Einsatz von Pflanzenkohle in der Tierhaltung und ... - ANS eV

Einsatz von Pflanzenkohle in der
Tierhaltung und
Güllebehandlung
DVM Achim Gerlach

Inhalt
● Praxisbedeutung von Clostridiosen in Rinderbeständen
● Glyphosat als Cofaktor (Nachweis und Wirkung)
● Aktivkohle/Pflanzenkohle in der Literatur
● Einsatz von Pflanzenkohle in Milchviehbetrieben
● Zusammenfassung und Schlußfolgerung

Situationsbeschreibung
● Praxis in Dithmarschen seit 1992
● Marsch-, Geest- und Moorstandort
● Küstennaher Standort mit traditionell bekannten
Clostridienerkrankungen.
● Eine der wiederkäuerreichsten Regionen der EU
● DN Rotbuntvermehrungszucht/ Milchproduktion
● Seit Mitte der 90´er verstärkte HF Einkreuzung
● Durchschnittliche Betriebsgröße: 100 Milchkühe
● Heterogene Betriebsleistung von 5000 Kg – 12.000 Kg/a

Erster Fallbericht chronischer Botulismus
● 2005: Milchviehbetrieb mit 100 Kühen
● Leistung: durchschnittlich 8.500kg, 4% Fett, 3,2% Eiweiß
● Eigene Remontierung
● Stall-/Weidehaltung
● Gepflegter Boxenlaufstall
● Qualifizierter Landwirt

Befund
● Leistungsdepression von 1.000kg Milch/Jahr
● Pansenlähmungen
● Labmagenverlagerungen
● Kraftlosigkeit
● Antriebslosigkeit
● Speichelseen in Liegebox
● Muköser Speichel am Kuhmaul
● Kreislaufstörungen mit plötzlichem Verenden
● Lähmung der Skelettmuskulatur
● Reflexstörungen (Ohr-, Lid-, Stell- und Kronsaum-Reflex)

Muköser Speichel

Lähmung des Nervus obturatorius

Fibularislähmung

Stellreflexausfall

Atypische Symptome in Botulismusbeständen
● Missbildungen von neugeborenen Kälbern im Bereich des
Kopfes
● Missverhältnis geborener Kälber männl.: weibl. (2-4:1)
immer wieder Betriebe ohne weibl. Nachwuchs
● Fruchtbarkeitsstörungen
● Zungenschlagen
● Einsatz von gesextem Sperma führt nicht zu gewünschtem
Trächtigkeitserfolg
● Glyphosatausscheidung über den Harn von Rindern,
sowie Glyphosatnachweis im Pansensaft
● Ohrrand- und Schwanznekrosen

Nekrosen

Schwanznekrose

Kalb mit 5. Bein

Doppelte Gaumenspalte

Ohrmissbildung

Zahnfachmissbildung

Zungenschlagen

Glyphosat in der Landwirtschaft
● Handelsname: Roundup
● Verwendung seit 1975 in der BRD
● Zur Abtötung von konkurrierenden Pflanzen und
„Unkräutern“ auf Äckern vor der Aussaat (Totalherbizid)
● Vorerntesikkation (Getreide, Raps, Kartoffeln,
Zuckerrüben)

EU-Marktzulassung von RR-Soja
● 1996 Zulassung der RR-Sojabohne (Monsanto) für Import und
Verarbeitung zu Lebens- und Futtermitteln in der EU (ohne
Kennzeichnungspflicht)
● 2004 erst Kennzeichnung der Importe als GVO

Wirkung des Glyphosats und seines
Hauptmetaboliten AMPA bei Säugetieren
● Hormonelle Störungen (3 Erstbesamungen pro Kuh)
● Chelatisierend (Kationenummantelung vor allem Cobalt
und Mangan)
● Antibiotisch → US-Patent 7,771,736,
● Teratogen (Missbildung des Kopfes)
● Kanzerogen
● Neuronale Wirkung (Bewegungsstörungen)
EP0001017636

Gefunden wurde Glyphosat
● im Urin von Milchkühen (bis 164 Mikrogramm/l,
● durchschnittlich 20-50 Mikrogramm/l)
● im Pansensaft von Milchkühen (0,04-122 Mikrogramm/l)
● im Urin von Menschen → wesentlich geringere
Konzentration (

Wesentliche Therapiemöglichkeiten
● Impfungen
● Milieubeeinflussung zur Unterdrückung der Entwicklung
von Schadkeimen
● → Laktobazillen (EM, Sauerkrautlake)
● → Enterokokken
● → Nitrit (Konservierung von Silage)
● Immunmodulierende Stoffe = Topinambur, Laktulose
● Adsorbentien

