5. Würzburger Wirtschaftssymposium Innovationen - OPUS ...
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Interview mit Prof. Dr. Ulrich Weinberg<br />
Prof. Dr. Ulrich Weinberg<br />
Leiter der School of Design Thinking am<br />
Hasso-Plattner-Institut in Potsdam<br />
Sie sind Leiter der ersten School of Design Thinking in Europa –<br />
dort sollen Studenten seit einem Jahr lernen, innovativ zu sein.<br />
Für wen ist dieser Studiengang konzipiert?<br />
Unsere Einrichtung richtet sich an Studierende aller Fachrichtungen,<br />
die sich in den Abschlusssemestern ihres jeweiligen<br />
Studiums befinden. Wir bieten insgesamt 40 Studenten die Gelegenheit,<br />
ein Jahr lang zwei Mal wöchentlich zusammenzukommen<br />
und studienbegleitend in kleinen Teams an innovativen Ideen<br />
zu arbeiten. Somit lehren wir <strong>Innovationen</strong> nicht theoretisch,<br />
sondern praktisch anhand von Projekten.<br />
Mit welchen Projekten beschäftigen sich die Studenten?<br />
Es sind sowohl eigene Projekte als auch Projekte in Kooperation<br />
mit den unterschiedlichsten Partnern: große, mittelständische<br />
und kleine Unternehmen, aber auch NGOs oder Bundesbehörden.<br />
Dabei entstand beispielsweise eine Zusammenarbeit mit<br />
Special Olympics und Lernmobil, die das Thema „Autonomie von<br />
geistig Behinderten im öffentlichen Raum“ zum Schwerpunkt<br />
hatte. Bislang gibt es nur für körperlich Behinderte Hilfen zur<br />
Fortbewegung im öffentlichen Raum, so dass hier echter Innovationsbedarf<br />
besteht.<br />
Warum ist es wichtig, dass die Studenten aus unterschiedlichen<br />
Fachrichtungen kommen?<br />
Unsere Teams sind bunt gewürfelt – so können in einer Gruppe<br />
ein Mathematiker, ein Mediziner, ein Architekt und ein Psychologe<br />
zusammenarbeiten. Wichtig ist dabei nicht unbedingt die<br />
jeweilige Qualifikation, sondern die unterschiedlichen Perspektiven<br />
und Erfahrungen der Studenten in den jeweiligen Teams.<br />
Diese tragen dazu bei, dass Aufgaben aus individuellen Blickwinkeln<br />
betrachtet und ganz neue Möglichkeiten zur Problemfindung<br />
hervorgebracht werden, auf die man alleine gar nicht<br />
gekommen wäre. Das ist der sogenannte 360°-Blick.<br />
Werden die Ergebnisse und Prototypen, welche die Studenten<br />
entwickeln, von den Unternehmen übernommen?<br />
Ja, das werden sie! Mehr als die Hälfte der Projekte im ersten<br />
Jahr befinden sich bereits in der Umsetzung bei den Partnern.<br />
Wir haben zum Beispiel an einem Projekt mit Grundy Ufa, dem<br />
größten Fernsehserienproduzenten in Europa, zusammengearbeitet.<br />
Ziel war es, das Arbeitsumfeld und den Prozess für die<br />
Autoren, welche quasi im Akkord simultan Texte für eine lineare<br />
Story einer Fernsehserie schreiben, zu verbessern. Grundy Ufa<br />
war von den Ergebnissen so begeistert, dass diese jetzt schon<br />
umgesetzt werden.<br />
Woran können gute <strong>Innovationen</strong> scheitern?<br />
Scheitern ist ein Teil unseres Konzeptes. Es gab einige Projekte,<br />
an denen unsere Studenten gescheitert sind – so wurden Prototypen<br />
entwickelt, die in Tests durchgefallen sind. Grundsätzlich<br />
können <strong>Innovationen</strong> daran scheitern, dass zu wenig über den<br />
tatsächlichen Konsumenten nachgedacht wurde. Viele Unternehmen<br />
entwickeln Produkte, die an sich sehr gut sind, für die<br />
jedoch erst ein Markt gefunden werden muss, den es vielleicht<br />
gar nicht gibt. Ebenso kann es passieren, dass man mit seiner<br />
Idee zu früh an den Markt gegangen und die Technik für die Innovation<br />
noch nicht ausgereift ist.<br />
Hat Deutschland auf die School of Design Thinking gewartet?<br />
Gerade durch den Erfolg im ersten Semester würde ich dies mit<br />
einem klaren Ja beantworten. Das Interesse der Unternehmen<br />
und das Erstaunen über die vielfältigen und neuartigen Ergebnisse<br />
ist so groß, dass dieses Konzept nicht nur in Deutschland,<br />
sondern auch in anderen Ländern Schule machen kann.<br />
Wo müssen wir in Zukunft besonders innovativ sein?<br />
<strong>Innovationen</strong> brauchen wir in allen Bereichen – angefangen von<br />
Produkten über Dienstleistungen bis hin zu ganzen Systemen,<br />
zum Beispiel dem Bildungssystem. Die Erfahrung zeigt, dass<br />
sich gerade durch interdisziplinäre Methoden <strong>Innovationen</strong> in<br />
allen Lebensbereichen schaffen lassen.<br />
Welche Innovation fehlt Ihnen in Ihrem Leben?<br />
Da würde mir jede Menge einfallen. Ich gehe jeden Tag mit geschärftem<br />
Blick durchs Leben und sehe viele Dinge, die verbessert<br />
werden können. Zum Beispiel mein Terminkalender: wenn<br />
mir dieser automatisch Vorschläge bringen würde, was ich in<br />
den freien Minuten zwischen den Terminen machen könnte, zum<br />
Beispiel ein Relax-Programm – das würde mir gefallen.<br />
Interview: Irene Österle<br />
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