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„Mit Märchen und Geschichten Menschen mit Demenz begleiten“

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Die Sterntaler<br />

Es war einmal ein kleines Mädchen, dem war Vater <strong>und</strong> Mutter gestorben, <strong>und</strong> es war so<br />

arm, dass es kein Kämmerchen mehr hatte, darin zu wohnen, <strong>und</strong> kein Bettchen mehr<br />

hatte, darin zu schlafen, <strong>und</strong> endlich gar nichts mehr als die Kleider auf dem Leib <strong>und</strong> ein<br />

Stückchen Brot in der Hand, das ihm ein <strong>mit</strong>leidiges Herz geschenkt hatte. Es war aber<br />

gut <strong>und</strong> fromm.<br />

Und weil es so von aller Welt verlassen war, ging es im Vertrauen auf den lieben Gott<br />

hinaus ins Feld. Da begegnete ihm ein armer Mann, der sprach: „Ach, gib mir etwas zu<br />

essen, ich bin so hungrig.“ Es reichte ihm das ganze Stückchen Brot <strong>und</strong> sagte: „Gott<br />

segne dir's“, <strong>und</strong> ging weiter.<br />

Da kam ein Kind, das jammerte <strong>und</strong> sprach: „Es friert mich so an meinem Kopfe, schenk<br />

mir etwas, wo<strong>mit</strong> ich ihn bedecken kann.“ Da tat es seine Mütze ab <strong>und</strong> gab sie ihm.<br />

Und als es noch eine Weile gegangen war, kam wieder ein Kind <strong>und</strong> hatte kein Leibchen<br />

an <strong>und</strong> fror: da gab es ihm seins; <strong>und</strong> noch weiter, da bat eins um ein Röcklein, das gab<br />

es auch von sich hin.<br />

Endlich gelangte es in einen Wald, <strong>und</strong> es war schon dunkel geworden, da kam noch<br />

eins <strong>und</strong> bat um ein Hemdlein, <strong>und</strong> das fromme Mädchen dachte: „Es ist dunkle Nacht,<br />

da sieht dich niemand, du kannst wohl dein Hemd weggeben“, <strong>und</strong> zog das Hemd ab<br />

<strong>und</strong> gab es auch noch hin.<br />

Und wie es so stand <strong>und</strong> gar<br />

nichts mehr hatte, fielen auf<br />

einmal die Sterne vom Himmel,<br />

<strong>und</strong> waren lauter blanke Taler;<br />

<strong>und</strong> ob es gleich sein Hemdlein<br />

weg gegeben, so hatte es ein<br />

neues an, <strong>und</strong> das war vom<br />

allerfeinsten Linnen. Da<br />

sammelte es sich die Taler<br />

hinein <strong>und</strong> war reich für sein<br />

Lebtag.<br />

(Gebrüder Grimm)<br />

Wie beschrieben sollte die Märchenerzählerin einfühlsam auf die eventuellen Reaktionen<br />

der Betreuten eingehen. Der Übergang in ein weiteres Gespräch könnte so erfolgen:<br />

„Man sagt, wenn Sterne vom Himmel fallen, darf man sich etwas wünschen! Gibt es bei<br />

Ihnen etwas, das Sie sich wünschen?“<br />

Erfahrungsgemäß äußern sich die <strong>Menschen</strong> in Bezug auf „Wünsche“ nicht so fließend.<br />

Gerade alte <strong>Menschen</strong> haben ihre Wünsche über die Zeit sehr oft zurückgesteckt – aber<br />

„Wünschen“ <strong>und</strong> „Sehnen“ gehören einfach zum Leben. Als Wünsche wurden z.B. schon<br />

genannt „dass mich jemand versteht!“, „wenn ich sterbe, soll mein Sohn dabei sein!“oder<br />

auch „einen großen Vanillepudding!“<br />

Alzheimer Gesellschaft Baden-Württemberg e.V., Hohe Str. 18, 70174 Stuttgart, www.alzheimer-bw.de

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