Artikel "Albtraum Hundeallergie" - DOGS today
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medizin und Pflege<br />
Erfahrungsbericht<br />
Portugiesischer Wasserhund:<br />
Christina Schröder aus Bad Pyrmont in Deutschland hat den portugiesischen<br />
Wasserhund als ihren Traumhund gefunden: „Wir sind und waren eine<br />
glückliche Familie, die schon immer auch aus pelzigen Familienmitgliedern<br />
bestand. Leider traf uns ein böser Schicksalsschlag, unsere Tochter entwickelte<br />
allergisches Asthma. So mussten wir uns von unseren geliebten Tieren<br />
trennen. Doch wir alle wünschten uns so sehr wieder einen Hund. Als ich dabei<br />
auf den Cão de Água português stieß, war ich sofort fasziniert. Ronja zeigte<br />
keine allergische Reaktion auf diese Hunderasse, und so zog wenige Wochen<br />
später unsere schwarz-weiße temperamentvolle Maidie bei uns ein!“<br />
Herr Prof. Fuchs, das<br />
Grundlegende zuerst:<br />
Wodurch wird eine allergische<br />
Reaktion auf Hunde ausgelöst?<br />
Auslöser können speichel, Hautschuppen oder die<br />
Hundehaare sein. der menschliche Körper reagiert<br />
auf Proteine, das sind eiweißpartikel. diese inhaliert<br />
man, oder man kommt mit ihnen in Kontakt, wenn<br />
man den Hund streichelt. Bei jemandem, der eine<br />
Allergiebereitschaft hat, zeigen sich dann bestimmte<br />
symptome.<br />
Und was können die Symptome sein?<br />
die Allergie äußert sich in wässrigem schnupfen,<br />
der oft auch als Heuschnupfen beschrieben wird –<br />
wobei das nicht ganz richtig ist. Außerdem müssen<br />
Patienten niesen, bekommen Augenjucken, Bindehautentzündungen<br />
oder sogar luftnot: Asthma.<br />
Auch Juckreiz auf der Haut, rote stellen und entzündungen<br />
können allergisch verursacht sein.<br />
Wie kommt es, dass manche Menschen<br />
auf einen bestimmten Hund reagieren und<br />
auf andere nicht? die Proteine, auf die man<br />
reagiert, sind nicht bei allen Hunden vorhanden und<br />
sind außerdem unterschiedlich aufgebaut. deshalb<br />
[ 72 ] dogs <strong>today</strong><br />
InTErvIEw MIT<br />
Prof. dr. MEd. THoMAS fucHS,<br />
Leiter des bereichs Allergologie an der Hautklinik der<br />
universitätsmedizin göttingen<br />
muss jemand, der auf einen Terrier allergisch ist,<br />
nicht gleichzeitig auf einen schäferhund reagieren. es<br />
gibt aber keine bestimmten Rassen, die diese Proteine<br />
nachweislich nicht haben – jeder einzelne Hund<br />
ist verschieden.<br />
Was halten Sie von den angeblich allergiefreien<br />
Tieren? ich finde es eine interessante<br />
Hypothese. ein absolut allergiefreier Hund ist mir<br />
noch nicht untergekommen. ich hatte auch schon<br />
Patienten, die gegen einen Pudel allergisch waren,<br />
obwohl dieser angeblich keine Allergien auslöst.<br />
Es wird häufig diskutiert, ob Kinder, die mit<br />
einem Hund aufwachsen, eher zu Allergien<br />
neigen, oder ob der Hund das Allergierisiko<br />
senkt. Wie stehen Sie dazu? manche<br />
sagen, es könnte einen günstigen effekt haben, weil<br />
man sich mit Bakterien und anderen körperfremden<br />
stoffen auseinandersetzt. damit stabilisiert sich<br />
das immunsystem so, dass Allergien keine Chance<br />
haben. es gibt aber auch viele, die dem widersprechen.<br />
die studien zu diesem Thema sind noch nicht<br />
abgeschlossen, aber es scheint so – und ich betone:<br />
es scheint –, als hätten Hunde einen allergiepräventiven<br />
effekt.<br />
Man hört öfter Berichte von Leuten, die in<br />
der ersten Zeit mit ihrem Tier starke Allergiesymptome<br />
zeigten, sich mit der Zeit<br />
aber daran „gewöhnten“ und jetzt nicht<br />
mehr reagieren. das gibt es, aber es ist nicht klar,<br />
was dem zugrunde liegt.<br />
Was sollte man tun, um festzustellen, ob<br />
