31.12.2013 Aufrufe

VL Volition I - Fachsymposium-Empowerment

VL Volition I - Fachsymposium-Empowerment

VL Volition I - Fachsymposium-Empowerment

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Professur für<br />

Allgemeine Psychologie<br />

Vorlesung WS 2011/12<br />

Motivation, Emotion, <strong>Volition</strong><br />

<strong>Volition</strong>spsychologische Ansätze<br />

Prof. Dr. Thomas Goschke


Literaturhinweise<br />

Lehrbuchkapitel (prüfungsrelevant)<br />

Goschke, T. (2007). <strong>Volition</strong> und kognitive Kontrolle. In J. Müsseler (Hrsg.). Allgemeine<br />

Psychologie (2. Auflage). Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag.<br />

Vertiefung Rubikonmodell<br />

Kapitel von Achtziger & Gollwitzer in Heckhausen, J. & Heckhausen, H. (2010).<br />

Motivation und Handeln (4. Auflage). Berlin: Springer.<br />

Vertiefung Handlungskontrolltheorie<br />

Kapitel von Kuhl in Heckhausen, J. & Heckhausen, H. (2010). Motivation und Handeln (4.<br />

Auflage). Berlin: Springer.<br />

Für Interessierte<br />

Goschke, T. (2004). Vom freien Willen zur Selbstdetermination. Kognitive und volitionale<br />

Mechanismen der intentionalen Handlungssteuerung. Psychologische Rundschau,<br />

55, 186-197.


