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Demo-Tage in Frankfurt - akj-berlin

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genügend davon zur Verfügung stehen wird auch<br />

e<strong>in</strong> Niederflur-Stadtbus zum Abtransport verwendet.<br />

Uns wurde gesagt, wir kämen alle nach <strong>Frankfurt</strong>.<br />

Tatsächlich teilten sich die Fahrten nach Gießen,<br />

Wiesbaden und <strong>Frankfurt</strong> auf. Ich war im<br />

letzten Transport und ca. von 16:30 bis ca. 19:30 e<strong>in</strong>gekesselt<br />

auf dem Platz <strong>in</strong> Eschborn.<br />

Die Polizei lässt uns unter Polizeieskorte aufs<br />

Klo. Auf dem Weg me<strong>in</strong>t e<strong>in</strong> Polizist zu mir: »Du,<br />

ich sag dir das jetzt nicht, aber ihr müsst das gerichtlich<br />

überprüfen lassen, was wir hier mit euch<br />

machen. Das ist nicht <strong>in</strong> Ordnung.«<br />

Bei e<strong>in</strong>em späteren Klogang me<strong>in</strong>t er, dass er<br />

auch <strong>in</strong>haltlich auf unserer Seite stehe. Se<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>heit<br />

ist für mehrere <strong>Tage</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Hotel am Rand<br />

von <strong>Frankfurt</strong> untergebracht.<br />

Nach 19 Uhr werde ich endlich von der Hessischen<br />

Polizei aus dem übriggebliebenen Kessel geholt<br />

– <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e »Wagenburg« aus Wannen. Me<strong>in</strong>e<br />

Personalien werden e<strong>in</strong> zweites Mal aufgeschrieben<br />

und ich werde e<strong>in</strong> zweites Mal durchsucht. Me<strong>in</strong><br />

Rucksack wird auch e<strong>in</strong> zweites Mal durchsucht. Es<br />

ist unangenehmer als das erste Mal, weil die Polizei<br />

hier viel stärker spüren lässt, dass sie die Kontrolle<br />

über me<strong>in</strong>en Körper hat und jeden Schritt e<strong>in</strong>zeln<br />

steuert. Ich gebe abermals me<strong>in</strong>e Adresse an. Ich<br />

kann alles was ich e<strong>in</strong>gesteckt habe behalten (mit<br />

Ausnahme me<strong>in</strong>es Passes) und werde <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Gefangenentransporter<br />

gebracht.<br />

Wir fahren los und erreichen gegen 20 Uhr das<br />

Polizeipräsidium <strong>Frankfurt</strong>, <strong>in</strong> der Zelle im Gefangenentransporter<br />

neben mir s<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong>e Italiener<strong>in</strong><br />

während der Fahrt »Bella Ciao«. Dort wird me<strong>in</strong><br />

Rucksack <strong>in</strong>ventarisiert. Der Mensch dort me<strong>in</strong>t,<br />

dass ich gleich dem Richter vorgeführt werden soll,<br />

das wird jedoch nie passieren. Dann werde ich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

bürokratischen Warteschlange angestellt. Me<strong>in</strong>e<br />

Daten werden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Computer e<strong>in</strong>getragen und<br />

es wird e<strong>in</strong> Foto von mir gemacht. Ich habe e<strong>in</strong>en<br />

Sonnenbrand. Habe noch immer me<strong>in</strong> Handy.<br />

Ich werde von zwei Polizisten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e leere Zelle<br />

begleitet. E<strong>in</strong>er trägt blaue Gummi-Handschuhe.<br />

Dieser lässt mich nach und nach alles ausziehen und<br />

durchsucht me<strong>in</strong>e Kleidung. Ich muss auch die Unterhose<br />

herunterziehen und mich nackt im Kreis<br />

drehen. Me<strong>in</strong>e Zellengenossen mussten sich auch<br />

nackt ausziehen. Diejenigen von uns, die nach Wiesbaden<br />

und Gießen kamen nicht, sie mussten jedoch<br />

teilweise F<strong>in</strong>gerabdrücke abgeben. Jetzt wird mir alles<br />

abgenommen (Handy… etc.) bis auf die Wasserflasche<br />

und ich werde <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Zelle geführt. Dort<br />