Aktivkohle
● Moderne Aktivkohleforschung seit 100 Jahren
● Effektive Möglichkeit der Adsorption von Toxinen
pathogener Clostridienarten (seit 1914!)
● Untersuchung der Sorption des hydrophoben Herbizids
Terbuthylazin + Bedeutung für Grundwasserschutz (2010)
● Untersuchung der Bindungsfähigkeit von Modellherbiziden
an Pflanzenkohle mit unterschiedlicher Oberfläche (2011)
● Graber bestätigt die Absorption von Glyphosat an
Pflanzenkohle (2012)

Aktivkohle in der Literatur
Mangold (1936) stellte die Wirkung der Holzkohle in der
Tierfütterung umfassend dar und schlussfolgert:
„Die prophylaktische und therapeutische Wirkung der
Holzkohle gegen infektiöse oder durch die Art der
Fütterung bedingte Durchfallerscheinung steht fest und in
diesem Sinne erscheint auch die Holzkohlebeigabe bei
Jungtieren als Vorbeugungsmittel zweckmäßig“.

Aktivkohle in der Literatur
● Volkmann (1935) beschreibt eine effiziente Reduktion der
Oozystenausscheidung bei Haustieren.
● Haring (1937) empfiehlt den Holzkohleeinsatz in der
Rinderfütterung.
● Barth u. Zucker (1955) keine Wachstumsdepression bei
Geflügel wenn 1% Pflanzenkohle i.d. Ration.
● DoThiThanVan (2006) Empfehlung zur Fütterung der
Pflanzenkohle bei Absatzziegen in Nordvietnam.
● Kana (2011) zeigten, dass Maiskolbenkohle in der Ration
von Broilern zu signifikanter Gerwichtszunahme führte.
● Iwase (1990) zeigten die Pufferwirkung von Aktivkohle bei
experimentell erzeugter Pansenazidose an Holsteiner

Aktivkohle in der Literatur
● Leng u. Mitarb. (2012):
● Methanbildungsreduktion von 12% bei Zusatz von 1%
Kohle in ein künstliches Pansensystem und 10% bei 0,5%
Kohle

Mechanismen der Pflanzenkohlewirkung
● Adsorption (unpolar, hydrophob, org.
Makromoleküle,
undissoz.) physik. Vorgang van der Waal
´sche Kräfte
● Koadsorption Unterstützung der Adsorp. eines Stoffes
durch einen weiteren
adsorbierbaren Stoff
● Kompetition Verdrängung aus Adsorpt. bzw. ggs.
Behinderung
● Chemiesorp. chem. Interaktion gelöst. Stoffe mit
Oberflächenmolekülen des Adsorbens
● Adsorption mit nachfolgender chemischen Reaktion

Aktivkohle in der Literatur
● Schirrmann (1984) beschreibt die Aktivkohle in Ihrer
Wirkung auf Bakterien und deren Toxine im
Gastrointestinaltrakt:
● → Adsorption von Proteinen, Aminen, Aminosäuren
● → Adsorption von Enzymen des Verdauungstraktes, sowie
Konzentrierung bakterieller Exoenzyme an der
Aktivkohle
● → Adsorption der mobilen Keime, die über spezielle
Anheftungsmechanismen verfügen, durch

Ariens und Lambrecht (1985) beschreiben die
● Nicht toxisch
Vorteile der Aktivkohle wie folgt:
● Schnell verfügbar
● Unbeschränkt haltbar
● Wirksam im Magen-Darm-Trakt
● Wirksam gegen bereits adsorbiertes Gift → Enterale
Dialyse
● Wirksam gegen Erdölprodukte

Einsatz der Aktivkohle außerhalb des Tieres
● Perotti (1935) Verbesserung der mikrobiologischen
Eigenschaften des Bodens und verbesserte Ausstattung
der Pflanzen mit Chlorophyll durch
● 1. Retention der Bodenfeuchtigkeit
● 2. Erhöhte Adsorbtion von Ammoniumsalzen
● 3. Verminderte Dispersion von Nitraten
● 4. Adsorption von mikrobiellen
Stoffwechselprodukten

Einsatz der Aktivkohle außerhalb des Tieres
● Söhngen (1913) Bildung von Ammoniumcarbonat im
Boden mit Adsorption an Kohle ist eine Schlüsselfunktion
zur nachhaltigen Entwicklung von Bakterienkulturen die
durch Desorption in das umgebende Milieu gelangen.
●

Einsatz von Pflanzenkohle beim Rind
(Carbo ligni) aus technischer Pyrolyse → Schottdorf-
Meiler
● Einsatz von Pflanzenkohle in einer Dosierung von 200-
400g/Kuh und Tag → nach Feldmann (1992) Aktivkohle
● Adsorptionskapazität der Pflanzenkohle beträgt
16,7g/100g Kohle Phenazon (Medizinalkohlen > 40g/100g
Kohle)
● Bereits Luder (1947) beschreibt die untersuchten
Adsorptionskapazitäten von Carbo ligni und Carbo
adsorbens die in einem Verhältnis von 1:3-4 liegen