Ebenen der Verhaltenssteuerung: Zusammenfassung<br />

Reflexe und<br />

Instinkte<br />

Motiviertes<br />

Verhalten<br />

Assoziatives<br />

Lernen<br />

Intentionale<br />

Handlungen<br />

Angeborene Reaktionsprogramme, die in fixer Weise durch spezifische<br />

Reizbedingungen ausgelöst werden<br />

Modulation von Reaktionsdispositionen durch aktuell angeregte Bedürfnisse<br />

/ Triezustände<br />

Erfahrungsabhängige Veränderung von Assoziationen zwischen Reizen,<br />

Reaktionen und Konsequenzen<br />

Antizipationen u. Bewertung von zukünftigen Handlungseffekten<br />

Zielgerichtetheit und Planung<br />

<strong>Volition</strong> und<br />

Selbstkontrolle<br />

Antizipation zukünftiger Bedürfnisse<br />

<strong>Volition</strong> und Selbstkontrolle<br />

Unterdrückung aktueller Motivationstendenzen oder Gewohnheiten<br />

zugunsten langfristiger Ziele<br />

4


Willenspsych.<br />

Wundt<br />

1874, 1896<br />

Ach<br />

1910<br />

Kognitive und<br />

persönlichkeitspsych.<br />

Ansätze<br />

Freud<br />

1900, 1915<br />

Assoziationismus<br />

Darwin<br />

1859<br />

Thorndike<br />

1898, 1911<br />

James<br />

1890<br />

Aktivationstheoret.<br />

Pawlow<br />

1909/1927<br />

Instinkttheoret.<br />

McDougall<br />

1908<br />

Lewin<br />

1926, 1935<br />

Tolman,<br />

1932, 1952<br />

Duffy<br />

1932, 1962<br />

Lorenz<br />

1937, 1943<br />

Murray<br />

1938<br />

McClelland<br />

1953, 1961<br />

Mowrer<br />

1950, 1960<br />

Hull<br />

1943, 1952<br />

Spence<br />

1956, 1960<br />

Skinner<br />

1938, 1953<br />

Bindra<br />

1959<br />

Hebb<br />

1949, 1953<br />

Sokolov<br />

1958<br />

Tinbergen<br />

1951<br />

Atkinson<br />

1957, 1970<br />

Heider<br />

1958<br />

Miller<br />

1948, 1959<br />

Berlyne<br />

1960, 1967<br />

Eysenck<br />

1967<br />

Heckhausen<br />

1967, 1980<br />

Weiner<br />

1972<br />

Kuhl,<br />

1983, 1994<br />

Gollwitzer<br />

1990<br />

5<br />

Kognitive Ansätze<br />

<strong>Volition</strong>stheorien<br />

Moderne<br />

Lerntheorien<br />

Psychophysiologie<br />

Biopsychologie<br />

Ethologie<br />

Soziobiologie


Annahmen der Erwartung-Wert-Theorien:<br />

Der Mensch als rationaler Entscheider<br />

<br />

Ökonomische Entscheidungstheorie<br />

<br />

Rationale Entscheidungsregel: Wähle das Ziel, bei dem das Produkt von<br />

möglichem Gewinn und Gewinnwahrscheinlichkeit maximal ist<br />

<br />

Erwartung-Wert-Theorien<br />

<br />

<br />

Motivation = Resultat der Einschätzung von Anreiz und Erfolgserwartung<br />

Menschen verwenden (approximativ) rationale Entscheidungsregeln


Warum tun wir nicht immer das, was wir wollen?<br />

Intertemporale Entscheidungskonflikte<br />

Jetzt<br />

ODER<br />

Später…


Probleme rationaler Entscheidungstheorien<br />

<br />

Empirische Befunde zeigen mitunter Abweichungen von optimaler<br />

(„rationaler“) Entscheidungsregel<br />

<br />

Menschen tun nicht immer das, was sich als vernünftig betrachten<br />

oder wofür sie sich entschieden haben<br />

<br />

<br />

Impulsives Verhalten („Willensschwäche“)<br />

Gewohnheiten, die im Widerspruch zu vernünftigen Abwägungen und<br />

Intentionen stehen<br />

9


Warum tun wir nicht immer das was wir wollen?<br />

Alltägliche Beispiele<br />

Klinische Beispiele<br />

<br />

<br />

<br />

Zahnarztbesuch aufschieben<br />

Diät nicht einhalten<br />

Fernsehen obwohl man sich<br />

vorgenommen hat, Sport zu<br />

treiben<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Sucht<br />

Pathologisches Spielen<br />

Ängste<br />

Zwänge<br />

Depression


Intertemporale Entscheidungskonflikte<br />

und Belohnungsaufschub<br />

<br />

<br />

Kleiner sofortiger vs. größere verzögerte Belohnung<br />

Kleiner sofortiger Verlust vs. verzögerte großer Gewinn<br />

Selbstkontrolle =<br />

Wahl der langfristig vorteilhaften Option<br />

Inkaufnahme kurzfristiger Verluste oder Verschlechterungen der Bedürfnislage


Zeitliche Abwertung zukünftiger Konsequenzen<br />

(„temporal discounting“)<br />

Ainslie and Haendel, 1983<br />

<br />

Wahl: $100 früher vs. $200 später<br />

<br />

Zwei Bedingungen<br />

• Verzögert: in 6 Jahren vs. in 8 Jahren<br />

• Unmittelbar: Sofort vs. in 2 Jahren<br />

<br />

Resultat:<br />

• Verzögerte Bedingung: Probanden wählen eher selbstkontrolliert<br />

• Unmittelbare Bedingung: Probanden wählen häufiger impulsiv<br />

<br />

Warum kommt es zu dieser Präferenzumkehr (preference reversal)?


SUBJEKTIVER WERT<br />

Zeitliche Abwertung zukünftiger Belohnungen<br />

Später+größer<br />

Früher+kleiner<br />

Zeit<br />

Beide Belohnungen<br />

noch weit in der Zukunft<br />

Kleine Belohnung<br />

ist sofort verfügbar


Intertemporale Entscheidungskonflikte:<br />

Temporal discounting


Aktuelle vs. antizipierte Bedürfnisse<br />

<br />

<br />

<br />

„Die Fähigkeit zum Denken führt also zur Existenz einer<br />

spezifischen Form von Motivation, die auf die Vermeidung oder<br />

Herbeiführung von Umständen gerichtet ist, die einen<br />

Mangelzustand, der im Moment noch gar nicht vorhanden ist,<br />

verhindern oder beseitigen sollen“<br />

„Mit Denken wird Verhalten schwieriger. Einerseits bringt Denken<br />

die Möglichkeit, Zukunft zu antizipieren, andererseits hat es die<br />

einzelne Verhaltensweise schwerer, sich durchzusetzen“<br />

Man muß Antizipationsmotivationen besonders “absichern“ gegen<br />

aktuelle Bedürfnisse, damit sie überhaupt eine Chance haben<br />

Dörner, 1987, S. 242


Antizipative Handlungssteuerung<br />

Antizipation<br />

zukünftiger<br />

Handlungseffekte<br />

Antizipation<br />

zukünftiger<br />

Bedürfnisse<br />

Zielrepräsentationen<br />

Reize<br />

Reaktionen<br />

Sensoren<br />

Reiz-Reaktions<br />

Verknüpfungen<br />

Effektoren


Koexistenz älterer und neuerer Kontrollsysteme<br />

<br />

Ältere Systeme der Verhaltenssteuerung<br />

wurden in der Evolution nicht ausgelöscht<br />

„Eine Art, die Hunger oder Schmerz einfach unterdrücken<br />

könnte, wäre schon bald ausgelöscht worden" (Minsky, 1990,<br />

S.43)<br />

<br />

Menschliches Verhalten ist das Ergebnis der<br />

Interaktion und Konkurrenz multipler<br />

(kognitiver und emotionaler) Kontrollsysteme<br />

LeDoux (2000)


