Sonderheft_LB174.pdf - luebeckische-blaetter.info
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Der Lübecker Bürgergast – Botschafter Lübecks<br />
Seit nun schon über zwei Jahrzehnten<br />
stiftet die Gemeinnützige jedes Jahr<br />
mehrmonatige Aufenthalte in unserer<br />
Stadt für hauptsächlich noch in der<br />
Ausbildung befindliche Wissenschaftler<br />
aller Wissensgebiete.. Die Gäste kommen<br />
traditionell aus den Ostseeanrainerstaaten<br />
mit einem selbst entwickelten<br />
Besuchsprogramm nach Lübeck und<br />
gehen ihren ganz persönlichen Neigungen<br />
meist auf wissenschaftlichen<br />
oder künstlerischen Gebieten nach. Die<br />
Gemeinnützige ist auf Wunsch bei der<br />
Vorbereitung der Besuche behilflich und<br />
bietet auch während der Aufenthalte ihre<br />
Unterstützung an.<br />
Mit dieser Idee hat die Gemeinnützige<br />
erstmals im Jahre 1988 und gleich nach<br />
der Öffnung des Eisernen Vorhangs die<br />
Tür für Gäste aus dem gesamten Ostseeraum<br />
weit geöffnet. Sie erfüllt damit zwei<br />
ihrer vielfältigen, wesentlichen Anliegen,<br />
indem sie die Völkerverständigung und<br />
das seit alters her bedeutsame kulturelle<br />
Miteinander zwischen Lübeck und seinen<br />
Nachbarn rund um die Ostsee auf eine<br />
sehr sympathische Weise fördert und erlebbar<br />
macht.<br />
Die Gäste halten sich bis zu drei Monate<br />
bei uns auf und wohnen kostenfrei in<br />
einer schönen, vollständig eingerichteten<br />
Wohnung in der Lübecker Altstadt. Darüber<br />
hinaus erhalten sie eine angemessene<br />
finanzielle Zuwendung für ihren Lebensunterhalt<br />
und den weiteren persönlichen<br />
Bedarf. Alle Bürgergäste können so ihre<br />
Die Bücherei – viel mehr als nur gute Bücher!<br />
In Lessings Jahrhundert wurde mit<br />
der Gemeinnützigen auch ihre Bücherei<br />
gegründet. Damals war das Romanelesen<br />
noch obskur, Väter sahen ihre Töchter in<br />
Gefahr, Liebhaber konnten ihre Angebetete<br />
mit Lese- „stoff“ für sich gewinnen. Es<br />
war die Zeit, in der auch Frauen begannen,<br />
mit dem Schreiben ihre Eigenständigkeit<br />
auszudrücken und ihren Lebensunterhalt<br />
zu bestreiten. Sophie LaRoche schrieb –<br />
noch anonym – 1771 den Erfolgsroman<br />
„Das Fräulein von Sternheim“. Ihre Zeitschrift<br />
„Pomona“ wurde sogar von Katharina<br />
der Großen mit je 500 Exemplaren<br />
monatlich abonniert.<br />
Es dauerte 100 Jahre, bevor die Bibliothekare<br />
der Gemeinnützigen sich<br />
entschlossen, zu ihrer Sammlung von<br />
Sachbüchern auch belletristische Werke<br />
anzuschaffen und damit dem Lesevergnügen<br />
Tür und Tor zu öffnen. Ida Boy-<br />
Ed, befreundet mit dem jungen Thomas<br />
Mann, schrieb in Lübeck ihre Romane,<br />
die man heute bei uns ausleihen kann. Die<br />
Bücherei übernahm die Bibliothek der<br />
Schillerstiftung – überwiegend schöngeistige<br />
Literatur – bei deren Aufbau Emanuel<br />
Geibel mitgewirkt hatte.<br />
Heute machen Romane und Biografien<br />
– neben einer großen Lübeck-Abteilung<br />
– den Schwerpunkt der Sammlung<br />
aus. Werke von und über die Mitglieder<br />
der Familie Mann, die Romane von Lenz,<br />
Grass und Walser sind selbstverständlich<br />
vorhanden. Biografien aus der Feder<br />
von Renate Feyl und Carola Stern,<br />
Werke über Glenn Gould, Stefan George<br />
und Daniel Hope, Familienporträts über<br />
„Die Reemtsmas“, „Die Freuds“ oder den<br />
„Wagner-Clan“ warten neben Hunderten<br />
ähnlicher Werke auf ihre Leser. Auch die<br />
Krimifans finden ihren Mankell, Larsson<br />
oder Indridason.<br />
Türkische Autorinnen stehen neben<br />
amerikanischen Größen, polnische<br />
Schriftsteller neben indischen Kollegen.<br />
Bestseller wie Hosseinis „Drachenblut“,<br />
Kerkelings „Ich bin dann mal weg“ oder<br />
Kehlmanns „Vermessung der Welt“ konkurrieren<br />
mit den Büchern von Björnstad,<br />
Zeit in Lübeck gut nutzen, vielfältige Eindrücke<br />
sammeln, neben aufschlussreichen<br />
Forschungsergebnissen die vielschichtige<br />
Bedeutung der alten Hansestadt erleben<br />
und so zu Botschaftern Lübecks in ihren<br />
Heimatländern werden.<br />
Ekkehard Danckwardt<br />
Empfang im Rathaus: Marja Ursin, Bürgergast aus Finnland, Stadtpräsidentin<br />
Gabriele Schopenhauer und Ekkehard Danckwardt (Foto: Lucas Braun)<br />
Zaimoglu und Terzani.Wir offerieren unserer<br />
Leserschaft Lesefutter in Gestalt<br />
von interessanten Romanen und ansprechender<br />
Unterhaltungsliteratur (Gavalda,<br />
„Zusammen ist man weniger allein“)<br />
sowie faszinierender literarischer Texte<br />
wie Ransmayrs „Der fliegende Berg“<br />
oder Enzensbergers „Hammerstein oder<br />
der Eigensinn“. Fritz Sterns Erinnerungswerk<br />
„Meine fünf Deutschland“, Ralph<br />
Giordanos „Erinnerungen eines Davongekommenen“,<br />
Helmut Schmidts „Außer<br />
Dienst“ oder auch Orhan Pamuks „Istanbul“<br />
verweisen auf unsere wichtige Abteilung<br />
historischer Werke mit biografischem<br />
Schwerpunkt. Dazu gehören auch die Biografien<br />
von Barack und Michelle Obama.<br />
Man könnte viele Jahre lang intensiver<br />
Leser bei uns sein und sich auf diese unterhaltende<br />
Weise grundlegende Informationen<br />
über Vergangenheit und Gegenwart<br />
aneignen, Entspannung im Alltag finden,<br />
die Faszination anderer Welten erleben<br />
und in der Teilhabe am Leben anderer seine<br />
Menschenkenntnis bereichern.<br />
Lübeckische Blätter 2009/<strong>Sonderheft</strong> 11