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Fast drei von vier Deutschen<br />
glauben laut einer ForsaUmfrage<br />
an Engel. Zum Vergleich: Zu Gott<br />
bekann ten sich nur 64 Prozent aller<br />
Befragten. Engel sind in Mode.<br />
Ei ne Mode, die das Christentum<br />
schon lange kennt. Papst Benedikt<br />
XVI. erklärte beim AngelusGebet<br />
am 1. März 2009: „Wir würden das<br />
Evan gelium um einen bedeutenden<br />
Teil verkürzen, wenn wir die <br />
se von Gott gesandten Wesen vernachlässigten,<br />
die seine Gegenwart<br />
unter uns verkündigen und<br />
eines ihrer Zeichen sind.“<br />
Häufig berichten Menschen über<br />
Begegnungen mit Engeln. Die wenigsten<br />
meinen dann ein Wesen<br />
wie in der Eingangssze ne. Dabei<br />
können Engel Retter und Rächer,<br />
Warner und Mahner sein. Mit ihren<br />
Aufgaben und Rollen beschäftigt<br />
sich eine spezielle Teildiszip<br />
14 LiMa 12/2009<br />
lin der Theologie, die Ange lologie.<br />
Die Ausgangslage ist klar: Wie<br />
auch der Islam und das Judentum<br />
ist das Christentum fest überzeugt<br />
von der Existenz der Engel.<br />
Der Katechismus der Kirche sagt:<br />
„Die Existenz der Engel ist eine<br />
Glaubenswahrheit.“<br />
Engel sind unverzichtbar<br />
für das Christentum<br />
Und erklärt wei ter: „Das bezeugt<br />
die Schrift ebenso klar wie die<br />
Einmütigkeit der Überlieferung.“<br />
In der Bibel gibt es zahlreiche<br />
Stellen, die von Engeln erzählen<br />
(sie he Kasten S. 16) Jedoch wird<br />
im Alten Testament manchmal<br />
nicht deutlich, ob „Engel“ nicht in<br />
Wirklichkeit eine Bezeichnung für<br />
„Gott“ ist: Während Moses seine<br />
Schafe weidete, „erschien ihm der<br />
Engel des Herrn in einer Flamme,<br />
Hier bringen<br />
Engel die<br />
Jungfrau Maria<br />
in den Himmel.<br />
Das steht<br />
aber nicht in<br />
der Bibel<br />
die aus einem Dornbusch emporschlug.“<br />
Später heißt es: „Als der<br />
Herr sah, dass Mose näher kam,<br />
um sich das anzusehen, rief Gott<br />
ihm aus dem Dornbusch zu: Mose,<br />
Mose! Er antwortete: Hier bin<br />
ich.“ Aufgrund dieser und ähnlicher<br />
Passagen vermuten einige<br />
Bi belforscher, dass man zu Beginn<br />
den Begriff „Engel“ benutzte,<br />
um unterschiedliche Erscheinungsformen<br />
des einen <strong>Gottes</strong><br />
zu erklären. Ein RacheEngel<br />
symboli sierte vielleicht den zornigen<br />
Gott, Erzählungen von<br />
Schutzengeln drückten wohl<br />
die Hoffnungen auf den liebenden<br />
Schöpfer aus. Das Problem<br />
an dieser Erklärung: Wenn sie<br />
stimmt, dann würde es Engel als<br />
eigene Wesen gar nicht geben. Sie<br />
wären nur Masken <strong>Gottes</strong>, unter<br />
denen er uns erscheint.<br />
Im Neuen Testament sind die<br />
Aussagen deutlicher. Im ersten<br />
Kapitel des Lukasevangeliums<br />
schickt Gott seinen wichtigsten<br />
Boten, Gabriel. Er soll der Magd<br />
Maria eine Nachricht überbringen.<br />
Gabriel findet sie, erscheint<br />
und verkündet ihr: „Fürchte dich<br />
nicht, Maria; denn du hast bei<br />
Gott Gnade gefunden. Du wirst<br />
ein Kind empfangen, einen Sohn<br />
wirst du gebären: dem sollst du<br />
den Namen Jesus geben.“<br />
Die Trennung von Gott und Engel<br />
ist hier ganz klar. Im Gegensatz<br />
zu den Schilderungen, wie die<br />
Engel aussehen. Hier warnt der<br />
Katholische Erwachsenenkatechismus:<br />
„Ohne Zweifel drückt<br />
die Schrift die Lehre von den Engeln<br />
weithin in mythologischen<br />
Sprachformen und in den Vorstellungen<br />
der damaligen Zeit aus.<br />
(...) Deshalb müssen wir mit Spekulationen<br />
über die Zahl, die Art,<br />
die Unterscheidungen und Ord <br />
nungen (Chöre) der Engel zurückhaltend<br />
sein.“ Stattdessen sagt der<br />
I. Triade<br />
II. Triade<br />
III. Triade<br />
Die<br />
himmlische<br />
Hierarchie<br />
Wo sich die Engel befinden und<br />
wie wichtig sie sind<br />
Katechismus nur: „Dass es geistige,<br />
körperlose Wesen gibt, die von<br />
der Heiligen Schrift für gewöhnlich<br />
,Engel’ genannt werden, ist<br />
eine Glaubenswahrheit.“<br />
Das ist seltsam. Wenn Engel keinen<br />
Körper haben, warum werden<br />