Grundannahmen der <strong>Volition</strong>spsychologie<br />

<br />

Realisierung von langfristigen Zielen ist schwierig,<br />

<br />

<br />

<br />

wenn langfristiges Ziel in Konflikt zu aktuellen Bedürfnisses steht<br />

wenn unangenehme Nebeneffekte in Kauf genommen werden müssen<br />

wenn konkurrierende Motivationstendenzen oder starke Gewohnheiten<br />

unterdrückt werden müssen<br />

<br />

<strong>Volition</strong>ale Kontrollprozesse haben die Funktion<br />

<br />

<br />

die Aufrechterhaltung, Realisierung und Abschirmung von Absichten zu<br />

fördern<br />

konkurrierende Motivationstendenzen, Gewohnheiten oder Versuchungen zu<br />

unterdrücken


Entwicklungslinien der <strong>Volition</strong>sforschung<br />

Klassische<br />

deutsche Willenspsychologie u.a. Narziß Ach (1871-1946)<br />

Kurt Lewin (1890-1947)<br />

unterscheidet<br />

Zielsetzen<br />

Zielstreben<br />

Moderne Motivationspsychologie<br />

(Erwartung x Wert - Modelle)<br />

Moderne Willenspsychologie (ab 1980)<br />

Heinz Heckhausen & Peter Gollwitzer<br />

(Rubikonmodell)<br />

Julius Kuhl:<br />

(Handlungskontrolltheorie)


Theories of volition in motivational psychology<br />

Julius Kuhl<br />

Peter Gollwitzer<br />

Heinz Heckhausen<br />

Action control theory<br />

(1983, 1996, 2000)<br />

Rubicon theory<br />

(1989; 1999; 2005)


Intentionsbildung<br />

(Rubikon)<br />

Intentionsinitiierung<br />

Intentionsdesaktivierung<br />

Das Rubikonmodell der Handlungsphasen<br />

(Heckhausen, 1989; Gollwitzer,1990)<br />

Motivation<br />

prädezisional<br />

<strong>Volition</strong><br />

präaktional<br />

<strong>Volition</strong><br />

aktional<br />

Motivation<br />

postaktional<br />

Abwägen Planen Handeln Bewerten<br />

Gollwitzer, P. (1990). Abwägen und Planen. Göttingen: Hogrefe.<br />

Heckhausen, H. (1989). Motivation und Handeln (2. Auflage). Berlin: Springer.


Das Rubikonmodell der Handlungsphasen<br />

(Heckhausen, 1989; Gollwitzer,1990)<br />

Prädezisionale Motivationsphase<br />

Abwägen<br />

• Person muss aus all ihren Wünschen und<br />

Zielen eine Auswahl treffen und<br />

entscheiden, welche Ziele erreicht<br />

werden sollen<br />

• Zielselektion beruht auf Einschätzung der<br />

Erreichbarkeit und Wünschbarkeit<br />

(Bewertung von positiven und negativen<br />

Folgen und Kosten der Zielerreichung)


Intentionsbildung<br />

(Rubikon)<br />

Das Rubikonmodell der Handlungsphasen<br />

(Heckhausen, 1989; Gollwitzer,1990)<br />

Fazit-<br />

Tendenz<br />

Abwägen<br />

Planen<br />

Präaktionale <strong>Volition</strong>sphase<br />

• Beginnt mit Festlegung auf ein<br />

Ziel und Bildung einer<br />

verbindlichen Absicht<br />

• Planen: Zeitliche Sequenzierung<br />

einzelner Handlungsschritte<br />

• Bildung von konkreten Vorsätzen<br />

• Gelegenheitsvorsätze: Wann<br />

bzw. unter welchen Bedingungen<br />

soll Handlung initiiert werden?<br />

• Durchführungsvorsätze: Wie<br />

sollen Schwierigkeiten bewältigt<br />

werden?<br />

• Terminierungsvorsätze: Wann soll<br />

Handlung beendet werden bzw.<br />

wann ist Ziel erreicht?


