offener Brief v. 18.3.22 - Basel nazifrei
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iritglieder des Schweizerischen
Anwaltsverband€s (SAV)
Eingetragen
im Anwaltsregister
EtNScHREtBEN
Justiz- u nd Sicherheitsdepartement
Kanton Base[-Stadt
Frau Stephanie Eymann
Spiegelgasse 6 - L2
400L Basel
Basel den 78.Mär22022
Betrifft Orrrren Bntrr - Weigerung der Einsetzung einer ausserkantonalen
Staatsanwaltschaft zur Untercuchung der gegen
die Kantonspolizei Basel-Stadt im Zusammenhang mat der
Base[ nazlfrei Kundgebung vom 24. November 2018 und
der daran anschliessenden Strafirerfahren eingereichten
Strafanzeige vom 9. Dezember 2021
Sehr geehrte Frau Departementsvorsteherin
Ren€ Brigger'
Advokat
rb@ba5leradvokaten.ch
Suzanne Davet
Advokatin
5d@basleradvokaten.ch
Dr. Stefan Grundmann*
Advokat & Notar. LLM.
sg@basleradvokaten.ch
Martin LUU*
Advokat
ml@basleradvokaten.ch
Dr. Andreas Noll
Advoket
an@basleradvokaten.ch
Eva Schürmann
Advokatin
€s@basleradvokaten.ch
Wie Sie aus der im Rubrum genannten Strafanzelge wissen, habe ich
diese namens und auftrags des Vereins Grauer Block erstattet. Da der
Verein Grauer Btock nlcht Partei der genannten Strafverfahren, sondern
Anzeigesteller ist, gelange ich hiermit in dessen Namen und Auftrag im
Wege eines offenen Briefs im Zusammenhang mlt lhren Verlautbarungen
im Februar 2022, nur die Anzeige gegen die Staatsanwa ltschaft Basel-Stadt
zur Untersuchung an eine ausserkantonale Staatsanwaltschaft
zu übertragen, die gegen die Kantonspolizei Basel-Stadt erstatteten
Strafanzelgen jedoch von der Staatsanwattschaft Baset-Stadt setbst untersuchen
zu [assen, an Sie.
lm Zuge der Strafanzeige vom 9. Dezember 202L berichtete auch
L0vor10 in der Sendung vom 16. Dezember 2021 darüber, vor a[[em im
Zusammenhang mit dem zur Anzeige gebrachten widerrechtlichen Mltteteinsatz
an der Kreuzung Rosental-/Mattenstrasse vom 24. November
2018 durch die Kantonspolizei Baset-Stadt. Der Mediensprecher der
* auch Fachanwalt SAV Bau- und lmmobilienrecht
_ auch Fachanwalt SAV Erbrecht
* auch Fachanwalt SAV Haftpflicht- und Versicherungsrecht
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Staatsanwaltschaft, Martin Schütz, äusserte sich in der Sendung vor laufender Kamera
damats wörttich, wie folgt:
Selbstuerständlich werden wir alle notwendige4 rechtlich korrekten Schritte
einleiten, damit diese Anzeige unabhängig und ergebnisoffen beurteilt
und behandelt wird.
lhr Entscheid, Frau Departementsvorsteherin, die gegen die Kantonspolizei Basel-
Stadt elngerelchte Strafanzeige durch die Staatsanwaltschaft Base[-Stadt selbst
untersuchen zu tassen, tst weder rechtlich korrekt, noch wird dadurch eine unabhängige
und ergebn'soffene Untersuchung gewährteistet, und zwar aus fotgenden
Gründen:
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Mit der Anzelge vom 9. Dezember 202L wurde mitunter auch Strafanzeige
gegen die Staatsanwaltschaft und dle ihr angegtiederte Kriminalpolizei wegen
der Löschung einer Tonspur eines Videoclips bei der Erstellung derjeweiligen
Zusammenschnitte zu den einzelnen beschutdlgten Personen erstattet.
Sowohl Staatsanwaltschaft ats auch die ihr angegliederte Kriminalpotizel
sind in diesem Verfahren fotgtich beschuldigte Personen.
Daraus erhellt sich, dass die Staatsanwaltschaft resp. die thr angegliederte
Kriminatpolüei mit dem Löschen der Tonspur den Zweck verfolgte, die Kantonspolizei
vor einer möglichen Strafuerfotgung wegen des rechtswidrigen
Mitteleinsates zu schützen. Allein dadurch begründet die Staatsanwaltschaft
bzw. die ihr angegtiederte Kriminalpolizei den Anschein der Befangenheit
weil sie von Anfang an versuchte, die Kantonspolizei vor elnem
Strafuerfahren zu bewahren. Und nun so[[just diese Staatsanwaltschaft bzw.
die ihr angegliederte Kriminatpolizei nach den Worten des Mediensprechers
der Staatsanwaltschaft Martin Schütz für eine unabhängige und ergebnisoffene
Untersuchung des beanzeigten Verhaltens der Kantonspolüei sorgen,
das Staatsanwaltschaft und Kriminatpolizei gerade zu vertuschen versuchten?
