Manfred Dahlmann: Sartre, Adorno und die Neue Marx ... - Prodomo
Manfred Dahlmann: Sartre, Adorno und die Neue Marx ... - Prodomo
Manfred Dahlmann: Sartre, Adorno und die Neue Marx ... - Prodomo
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
_______________________________Ideologiekritik________________________________<br />
74<br />
im Durchschnitt heute derart analphabetisch<br />
<strong>und</strong> illiterat formatiert, dass sie schlicht<br />
nicht mehr lesen können <strong>und</strong> daher statt dessen<br />
täglich st<strong>und</strong>enlang in Fernseher (sowie<br />
auf sonstige Bildschirme <strong>und</strong> Handy-Displays)<br />
glotzen, gegen alle Empirie nicht<br />
nachhaltig verifiziert werden können sollte,<br />
muss angenommen werden, dass <strong>die</strong> durch<br />
den TV-Konsum etablierten <strong>und</strong> konfirmierten<br />
Seh- <strong>und</strong> Denkgewohnheiten auch <strong>die</strong><br />
Rezeption von Papierware massiv beeinflussen.<br />
Nicht zu unterschätzen ist schließlich<br />
<strong>die</strong> Tatsache, dass <strong>die</strong> finanziellen Haushaltsvolumina<br />
der gebühren- <strong>und</strong> werbefinanzierten<br />
Sendeanstalten hier um Dimensionen<br />
größer sind als jeder andere Markt für<br />
<strong>die</strong> Produkte von Leuten, <strong>die</strong> ihr Geld mit<br />
narrativer Textproduktion ver<strong>die</strong>nen. Nur<br />
wer mit den Anstalten von ARD <strong>und</strong> ZDF<br />
sowie den vergleichbar anspruchslosen Privatsendern<br />
im Geschäft ist, kann von der<br />
Schreiberei überhaupt leben <strong>und</strong> mit einträglichen<br />
Auflagen auch seiner Romane rechnen.<br />
Die kategorischen Unterschiede hinsichtlich<br />
wesentlicher Funktionsweisen der narrativen<br />
<strong>und</strong> medialen Abbildung, Bearbeitung <strong>und</strong><br />
Interpretation von gesellschaftlicher Wirklichkeit<br />
durch Kriminalfiktionen erstrecken<br />
sich auch auf Rezeptionskanäle <strong>und</strong> mediale<br />
Formatierungen. Produkte großer Reichweite<br />
<strong>und</strong> Massenakzeptanz finden sich fast aus-<br />
schließlich im Zusammenhang mit dem<br />
Fernsehbetrieb, Bestseller in Buchform<br />
stammen meist von etablierten bzw. vom<br />
weitgehend monopolisierten Buchhandel<br />
unter massivem Einsatz seiner Marktmacht<br />
nachdrücklich lancierten, zu großen Teilen<br />
skandinavischen Autoren, <strong>die</strong> <strong>die</strong> passenden<br />
Produkte zum aktuellen Trendmarketing bereitstellen.<br />
Unterhalb <strong>die</strong>ser universellen<br />
Plattform ist der Markt insbesondere für Kriminalliteratur<br />
deutscher Provenienz recht<br />
kleinteilig <strong>und</strong> folgt bestimmten Modeerscheinungen,<br />
<strong>die</strong> sich allerdings in den letzten<br />
Jahren deutlich verfestigt haben.<br />
___________________________________<br />
Der zweite Teil unseres kritischen Dreiteilers<br />
zur Ideologie des Kriminalromans wird sich<br />
in der nächsten <strong>Prodomo</strong> mit <strong>die</strong>sen notorisch<br />
deutschen Produkten – u. a. dem Sozio-,<br />
Histo-, Frauen-, Katzen-, Eso-, Öko-,<br />
Regio- <strong>und</strong> VHS-Gespenster-Krimi – sowie –<br />
exemplarisch für den in Deutschland heiß<br />
geliebten skandinavischen Krimi – mit Stieg<br />
Larssons Millenium-Trilogie befassen.<br />
anzeige<br />
prodomo 15 - 2011