Intentionsbildung<br />

(Rubikon)<br />

Intentionsinitiierung<br />

Das Rubikonmodell der Handlungsphasen<br />

(Heckhausen, 1989; Gollwitzer,1990)<br />

Fazit-<br />

Tendenz<br />

Fiat-<br />

Tendenz<br />

Abwägen Planen Handeln<br />

Aktionale <strong>Volition</strong>sphase<br />

• Initiierung u. Ausführung<br />

zieldienlicher Handlungen<br />

• Aufmerksamkeit kann auf<br />

unterschiedliche Handlungsebenen<br />

fokussiert sein:<br />

• Ungeübte Handlung:<br />

konkrete Handlungsschritte<br />

• Automatisierte Handlung:<br />

abstrakte Ziele<br />

• Treten unerwartete Probleme<br />

/ Barrieren / Konflikte auf<br />

• wird Anstrengung gesteigert<br />

• werden volitionale<br />

Kontrollprozesse mobilisiert<br />

• werden Durchführungsvorsätze<br />

gebildet


Bewerten:<br />

Postaktionale Motivationsphase<br />

• Vergleich von Handlungsresultat mit dem Ziel & Bewertung des<br />

Resultats<br />

• Zielerreichung Intention wird deaktiviert<br />

• Diskrepanz zwischen Handlungsergebnis und Ziel<br />

Suche nach Ursachen (Kausalattribution),<br />

Bildung neuer Vorsätze<br />

Revision der Absicht oder des Handlungsplans<br />

• mangelnde Deaktivierung der Intention nach wiederholtem<br />

Misserfolg Perseveration (Gedanken kreisen um Misserfolg,<br />

Handlungslähmung Lageorientierung)


Intentionsbildung<br />

(Rubikon)<br />

Intentionsinitiierung<br />

Intentionsdesaktivierung<br />

Das Rubikonmodell der Handlungsphasen<br />

(Heckhausen, 1989; Gollwitzer,1990)<br />

Motivation<br />

prädezisional<br />

<strong>Volition</strong><br />

präaktional<br />

<strong>Volition</strong><br />

aktional<br />

Motivation<br />

postaktional<br />

Fazit-<br />

Tendenz<br />

Fiat-<br />

Tendenz<br />

Abwägen Planen Handeln Bewerten<br />

Realitätsorientierung<br />

Realisierungsorientierung<br />

Realitätsorientierung<br />

Bewußtseinlagen


Bewusstseinslagen<br />

• Verschiedene Handlungsphasen stellen unterschiedliche<br />

Anforderungen an die Informationsverarbeitung<br />

• Abwägen: Möglichst realistische Einschätzung der Wünschbarkeit und<br />

Erreichbarkeit von Zielen<br />

• Planen: Möglichst effiziente Realisierung ausgewählter Absichten<br />

• In Handlungsphasen dominieren unterschiedliche „Bewusstseinslagen“<br />

• Bewusstseinslage: in der Würzburger Schule (Marbe, 1901) Bezeichnung<br />

dafür, dass eine Instruktion eine bestimmte kognitive Einstellung („set)<br />

induziert, die die Ausführung einer Aufgabe fördert<br />

Gollwitzer, P.M., & Bayer, U. (1999). Deliberative versus implemental<br />

mindsets in the control of action. In S. Chaiken & Y. Trope (Hrsg.), Dual<br />

process theories in social psychology (S. 403-422). New York: Guilford.


