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Taxi Times München - März / April 2019

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ISARFUNK TAXIZENTRALE

ISARFUNK TAXIZENTRALE SANKTIONSAUS- SCHUSS AM MÜNCHNER FLUGHAFEN Wo viele Passagiere sind, da ist auch viel Bedarf an Taxis. Damit der Taxiverkehr reibungslos funktioniert, wachen IsarFunk, Aufsichtspersonal und letztlich ein Sanktionsausschuss über die Einhaltung der Regeln. Der Albtraum eines Flugreisenden, der womöglich noch Kinder dabeihat: Der Anschlussflug wurde storniert, die Hotels am Flughafen sind ausgebucht und man sitzt fest, gestrandet in einer fremden Stadt. Ein Lichtblick: Eine Mitarbeiterin der betroffenen Airline drückt dem Passagier zwei Voucher in die Hand. Übernachtung und Taxitransfer sind damit gesichert. Frohen Mutes geht der Reisende nun zum Taxistand, findet aber kein Taxi, das ihn mitnimmt. Die einen wollen nicht, die anderen sagen, sie müssen nicht. Und überhaupt: Das Hotel ist irgendwo zwischen Freising und Landshut. „Da fährt heute bestimmt keiner mehr hin“, so der O-Ton eines mürrischen Taxlers. Rund 2.400 Taxis dürfen sich am Münchner Flughafen bereitstellen. Davon fahren die meisten mit Konzessionen der Stadt München, knapp 350 kommen aus dem Münchner Landkreis sowie aus Freising oder Erding. Im Dezember 2018 waren genau 4.646 Fahrerausweise aktiv geschaltet. Denn wer sich mit einem Taxi am Flughafen bereitstellen will, der braucht diesen Fahrerausweis. Und den bekommt man nur, wenn man mit der Münchner Taxizentrale IsarFunk eine Nutzungsvereinbarung trifft. IsarFunk regelt seit 2003 den Taxiverkehr am MUC und der Vertrag dient der Festlegung einiger Regeln, die am Flughafen für das Taxigewerbe gelten. Es ist klar, dass es auch Mittel und Wege geben muss, die Einhaltung dieser Regeln zu kontrollieren. Darüber wacht letztlich der Sanktionsausschuss. Ein Mitglied der ersten Stunde und Vorsitzender des Sanktionsausschusses ist TVM-Chef Florian Bachmann. Neben ihm entscheiden je ein Vertreter der Taxiverbände aus Erding, Oberding und Freising, der IsarFunk-Geschäftsleitung, des Taxi-Service-Points und der Aufsichten. Ein Taxistand am Terminal 2: Hier kommt der Fahrgast an sein Taxi. FLUGHAFEN MÜNCHEN IN ZAHLEN 46 Millionen Passagiere 2018 Über 410.000 Starts und Landungen 2.400 berechtigte Taxis am Flughafen 4.646 berechtigte Fahrerinnen und Fahrer Platz bleibt regelmäßig frei, nämlich der eines Vertreters der Taxi-München eG, die zwar eingeladen ist, aber nicht teilnimmt. Läuft etwas schief mit dem Taxiverkehr am Münchner Flughafen oder beschwert sich ein Fahrgast, dann landet das meistens direkt auf dem Schreibtisch von Georg Silbernagl. Der freundliche Bayer ist Büroleiter am Taxi-Service-Point im Terminal 2, kurz TSP genannt. Dort werden der Taxiverkehr gesteuert (zum Beispiel das Nachrücken aus den Speicherparkplätzen), Fragen rund ums Taxi beantwortet und auch Beschwerden angenommen. Und strandet einmal wirklich ein Passagier, dann wird auch von hier aus dafür gesorgt, dass der Kunde wunschgemäß zu seinem Ziel kommt. „Die Beschwerden kommen auf verschiedenen Wegen zu uns“, erklärt Georg Silbernagl. Manche Fahrgäste rufen an, schreiben Briefe, schicken E-Mails oder kommen persönlich vorbei. Es wenden sich auch Airlines oder Hotels im Namen ihrer Passagiere und Gäste an den TSP. Andere Anzeigen kommen vom Aufsichtspersonal. Von diesen Ordnern, das sind Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma, sind vor allem zu Stoßzeiten immer welche an den Schlüsselpunkten am Terminal 1 und 2, am Zentralbereich und am neuen Taxispeicher postiert. „Doch die meisten Anzeigen kommen gar nicht von Kunden oder von der Aufsicht“, weiß Silbernagl, „die weitaus größere Zahl kommt direkt von den Kolleginnen und Kollegen selbst.“ LANGE MÄNGELLISTE Die Liste der möglichen Vergehen ist lang. Sie reicht von der Fahrtverweigerung über das Ablehnen von Kreditkartenzahlung bis zu Schlafen im Taxi, Vorteilnahme, Kurzstreckenverstöße, Blockieren von Ab- oder Zufahrten, vom Umfahren bezahlpflichtiger FOTOS: IsarFunk 20 MÄRZ / APRIL / 2019 TAXI

