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DA STECKT MUSIK DRIN! - Himbeerheftchen

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24 I HIMBEER I TITEL<br />

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+ Patrick war Frontmann von Surrogat und ist jet<br />

Rockstar und später Pilot +<br />

+ Bei Patrick Wagner, den ich an einem verregneten Sonntagnachmittag<br />

in seinem Berlin-Mitte-Loft besuchte, hat das irgendwie besser funktio-<br />

niert. Er war Gitarrist, Sänger und hochenergetischer Frontmann meiner<br />

persönlichen Heldenkombo „Surrogat“. Zusammen mit seiner Frau Yvon-<br />

ne betreibt er heute das Musiklabel Louisville-Records. Louis, so heißt<br />

auch sein Sohn, der mit sieben Jahren bereits meisterhaft die Gitarren-<br />

posen des Vaters kopiert und seine Zottelmähne durch die Luft wirbelt,<br />

als sei der Rock’n Roll eine genetische Konstante in dieser Familie. Dass<br />

er bald in einer Band spielen wird steht für Louis außer Frage und die<br />

Besetzung steht auch schon fest: „Der Albert soll dann Keyboard spie-<br />

len, Elvis auch Keyboard und Anton, der trommelt“. Bis zum ersten Gig<br />

könnte noch ein bisschen Zeit vergehen, denn Louis hat gerade erst seine<br />

zweite Gitarrenstunde hinter sich gebracht und zwar an seiner Schule.<br />

Louis besucht die Papageno Grundschule in Mitte, die sich auf die Fahnen<br />

geschrieben hat, einen besonderen Fokus auf die musikalische Erziehung<br />

der Kinder zu legen. Man gibt ihnen die Möglichkeit, sich an einer Vielzahl<br />

von Instrumenten auszuprobieren und wenn die Entscheidung für eines<br />

gefallen ist, dieses zu erlernen. Der Instrumentalunterricht erfolgt in klei-<br />

nen Gruppen, kostenlos und während der regulären Unterrichtszeit. Und<br />

so bleibt der Nachmittag für die Freunde und den Bolzplatz. An Fußball-<br />

spielen ist heute aber nicht zu denken, denn in Berlin-Mitte regnet es<br />

Bindfäden. So sitzt Louis mit seiner Gitarre zwischen Playmobilbergen<br />

und Plastikhubschraubern und übt das Zupfen der einzelnen Nylonsaiten<br />

mit dem rechten Daumen. Hochkonzentriert und diesmal ganz ohne Pose<br />

singt er die einzelnen Töne mit: „Das-ist-das-E. Das-ist-das-A... Das-ist-<br />

das ...ääh, wie heißt die nächste noch mal?“. Betrachtet man den musi-<br />

kalischen Werdegang des Vaters, könnten diese rudimentären Klänge für<br />

die ersten Gehversuche in der Welt des Rock’n Roll bereits genügen. Eine<br />

Woche nachdem ihm ein Kumpel eine E-Gitarre um den Hals gehängt<br />

hatte, bestritt Patrick Wagner seinen ersten Festivalauftritt. Vor rund 900<br />

Zuhörern verließ er sich voll und ganz auf die Kraft seines Verstärkers und<br />

die vier Effektgeräte, die vor ihm auf der Bühne lagen. Doch die Technik<br />

versagte und der Gig wurde zum Desaster, wie Patrick lachend erzählt.<br />

Und wie zum Beweis hält er mir seinen vernarbten rechten Daumen ent-<br />

gegen, den er sich damals in seiner Verzweiflung blutig gespielt hat. Sohn<br />

Louis wird sich seinen Daumen heute nicht blutig spielen. Nachdem er die<br />

hohe E-Saite bewältigt hat, legt er die Gitarre zur Seite und erklärt mir,<br />

wie er sich das mit seiner Bühnenkarriere so vorgestellt hat: „Mit 21 will<br />

ich erstmal Fußballer werden. Mit 22 dann die Band und dann noch Pilot“.<br />

Ein Gitarrist, der vom Fliegen träumt? Es klappert kurz und schon sitzt<br />

Reinhard Mey in meinem Kopf. Was soll das denn jetzt? „Über den Wolken<br />

...“ ohrwurmt es in mir, als ich mich von Louis und Patrick verabschiede.<br />

„... muss die Freiheit wohl grenzenlos sein“. Würde man versuchen, die<br />

chinesische Tropfenfolter in eine musikalische Form zu packen, wäre das<br />

ihr Refrain. „... Alle Ängste alle Sorgen, sagt man...“ - Ich springe in mein<br />

Auto und drehe panisch das Radio auf. Motor FM schickt mir eine Gitar-<br />

renwand von Dinosaurier JR über den Äther und rettet mich wieder einmal<br />

vor der Einliefung. (Danke Motor FM! Ihr seid die Größten!) +

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