30 Jahre Hypotheken rund 2% - pro ressource
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Trends Immobilien<br />
Der<br />
Stresstest<br />
Denkbare Risiken nach<br />
Ablauf der Hypothek.<br />
Eine Wohnung wird zum Kaufpreis<br />
von einer Million Franken<br />
zu 80 Prozent finanziert. Die<br />
monatlichen Kosten bei 2 Prozent<br />
Zins inklusive 0,75 Prozent<br />
Nebenkosten und üblicher Amortisation<br />
betragen 2583 Franken.<br />
Die Risikosituation: Der Käufer<br />
erlebt im Jahr 2017 nach Ablauf<br />
seiner Hypothek bei der Bank<br />
eine Wertberichtigung um 20<br />
Prozent auf den Kaufpreis. Zu<br />
diesem Zeitpunkt hat er <strong>rund</strong><br />
15 000 Franken amortisiert, also<br />
noch ein Darlehen von 785 000<br />
Franken offen. Nach der Neubewertung<br />
steht diesem Kredit<br />
aber nur noch eine Sicherheit<br />
von 800 000 Franken gegenüber.<br />
Er wäre damit zu 98 Prozent<br />
belehnt. Die Bank fordert daher<br />
von ihm weitere 157 000 Franken<br />
Eigenkapital, um die Belehnungsgrenze<br />
von 80 Prozent<br />
zu erreichen.<br />
Die Risikovorsorge. Der Käufer<br />
kann sich vor dem Eintritt dieser<br />
misslichen Situation schützen,<br />
indem er für diesen Fall<br />
Kapital anspart, zum Beispiel<br />
durch eine höhere Amortisation<br />
auf die Immobilie. Dafür muss<br />
er fünf <strong>Jahre</strong> lang monatlich<br />
2616 Franken zusätzlich amortisieren.<br />
Seine Kosten steigen<br />
somit auf <strong>rund</strong> 5200 Franken im<br />
Monat. Wenn er mit einem Eintritt<br />
des Risikos zu einem früheren<br />
Zeitpunkt rechnet, dann<br />
muss er natürlich in höheren<br />
Raten amortisieren.<br />
Noch schlimmer käme es für<br />
den Käufer, wenn die Bank im<br />
Berichtigungsfall nicht den<br />
Kaufpreis, sondern den Marktpreis<br />
als Basis nähme. Dann<br />
muss man davon ausgehen,<br />
dass dieser noch unter dem<br />
Kaufpreis liegt und somit die<br />
Nachschussforderung noch<br />
höher ausfällt.<br />
64 BILANZ 07/2012<br />
• in der Weltstadt New York verkauft?<br />
Ein G<strong>rund</strong> liegt darin, dass die Löhne in<br />
Zürich die höchsten der Welt sind.<br />
Gemäss einer Studie der UBS ist das<br />
mindestens seit dem Jahr 2009 so.<br />
Zudem ist die Arbeitsplatzsicherheit in<br />
Zürich höher als in New York – gemessen<br />
an der Arbeits losenquote. Also lieber als<br />
Angestellter im Pfingstweidpark wohnen<br />
als arbeitslos an der Park Avenue. Zudem<br />
liegt in StädteRankings bezüglich<br />
Lebensqualität Zürich regelmässig weit<br />
vor New York.<br />
Ein weiterer G<strong>rund</strong> für die hohen<br />
Preise: der Einmarsch von hoch bezahlten<br />
Deutschen und Angehörigen anderer<br />
Nationalitäten. 67 000 Personen sind im<br />
vergangenen Jahr netto zugewandert.<br />
Das entspricht der Einwohnerzahl der<br />
Stadt St. Gallen. In den vergangenen fünf<br />
<strong>Jahre</strong>n sind netto 380 000 Personen eingewandert,<br />
so viele, wie Zürich Einwohner<br />
zählt. Das macht sich bemerkbar.<br />
Die Bauindustrie könne <strong>pro</strong> Jahr maximal<br />
45 000 Wohnungen neu erstellen,<br />
erklärt Ansgar Gmür, Direktor des Hauseigentümerverbandes.<br />
«Der grösste Teil<br />
davon findet Absatz bei den Immigranten»,<br />
sagt er. Dieses Jahr werden 70 000<br />
erwartet, die brauchen 35 000 Wohnungen,<br />
mit Zweierhaushalten gerechnet.<br />
«Solange die Zuwanderung anhält, kann<br />
die Nachfrage kaum einknicken», sagt<br />
Gmür. Und die Leerstandsquoten dürften<br />
gering bleiben, auch wenn die Bauindustrie<br />
angezogen hat und mehr als<br />
60 000 Wohnungen im Bau sind (siehe<br />
