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Bericht über Osvaldo Escobar in der Segelzeitschrift YACHT

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fotos: polarw<strong>in</strong>d-expeditions/s. wilK<strong>in</strong>s (l.), /K. eggel<strong>in</strong>g (r. o.), /K. scharff (r. u.)<br />

Tief im westfälischen B<strong>in</strong>nenland,<br />

wo den Menschen <strong>der</strong> Ruf vorauseilt,<br />

eher stur und zugeknöpft<br />

zu se<strong>in</strong>, ist südamerikanisches Temperament<br />

e<strong>in</strong>gezogen. <strong>Osvaldo</strong> E. <strong>Escobar</strong> Torres<br />

sitzt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Wohnküche <strong>in</strong> Münster<br />

und erzählt lebhaft und mit strahlenden<br />

Augen von se<strong>in</strong>en Abenteuern. Der Chilene<br />

entführt se<strong>in</strong>e beiden Zuhörer aus<br />

<strong>der</strong> warmen deutschen Gemütlichkeit an<br />

e<strong>in</strong>en <strong>der</strong> unwirtlichsten Flecken <strong>der</strong> Erde,<br />

e<strong>in</strong>e Bucht an <strong>der</strong> Ostküste <strong>der</strong> Insel<br />

Lennox, etwa 50 Meilen nördlich von Kap<br />

Hoorn.<br />

Dort ankert die 15­Meter­Hydra „Santa<br />

Maria“, e<strong>in</strong>e Stahlslup von Re<strong>in</strong>ke. Nach<br />

e<strong>in</strong>em gemütlichen Abendessen verzieht<br />

sich die Besatzung <strong>in</strong> die Kojen. Gegen e<strong>in</strong><br />

Uhr <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nacht heult es plötzlich im<br />

Rigg. Innerhalb weniger M<strong>in</strong>uten weht es<br />

mit konstant 55 Knoten, Tendenz steigend.<br />

Zu viel für den Anker. Das Schiff<br />

geht auf Drift, immer rascher auf die nahe<br />

Felswand zu. Torres, <strong>der</strong> Skipper, hechtet<br />

<strong>in</strong> die Plicht, nichts am Körper außer dem,<br />

was er im Schlafsack trug. „Im Nu hatten<br />

wir konstante 70 Knoten W<strong>in</strong>d, <strong>in</strong> Böen<br />

haben wir <strong>über</strong> 80 Knoten gemessen“, erzählt<br />

er. Auf e<strong>in</strong>e Weise, dass die Gefahr<br />

sogar <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geborgenheit se<strong>in</strong>es Münsteraner<br />

Domizils zu spüren ist. „Der Schnee<br />

flog waagerecht durch die Luft und peitschte<br />

uns <strong>in</strong>s Gesicht.“<br />

Plötzlich versagt auch die Ankerw<strong>in</strong>sch<br />

ihren Dienst. Die <strong>über</strong>lastete Leitung ist<br />

durchgeschmort. Immer schneller kommt<br />

die Felswand näher. Die Crew kämpft.<br />

Mehrere Besatzungsmitglie<strong>der</strong> wagen den<br />

Versuch, auf das Vorschiff vorzudr<strong>in</strong>gen.<br />

Das Schiff nimmt bereits <strong>der</strong>maßen viel<br />

Wasser <strong>über</strong>, dass sich die Automatikwesten<br />

aufblasen. Mit zwei Masch<strong>in</strong>en<br />

unter Volllast bekommt <strong>der</strong> Skipper den<br />

Bug nicht durch den W<strong>in</strong>d.<br />

Wie sie den Kampf gew<strong>in</strong>nen konnten,<br />

vermag Torres heute nicht mehr zu<br />

törnbeg<strong>in</strong>n im Beaglekanal. Selten ist es<br />

dort so friedlich wie auf diesem Foto (o.)<br />

Am ende <strong>der</strong> Welt. Alle Wege führen fort<br />

von Ushuaia – 14105 Kilometer bis Berl<strong>in</strong><br />

Mythos Kap hoorn RepoRt<br />

sagen. Die genaue Er<strong>in</strong>nerung fehlt, ähnlich<br />

wie bei traumatisierten Unfallopfern.<br />

Irgendwann jedenfalls hatten sie den Anker<br />

frei. Und fanden „im totalen Bl<strong>in</strong>dflug“<br />

e<strong>in</strong>en Weg aus <strong>der</strong> Bucht. „Auf dem<br />

Radarbildschirm war nicht viel zu sehen,<br />

wir hatten ja Schneesturm“, sagt Torres<br />

und zeigt auf e<strong>in</strong>es <strong>der</strong> Fotos an <strong>der</strong> Küchenwand.<br />

„Gesagt hat h<strong>in</strong>terher ke<strong>in</strong>er<br />

etwas. E<strong>in</strong>e Umarmung sagt <strong>in</strong> solchen<br />

Momenten auch viel mehr als tausend<br />

Worte!“ Auf dem Foto ist se<strong>in</strong>e Crew von<br />

damals zu sehen.<br />

Torres ist zwar erst 31 Jahre alt, aber<br />

bereits <strong>der</strong> wohl profundeste Kenner des<br />

mit Mythen und Mysterien meistbeladenen<br />

Segelreviers <strong>der</strong> Welt.<br />

Kap Hoorn.<br />

Der Chilene hat fast se<strong>in</strong> halbes Leben<br />

dort zugebracht. Fünf Jahre lang<br />

Ya c h t 5/ 2 0 0 8 31

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