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Irrtümer, Fallstricke und Gefahren

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Spirituelle Wege existieren in großer Vielzahl <strong>und</strong> Vielfalt. Auch<br />

in der Tradition des Yoga gibt es die verschiedensten Wege:<br />

Haùha-, Bhakti-, Jôâna-, Râja-, Karma-Yoga. Diese erscheinen<br />

im Vergleich zueinander auf den ersten Blick fast widersprüchlich.<br />

Die ekstatische Hingabe an den Meister <strong>und</strong> an das Göttliche<br />

im Bhakti-Yoga <strong>und</strong> die nüchterne Enttarnung der Illusion<br />

<strong>und</strong> Ausrichtung auf das Selbst im Jôâna-Yoga erscheinen wie<br />

Tag <strong>und</strong> Nacht.<br />

Darüber hinaus existieren auf dem »Esoterikmarkt« eine Vielzahl<br />

von Praktiken <strong>und</strong> Richtungen, von intensiven Meditations-Retreats,<br />

Energieheilung, Channeling über Aura-Lesen<br />

bis hin zu Reinkarnationstherapie, Engelk<strong>und</strong>e, Vision-Quest<br />

<strong>und</strong> Tantra-Kursen. Eine Orientierung <strong>und</strong> Einschätzung ist in<br />

diesem Dschungel nicht immer leicht. Es gibt viele unterschiedliche<br />

Ausprägungen spiritueller Schulen, Wege <strong>und</strong> Praktiken,<br />

die aus ihren lang gewachsenen, zum Teil geheim gehaltenen<br />

Traditionen herausgelöst sind <strong>und</strong> meistens von einem engen<br />

Schüler-Lehrer-Verhältnis geprägt waren, das korrigierend wirkte.<br />

Deshalb sind sie um so anfälliger für <strong>Irrtümer</strong>, <strong>Fallstricke</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Gefahren</strong>, die letztendlich Ausdruck unseres kreativen <strong>und</strong><br />

meist unbewusst wirkenden Egos sind.<br />

Seit über 20 Jahren beschäftige ich mich intensiv <strong>und</strong> begeistert<br />

mit verschiedenen spirituellen Traditionen <strong>und</strong> somit auch mit<br />

der Frage, auf welche Art <strong>und</strong> Weise es möglich ist, sich im spirituell-esoterischen<br />

Dschungel anhand von nachvollziehbaren<br />

<strong>und</strong> allgemeingültigen Kriterien zu orientieren. Hierbei kommen<br />

meine eigenen persönlichen Erfahrungen verschiedener<br />

spiritueller Traditionen sowie mein Interesse, mich theoretisch<br />

mit dieser Frage zu beschäftigen <strong>und</strong> schließlich meine langjährige<br />

psychotherapeutische Berufserfahrung zum Tragen. Theoretisch<br />

beziehe ich mich auf verschiedene Ansätze der Transpersonalen<br />

Psychologie.<br />

Als Yogalehrende haben wir nicht nur mit unserer eigenen,<br />

mehr oder weniger ausgeprägten spirituellen Suche zu tun,<br />

sondern erfahren auch so einiges von unseren SchülerInnen, die<br />

nicht selten auf manches eine Antwort oder Einschätzung von<br />

uns wünschen. Darüber hinaus können wir im Yoga-Unterricht<br />

auf mögliche <strong>Irrtümer</strong> <strong>und</strong> <strong>Gefahren</strong> im Umgang mit spirituellreligiösen<br />

Praktiken <strong>und</strong> Traditionen hinweisen. Eine Reihe von<br />

Kriterien hinsichtlich <strong>Gefahren</strong> <strong>und</strong> <strong>Irrtümer</strong>n haben sich dabei<br />

als nützlich erwiesen.<br />

Spirituelle Spitzenleistung <strong>und</strong> Leistungsorientierung<br />

Gerade wenn man mit einer spirituellen Praxis/Disziplin beginnt,<br />

entwickelt sich nicht selten die Haltung »viel hilft viel«. Aus einer<br />

bestimmten Perspektive ist das durchaus richtig. Allerdings<br />

besteht hierbei die Gefahr, spirituelle Praktiken <strong>und</strong> Erfahrun-<br />

gen unbewusst als persönliche Spitzenleistungen zu verstehen.<br />

Das gilt vor allem, wenn wir im Leben gelernt haben, durch Leistung<br />

Anerkennung zu bekommen. Eine frühere Orientierung,<br />

Deutsches Yoga-Forum | Heft 05 | 10/2010 | Lehre | 19<br />

beispielsweise durch berufliche Leistungen Bestätigungen zu<br />

bekommen, wird dann nicht selten durch eine spirituell-reli-<br />

giös gefärbte Leistungsorientierung ersetzt. Die Außenorien-<br />

tierung <strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>ene innere Abhängigkeit von<br />

äußerer Anerkennung bleiben erhalten <strong>und</strong> werden nicht in<br />

Frage gestellt. Dies wird psychologisch als narzisstisch, also den<br />

Selbstwert betreffende Dynamik verstanden. Ob ich mich in<br />

dieser St<strong>und</strong>e die ganze Zeit lang innerlich über meinen Chef<br />

geärgert habe, spielt dann keine Rolle, da es auf den äußeren<br />

Schein ankommt.<br />

Ein weiterer Irrtum von spiritueller Leistungsorientierung ist die<br />

Auffassung »Je mehr ich mein Leben in der Hand habe, es kontrollieren<br />

kann <strong>und</strong> meine persönlichen Wünsche <strong>und</strong> Interessen<br />

erfülle, desto spiritueller bin ich.« Dieses zeugt mehr von einer<br />

schon größenwahnsinnig anmutenden Selbstüberschätzung<br />

als von echter spiritueller Entwicklung, in der Hingabefähigkeit<br />

eine Gr<strong>und</strong>qualität darstellt.<br />

Oftmals geht mit einer Leistungsorientierung auch die Auffassung<br />

einher, den spirituellen Weg ganz alleine gehen zu können,<br />

nur mit einer bestimmten Praxis, ohne Lehrer oder Meister: »Ich<br />

schaffe das alleine, wie schon vieles in meinem Leben.« Die spirituell<br />

gefärbte Leistungsorientierung kann subtil sein <strong>und</strong> nicht<br />

immer auf den ersten Blick erkannt werden.<br />

Spirituelle Dogmen <strong>und</strong> Vereinfachungen<br />

Spirituelle Dogmen entstehen, wenn bestimmte philosophischspirituelle<br />

Lehrsysteme oder bestimmte Praktiken als allein gültig<br />

angesehen werden. In der Regel geht damit eine Abwertung<br />

anderer Ansätze einher. Meist wird dann postuliert, »sicher zu

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