«Entwicklung im Wohnungsbau» auf<br />
Seite 65).<br />
Aber Vorsicht: Es zählt zu den Wesensmerkmalen<br />
einer Blase, dass die Marktteilnehmer<br />
an scheinbar logische Triebkräfte<br />
glauben, welche die Preise in die<br />
Höhe treiben. So erleben wir in Blasen<br />
Phasen regelmässig den Irrglauben, dass<br />
Bevölkerungswachstum, Zuwanderung,<br />
Bodenknappheit oder fallende Zinsen die<br />
Preise für immer nach oben steigen lassen<br />
würden. So glaubten die Amerikaner<br />
an ihren SubprimeBoom, weil die eingewanderten<br />
Hispanics Häuser brauchten.<br />
Und so fielen die Preise in Japan unablässig<br />
und über lange Zeit, obwohl der japanische<br />
Boden als knapp gilt (siehe «Boom<br />
oder Blase?» auf Seite 66).<br />
«Es gibt keinen rationalen G<strong>rund</strong> für<br />
die Erwartungshaltung, Immobilien<br />
seien generell eine gute Investition»,<br />
sagen die Krisenforscher und Wirtschaftshistoriker<br />
George Akerlof und Robert<br />
Shiller. Aber es gibt immer Storys,<br />
die eine Blase bilden. Shiller nennt sie<br />
«NeueÄraStorys»: Geschichten darüber,<br />
dass dieses Mal alles anders sei, eine völlig<br />
neue Entwicklung das Land ergreife.<br />
Irrationale Marktsicht. Die Schweiz kennt<br />
diese Story auch. Es ist die Geschichte<br />
von der «neuen Zuwanderung», die vom<br />
unaufhaltsamen Aufstieg in eine urbane<br />
ZehnMillionenSchweiz erzählt. Es ist<br />
eine gefühlte Einwanderung hoch bezahlter,<br />
akademischer Supermänner, die<br />
gleich nach dem Grenzübertritt ins Maklerbüro<br />
marschieren und nach Millionärsanwesen<br />
dürsten.<br />
Und die irrationale Marktsicht ist weit<br />
verbreitet. «Gute Objekte verlieren nicht<br />
Zinsentwicklung<br />
Die Zinsen können stark schwanken. Insbesondere der Libor kann innerhalb von Monaten<br />
nach oben schiessen, sich vervielfachen, wie Ende der achtziger <strong>Jahre</strong>.<br />
1979<br />
Prozent<br />
12<br />
2. Ölkrise<br />
11<br />
10<br />
1978<br />
9 Mindestwechselkurs<br />
8 zur DM<br />
7<br />
1981<br />
Hohe Zinsen<br />
nach starker<br />
Geldmengenausweitung<br />
1991<br />
CH-Inflation > 6%<br />
1992/93<br />
CH-Immobilienkrise<br />
1997/98<br />
Asienkrise<br />
2007<br />
Beginn Subprime-Krise<br />
2000<br />
Internetblase platzt<br />
2001<br />
11. September<br />
6<br />
Bundesobligation<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
10 <strong>Jahre</strong><br />
Libor 3 Monate<br />
1<br />
0<br />
1987<br />
Börsencrash<br />
1990/91<br />
2. Golfkrieg<br />
1974 1979 1984 1989 1994 1999 2004 2009 2012<br />
Quelle: SmallCharts, Bloomberg, Pro Ressource<br />
Foto: Adrian Bretscher<br />
Mehr als 60 000 Wohnungen sind<br />
derzeit im Bau.<br />
an Wert», erklärt MobimoChef Christoph<br />
Caviezel, als gäbe es keine Preiszyklen.<br />
«Zugreifen!», empfahl er kürzlich in<br />
einem Interview. Und SarasinChefökonom<br />
Jan Poser frohlockt: «Der Schweizer<br />
Immobilienmarkt ist im Aufwind.» Poser<br />
ist der ewige Optimist unter den Analysten,<br />
noch am Vorabend der USSubprimeKrise,<br />
im Mai 2007, fabulierte er<br />
über ein «Soft Landing» und gab sich<br />
noch optimistischer als Alan Greenspan.<br />
Kostensteigerungen<br />
Vor allem Eigentumswohnungen haben sich<br />
in den vergangenen zwölf <strong>Jahre</strong>n enorm<br />
verteuert, fast 70 Prozent an Wert zugelegt.<br />
indexiert, 2000 = 100%<br />
170<br />
Miete – Angebotsmieten<br />
160<br />
Miete – Bestandes- und Neumieten *<br />
150 Eigentumswohnungen**<br />
Einfamilienhäuser**<br />
140<br />
1<strong>30</strong><br />
120<br />
110<br />
100<br />
2000 2002 2004 2006 2008 2010<br />