man eine Allergie gegen Hunde hat? Als<br />
erstes sollte man einen Allergologen aufsuchen.<br />
das können dermatologen, Hno-Ärzte, lungenfachärzte<br />
oder Kinderärzte sein – wichtig ist, dass<br />
auf ihrem Praxisschild das Wort „Allergologie“ mit<br />
vermerkt ist. der Arzt macht dann in der Regel eine<br />
Anamnese. das ist eine systematische Befragung, bei<br />
der die aktuellen Beschwerden, die gesundheitliche<br />
Vorgeschichte, besondere dispositionen (z.B. andere<br />
Allergien), die lebensumstände und das genetische<br />
Risiko des Patienten erfasst werden. danach macht<br />
der Allergologe beispielsweise Hauttests, bestimmte<br />
Blutuntersuchungen oder sogar einen Provokationstest,<br />
das heißt, er konfrontiert den Körper direkt mit<br />
den vermuteten Allergieauslösern und erzielt damit<br />
eine milde, aber deutliche Reaktion. es gibt eine<br />
ganze Palette von untersuchungsverfahren.<br />
Hat es Sinn, sich vor dem Kauf eines<br />
Welpen eine Fellprobe zu besorgen und<br />
sich darauf testen zu lassen? nein. sehr viel<br />
sinnvoller ist es, darauf zu achten, ob der Patient aus<br />
einer Allergikerfamilie kommt (mit zum Beispiel<br />
Heuschnupfen, Asthma oder auch neurodermitis).<br />
dann sollte er von Tieren generell eher Abstand<br />
nehmen. obwohl ich sagte, Hunde könnten einen<br />
positiven effekt auf die Allergieentwicklung haben –<br />
diese daten sind noch nicht bewiesen!<br />
Angenommen, jemand hat einen Hund und<br />
stellt eine Allergie fest. Er möchte sich<br />
aber keineswegs von seinem Vierbeiner<br />
trennen. Was kann man tun? zuerst einmal:<br />
er wird immer Probleme haben. mit symptomatischen<br />
maßnahmen kann man eine linderung<br />
erzielen, zum Beispiel mit Antihistaminika, das sind<br />
Arzneimittel gegen allergische Krankheiten. eine<br />
weitere möglichkeit zur linderung der Beschwerden<br />
ist die Behandlung mit Kortison.<br />
man kann sich auch einer sogenannten desensibilierung,<br />
besser bezeichnet als Hyposensibilisierung,<br />
unterziehen. dabei macht man Patienten weniger<br />
empfindlich auf den Allergieauslöser. das wird selten<br />
gemacht, ist aber eine möglichkeit. der mensch<br />
reagiert dann nicht mehr so stark auf seinen Hund.<br />
Anders als bei pollen- oder insektengiftallergischen<br />
Patienten gibt es aber keine garantie, dass diese<br />
Behandlung auch hier funktioniert.<br />
Worauf sollte ein Allergiker achten, der<br />
sich aber dennoch einen Hund kaufen<br />
möchte? Wenn man eine Tierhaarallergie hat,<br />
sollte er sich keinen Hund anschaffen. die Wahrscheinlichkeit,<br />
dass er Probleme bekommt, ist sehr<br />
hoch. die Allergie kann dann schlimmer werden und<br />
letztendlich zu allergischem Asthma führen. und das<br />
verlässt einen nicht mehr. das Asthma führt dazu,<br />
dass der mensch ständig quälende luftnot hat und<br />
nicht mehr belastbar ist. er kann nicht mehr joggen,<br />
nicht mehr Rad fahren. manche leute beeinträchtigt<br />
die Krankheit sogar so sehr, dass sie ihren Beruf<br />
aufgeben müssen. ich würde sagen, jemand, der sich<br />
trotz Allergie einen Hund ins Haus holen möchte, ist<br />
nicht gut beraten worden.<br />
Vielen Dank für dieses Interview, Professor Fuchs.<br />
Wussten Sie schon ...?<br />
Ungefähr 9 % der Deutschen sind Tier(haar)allergiker. Damit liegen sie direkt hinter Leuten<br />
mit Pollen- oder Hausstaubmilbenallergien. Hundeallergiker gibt es aber relativ wenige. Am<br />
häufigsten sind Katzen- und Meerschweinchenallergien. Danach kommen Kaninchen, Ratten, Mäuse,<br />
Hamster und andere Nagetiere. Selbst Allergien gegen Pferde, Kühe und Vögel sind noch weiter<br />
verbreitet als die gegen Hunde.<br />
dogs <strong>today</strong> [ 73 ]