Korruption: - Netzwerk Recherche
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„<strong>Korruption</strong> in Deutschland - Journalistenseminar<br />
von <strong>Netzwerk</strong> <strong>Recherche</strong> und Transparency International“<br />
Dr, Thomas Leif / Carel Mohn<br />
Wenn es so etwas gibt wie ein kollektives journalistisches Gedächtnis, dann scheint<br />
es zumindest beim Thema <strong>Korruption</strong> leidlich gut zu funktionieren. Das belegt die<br />
Medienberichterstattung über <strong>Korruption</strong> seit Mitte der neunziger Jahre - sie ist im<br />
Schnitt umfangreicher, hintergründiger, präziser geworden. Damit spiegelt sie einen<br />
auch bei Polizei und Staatsanwaltschaften zu beobachtenden Trend zu einer stärkeren<br />
Professionalisierung in der Aufarbeitung von Vetternwirtschaft und Bestechung.<br />
Überall dort in Deutschland wo sich Schwerpunktstaatsanwaltschaften zu<br />
<strong>Korruption</strong> etablierten, wo Kommunen energisch an die Trockenlegung des flächendeckend<br />
anzutreffenden Schmiergeldsumpfes gingen, überall dort schnellten<br />
die Fallzahlen sprunghaft in die Höhe, konnte man ganze <strong>Netzwerk</strong>e von Firmen<br />
ausheben, die sich öffentliche Aufträge gegenseitig zuschoben.<br />
Die Medien griffen die Thematik auf, hakten nach und konnten vielerorts selbst<br />
Wesentliches zur Aufklärung beitragen. Die unbedarfteren Journalisten riefen in der<br />
Pressestelle von Transparency International an und fragten freundlich, ob man ihnen<br />
nicht einmal einen Tipp für einen bislang unveröffentlichten Skandal geben könne.<br />
Exklusiv natürlich. Andere recherchierten. Oft mit entsprechendem publizistischem<br />
Ergebnis.<br />
Und doch ist die Hochphase des Themas <strong>Korruption</strong> in den Medien scheinbar vorbei.<br />
International hat sich die entwicklungspolitische Community längst wieder<br />
anderen Metathemen zugewandt, ist das Thema von den Tagesordnungen der Gipfel<br />
von Weltbank, G7 oder EU wieder verschwunden. Und in Deutschland glaubt man<br />
mit einem ganzen Bündel schärferer Anti-<strong>Korruption</strong>s-Gesetze, der Abschaffung<br />
der steuerlichen Absetzbarkeit von Schmiergeldzahlungen und der Umsetzung der<br />
OECD-Konvention alles getan zu haben. Auch journalistisch scheint das Thema<br />
ausgereizt. Hat nicht der ausufernde Skandal um Spürpanzer für Saudi-Arabien bzw.<br />
Schwarzgeldkonten der CDU bzw. Airbuslieferungen an Thailand bzw.<br />
Steuerhinterziehungen der Strauß-Erben bzw. Aktenvernichtungsaktionen im<br />
Bohlschen Kanzleramt bzw. Subventionsmilliarden für Leuna bzw. die<br />
Privatisierung von Eisenbahnerwohnungen gezeigt, hat nicht dieses undurchdringliche<br />
Geflecht von Mutmaßungen gelehrt, wie wenig selbst intensivste journalistische<br />
<strong>Recherche</strong> an harten, belegbaren Fakten aufzudecken vermag? Geht nicht der Trend<br />
in Richtung „service-orientierter“ Journalismus, wenn selbst die publizistischen<br />
Flaggschiff-Magazine von ARD und ZDF verstärkt auf lebensnahe<br />
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