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IM BLICK Herbst/Winter 2015

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4 Im Blick Im interview

4 Im Blick Im interview „Expeditiv und gründlich“ Christoph Grabenwarter und Mathis Fister vereint nicht nur ihr Arbeitsstil und ihre unorthodoxen Arbeitszeiten, sondern auch ihr Zugang sowohl aus wissenschaftlicher wie aus praktischer Perspektive. Die idealen Zutaten für ein Erfolgsprojekt wie das Lehrbuch zum Verwaltungsverfahrensrecht? Interview Yvonne Sattler Verlag Österreich: Das Lehrbuch „Verwaltungsverfahrensrecht und Verwaltungsgerichtsbarkeit“ erfreut sich besonderer Beliebtheit. Seit der 4. Auflage, die im November 2013 in einem neuen Format erschienen ist, arbeiten Sie als Co-Autoren zusammen. Soeben wurde die 5. Auflage veröffentlicht. Welche Faktoren sprechen Ihrer Meinung nach für den Erfolg dieses Werkes? Grabenwarter: Zum ersten ist es mit Sicherheit das Thema an sich, das einen großen Schub im Rechtsstaat insgesamt bewirkt hat. Mit dem neuen, zweistufigen Modell ist bei allen Beteiligten angekommen, dass Verwaltungsverfahren und Verwaltungsgerichtsbarkeit eine Einheit im Instanzenzug bilden. Das war für die Praxis immer schon klar, für die Wissenschaft jedoch oft voneinander getrennt. An der WU haben wir die beiden Bereiche immer gemeinsam gelehrt. Der Bescheid der Behörde ist gleichsam der Eintritt in das verwaltungsrechtliche Verfahren, hier gibt es keine hermetische Trennung. Der Anwalt, der eine Partei vertritt, oder die Partei hat – bei antragsbedürftigen Verfahren – das Ziel, eine antragsmäßige Entscheidung zu erhalten. Die Verfassungsreform 2012 hatte das Ziel, den