Die Verwendung von Pflanzenkohle als
Fütterungszusatz wird vor allem durch
● Schwermetalle
● Dibenzodioxin
● Dibenzofurane
folgende Faktoren limitiert :
● → Beachtung Vorschriften der Futtermittelhygiene (EG)
834/2007 und des Lebensmittelrechts (EG) Nr.
178/2002

Betriebsauswertung
● 21 Betriebe mit durchschnittlich 150 Kühen
● Abgeschlossene Clostridiendiagnostik
● 1/3 der Betriebe zeitgleicher Einsatz von Sauerkrautlake (
Acetylcholin, Laktobacillen, Enterokokken, B-Vitamine,
Vitamin C)

Beobachtung von Ersteffekten nach 1-4
Wochen des Pflanzenkohleeinsatzes
● Allgemein verbesserter Gesundheits- und Pflegezustand
● Vitalität der Tiere steigt
● Verbesserte Eutergesundheit
● Rückläufige Zellzahlen (Unterbrechung des
Pflanzenkohleeinsatzes führte zu Zellzahlanstieg und
Leistungsabfall)
● Minimierung der Klauenprobleme
● Stabilisierung der postpartalen Gesundheit
● Reduktion des Durchfallgeschehens
● Rückgang der Mortalitätsrate

Beobachtungen von Ersteffekten nach 1-4
Wochen des Pflanzenkohleeinsatzes
● Zunahme der Milchinhaltsstoffe
● Kombination aus Pflanzenkohle und Sauerkrautlake hat
sich bewährt.
● Deutliche Verbesserung der Fließfähigkeit der Gülle bei
Verringerung des Rühraufwandes und Schaumbildung auf
der Gülleoberfläche
● Geruchsreduktion der Gülle

Schaumbildung

Weitere Beobachtungen
● Vorläufige sondierende Untersuchungen der Gülle zeigen
bei Zusatz von Pflanzenkohle über den Magen-Darm-Trakt
oder bei direktem Einbringen:
● → Anstieg des Ammonium-Stickstoffs
● → Nitrat- und Nitritreduktion

Zusammenfassung und Schlussfolgerung
● Adsorptionseigenschaften der Pflanzenkohle → Bindung
verschiedenster toxischer Substanzen im M-D-Trakt
● Oxydation und Desaminierung biogener Amine
● Dysbiosen (Darmfehlbesiedelung) effizient beeinflusst
● Eubiosen (Normbesiedelung) bei Milieuschwankungen
deutlich stabiler
● Pro- und metaphylaktische sowie therapeutische Effekte
überlagern sich

Zusammenfassung und Schlussfolgerung
● Adsorptionseigenschaften der Pflanzenkohle → Bindung
verschiedenster toxischer Substanzen im M-D-Trakt
● Oxydation und Desaminierung biogener Amine
● Dysbiosen (Darmfehlbesiedelung) effizient beeinflusst
● Eubiosen (Normbesiedelung) bei Milieuschwankungen
deutlich stabiler
● Pro- und metaphylaktische sowie therapeutische Effekte
überlagern sich

Zusammenfassung und Schlussfolgerung
● Intensive Landwirtschaft verursacht u.a. folgende
Probleme:
● → Nitratbelastung des Trinkwassers
● → Entsorgung von Nachgeburten über das
Güllesystem
● → Nutzung von Fleischknochenmehl als
Wirtschaftsdünger
● → Kontaminierte Biogasanlagen

Zusammenfassung und Schlussfolgerung
● Lösungsansätze
● → Gärreste und verschiedenste Wirtschaftsdünger können
rechtskonform modelliert werden
● → Bodenschutzgesetz und Düngemittelgesetz
● → Minimierung epidemiologischer und
trinkwasserhygienischer
Problemstellungen

Weitere Potenzen der Pflanzenkohle in der
Tier- und Pflanzenproduktion
→ Erzeugung grundlastfähiger Energie
→ Nutzbarmachung nicht erschlossener
Biomassen (z.B. Knicknutzung)
ohne Konkurrenz
zu LN
→ Schließung regionaler Stoffkreisläufe

● Ziel
Zusammenfassung und Schlussfolgerung
● → Stabilisierung aufeinander abgestimmter Mikrobiota in
und außerhalb des Darmes von Vertebraten
● → Beachtung regionaler Biotope
● → Gesunde (ausgewogene) Mikrobiota des Bodens ist
Grundlage des Lebens

Zusammenfassung und Schlussfolgerung
● Forschungsbedarf
● Übertragbarkeit von Forschungsergebnissen an
unterschiedlichen Kohlen, Vermeidung von
Mehrfachuntersuchungen,
Erarbeitung breiter Datengrundlage:
● → Strukturell
● → Chemisch
● → Physikalisch
● → Biologisch
● Untersuchung der eingesetzten Kohlen (ggf. noch zu
entwickelnde Verfahren)

Vielen Dank für Ihre
Aufmerksamkeit!