inhaltundleseprobe_978-3-525-62003-8
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Lars Charbonnier / Konrad Merzyn / Peter Meyer, Homiletik<br />
bisweilen über Anleitungsbücher weitergegeben wird, oft aber<br />
auch autodidaktisch entsteht oder abgeschaut wird. Klare Schrittfolgen<br />
der Predigtvorbereitung – deren Berechtigung nicht infrage<br />
steht – werden dann (auch an der Universität) zum eigentlichen<br />
Leitfaden und ersetzen weitergehende Fragen nach dem<br />
Sinn und Zweck des Geschehens auf der Kanzel.<br />
Wir beobachten darüber hinaus einen weiteren Aspekt, der<br />
bisweilen nur verschämt thematisiert wird: Für viele angehende<br />
Predigende ist das Predigthören gar keine bewusst prägende Erfahrung.<br />
Das liegt nicht nur daran, dass viele Wege ins Theologiestudium<br />
führen und eine klassische kirchliche Sozialisation mit<br />
intensiven Gemeindeerfahrungen nicht für alle zukünftigen Pfarrerinnen<br />
und Pfarrer vorauszusetzen ist. Vielmehr resultiert dieser<br />
Umstand auch aus einer gemeindlichen Wirklichkeit, in der<br />
Gottesdienst und Predigt nur selten die faktische Mitte des kirchlichen<br />
Lebens bilden. Da verwundert es nicht, wenn zumal viele<br />
Anfängerinnen und Anfänger alle Hände voll damit zu tun haben,<br />
für sich erst einmal ein plausibles Raster für Form und Entstehung<br />
eines Predigtmanuskripts zu finden.<br />
Es ist deshalb auch nicht minder verwunderlich, dass in der<br />
klassischen homiletischen Seminararbeit die exegetische Erschließung<br />
der Perikope – geleitet von den (vermeintlich) untrüglich<br />
klaren Methoden der Bibelwissenschaften – in der Regel die<br />
geringsten Schwierigkeiten bereitet. Damit korrespondiert, dass<br />
die meisten regelmäßigen Predigerinnen und Prediger, wenn sie<br />
von ihrer Predigtvorbereitung berichten, die Arbeit an der Perikope<br />
mit historisch-kritischen Instrumenten klar in den Vordergrund<br />
rücken und ihre Rolle klar als Ausleger/innen der alten<br />
und fremden Texte verstehen. Die homiletische Einsicht, dass<br />
eine Predigt auch ankommen muss, ist ihnen nicht fremd, aber<br />
sie beziehen sie in erster Linie darauf, eine angemessene Didaktik<br />
der Vermittlung ihrer Erkenntnisse am Text zugrunde zu legen.<br />
Einerseits mag das daran liegen, dass homiletisch (in der Universität<br />
oder im Predigerseminar) immer wieder betonte Einsichten<br />
in Fleisch und Blut übergegangen sind – sie sind so selbstverständlich,<br />
dass sie keiner Rede mehr wert sind. Andererseits muss<br />
sich die Homiletik aber auch der Tatsache stellen, dass die (meist<br />
von der Geschichtswissenschaft her entworfenen) Methoden der<br />
Einleitung<br />
© 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen<br />
ISBN Print: <strong>978</strong>3<strong>525</strong><strong>62003</strong>8 — ISBN E-Book: <strong>978</strong>3647<strong>62003</strong>9<br />
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