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PDF-dokument - Cinetext

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Dann werden die Kurven unregelmäßiger. Sie machen immer chaotischere Bewegungsmuster<br />

und Pausen. Warnlichter tauchen auf. Irgendwann ist auf dem<br />

einem Bildschirm nur noch ein Strich. Auf dem zweiten geht die Kurve noch<br />

einmal hoch, dann ist auch dort Schluss, wie auch beim dritten Bildschirm.<br />

Wir wissen: HAL hat die Menschen in ihren Maschinen umgebracht. Und selten<br />

hat unse eine Todesszene so angerührt, so hilflos gemacht. Dabei haben<br />

wir weder Sterbende gesehen, noch einen anderen Menschen, der ihrem Sterben<br />

zuschaut. Wir begreifen dennoch, was mit diesen tiefgekühlten Menschen und<br />

ihrer Technik geschehen war.<br />

Und das ästhetisch schöne Bild des um das Raumschiff ” Aries“ schwebenden<br />

Astronauten wird zur romantischen Metapher für totale, absolute Einsamkeit.<br />

Das war reichlich widerspenstig in einer Zeit, wo wir glaubten, so ziemlich alles<br />

zu können. Nur nicht einsam sein, auch nicht im Kino. Es ist nichts eindeutig in<br />

dieser Odyssee im Weltraum, die Kubrick selber eine ” magische Dokumentation“<br />

genannt hat [13].<br />

Es ist beinahe alles denkbar in diesem Film und um ihn herum. 30 Jahre<br />

später wissen wir natürlich vieles besser. Aber schlauer geworden sind wir<br />

dennoch nicht. Nicht aus dem Leben, nicht aus der Geschichte, und aus dem<br />

Kino sowieso nicht. Der Drehbuch-Autor Arthur C. Clarke pries seinen Film<br />

als ” verrätselt“ an:<br />

Wenn jemand unseren Film beim ersten Ansehen versteht, haben<br />

wir etwas falsch gemacht. [14]<br />

In Wahrheit versteht man den Film natürlich nur beim ersten Ansehen – bei<br />

jedem ersten Ansehen. Kubrick kommentiert seinen Film selber als philosophischen<br />

Film:<br />

2001 ist eine nonverbale Erfahrung. Ich versuchte, ein visuelles Erlebnis<br />

zu schaffen, eines, das verbalisiertes Schubfachdenken vermeidet<br />

und das Unterbewusstsein mit einem emotionalen philosophischen<br />

Inhalt direkt durchdringt. Um McLuhan zu verdrehen:<br />

In 2001 ist die Botschaft das Medium. Ich wollte, dass der Film<br />

ein intensives subjektives Erlebnis sei, das den Zuschauer auf einer<br />

inneren Bewusstseinsebene erreicht, wie das Musik tut. Es steht<br />

einem frei, über die philosophischen und allegorischen Bedeutungen<br />

des Films zu spekulieren, wie es einem beliebt – und solche Spekulationen<br />

sind ein Beleg dafür, wie es geglückt ist, das Publikum in<br />

einem tieferen Bereich zu packen. [15]<br />

Die Odyssee der Menschen kennt ihr eigenes Ziel nicht. Schließlich aber sind es<br />

jene drei Verwandlungen des Geistes, von denen Zarathustra spricht:<br />

” Wie der Geist zum Kamel wird (Bowman als der Diener seiner Mission,<br />

das Lasttier der Technologie), und zum Löwen das Kamel (Bowmans Kampf<br />

gegen den Computer), und zum Kind zuletzt der Löwe“ [16]. Und am Ende<br />

steht die Frage: Aber sagt, meine Brüder, was vermag noch das Kind, das<br />

”<br />

auch der Löwe nicht vermochte? Was muss der raubende Löwe auch noch zum<br />

17

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