Bewusstseinslagen<br />

Abwägen<br />

Planen<br />

Realitätsorientierung<br />

Realisierungsorientierung:<br />

(1) Offene Verarbeitung<br />

entscheidungsrelevanter Information<br />

(2) Aufmerksamkeitsfokus auf<br />

entscheidungsrelevante<br />

Informationen (Wünschbarkeit und<br />

Erreichbarkeit von Zielen)<br />

(3) Unparteiische Verarbeitung von<br />

positiven und negativen Anreizen<br />

(4) Realistische Einschätzung der<br />

Erreichbarkeit von Zielen<br />

(1) Selektive Verarbeitung von<br />

zielrelevanter Information<br />

(2) Aufmerksamkeitsfokus auf<br />

realisierungsrelevante Informationen<br />

(z.B. günstige Gelegenheiten)<br />

(3) Parteiische Verarbeitung der<br />

positiven Anreize des gewählten Ziels<br />

(4) Optimistische Einschätzung der<br />

Erreichbarkeit des gewählten Ziels,<br />

um Selbstverpflichtung nicht zu<br />

gefährden


Bewusstseinslagen wirken inhaltsunspezifisch<br />

• Bewusstseinslagen beeinflussen nicht nur Verarbeitung von<br />

Informationen, die die aktuelle Entscheidung oder Handlung betreffen…<br />

• … sondern beeinflussen auch die Verarbeitung von Information, die in<br />

keinem inhaltlichen Bezug zum momentanen Entscheidungsproblem<br />

oder Ziel steht.<br />

• Experimentelle Überprüfung:<br />

1. Induktion einer abwägenden oder planenden Bewusstseinslage<br />

2. Messung von Effekten der Bewusstseinslage auf die<br />

Informationsverarbeitung in anderen Aufgaben


Erinnern Bewusstseinslagen-kongruenter Information<br />

Gollwitzer, Heckhausen und Steller (1990, Exp. 2)<br />

• Ziel:<br />

• Nachweis von Bewusstseinslagen auf den Abruf von Gedächtnisinhalten<br />

• Hypothese:<br />

• Personen in einer abwägenden Bewusstseinslage rufen bevorzugt<br />

Informationen ab, die sich auf die Wünschbarkeit und Erreichbarkeit eines<br />

Ziels beziehen<br />

• Personen planender Bewusstseinslage rufen bevorzugt Informationen ab,<br />

die sich auf die Verwirklichung von Zielen beziehen.


Erinnern bewusstseinslagen-kongruenter Information<br />

Gollwitzer, Heckhausen und Steller (1990, Exp. 2)<br />

1. Induktion der Bewusstseinslagen:<br />

• Abwägende Bewusstseinslage: Vpn sollten zwischen Materialien für<br />

einen Kreativitätstest auswählen, ohne sich bereits zu entscheiden<br />

• Planende Bewusstseinslage: Vpn sollten sich verbindlich für ein Material<br />

entscheiden<br />

2. Enkodierungsphase<br />

• 8 Dias von Personen, die angeblich über eine Entscheidung nachdachten<br />

• Auf jedem Dia 4 Sätze: 2 Argumente für bzw. gegen die Entscheidung und<br />

2 Gedanken, die sich auf die Realisierung der Handlung bezogen


Beispiel für das Versuchsmaterial von Gollwitzer et al.<br />

(1990, Studie 2)<br />

• Fiktives Entscheidungsproblem<br />

• „Soll ich meine Enkelkinder in den Sommerferien zu mir einladen oder<br />

nicht?“<br />

• Anreizbezogene Informationen<br />

• „Es wäre schön, weil sie mir bei der Gartenarbeit helfen könnten“<br />

• „Es wäre schlecht, weil sie vielleicht das gute Porzellan herunterschmeißen“<br />

• Realisierungsbezogene Informationen<br />

• „Wenn ich es tue, dann rede ich nicht mit den Kindern darüber, bis meine<br />

Tochter einverstanden ist“<br />

• „Wenn ich es tue, werde ich zuerst meiner Tochter schreiben und dann erst<br />

rufe ich sie an“


Erinnern bewusstseinslagen-kongruenter Information<br />

Gollwitzer, Heckhausen und Steller (1990, Exp. 2)<br />

1. Induktion der Bewusstseinslagen:<br />

• Abwägende Bewusstseinslage: Vpn sollten zwischen Materialien für<br />

einen Kreativitätstest auswählen, ohne sich bereits zu entscheiden<br />

• Planende Bewusstseinslage: Vpn sollten sich verbindlich für ein Material<br />

entscheiden<br />

2. Enkodierungsphase<br />

• 8 Dias von Personen, die angeblich über eine Entscheidung nachdachten<br />

• Auf jedem Dia 4 Sätze: 2 Argumente für bzw. gegen die Entscheidung und<br />

2 Gedanken, die sich auf die Realisierung der Handlung bezogen<br />

3. Distraktoraufgabe<br />

• 5 Minuten Zählaufgabe<br />

4. Gedächtnistest<br />

• Erneute Darbietung der Dias mit den Anfängen der vier Sätze („Es wäre<br />

schön, weil...“)<br />

• Vpn sollten Satzanfänge mit den zuvor gezeigten Sätzen ergänzen


Anzahl erinnerter<br />

Informationen<br />

Erinnerungsleistung für abwägungs- und<br />

realisierungsbezogene Information<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

Abwägungsbezogene<br />

Inhalte<br />

Realisierungsbezogene<br />

Inhalte<br />

0<br />

Abwägen Kontrolle Planen<br />

Gollwitzer, P., Heckhausen, H. & Steller, B. (1990). Deliberative vs.<br />

implemental mind-sets: Cognitive tuning toward congruous thoughts and<br />

information. Journal of Personality and Social Psychology, 59, 1119-1127.


