mainzer blogs und blogger glühwein im test - sensor Magazin
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Blogs<br />
Angelika Wende – Ich blogge,<br />
also bin ich<br />
Auch bei Angelika Wende (52<br />
Jahre, freischaffend) verschmelzen<br />
die Grenzen zwischen Blog<br />
<strong>und</strong> Person. „Zwischen innen <strong>und</strong><br />
außen“ nennt sie ihr Webtagebuch,<br />
in dem sie sich intensiv mit<br />
gesellschaftlichen Problemen <strong>und</strong><br />
eigenen Erfahrungen auseinandersetzt.<br />
Ihre Erzählungen sind<br />
emotional, handeln von Liebe,<br />
Schmerz, Beziehungen <strong>und</strong> der<br />
unendlichen Schwierigkeit des<br />
Seins. Keine leichte Kost, aber<br />
dennoch sehr ‚wahr‘. 2010 hat sie<br />
mit dem Bloggen begonnen. Der<br />
ursprüngliche Gr<strong>und</strong> war ein<br />
pragmatischer. „Ich hatte damals meinen zweiten Roman begonnen<br />
<strong>und</strong> den ersten nie an einen Verlag geschickt“, erzählt sie.<br />
„Dann habe ich ein paar Passagen einfach mal ins Netz gestellt, um<br />
Feedback zu erhalten.“ Das war durchweg positiv, sodass sie nun<br />
fast täglich Netzlyrik dichtet. Jeden Tag beginnt Wende am Laptop:<br />
„Ich stehe morgens auf, mache mir einen Kaffee <strong>und</strong> bevor ich irgendetwas<br />
anderes mache, schreibe ich eine Geschichte.“ Inspirieren<br />
lässt sie sich vom Leben, von den Personen, die sie trifft <strong>und</strong><br />
alltäglichen Situationen. Manchmal sind es auch abstrakte Gedanken,<br />
um die sie eine Kurzgeschichte bastelt, oder diese landen als<br />
„Gedankensplitter“ <strong>im</strong> Blog. Das kann sich bisweilen auch aggressiv<br />
lesen: „du spast, du schwule sau. er schlug ihm ins gesicht. ein<br />
mal, zwei mal, drei mal, (...), mitten ins gesicht. die knöchel seiner<br />
hände schmerzten. Das gesicht schrie: hör auf! <strong>im</strong>mer wieder: bitte,<br />
hör auf! er fühlte nichts, nur diese leere, wo man was hätte fühlen<br />
sollen“ beginnt ein Eintrag, der sich mit der Gewaltbereitschaft<br />
Jugendlicher auseinandersetzt. „Ich schreibe über solche Dinge, um<br />
mich intensiv damit auseinanderzusetzen <strong>und</strong> solche Handlungen<br />
zu verstehen“, erklärt Wende. Seit sechs Jahren wohnt sie <strong>im</strong><br />
Künstlerquartier „Alte Patrone“. In der Ruhe oben auf dem Hartenberg<br />
malt sie außerdem Bilder, arbeitet als freie Journalistin, ist<br />
Moderatorin <strong>und</strong> beteiligt sich aktiv an der Mainzer Kulturszene.<br />
www.angelikawende.<strong>blogs</strong>pot.com<br />
Angelika Wende bloggt ihre<br />
Gedanken - zumeist lyrisch<br />
Jannis Kucharz – Der Nachrichtensammler<br />
Während sich Angelika Wende mehr für Text<br />
<strong>und</strong> Evelyn Dragan für die Fotovariante entschieden<br />
haben, vermischt Jannis Kucharz<br />
beide Elemente in seinem „netzfeuilleton“.<br />
Der Inhalt bleibt trotzdem das Wesentliche.<br />
Denn netzfeuilleton ist ein Nachrichtenblog.<br />
Der 24-jährige Publizistik- <strong>und</strong> Filmwissenschaftsstudent<br />
setzt sich kritisch-humoristisch<br />
mit gesellschaftlichen Themen auseinander.<br />
Das Spektrum ist weit gefasst: von<br />
Politik über Film bis hin zum satirischen<br />
„Siebbelag“ reicht die Bandbreite. Die Themenbereiche<br />
hüllen sich in innovative Wortkleider<br />
wie „Laden <strong>und</strong> Klicken“ für IT-Themen<br />
<strong>und</strong> „Bewegen <strong>und</strong> Beschäftigen“ für<br />
Politik <strong>und</strong> Gesellschaft. Dahinter steckt harte<br />
Arbeit. Alle Artikel sind von Jannis <strong>und</strong><br />
seinem Mitautor „Pell“ verfasst, der in Regensburg<br />
wohnt. Der Blog der beiden ist sehr erfolgreich <strong>und</strong> wurde<br />
<strong>im</strong> Rahmen der Debatte zur Schließung der Internetseite ‚Kino.<br />
