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6 Zivilverfahrensrecht

6 Zivilverfahrensrecht Thomas Garber, Daphne-Ariane Simotta, ©Verlag Österreich/Caro Strasnik Lesedauer: 6 Minuten Die Exekutionsordnung: praxisnah und vollständig kommentiert 2021 trat die lang erwartete Gesamtreform des Exekutionsrechts in Kraft. Was dem Gesetzgeber mit der GREx gelungen ist und warum das Justizministerium bereits einen Arbeitskreis zur Befassung mit Kritikpunkten der Reform eingerichtet hat, beantworten die Zivilverfahrensrechtspezialist*innen Thomas Garber und Daphne-Ariane Simotta, Herausgeber und Herausgeberin des neuen EO-Kommentars im Verlag Österreich. Interview: Roman Tronner Verlag Österreich: Wie entstand die Idee zum EO-Kommentar und was zeichnet diesen aus? Daphne-Ariane Simotta: Unser Ziel war es, ein übersichtliches, vollständiges und aktuelles Nachschlagewerk zu schaffen. Wir wollten die exekutionsrechtliche Expertise von Universitätsjurist*innen mit der profunden Erfahrung renommierter Vertreter*innen aus unterschiedlichen Bereichen der juristischen Praxis vereinen. Thomas Garber: Der Kommentar bietet einen raschen und einfachen Zugang zu konkreten Lösungen für die oft komplexen Probleme des Exekutionsrechts. Die Bestimmungen werden praxisnah, aber mit theoretischem Unterbau dargestellt. Besonderes Augenmerk wurde auf die Berücksichtigung der Änderungen durch die Gesamtreform des Exekutionsrechts, kurz GREx, gelegt.

Für wen ist der Kommentar besonders geeignet? Garber: Er ist ideal für alle, die mit geringem Rechercheaufwand zuverlässige Antworten auf exekutionsrechtliche Fragen erlangen wollen. Das Werk eignet sich daher hervorragend für Personen, die – etwa als Rechtsanwält*innen, Richter*innen, Rechtspflegende, Gerichtsvollziehende, Notar*innen und Schuldnerberatende – mit dem Exekutionsrecht konfrontiert sind. Und gleichzeitig bietet es einen niederschwelligen Informationszugang für alle, deren beruflicher Schwerpunkt in anderen Bereichen liegt. Worin besteht Ihrer Meinung nach die Relevanz der Gesamtreform des Exekutionsrechts für die Praxis, vor allem bei der Sicherung und Durchsetzung von Geldforderungen? Garber: Im Gegensatz zur Rechtslage vor der GREx kann ein Gläubiger nunmehr Exekution zur Hereinbringung einer Geldforderung beantragen, ohne ein Exekutionsmittel zu nennen. Wenn der Gläubiger nichts anderes beantragt, erfasst die Exekution die Fahrnisexekution, die Exekution auf bestimmte wiederkehrende Geldforderungen und die Aufnahme eines Vermögensverzeichnisses. Neben diesem „einfachen“ Exekutionspaket wurde ein erweitertes Exekutionspaket geschaffen, das alle Arten der Exekution auf bewegliches Vermögen sowie die Aufnahme eines Vermögensverzeichnisses erfasst. Bei dieser Variante ist zwingend ein Verwalter zu bestellen. Zu den Aufgaben des Verwalters zählt vor allem die Auswahl geeigneter Exekutionsobjekte. Der betreibende Gläubiger kann auf diese Weise wirksam entlastet werden, weil ihm die Vermögenszusammensetzung des Schuldners meist unbekannt sein wird, wenn er einen Exekutionsantrag stellt. Stellen Sie sich einen Schuldner vor, der selbständig tätig ist. Wie wollen Sie als Gläubiger herausfinden, welche Forderungen des Schuldners Sie pfänden lassen können? Diese Aufgabe übernimmt mit der GREx der Verwalter. Da die Verwalterbestellung jedoch zusätzliche Kosten verursacht, wird sie eher selten beantragt. „Die durch das Exekutionspaket bewirkte Verfahrenserleichterung darf nicht überschätzt werden.“ Die Schaffung von Exekutionspaketen lag eigentlich nahe, denn bereits vor der GREx war es gängige Praxis, Fahrnis- und Gehaltsexekution zu kumulieren. Das wurde nun in eine Form gegossen. Gleichzeitig darf die durch das Exekutionspaket bewirkte Verfahrenserleichterung nicht überschätzt werden: Im Schrifttum wurde bspw zutreffend darauf hingewiesen, dass dem betreibenden Gläubiger die Entscheidung, auf welche Art er Exekution führen möchte, nicht erspart bleibt. Im Exekutionsantrags-Formblatt muss nämlich entweder ein konkretes Exekutionsmittel angegeben oder eines der beiden Exekutionspakete gewählt werden. Insofern ist fraglich, ob die Exekutionsantragstellung im Vergleich zur früheren Rechtslage wirklich signifikant vereinfacht wurde. Univ.-Prof. Mag. Dr. Thomas Garber Simotta: Zu ergänzen ist, dass der Erfolg des erweiterten Exekutionspakets von der wirtschaftlichen Situation des Verpflichteten und ganz entscheidend davon abhängt, wer zum Verwalter bestellt wird. Bis April 2023 wurden nur 640 erweiterte Exekutionspakete bewilligt. Das erweiterte Exekutionspaket wird offensichtlich wegen der Kosten nicht allzu häufig beantragt. Auch sind nur 161 Personen in die Liste der Verwalter in Exekutionssachen eingetragen. Bei Zahlungsunfähigkeit kann mit der Novelle das Verfahren ins Insolvenzrecht wechseln. Aus der Wissenschaft kam dazu Kritik, dass das in der Praxis nicht gut funktioniere. Wie beurteilen Sie diese Neuerung? Garber: Im Schrifttum wurde in diesem Zusammenhang insbesondere der mit der GREx geschaffene § 49a EO diskutiert, der als Schnittstelle zwischen Exekutions- und Insolvenzrecht fungieren soll. An sich ist die Absicht des Gesetzgebers, im Fall offenkundiger Zahlungsunfähigkeit die rasche Einleitung von Insolvenzverfahren – ohne „Umweg“ über aussichtslose Exekutionsverfahren – zu erleichtern, durchaus sinnvoll. Vergleicht man das Ziel mit der nunmehrigen Regelung, dann ist diese unzureichend und birgt auch Unsicherheiten. Beispielsweise ist unklar, wie das Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit durch das Exekutionsgericht zu prüfen ist und wann die Zahlungsunfähigkeit „offenkundig“ ist. Hier fehlt einfach eine detailliertere gesetzliche Regelung. In der Fachliteratur wurde eindrücklich auf die hieraus resultierende Problematik einer uneinheitlichen Rechtsanwendung hingewiesen. Simotta: In der Praxis wird die Regelung über die Feststellung der offenkundigen Zahlungsunfähigkeit unterschiedlich angenommen, es gibt Bezirksgerichte, die die Möglichkeit, die offenkundige Zahlungsunfähigkeit festzustellen, fast zur Gänze negieren. Laut Ediktsdatei wurde in 3.235 Fällen kundgemacht, dass eine bestimmte namentlich genannte Person zahlungsunfähig ist. 7 Zivilverfahrensrecht