Bewusstseinslagen-kongruente gedankliche Assoziationen<br />

Gollwitzer et al., 1990, Exp. 2<br />

• Hypothese: Je nach Bewusstseinslage sollten Personen eher<br />

abwägungs- oder planungsbezogene gedankliche Assoziationen<br />

produzieren<br />

Gollwitzer, P., Heckhausen, H. & Steller, B. (1990). Deliberative vs.<br />

implemental mind-sets: Cognitive tuning toward congruous thoughts and<br />

information. Journal of Personality and Social Psychology, 59, 1119-1127.


Bewusstseinslagen-kongruente gedankliche Assoziationen<br />

Gollwitzer et al., 1990, Exp. 2)<br />

Versuchsablauf<br />

1. Induktion der Bewusstseinslagen<br />

• Abwägend: Vpn sollten über persönliches Entscheidungsproblem<br />

nachdenken, bei dem sie noch unentschieden waren<br />

• Planend: Vpn sollten Durchführung eines verbindlich<br />

vorgenommenen Projekts planen<br />

• Kontrollgruppe: Keine Induktion<br />

2. Testphase<br />

• Vpn wurden Märchen vorgelegt, die an einer kritischen Stelle<br />

abbrachen<br />

• Vpn sollten Märchen weiter erzählen<br />

• Inhaltsanalyse der Ergänzungen bzgl. Anzahl abwägungs- und<br />

planungsbezogener Inhalte


8<br />

7<br />

6<br />

Ergebnisse:<br />

Bewusstseinslagen-kongruente gedankliche<br />

Assoziationen<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

Abwägen Kontrolle Planen<br />

Abwägungsbezogene<br />

Inhalte<br />

Realisierungsbezogene<br />

Inhalte<br />

Kongruenz zwischen Bewusstseinlagen und produzierten<br />

Gedankeninhalten, obwohl die Märchen in keiner inhaltlichen Beziehung<br />

zu dem Entscheidungsproblem standen, mit dem die<br />

Bewusstseinslagen induziert worden waren.


Offenheit der Informationsaufnahme<br />

• Hypothese:<br />

• abwägenden Bewusstseinslage:<br />

- Aufmerksamkeit sollte breit verteilt sein auch inzidentelle<br />

Information wird enkodiert<br />

• planende Bewusstseinslage<br />

- Aufmerksamkeit sollte fokussierter sein inzidentelle<br />

Information wird weniger gut enkodiert<br />

• Methode:<br />

• Probanden wurden auf verschiedene Weise in abwägende und<br />

planende Bewusstseinslage versetzt<br />

• Konzentrationstest (d‘) + inzidentelle Darbietung irrelevanter Wörter<br />

• A.V.: Rekognitionstest für die Wörter<br />

Fujita, K. Gollwitzer, P.M. & Oettingen, G (in press). Mindsets and pre-conscious openmindedness<br />

to incidental information. Journal of Experimental Social Psychology.


Offenheit der Informationsaufnahme<br />

‚ ‚ ‚ „ ‚<br />

d d „ p d ‚ d p p<br />

„ ‚<br />

APFEL


Ergebnisse


Realisierungsorientierung und Kontrollillusionen<br />

• Hypothese:<br />

• Personen in abwägender Bewusstseinslage schätzen<br />

ihre Kontrolle über äußere Ereignisse realistisch ein<br />

(Realitätsorientierung)<br />

• Personen in planender Bewusstseinslage überschätzen<br />

die eigene Kontrolle (Realisierungsorientierung)<br />

Gollwitzer, P. & Kinney, R.F. (1989). Effects of deliberative and<br />

implemental mind-sets on the illusion of control. Journal of<br />

Personality and Social Psychology, 54, 531-542.