im interview Im Blick 5 Im Bild vlnr: Ass.-Prof. Dr. Mathis Fister, Univ.-Prof. DDr. Christoph Grabenwarter Foto: Verlag Österreich Standard europäischer Grundrechte zu erreichen. Wir haben heute eine sehr gute Rechtslage, die die Wissenschaft bearbeiten muss und auch in Zukunft begleiten wird. Zum zweiten waren wir einfach bei den Ersten, die 4. Auflage ist noch vor dem Inkrafttreten der Novelle erschienen. Das Buch wurde nicht nur unter den Studierenden, sondern auch unter Praktikern sehr gut aufgenommen. Fister: Das freut uns natürlich besonders, das war und ist auch der Gedanke, der hinter dieser Arbeit steht. Wir wollten ein Werk mit wissenschaftlichem Anspruch schaffen, das zugleich die Bedürfnisse der Rechtspraxis befriedigt. Spezielle Hinweise zu Praxisfällen oder Schriftsatzmuster sind heute unverzichtbar. G: Auch der Verwaltungsgerichtshof hat sich in einer Reihe von Entscheidungen mit dem Werk auseinandergesetzt. Das wirklich Erfreuliche ist, dass der VwGH in vielen Fragen nun Entscheidungen getroffen hat, die durchaus die eine oder andere Lösung bestätigen, die wir aufgezeigt haben. Die Neuauflage enthält eine nahezu vollständige Einarbeitung der Rechtsprechung des VwGH seit Inkrafttreten der Novelle. Wir stellen damit einen Arbeitsbehelf zur Verfügung, der aktuell ist. Die letzte eingearbeitete Entscheidung ist vom 30. Juni 2015. F: Nach Durchsicht der Judikatur der letzten eineinhalb Jahre zeigt sich in bemerkenswerter Weise, wie sehr die Judikatur die Verfahrensordnungen weiterentwickelt hat. Das betrifft einige strittige Bestimmungen, zu denen es jetzt einzelne Entscheidungen gibt und die auch so manche Fachdiskussion entspannt bzw gelöst haben. Aber vor allem gibt es Entscheidungen, die gefährliche Fallen für den Rechtspraktiker bergen. Es war also höchste Zeit, sich an die Neuauflage zu machen, da man mit den neuen Verfahrensgesetzen, ohne dass man ihre Konkretisierung durch die Judikatur kennt, kaum umgehen kann. Ich war etwa erstaunt über die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zur Zulässigkeit der Revision nach Art 133 Abs 4 B-VG. Die Judikaturlinien, die nun am Tisch liegen, bergen Fallen, vor allem für die Parteienvertreter. Ein Lehrbuch, das den Anspruch hat, zugleich Praxisbuch zu sein, muss auf diese eingehen. Was macht Ihrer Meinung nach ein gutes Lehrbuch aus? Gibt es Wünsche, die im Rahmen der Lehre an Sie herangetragen werden? G: Es gibt vor allem ein Ziel: klare Sprache. Als Autor eines Lehrbehelfs muss man auch komplizierte Sachverhalte so darstellen, dass ein im Lernen begriffener Leser die Materie aufnehmen kann. Dazu gehört auch, zwischen Wesentlichem und Unwesentlichem zu unterscheiden. Durch die heutigen elektronischen Recherchemöglichkeiten kann man jede Detailinformation aus nahezu jedem Winkel der Welt in Sekunden erlangen – wenn man über das nötige Basiswissen verfügt. Ein Lehrbuch muss ein Lernbuch sein und dieses Basiswissen gut vermitteln. F: Es hat sich gezeigt, dass diese Präzision in der Sprache durch den Einfluss von Beispielen aus der Rechtspraxis lebendig wird. Auch Muster haben sich im Lehrbetrieb etabliert. In den Lehrveranstaltungen an der WU wird seit Jahren mit Mustern unterrichtet. Wenn man nämlich einmal den Aufbau eines Schriftsatzes gesehen hat, dann weiß man sofort, welchen Form- und Inhaltserfordernissen dieser unterliegt. Im Masterstudium haben wir eine Lehrveranstaltung ins Leben gerufen, die ausschließlich die Schriftsatzgestaltung zum Gegenstand hat. Unser Lehrbuch hat sich auch hier als hilfreich erwiesen. Wir bekommen von vielen Studierenden positive Rückmeldungen, dass sie damit gut arbeiten können. G: Ein Lehrbuch, das den Bedürfnissen der Universität gerecht wird, ist in aller Regel auch für die Praxis gut geeignet. Die Praxisbeispiele sollen Studierende an die Wirklichkeit heranführen, für Praktiker bilden sie in gesammelter Form ein Nachschlagewerk und die Möglichkeit, ihre eigene Praxis zu reflektieren und etwaige Fehler zu erkennen. Außerdem muss heute jedes Lehrbuch den Anspruch erheben, auch die aktuelle Rechtsprechung zu verarbeiten. F: Eine praxisnahe Juristenausbildung erfordert eben, dass man sich zunächst einmal an der Judikatur anlehnt, aber dort wo Kritik an der Judikatur angebracht ist, diese nicht verschweigt. Das macht schließlich den besonderen Wert für Praktiker aus. Man kann sich darauf verlassen – was in unserem Buch verarbeitet wurde, entspricht auch dem letzten Stand der Judikatur. Sie haben vorhin angesprochen, dass Sie viel mit Mustern arbeiten, sowohl in Lehrveranstaltungen als auch in Ihrem Buch. Nun beobachten wir, dass sich Muster unter unseren Lesern besonderer Beliebtheit erfreuen, diese aber leider nicht so häufig von den Autoren zu bekommen sind. Besonders Autoren aus der Privatwirtschaft stehen oft vor einem Dilemma. Einerseits möchten Sie wertvolle Informationen bieten, andererseits nicht sämtliche Informationen in einem „In der heutigen Informationsgesellschaft soll sich niemand davor fürchten, Wissen mit anderen zu teilen.“ Christoph Grabenwarter