* BFS-Mietpreisindex. ** Transaktionspreise.<br />
Quelle: Wüest & Partner, BFS<br />
Die Ökonomen der UBS haben vor<br />
nicht langer Zeit ein Analyseinstrument<br />
entworfen, den UBS Real Estate Bubble<br />
Index. Sie meinen, dass sich der Markt auf<br />
einem riskanten BoomNiveau befinde<br />
und sich Richtung Blase bewege. Und sie<br />
sagen, dass am Genfersee bereits eine<br />
Blase entstanden sei. «Das Szenario für<br />
den besten Fall könnte tatsächlich ein<br />
Seitwärtstrend sein», sagt der UBSAnalyst<br />
Thomas Veraguth, «die Folge eines<br />
Entwicklung im Wohnungsbau<br />
Die Bauindustrie wächst stark, vor allem<br />
die Wachstumsraten bei den neu erstellten<br />
Wohnungen beeindrucken derzeit.<br />
Veränderungen<br />
in Prozent<br />
zum Vorjahr<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
–5<br />
–10<br />
Ein Argument für<br />
die hohen Preise:<br />
der Einmarsch von<br />
hoch bezahlten<br />
Deutschen.<br />
neu erstellte Wohnungen<br />
im Bau befindliche Wohnungen<br />
baubewilligte Wohnungen<br />
–15<br />
2001 2003 2005 2007 2009 2011<br />
Quelle: SmallCharts, Bloomberg. © BILANZ-Grafik<br />
überhitzten Aufschwungs ist wahrscheinlich<br />
im nächsten Schritt ein Abstieg.»<br />
Aber auch er weiss nicht, ob und<br />
wann eine Trendumkehr komme. «Theoretisch»,<br />
sagt er, «kann das Überschiessen<br />
auch auf dem Weg nach unten zu sehen<br />
sein, minus 10 bis minus 31 Prozent.»<br />
Luft im System. Wie viel Luft im System<br />
ist, zeigte die Abstimmung zum interkantonalen<br />
Steuerwettbewerb. IAZIExperte<br />
Donato Scognamiglio hatte in einer<br />
Studie für den Fall der Annahme der<br />
Steuerinitiative errechnet, dass die Häuserpreise<br />
bis zu <strong>30</strong> Prozent einbrechen<br />
würden. Die Lehre: Schon allein bei<br />
einem ungünstigen politischen Entscheid<br />
kann die Stimmung kippen und<br />
Luft entweichen. Ähnliche Effekte könnten<br />
auftreten, wenn der Bundesrat oder<br />
die Regulatoren den Vorbezug aus der<br />
Pensionskasse begrenzen oder andere<br />
Bremsen einführen.<br />
Die Verkäufer beurteilten die Marktentwicklung<br />
«als absurd», schrieb der<br />
Zolliker Immobilienmakler Gerhard<br />
Walde in einem Kundenbrief. Wir dürften<br />
«nicht vom Erfolg und von der Entwicklung<br />
geblendet einfach so tun, als<br />
würde es ewig so bleiben». Er hoffe darauf,<br />
dass «die aktuellen Warnzeichen<br />
von allen Akteuren am Immobilienmarkt<br />
nicht nur richtig erkannt und zur<br />
Kenntnis genommen, sondern auch wirkungsvoll<br />
in das eigene Verhalten einfliessen»<br />
würden.<br />
Walde schrieb die alarmierenden Zeilen<br />
bereits im November 2010. 17 Monate<br />
später könnte er den gleichen Brief nochmals<br />
versenden. «Wie lange geht das noch<br />
weiter?», so fragen sich viele, ob Notare<br />
oder Schätzer, Makler oder sogar Banker.<br />
Und es gibt natürlich auch die mit allen<br />
Wassern gewaschenen Investoren, die<br />
wissen, was die Stunde geschlagen hat.<br />
Zu Hunderten besuchen die Profis derzeit<br />
die Vorträge der Bewertungsexperten von<br />
Wüest & Partner, IAZI und den Grossbanken.<br />
Sie wollen erfühlen, wie lange es<br />
noch geht und wie weit sie gehen können.<br />
«Der Markt boomt, doch wie lange<br />
noch?», so wirbt ein Maklerbüro. «Vergolden<br />
Sie Ihre Liegenschaft, nutzen Sie<br />
diese einmalige Ausgangslage», wirbt ein<br />
Berater um die Besitzer von Gewerbeimmobilien.<br />
«Verkaufen Sie Ihre Liegenschaft<br />
zum perfekten Zeitpunkt!»<br />
Korrekturen in Immobilienmärkten<br />
werden unterschätzt. Sie treffen die •<br />
07/2012 BILANZ 65