Kontingenzlernaufgabe<br />

Alloy & Abramson (1979)<br />

• Aufgabe<br />

• Lange Serie von Durchgängen, in denen die Vpn eine Taste entweder<br />

drücken kann oder nicht<br />

• In jedem Durchgang leuchtet nach dem Tastendruck entweder ein Licht<br />

auf oder nicht<br />

• Ob das Licht aufleuchtet oder nicht, war völlig unabhängig davon, ob die<br />

Taste gedrückt wurde oder nicht


Kontingenzlernaufgabe<br />

Alloy & Abramson (1979)<br />

25% 75%<br />

25% 75%<br />

• Abhängige Variable<br />

• Vpn sollten einschätzen, wie<br />

viel Kontrolle sie über das<br />

Aufleuchten des Lichts<br />

gehabt hatten<br />

• Ergebnis<br />

• Vpn überschätzen häufig ihre<br />

Kontrolle über das<br />

Aufleuchten des Lichts


Realisierungsorientierung und subjektive Kontrolle<br />

Gollwitzer und Kinney (1989, Exp.2)<br />

• Vpn bearbeiteten die Kontingenzlernaufgabe nach der Induktion einer<br />

abwägenden oder planenden Bewusstseinslage<br />

• Abwägend: Vpn sollten über persönliches Entscheidungsproblem<br />

nachdenken<br />

• Planend: Vpn sollten Durchführung eines bereits vorgenommenen Projekts<br />

planen<br />

• Kontrollgruppe: Keine Induktion<br />

• Hypothese<br />

• Planende Personen überschätzen ihre Kontrolle im Vergleich zu<br />

abwägenden Personen


Subjektive Kontrolle<br />

Kontrolleinschätzungen in verschiedenen Bewusstseinslagen<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Abwägen Planen Kontrolle<br />

Bewußtseinslage<br />

Gollwitzer, P. & Kinney, R.F. (1989). Effects of deliberative and<br />

implemental mind-sets on the illusion of control. Journal of<br />

Personality and Social Psychology, 54, 531-542.


Zusammenfassung<br />

• Abwägende und planende Bewusstseinslage sind mit unterschiedlichen<br />

kognitiven Einstellungen und Modi der Informationsverarbeitung<br />

verbunden<br />

• Abwägen: realitätsorientierte Verarbeitung<br />

• Planen: realisierungsorientierte Verarbeitung<br />

• Empirische Evidenz<br />

• Erinnern Bewusstseinslagen-kongruenter Information<br />

• Bewusstseinslagen-kongruente gedankliche Assoziationen<br />

• subjektive Kontrollüberzeugung<br />

• Offenheit der Informationsaufnahme und Breite der Aufmerksamkeit


Zielintentionen versus Vorsätze<br />

• Zielintentionen: spezifizieren angestrebten Zielzustand<br />

- z.B. “Ich will die Prüfung bestehen”<br />

• Vorsätze: spezifizieren, wann und wie Ziel erreicht werden soll<br />

- z.B. “Wenn ich vom Sport nach Hause komme, arbeite ich das nächste<br />

Kapitel des Lehrbuchs durch”<br />

• Bildung von Vorsätzen fördert die Verwirklichung von Absichten<br />

• (Vgl. das sog. Gesetz der speziellen Determination (N. Ach, 1935) : “Je<br />

spezieller der Inhalt einer Determination ist, desto rascher und sicherer wird<br />

die Verwirklichung erreicht.”)<br />

Gollwitzer, P.M. (1999). Implementation intentions: The strategic preparation of<br />

automatic goal pursuit. American Psychologist, 54, 493-503.


Gollwitzer, P. M. & Brandstätter, V. (1997). Implementation<br />

intentions and effective goal pursuit. Journal of Personality<br />

and Social Psychology, 73, 186-199.<br />

Förderung der Absichtsrealisierung durch Vorsätze<br />

• Vpn nannten persönliche Vorhaben, die sie in den Weihnachtsferien<br />

erledigen wollten (Exp. 1) oder erhielten einen Auftrag (einen Bericht<br />

über den Weihnachtsabend schreiben) (Exp. 2).<br />

• Vorsatzgruppe: Sollte konkrete Vorsätze bilden, wann Absicht<br />

ausgeführt wird<br />

• Kontrollgruppe: Kein Vorsatz<br />

• Ergebnisse:<br />

• Personen in Vorsatzgruppe verwirklichten das Ziel doppelt so häufig wie<br />

Personen in der Kontrollgruppe<br />

• Ähnliche Effekte wurden in alltäglichen Kontexten gefunden (z.B.<br />

Befolgung ärztlicher Anweisungen; Einnahme von Medikamenten;<br />

Sheeran & Orbell, 1999).