ISARFUNK TAXIZENTRALE Florian Bachmann ist Vorsitzender des Taxiverbands München (TVM) und leitet seit 15 Jahren den Sanktionsausschuss am Münchner Flughafen. Auch am neuen Großspeicher ist eine Aufsicht vor Ort. Schranken bis zu Streitereien der Fahrer untereinander. Was bei Büroleiter Silbernagl eingeht, wird von ihm auf Plausibilität und Vollständigkeit überprüft. Was stichhaltig ist, wird dem Sanktionsausschuss am Münchner Flughafen vorgelegt. „Wir haben pro Sitzung etwa 50 bis 60 Fälle zu bearbeiten“, sagt Florian Bachmann. „Da die betroffenen Fahrerinnen und Fahrer vorerst nur schriftlich Stellung nehmen können, geht das meistens recht zügig.“ Zur Wahrung des Datenschutzes sind die Fälle anonymisiert. „Das meiste davon sind Klein- und Erstverstöße, die für die Fahrer keine weitreichenden Konsequenzen haben.“ SPERRE DES FAHRAUSWEISES Bei Erstverstößen kann das eine Abmahnung sein, die nach zwei Jahren wieder verfällt. Es werden allerdings auch Geldstrafen zwischen 50 und 200 Euro verhängt. Das so eingenommene Geld behält IsarFunk allerdings nicht selbst. Es geht vollständig an die Taxistiftung Deutschland. So wurden zwischen Januar 2017 und heute – Stand Februar 2019 – rund 40.000 Euro überwiesen. Damit dürfte IsarFunk der größte Einzahler in die Stiftung sein, die Taxifahrern in Not zugute kommt. Die mit dem Sanktionsausschuss nen Kosten trägt IsarFunk hin- verbundererausweises oder eine Kündigung des Nutzungsvertrages gegen selbst, ohne sie mit den Geldstrafen zu verrechnen. Bei schweren Verstößen käme auch eine Sperre des Fah- in Betracht. „Solche Fälle hatten wir aber in den ganzen 15 Jahren nur selten“, weiß Florian Bachmann. „Und wer mit unserer Entscheidung nicht einverstanden Büroleiter am Taxi-Service- Point im Terminal 2 und Mitglied im Sanktionsausschuss: Georg Silbernagl. TAXISTIFTUNG DEUTSCHLAND Die gemeinnützige Stiftung unterstützt seit 1991 Taxifahrerinnen und Taxifahrer, die durch Überfälle verletzt wurden. Das Hauptziel ist es, unschuldig in Not geratenen Opfern von Gewaltverbrechen und deren Angehörigen zu helfen. Da sie aus dem Gewerbe heraus handelt, kann sie bei Notfällen besonders schnell und flexibel reagieren. Die Taxistiftung leistete in den 25 Jahren ihres Bestehens bis Ende 2015 insgesamt 699.048,95 Euro an Hilfszuwendungen. Allein in den Jahren 2017 und 2018 hat IsarFunk rund 40.000 Euro an die Taxistiftung überwiesen. ist, der kann Einspruch einlegen. Die Quote der Einsprüche liegt aber bei unter 10 Prozent.“ Wird dennoch Einspruch eingelegt, dann hat der Fahrer oder die Fahrerin einmal im Monat Gelegenheit, mit Florian Bachman in dessen Sprechstunde seinen Fall persönlich darzulegen. Anschließend wird ein zweites Mal verhandelt. Schließlich bliebe noch der Gang zur Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e. V., aber von diesem Recht haben in über 15 Jahren nur zwei Fahrer Gebrauch gemacht, wobei ein Fahrer keinen Erfolg damit hatte und ein- mal eine einvernehmliche Einigung erzielt wurde. Unterm Strich sieht Florian Bachmann im Sanktionsausschuss ein Erfolgsmodell: „Wir konnten in den letzten 15 Jahren fast alle Fahrer dafür sensibilisieren, dass Taxi am Flughafen nur dann funktionieren kann, wenn sich alle an die Regeln halten. Gerade die vielen Anzeigen aus dem Fahrerkreis belegen, dass diese Regeln akzeptiert werden und dass man sich deren Umsetzung wünscht.“ Außerdem gibt es heute ein gut funktionierendes Beschwerdemanagement. „Wir wollen alle das Gleiche:“, ergänzt Georg Sibernagl, „dass alle Passagiere in ihr gewünschtes Taxi kommen und der Fahrer so sein Geld verdienen kann.“ Und der gestrandete Fahrgast vom Anfang? „Wenn verschiedene ungünstige Umstände zusammenkommen, dann kann es tatsächlich einmal schwer sein, auf Anhieb ein Taxi zu bekommen.“ Das liegt zum Beispiel daran, dass der passende Kindersitz nicht geführt wird oder Taxis aus unterschiedlichen Gemeinden abweichende Pflichtfahrgebiete haben. So kommt es, dass ein Münchner Taxi zwar nach Ebersberg oder Markt Schwaben fahren muss, der Erdinger Kollege jedoch nicht. Für den Kunden ist das auf Anhieb weder erkennbar noch verständlich. „Am besten, der Passagier wendet sich direkt an die Aufsicht oder an den TSP. Gegebenenfalls platzieren wir ihn dann in das Taxi, das er sich wünscht“, sagt Silbernagl. Oder der Fall landet früher oder später als Beschwerde auf seinem Schreibtisch – und damit vor dem Sanktionsausschuss am Münchner Flughafen. tb TAXI MÄRZ / APRIL / 2019 21

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