BDE perspektiven 2 | 07 4 BIOTONNE BIOTONNE 10 Gründe für e<strong>in</strong>en weiteren Ausbau der Biotonne 1. Hohes Potential Das vorhandene Potential ist mit ca. 12 Millionen Tonnen immens groß. 35 bis 40 Prozent des häuslichen Siedlungsabfallaufkommens s<strong>in</strong>d Bioabfälle. Derzeit werden 8,3 Millionen Tonnen Bio- und Grünabfall getrennt erfasst und verwertet. Vom Rest ist etwa die Hälfte s<strong>in</strong>nvoll erschließbar – das s<strong>in</strong>d rund zwei Millionen Tonnen. 2. Ger<strong>in</strong>ge Gebühren E<strong>in</strong>e separate Erfassung des organischen Stoffstroms reduziert das Restabfallaufkommen deutlich. Da die Restabfallbehandlung <strong>in</strong> Deutschland teuer ist, ist bei alternierender Abfuhr die separate Erfassung und Verwertung von Bioabfall häufig günstiger. 3. Echte Kreislaufwirtschaft Bioabfälle verfügen über viele wertvolle Eigenschaften, die e<strong>in</strong>e stoffliche Verwertung und Kreislaufführung s<strong>in</strong>nvoll machen. Der <strong>in</strong> organischen Abfällen enthaltene Pflanzennährstoff Phosphor beispielsweise ist e<strong>in</strong>e endliche Ressource, so dass die Wiedergew<strong>in</strong>nung und Nutzbarmachung aus relevanten Stoffströmen, wie Klärschlamm, Tiermehl und Bioabfall, ohne Alternative ist. 4. Hohe Energieausbeute Bioabfälle können nicht nur kompostiert, sondern auch vergoren werden. Neben den Gärrückständen, die als Bodenverbesserungs- und Düngemittel verwendet werden, entsteht durch anaerobe Behandlung e<strong>in</strong> Faulgas (Biogas), das energetisch genutzt werden kann. 5. Ressourcenschonung Komposte und Gärreste s<strong>in</strong>d wertvolle Nährstofflieferanten und substituieren m<strong>in</strong>eralische Düngemittel. Neben m<strong>in</strong>eralischen Rohstoffen wird dabei auch Energie e<strong>in</strong>gespart, etwa bei der energie<strong>in</strong>tensiven Herstellung von Stickstoffdüngemitteln. 6. Hohe Kompostqualität Die separate Erfassung von Bioabfällen ist <strong>in</strong> Bezug auf die Nutzbarmachung der enthaltenen Wertstoffe Stand der Technik. Hohe Sortenre<strong>in</strong>heit garantiert Qualitäten, wie sie der Bodenschutz und die Anwender verlangen. 7. Beitrag zum Bodenschutz Kompost verbessert die Struktur, Wasserhaltekapazität und Fruchtbarkeit des Bodens nachhaltig. Damit wird die Produktionsgrundlage der Landwirtschaft, <strong>in</strong>sbesondere beim Anbau von Biomasse zur energetischen Verwertung, gestützt. 8. Beitrag zum Klimaschutz Komposte können die Anwendung von Torf im Bereich der Erden und Substrate zu 20 bis 40 Prozent und im Bereich der Bodenverbesserung zu 100 Prozent substituieren. Durch die E<strong>in</strong>sparung wird nicht nur die Ressource geschont, sondern auch wertvolle Feuchtgebiete. Darüber h<strong>in</strong>aus ist die Substitution von Torf wegen der bei Abbau und Nutzung hohen CO 2-Emissionen klimarelevant. 9. Dezentrale Märkte Biologische Behandlungsverfahren eignen sich ideal, um auch mit kle<strong>in</strong>eren Durchsatzmengen dezentral aufgebaut und betrieben zu werden. Damit ist e<strong>in</strong>e höhere Flächenverteilung gegeben und das Umweltziel ger<strong>in</strong>ger Transporte erreicht. 