Theoretische Interpretation der Wirkungen von Vorsätzen<br />

• Bildung eines Vorsatzes verknüpft beabsichtigte Handlung und<br />

spezifische Auslösebedingungen (Gelegenheit)<br />

günstige Gelegenheiten werden bevorzugt wahrgenommen<br />

beabsichtigte Handlungen wird automatisch durch die<br />

Ausführungsgelegenheit aktiviert<br />

Kontrolle der Handlungssteuerung wird teilweise an die Umwelt<br />

abgegeben (delegation of control)<br />

• Vorsätze haben ähnliche Effekte wie sie sonst bei der Automatisierung<br />

durch häufiges Üben einer Reiz-Reaktions-Zuordnung zu beobachten<br />

sind<br />

Gollwitzer, P.M. (1999). Implementation intentions: The strategic preparation of<br />

automatic goal pursuit. American Psychologist, 54, 493-503.


Kritik und offene Fragen<br />

• Vermittelnde kognitive Mechanismen<br />

• Rolle von Persönlichkeitsdispositionen<br />

• Problem der Balance von Realitäts- und Realisierungsorientierung<br />

• adaptive Handlungssteuerung erfordert Balance zwischen Abschirmung<br />

von Zielen und flexiblem Wechseln zwischen Zielen (Persistenz-<br />

Flexibilitäts-Dilemma; Goschke, 1997, 2002).<br />

• Hintergrundüberwachung: Verarbeitung potentiell relevanter Reize, die u.U.<br />

einen Zielwechsel erfordern


Kontrolldilemmata:<br />

Antagonistische Anforderungen bei der Handlungssteuerung<br />

Persistenz<br />

Wechsel<br />

• Aufrechterhaltung &<br />

Abschirmung von Zielen<br />

• Unterdrückung<br />

konkurrierender Reaktionen<br />

Persistenz-<br />

Wechsel-<br />

Dilemma<br />

• Flexibles Wechseln<br />

zwischen Zielen<br />

• Umkonfigurierung von<br />

Reaktionsdispositionen<br />

Kognitive Stabilität<br />

Selektion<br />

Kognitive Flexibilität<br />

Überwachung<br />

• Zielgerichtete Reizselektion<br />

• Inhibition störender Reize<br />

Selektions-<br />

Überwachungs-<br />

Dilemma<br />

• Monitoring potentiell<br />

bedeutsamer Reize<br />

• Aufmerksamkeitswechsel<br />

Goschke, T. (2003). Voluntary action and cognitive control from a cognitive neuroscience perspective. In S. Maasen, W. Prinz, &<br />

G. Roth (eds.). Voluntary action. (pp. 49-85). Oxford: Oxford University Press.<br />

Goschke, T. (2000). Involuntary persistence and intentional reconfiguration in task-set switching. In S. Monsell & J. Driver<br />

(Eds.), Attention and Performance XVIII: Control of Cognitive Processes (pp. 331-355). Cambridge, MA: MIT Press.


Komplementäre Kosten<br />

kognitiver Stabilität vs. Flexibilität<br />

Starke Zielabschirmung<br />

• Persistenz und Stabilität<br />

Stabilitäts<br />

Flexibilitäts<br />

Balance<br />

Geringe Zielabschirmung<br />

• Flexible<br />

Umkonfigurierung<br />

Perseveration<br />

Rigidität<br />

Reduzierte Hintergrundüberwachung<br />

?<br />

<br />

<br />

<br />

Ablenkbarkeit<br />

Interferenz<br />

Impulsivität<br />

Wie wird die Balance zwischen<br />

Stabilität und Flexibilität dynamisch reguliert?


Sie haben gelernt...<br />

• wie Effekte der Bewußseinslagen auf die Informationsverarbeitung<br />

experimentell untersucht wurden<br />

• wie sich die abwägende und planende Bewusstseinslage unterscheiden<br />

• Abruf von Information aus dem Gedächtnis<br />

• Produktion gedanklicher Assoziationen<br />

• Offenheit der Informationsaufnahme und Breite der Aufmerksamkeit<br />

• Kontrollüberzeugung<br />

• Was unter Zielintentionen und Vorsätzen verstanden wird<br />

• Welche Effekte die Bildung von Vorsätzen auf die Zielrealisierung hat

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!