Ats beschutdigte Personen haben Staatsanwaltschaft und die ihr angegliederte
Kriminalpolizei überdies ein Elgeninteresse auch am Ausgang des gegen
die Kantonspolizei Basel-Stadt wegen des widerrechtlichen Mltteleinsatzes
an der Kreuzung Rosental/Mattenstrasse vom 24. November 2018
geführten Strafuerfahrens, da sowohl Kriminalpotizei als auch Staatsanwaltschaft
mit den manipulierten Videozusammenschnitten gerade versuchte,
die Wlderrechtlichkeit des Mitteteinsatzes zu vertuschen. Die getöschte Tonspur
enthielt eindeutige Hinweise darauf, dass der Mitteleinsatz nicht nur
auf friedtich demonstrierende Menschen erfotgte, was dlese erst als Reaktion
darauf tellweise mit Steinwürfen quittierte, sondern auch, dass es sich
dabei um eln Ablenkungsmanöver seitens der Kantonspolizei Basel-Stadt
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handette, um der PNOS den unbemerkten Abzug durch die Bteichestrasse
zu ermöglichen (vg[. Anzeige vom 9. Dezember 202L).
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Vor diesem Hintergrund haben Staatsanwaltschaft und die ihr angegliederte
Kriminalpolizei ein klares Elgeninteresse am Ergebnis des gegen die Kantonspotüei
wegen des Mitteteinsatzes geführten Strafuerfahrens, da sie im
Fatle der Nichtanhandnahme bzw. der Einstellung damit argumentieren
können, dass sich die Manlpulationen des Beweismaterials beim Erstellen
der Videozusammenschnitte (Löschung einer relevanten Tonspur) ja gar
nicht ausgewirkt habe, da ja festgestettt worden se'! dass der Mitteleinsatz
nicht widerrechttich gewesen sei.
Auf diese Weise können Staatsa nwa ltschaft und die ihr angegliederte Kriminalpolizel
das an die ausserkantonale Staatsanwattschaft übertragene
Strafverfahren mehr oder weniger direkt beeinflussen bzw. steuern. Art. 56
[it. a SIPO verlangt jedoch, dass eine Strafbehörde bzw. elne ln einer so[-
chen tätige Person in den Ausstand zu treten hat, wenn sie in der Sache ein
persönliches lnteresse hat. Aufgrund des Dargelegten ist dles offenkundig
der Fa[[. Gemäss Art. 57 SIPO muss die Behörde in einem solchen Fa[[e von
sich aus in den Ausstand treten.
Vor diesem Hintergrund zeigt sich, dass sich lhre Weigerung, Frau Departementsvorsteherin,
entgegen des ausdrück[ichen Antrags des Vereins
Grauer Block auch das Strafverfahren gegen die Kantonspotizei Baset-Stadt
an eine ausserkantonale Staatsanwaltschaft abzutreten, gerade das Gegenteil
dessen ist, was der Mediensprecher der Staatsanwa ltschaft Baset-Stadt
in der Sendung 10vor10 vom L6. Dezember 2021vor laufender Kamera verlauten
liess. Die Weigerung, auch das gegen die Kantonspotizei Basel-Stadt
geführte Strafuerfahren an eine ausserkantonale Staatsanwa ltschaft abzutreten,
ist nicht nur nicht rechtlich korrekt, sondern steht e'rndeutig im Widerspruch
zu den Ausstandsbestimmungen der Strafprozessordnu ng. Eine sotche
Strafu ntersuchung ist a[[es andere als unabhängig und ergebnisoffen. Es
erstaunt, dass gerade Sie, Frau Departementsvorsteherin, als Juristin und
lanqjährige M ita rbeiterin von Strafverfolgun gsbehörden diese U mstä nde offensichtlich
übersehen haben.
7. ln Anbetracht der dargelegten Ausführungen beantrage ich lhnen,
nunmehr auch die gegen die Kantonspolizei geführten Strafverfahren
durch eine ausserkantonale Staatsanwaltschaft untersuchen
zu [assen.
Eine bewusste Fortsetzung der gegen die Kantonspolizei Basel-Stadt geführten
Strafverfahren unter der Leltung der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt
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mit dem exptiziten Segen der Regierung würde sich nicht nur nahtlos in die
Art und Weise einfügen, wie die Strafuerfahren gegen die Basel nazifrel Demonstrant"innen
bisher geführt worden sind, sondern darüber hinaus sicherlich
nicht dazu beitragen, das arg ramponierte Ansehen der baselstädtischen
Strafuerfotgungsbehörden und den damit verbundenen Verlust des
Vertrauens der Öffentlichkeit wiederherzuste[[en.
Als oberste Leiterin des J ustizdepartements a[s Vot[zugsorgan der von Verfassungs
und Konventions wegen garantierten Rechtsstaatlichkeit und Verfahrensfairness
ersuche ich Sie, verantwortungsvoll mit diesen Grundsätzen umzugehen und ihnen
Sorge zu tragen, indem Sie nun auch das gegen die Kantonspolizei Basel-Stadt
geführte Strafuerfahren an eine ausserkantonale Staatsanwaltschaft abtreten und
dadurch ein ktares Zeichen setzen, dass auch die Träger staatlicher Macht Recht
und Verfassung unterworfen sind.
Mit bestem Dank für lhr Gehör und lhre Bemühungen verbleibe lch
Hochachtungsvolt
,./,-
Dr. Andreas Not[, Advokat