10. Vorbild <strong>in</strong> Europa Die <strong>in</strong> Deutschland etablierte separate Sammlung und Behandlung von Bioabfällen vere<strong>in</strong>t viele Ziele des Umweltschutzes und ist europaweit e<strong>in</strong> Vorbild. ao Fortsetzung von Seite 3 auch <strong>in</strong> Innenstadtbereichen, wo zu viel Restmüll <strong>in</strong> der braunen Tonne landet, auf die Biotonne. Dabei separieren die Berl<strong>in</strong>er nur gut 52.000 Tonnen Bioabfälle pro Jahr – das entspricht gerade mal 15 Kilogramm pro E<strong>in</strong>wohner und Jahr, d. h. hier schlummern noch erhebliche ungenutzte Potentiale. Aus Sicht des BDE kommen sehr begrüßenswerten Signale aus dem Umweltsenat, aber die Argumente für die Biotonne haben sich noch nicht überall <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> herumgesprochen. Die Autor<strong>in</strong> leitet den Fachbereich »Biologische Behandlungsverfahren« im BDE. Kompost hat viele Wert gebende Eigenschaften – e<strong>in</strong>e besondere davon ist der Phosphorgehalt. Als nicht erneuerbare Ressource wird Phosphor bald <strong>in</strong> nicht mehr ausreichender Menge und Qualität zur Verfügung stehen und bedarf daher e<strong>in</strong>es besonderen Schutzes. Jedes Lebewesen benötigt Phosphor, das über die Nahrung aufgenommen wird. Etwa 150 Kilogramm Phosphat verbraucht nach Angaben der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe jeder von uns im Laufe se<strong>in</strong>es Lebens. Phosphor ist nicht substituierbarer und e<strong>in</strong> essentielles Element für das Wachstum. Phosphor, der als phosphathaltiges Geste<strong>in</strong> mit magmatischem oder sedimentärem Ursprung <strong>in</strong> der Erdkruste vorhanden ist, wird traditionell im Tagebau abgebaut. Die Wert gebende Eigenschaften von Kompost Pflanzennährstoffe (N, P, K, Mg, etc.) Humus Organischer Dünger schont Phosphat-Ressourcen Phosphaterz-Hauptlagerstätten <strong>in</strong> Marokko (Westsahara), USA, Russland, Ch<strong>in</strong>a und Südafrika liefern etwa sechzig Prozent der Weltproduktion. Deutschland besitzt ke<strong>in</strong>e Rohphosphatlagerstätten. Auf dem Niveau des heutigen Rohphosphatabbaus werden die wirtschaftlich abbauwürdigen Phosphatreserven auf 60 bis 90 Jahre, die Vorräte auf etwa 130 bis 200 Jahre geschätzt. Neben der Endlichkeit der Ressource ist auch problematisch, dass Rohphosphate je nach Herkunft unterschiedliche Cadmium-Gehalte aufweisen und zunehmend auch ihre Uranbelastung <strong>in</strong> den Vordergrund der Diskussion rückt. Es wird zusehends schwierig die gesetzlich geforderten Grenzwerte für Cadmium <strong>in</strong> organischen Düngemitteln e<strong>in</strong>zuhalten. Folglich kann nicht mehr jeder Phosphatrohstoff verarbeitet werden, was den Kostendruck auf diesen erhöht und BDE perspektiven 2 | 07 Kalk Torfersatz Phosphatdüngemittel langfristig verteuert. Die Landwirtschaft ist im Marktfruchtbau e<strong>in</strong>er der größten Anwender von Phosphatdüngemitteln. Rund 80 Prozent des Phosphors werden für die Herstellung von Düngemitteln verwendet. Für die Futtermittelerzeugung werden etwa 11 Prozent und für Wasch- und Re<strong>in</strong>igungsmittel 7 Prozent des gewonnenen Phosphors verwendet. Mit der Verwendung von Komposten werden Phosphatkreisläufe natürlich geschlossen und Rohphosphate beziehungsweise aufbereitetes Phosphat-Düngemittel substituiert. Der organische NPK-Dünger, PK-Dünger und Bodenverbesserer »Kompost« ersetzt derzeit ca. 10 Prozent des aktuellen Bedarfs an P-M<strong>in</strong>eraldüngern <strong>in</strong> der Landwirtschaft. Dr. Irmgard Leifert, Reterra Service GmbH, Erftstadt 5