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Nr. 39 - Gemeinde Riedholz

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Pulver, Pillen, Pilze...<br />

Polizei, Prävention<br />

Zu Besuch bei Niklaus Keller, Drogenexperte der Kantonspolizei<br />

mf. Ich schlängle mich durch den<br />

morgendlichen Verkehr Richtung<br />

«Schanz mühle», die momentan<br />

tatsächlich «verschanzt» ist, hinter<br />

Baustellenabsperrungen und Fassadengerüsten.<br />

Als ich telefonisch<br />

gemeldet worden bin, öffnet mir mein<br />

Interviewpartner am eingezäunten<br />

Innenhof galant eine schwere Metallgittertür.<br />

Fast ein wenig ehrfurchtsvoll<br />

betrete ich den «heiligen Bezirk» der<br />

Kantonspolizei Solothurn. Mein Gastgeber,<br />

der <strong>Riedholz</strong>er Niklaus Keller,<br />

Det Fw mbA, das heißt: Detektiv Feldweibel<br />

mit besonderen Aufgaben, ist<br />

Fachverantwortlicher für Suchtprävention<br />

beim Kriminalpolizeilichen Bera­<br />

6<br />

tungsdienst.<br />

Fälle aufklären und Schüler<br />

aufklären<br />

Die Polizei hat nicht nur die Aufgabe<br />

im Bereich illegale Drogen bzw. Betäubungsmittel<br />

zu intervenieren. Im<br />

Rahmen der kantonalen Suchtpräven<br />

tion vermittelt sie auch Wissen<br />

und Verhaltensregeln zu illegalen und<br />

legalen Drogen. Zielgruppen bilden<br />

die Schülerinnen und Schüler der<br />

kantonalen Berufs­, Oberstufen­ und<br />

Mittelschulen, aber auch ihre Lehrer<br />

und Eltern. Das aktuelle Projekt<br />

heißt «Rave & Life» und beinhaltet<br />

Lektionen im Klassenverband, welche<br />

Fw Keller Niklaus selbständig<br />

umsetzt. Das heißt, Niklaus Keller,<br />

genannt Nik, ist als Experte und<br />

«Handlungsreisender» in Sachen<br />

Drogen in den Schulhäusern im<br />

ganzen Kanton und manchmal auch<br />

in den Nachbarkantonen Bern oder<br />

Jura unterwegs. Sein jugendliches<br />

Publikum zeigt, je nach Berufs­ oder<br />

Gymnasialklasse, immer wieder ganz<br />

verschiedenes Temperament, aber<br />

alle Angesprochenen lassen sich<br />

durch Niks kompetente Art schnell<br />

für das spannende Thema gewinnen.<br />

Der charismati­ sche Lehrer und<br />

<strong>Nr</strong>. <strong>39</strong>/August 2008<br />

kommunikationsfreudige Familienmensch,<br />

der übrigens bereits stolzer<br />

Großvater einer 3­jäh rigen Enkelin<br />

ist, fi ndet jeweils schnell den Draht<br />

zu den Jugendlichen. Die Schüler erfahren<br />

alles über Personen kontrollen<br />

und strafrechtliche Konsequenzen,<br />

über Wirkungsweisen und körperliche<br />

Reaktionen; vor allem aber das<br />

mitgebrachte Köfferchen mit den<br />

«Drogenmüsterchen» weckt immer<br />

allergrößtes Interesse.<br />

Vom Fahnder zum Berater<br />

Niklaus Keller startete 1969 seine<br />

Be rufslaufbahn bei der Polizei und<br />

absolvierte die Polizeischule. 12 Jahre<br />

lang war er danach im Fahndungsdienst<br />

bei der Bezirkspolizei Olten<br />

tätig, danach weitere 10 Jahre bei<br />

der Kriminalpolizei Solothurn, beim<br />

Betäubungsmitteldienst. Als Drogen­<br />

fahnder war er mit allen möglichen<br />

und unmöglichen «Deals» konfrontiert<br />

und gewann umfassende Kenntnisse<br />

über die illegalen Stoffe. 1993 wurde<br />

er zum Chef des BMD (Betäubungsmitteldienst)<br />

befördert und absolvierte<br />

eine pädagogische Ausbildung<br />

am SPI (Schweizerisches Polizei<br />

Institut) zum Polizeilehrer. Danach<br />

leitete er erste Präventionsprojekte:<br />

die beliebte «Anti­Drogen­Disco» mit<br />

Bühnenwettbewerben oder «Rondo<br />

Mobile», wo die Jugendlichen in einem<br />