to‘ bereits von Spiegel-Online zitiert. Damit haben Jannis <strong>und</strong> Pell<br />
genau das geschafft, was sie motiviert: „Ich will was los werden<br />
können, wenn ich was los werden will. Und das sollen die Leute<br />
auch lesen“, erklärt Jannis, „ansonsten könnte ich auch ein Tagebuch<br />
schreiben.“ Außerdem will sich der Publizistikstudent mit<br />
dem Blog auch einen Freiraum schaffen, um verschiedene journalistische<br />
Formate auszuprobieren. Seit Sommer versucht er sich<br />
auch in Videobeiträgen. „Das macht mir sehr viel Spaß, weil es neu<br />
Für “netzfeuilleton.de” muss Jannis Kucharz<br />
lesen, lesen, lesen<br />
ist.“ Produziert wird mit einfachsten Mitteln: Iphone mit Stativ <strong>und</strong><br />
Youtube reichen, um die bewegten Bilder in die Netzwelt zu bringen.<br />
Auch für die Zukunft gibt es Pläne. Die netzaffinen jungen<br />
Männer möchten mit ‚newshype‘ einen Nachrichten-Aggregator<br />
gründen. Was das ist? Eine neue Möglichkeit, Nachrichten zu filtern<br />
<strong>und</strong> zu sortieren. Newshype soll die meistverlinkten <strong>und</strong> diskutierten<br />
Artikel der deutschen Blogosphäre sammeln <strong>und</strong> gebündelt<br />
abbilden. Ein Gatekeeper der ganz neuen St<strong>und</strong>e also.<br />
www.netzfeuilleton.de<br />
Bock auf (Bock-)Wurst?: T<strong>im</strong><br />
Sobczaks Wurstblog<br />
Blogs<br />
T<strong>im</strong> Sobczak – Vom Mettwoch<br />
zum Wurstblog<br />
Mit Humor n<strong>im</strong>mt es T<strong>im</strong> Sobczak<br />
(36 Jahre). In seinem Blog gibt<br />
es Wurst ohne (!) Ende. T<strong>im</strong> ist<br />
Kreativdirektor in einer Wiesbadener<br />
Agentur für digitale Kommunikation<br />
<strong>und</strong> sein Beruf spielt<br />
eine wichtige Rolle in der Entstehungsgeschichte<br />
von „wurstblog.<br />
de“. Angefangen hat alles 2008.<br />
„Damals machte sich so eine komische<br />
Vegetarismus-Welle bei uns in der Agentur breit. Mein<br />
Kollege Flo <strong>und</strong> ich haben uns <strong>im</strong>mer ein bisschen lustig darüber<br />
gemacht“, grinst T<strong>im</strong>. Und so kam es, dass die zwei den „Mettwoch“<br />
ins Leben gerufen haben. Jeden Mittwoch gab es zur Mittagszeit<br />
bergeweise Mettbrötchen. Zwar konnte sich der wurstlastige<br />
Mittagstisch in der Agentur nicht durchsetzen (als wir uns<br />
zum Interview trafen, gab es frischen Obstsalat!), doch der Wurstblog<br />
ist bis heute erhalten geblieben. Weil Wurst einfach lustig<br />
ist: „Schon das Wort allein ist lustig, klingt komisch <strong>und</strong> sieht typographisch<br />
witzig aus“, sagt der Textfachmann. Außerdem ist<br />
T<strong>im</strong> inspiriert vom Wurst-Humor, wie ihn in Deutschland einst<br />
das Satire-<strong>Magazin</strong> Titanic gepflegt hat. Auf dem Blog findet der<br />
Leser auch wirklich alles r<strong>und</strong> um die Wurst: von Wurstcocktails<br />
wie ‚Wiener Colada‘ oder ‚Blutwurst Mary‘, über Wurstgeburtstagskuchen<br />
bis hin zur kohlehydratarmen Variante des Mettbrötchens<br />
– mit halber Riesenzwiebel statt halbem Brötchen unter<br />
dem Mett. Zum Lachen an<strong>im</strong>ieren satirische Texte, die T<strong>im</strong> in abstrakte<br />
Höhen schraubt.<br />
Seinen Blog betreibt er auch, um neben seiner seriösen Agenturarbeit<br />
einfach mal frei Schnauze über „Nonsens“ schreiben zu<br />
können. Trotzdem n<strong>im</strong>mt T<strong>im</strong> die Sache ernst. „Ich will schon<br />
erfolgreich sein mit dem Blog <strong>und</strong> möchte, dass er gelesen wird“,<br />
sagt er entschieden. Merchandise-Shirts mit diversen Wurst-<br />
(Wort-)Witzen gibt es daher auch. Dass der ‚man behind‘ auch<br />
ein ziemlich sarkastischer Vogel ist, liegt auf der Hand. Als einziger<br />
unserer Blogger besitzt der „Kommunikationsprofi“ übrigens<br />
kein Handy.<br />
www.wurstblog.de