sie dann mit Haaren, Händen<br />
und Flügeln dargestellt. Die<br />
populärste Antwort: Engel sind<br />
Geistwesen, können aber Körper<br />
annehmen. So erzählt die Bibel<br />
die be rühmte Geschichte von<br />
Abraham und drei Männern, die<br />
ihn besuchen. Abraham bietet<br />
seinen Gästen Butter, Milch und<br />
Gott<br />
Seraphim Sie haben sechs Flügel und sind<br />
für den himmlischen Lobpreis verantwortlich<br />
Cherubim Sie werden oft mit Tierleib und<br />
Menschengesicht und als Wächter dargestellt<br />
Throne Über ihr Aussehen gibt es keine<br />
Angabe. Sie "genießen" die Gegenwart <strong>Gottes</strong><br />
Herrschaften Diese Engelswesen sind so etwas wie die<br />
Vorarbeiter der anderen Engel und sorgen für "Disziplin"<br />
Mächte Sie sind besonders erleuchtet, so dass sich die<br />
Erhabenheit <strong>Gottes</strong> in ihrer Erhabenheit ablesen lässt<br />
Gewalten Sie repräsentieren die Allmacht <strong>Gottes</strong>, die<br />
gerecht und nie despotisch-gewaltsam ist<br />
Fürstentümer Auch über ihr Aussehen weiß man nichts.<br />
Sie sollen den Herrschaftsanspruch <strong>Gottes</strong> ausdrücken<br />
Erzengel Sie sind genauso wichtig wie die Fürstentümer<br />
und verbinden diese mit den einfachen Engeln<br />
Engel Die Engel sind die Boten <strong>Gottes</strong> und zeigen, dass<br />
Gott immer in dieser Welt gegenwärtig ist und sein wird<br />
MENSCHEN<br />
Dionysios von Areopagita ist ein unbekannter Autor aus dem<br />
6. Jahrhundert. Man nennt ihn auch Pseudo-Dionysios Areopagita,<br />
da er sich nach dem Dionysius aus der Apostelgeschichte<br />
nannte. Seine Engelshierarchie ist vage, hat aber die Vorstellung<br />
von <strong>Gottes</strong> himmlischen Boten am meisten beeinflusst.<br />
Kalbfleisch an, und die greifen<br />
gerne zu – obwohl die drei Engel<br />
sind. Solche Erzählungen sind<br />
anschaulich und problematisch<br />
zugleich. Sie verleiten dazu, Engel<br />
zu vermenschlichen.<br />
Die Engel essen Butter und<br />
Fleisch und trinken Milch<br />
Eine solche Vermenschlichung<br />
ist menschlich. Nur so können<br />
wir uns vorstellen, was Engel sein<br />
könnten. Das ist in Ordnung, solange<br />
klar bleibt, dass es sich um<br />
Versu che handelt, Überirdisches<br />
in irdische Kategorien zu fassen.<br />
Über weitere Eigenschaften der<br />
Engel haben Theologen zahlreiche<br />
Spekulationen an und viele<br />
The sen aufgestellt. Zum Beispiel<br />
glaubt der heilige Thomas von<br />
Aquin, dass die Engel keine Sinne<br />
haben, sondern nur mit dem<br />
Intellekt erkennen. Da sie keinen<br />
Körper haben, sind sie unvergänglich<br />
und unsterblich. Raum<br />
und Zeit spielen für sie keine Rolle.<br />
Und ihr Wille ist nicht so wankelmütig<br />
wie der menschliche,<br />
sondern steht zu einer einmal getroffenen<br />
Entscheidung. Das hat<br />
Lucifer entscheidet sich<br />
gegen Gott und wird böse<br />
im Fall von bösen Engeln verheerende<br />
Konsequenzen.<br />
Engel sind von Gott geschaffen.<br />
Das ist wichtig: Da die Engel Geschöpfe<br />
sind, besteht ein grundsätzlicher<br />
Unterschied zu Gott,<br />
der Schöpfer ist. Das bedeutet,<br />
dass ein Engel nie auf Augenhöhe<br />
mit Gott sein kann, mag er auch<br />
noch so mächtig werden. Das gilt<br />
auch für einen der berühmtesten<br />
Engel überhaupt, für Lucifer.<br />
Auch er wurde von Gott geschaffen<br />
und war am Anfang gut und<br />
treu. Doch dann kehrte er sich ge <br />
gen Gott und wurde aus freier Ent<br />
scheidung böse. Und da der Willensentschluss<br />
der Engel so fest<br />
ist, lebt Lucifer seit dem „Höllensturz“<br />
im Kampf gegen Gott.<br />
Ein Kampf freilich, der nicht zwischen<br />
zwei gleichstarken Widersachern<br />
stattfindet. Denn Gott ist<br />
einzigartig in seiner Allmacht und<br />
Lucifer immer sein Geschöpf. Das<br />
kann und wird sich nie ändern.<br />
An der Geschichte Lucifers lassen<br />
sich viele Eigenschaften der Engel<br />
aufzeigen. Sie sind von Gott als<br />
gute Geistwesen geschaffen, aber<br />
haben die Freiheit, sich gegen<br />
ihn zu wenden. Die Geschichte<br />
Lucifers ist außerdem eng<br />
LiMa 12/2009 15