Ausgabe 19 | 2012/13<br />

bleibt me<strong>in</strong> Gürtel, me<strong>in</strong>e Schuhe und me<strong>in</strong>e Jacke<br />

draußen – aus Selbstgefährdungsgründen. Wir<br />

s<strong>in</strong>d drei <strong>in</strong> der Zelle – e<strong>in</strong> Italiener, e<strong>in</strong> Spanier, e<strong>in</strong><br />

Österreicher, wohl die <strong>in</strong>ternationale Abteilung. Die<br />

beiden br<strong>in</strong>gen mir den Text von »Bella Ciao« bei.<br />

Nach unklar wie langer Zeit wird e<strong>in</strong>er nach<br />

dem anderen von uns aus der Zelle geholt. Ich b<strong>in</strong><br />

der Zweite. E<strong>in</strong> junger Beamter, der gerne mit mir<br />

per Du se<strong>in</strong> will, und e<strong>in</strong> älterer führen mich <strong>in</strong> e<strong>in</strong><br />

Büro. Dort sagen sie mir, dass ich gehen kann. Das<br />

Foto von mir wird angeblich gleich wieder gelöscht,<br />

das diene nur der Identifikation <strong>in</strong> der Zelle.<br />

Sie füllen e<strong>in</strong> Formular am PC aus. Ich hätte<br />

gerne e<strong>in</strong>en Ausdruck davon, aber sie me<strong>in</strong>en, dass<br />

das nicht üblich ist. Ich füge dem Protokoll e<strong>in</strong>en<br />

Satz h<strong>in</strong>zu: »Ich b<strong>in</strong> der Me<strong>in</strong>ung, dass das gesamte<br />

polizeiliche Vorgehen an diesem Tag rechtswidrig<br />

ist«. Der junge Beamte fügt h<strong>in</strong>zu, dass er mir e<strong>in</strong><br />

Platzverbot ausgehändigt hat, das ich nun <strong>in</strong> me<strong>in</strong>en<br />

Händen halte. Das unterschreibe ich, diese beiden<br />

Sätze, sonst nichts. Ich habe den Inhalt des<br />

restlichen Formulars nicht durchgesehen und kann<br />

mich daran nicht mehr er<strong>in</strong>nern. Mir wird erklärt,<br />

dass nur das letzte Platzverbot Gültigkeit hat – es<br />

ist ke<strong>in</strong> Aufenthaltsverbot mehr – und bis 19. Mai<br />

um 7 Uhr gilt. Alles andere gelte nicht mehr. Es<br />

wird nicht begründet, warum ich das bekomme, warum<br />

ich gehen kann und warum ich überhaupt festgenommen<br />

wurde. Ich bekomme auch ke<strong>in</strong>en Zettel<br />

ausgehändigt. Ich werde zum Inventar geführt, bekomme<br />

dort me<strong>in</strong>e Sachen und kann das Polizeirevier,<br />

das <strong>in</strong> der Platzverweis-Zone liegt, verlassen.<br />

Gleichzeitig werden circa 70 Italiener_<strong>in</strong>nen entlassen.<br />

Es ist 22 Uhr.<br />

Insgesamt habe ich an diesem Tag von ca. 8:30<br />

bis 22:00 ständig unter Kontrolle der Polizei gestanden,<br />

also etwa 14 Stunden.<br />

Me<strong>in</strong> Körper wurde dreimal durchsucht.<br />

Ich musste zweimal me<strong>in</strong>e Personalien angeben<br />

Ich wurde e<strong>in</strong>mal abgefilmt und e<strong>in</strong>mal fotografiert.<br />

Tag 2 – 18. Mai 2012<br />

Ich gebe me<strong>in</strong>e Vollmacht und Daten an die Rote<br />

Hilfe, um die Aufenthalts- bzw. Platzverbote zu<br />

kippen. Um ca. 18 Uhr erreicht mich die Nachricht,<br />

dass alle Verbote gefallen s<strong>in</strong>d.<br />

Tag 3 – 19. Mai 2012<br />

Große laute und friedliche <strong>Demo</strong> <strong>in</strong> <strong>Frankfurt</strong> –<br />

ke<strong>in</strong>e speziellen Ereignisse – Rückfahrt mit dem<br />

Bus. ★<br />

Recht und Politik<br />

21

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