin Tel. Sekr.: +49 (0)30 / 20 20 21 319 E-Mail: taxiverband@t-online.de www.taxiverband-berlin.de Presserechtlich verantwortlich für diese Seite: Detlev Freutel (df) TAXI SEPTEMBER/OKTOBER 2019 23

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