Zelt Wissenswertes über Drogen<br />

erfuhren. Diese Groß projekte waren<br />

teilweise grenzüberschreitend organisiert<br />

­ ähnliche Projekte bestehen<br />

noch immer im benachbarten Deutschland<br />

(Südbaden). Ab 1999 ist Niklaus<br />

Keller FV (Fachverantwortlicher)<br />

Suchtprävention beim Kriminalpolizeilichen<br />

Beratungsdienst und be treut<br />

das aktuelle Projekt «Rave & Life».<br />

Tropisches Grün und Rhesusäffchen<br />

Mittlerweile sind wir in Nik Kellers<br />

Büro angekommen, wo man sogleich<br />

von einem tropischen Ambiente<br />

umgeben ist. Auf den breiten Fensterbänken<br />

gedeihen in üppigem<br />

Grün verschiedene palmenartige<br />

Topfpfl anzen. Nik Keller hat als ehemaliger<br />

gelernter Florist ganz offensichtlich<br />

noch immer einen «grünen<br />

Dau men». An den Wänden hängen<br />

kunstvolle Fotos aus Thailand und<br />

Vietnam. Über dem Konferenztisch,<br />

wo ich zuvorkommend mit Kaffee bewirtet<br />

werde, hängen witzige Schnapp­<br />

schüsse von Rhesusäffchen, die geschickt<br />

mit Trinkhalmen an den süßen<br />

Inhalt von Kokosnüssen gelangen.<br />

Es ist unschwer zu erkennen, dass<br />

mein Gastgeber als begabter Fotograf<br />

auch gerne und aufmerksam in<br />

fernen Ländern unterwegs ist. Neben<br />

seinem Schreibtisch deponiert, verrät<br />

ein Integralhelm außerdem seine Leidenschaft<br />

für Motorräder. Hier also<br />

plant Nik Keller seine Einsätze in den<br />

Schulklassen, die Lehrmeisterkurse,<br />

öffentlichen Vorträge oder auch Führungen<br />

durch seine umfangreiche<br />

Drogensammlung, die sich gleich<br />

hier im Gebäude befi ndet.<br />

Drogen dramatisch drapiert<br />

Ich staune nicht schlecht, als ich die<br />

witzig und kunstvoll inszenierte Drogensammlung<br />

zu Gesicht bekomme.<br />

In verglasten Schaukästen sind the­<br />

atralische Szenen vor detailreichen<br />

Kulissen festgehalten. Nik Keller kennt<br />

sich auch im Modellbau aus. In einer<br />

Landschaft mit Modelleisenbahn<br />

und Straßenszenen ­ sogar ein dramatischer<br />

Unfall mit Verletzten ist<br />

dargestellt ­ sind verschiedene harte<br />

und weiche Drogen zu entdecken.<br />

Ein Bahnwagen hat statt Baum­<br />

stämme Zigaretten geladen, ein Lkw<br />

zieht einen Anhänger voll Haschisch,<br />

andere Lastwagen transportieren<br />

Bierdosen. Die Holzbeige vor dem<br />

Bahnhof besteht bei näherem Hinsehen<br />

aus Hanf, ein Baum ist eine von<br />

Mutterkorn befallene Weizenähre.<br />

Die Szenerie ergänzen Zauberpilze,<br />

Schlaf mohn, Nelken, Muskat... Oha,<br />

auch in meiner Küche sind also<br />

Drogensubstanzen zu fi nden! Alle<br />

Stoffe sind zur genauen Erkennung<br />

fein säuberlich mit kleinen Kärtchen<br />

beschriftet. In einem anderen Schaukasten<br />

ist alles über Heroin zu erfahren,<br />

vom Rohstoff aus Schlafmohn<br />

bis zum Konsum mit Teelöffelchen,<br />

Feuerzeug und Spritze. Daneben liegt<br />

warnend der «Knochen mann», ein detailgetreues<br />

men schli ch es Skelett. Ein<br />

anderer Schaukasten ist den Medikamenten<br />

gewidmet. Hier fi nden sich<br />

die klangvollen Namen von leichteren<br />

Schlafmitteln bis zu hoch dosierten<br />

Morphinen zur Schmerzbekämpfung<br />

bei Tumoren. Anderswo ist Hanf in<br />

allen möglichen Formen zu fi nden,<br />

als Cannabispfl anze mit den charakteristisch<br />

geformten Blättern, als<br />

Seil, als Duftkissen, als Hanfbier und,<br />

nicht zuletzt, als Joint. Unweit steht<br />

ein überquellender Aschenbecher,<br />

<strong>Nr</strong>. <strong>39</strong>/August 2008 7

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